Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BAT § 22 ; BAT § 23; BAT-O § 11 Satz 2; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O § 2 Nr. 3; Lehrer-Richtlinien-O der TdL vom Abschn. A Nr. 3; BBesG Anlage I
Instanzenzug: ArbG Bautzen 3 Ca 3572/02 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf eine Zulage.
Die Klägerin ist Lehrerin im Angestelltenverhältnis und - jedenfalls - seit 1969 bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger im Schuldienst beschäftigt. Gemäß § 2 des Änderungsvertrages der Parteien vom bestimmt sich das Arbeitsverhältnis ua. nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung.
Zum Beginn des Schuljahres 1993/1994 wurde die Klägerin "endgültig" zur stellvertretenden Schulleiterin der Grundschule H bestellt. Diese Tätigkeit übt sie seitdem aus. Unter Bezugnahme auf die "Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) vom und nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom i.V.m. § 11 Satz 2 BAT-O sowie der Bundesbesoldungsordnung A" für die Eingruppierung vereinbarten die Parteien mit Änderungsvertrag vom mit Wirkung vom , dass "die bisherige VGr. IVb ... durch die VGr. III + AZ ersetzt" wird. Unter dem teilte der Beklagte der Klägerin mit, sie erhalte nach Maßgabe der vorzitierten Regelungen ab eine "Amtszulage" als ständige Vertreterin des Leiters einer Grundschule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern (Besoldungsgr. A 12). Entsprechend wurde die Klägerin in der Folgezeit vergütet. Ab unterschritt die Schülerzahl der Grundschule H nach der amtlichen Schulstatistik vom den Schwellenwert von 181 Schülern (Schuljahr 2000/2001 150 Schüler). Die für die Zeit ab zunächst weitergezahlte Zulage behielt der Beklagte im Dezember 2000 von der Vergütung der Klägerin ein und zahlte an sie seitdem Vergütung nach VergGr. III ohne Zulage. Mit ihrer Klage hat die Klägerin zum einen den Beklagten auf Zahlung des im Dezember 2000 einbehaltenen Betrages nebst Verzugszinsen in Anspruch genommen. Zum anderen erstrebt sie die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der "Amtszulage" über den hinaus.
Die Klägerin hat, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, die Auffassung vertreten, ihr stehe trotz des Absinkens der Schülerzahl unter den Schwellenwert die Zulage zu. Ihre Stellung als Schulleiterin habe sich in keiner Weise verändert, weshalb es auch nicht zu einer Veränderung der Vergütung kommen könne. Das Absinken der Schülerzahl führe nicht automatisch zum Wegfall der Zulage. Bei seiner Entscheidung, ihr die Zulage zu gewähren, habe der Beklagte vielmehr von einem ihm insoweit eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Ihr damit entstandener Anspruch auf Zahlung der Zulage habe weder durch Zahlungseinstellung oder Geltendmachung der Rückforderung bzw. Mitteilung, dass ihr die Zulage nicht weiterhin zustehe, noch in sonstiger Weise beseitigt werden können.
Die Klägerin hat beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem weiterhin eine Amtszulage nach Anlage IX Nr. 7 BBesG zu zahlen zuzüglich Zinsen darauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (bis nach § 1 DÜG und ab nach § 247 BGB) ab dem 16. des laufenden Monats, beginnend mit dem .
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 490,51 Euro brutto zuzüglich Zinsen darauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (bis nach § 1 DÜG und ab nach § 247 BGB) ab dem zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe ab keinen Anspruch mehr auf Zahlung der Amtszulage. Diese sei Bestandteil der "Grundeingruppierung". Mit einer Verringerung der Schülerzahl verändere sich nach der Tarifautomatik auch die Vergütung. Auf die Ausübung einer Ermessensentscheidung komme es somit nicht an.
Das Arbeitsgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen nach dem Feststellungsantrag für die Zeit ab erkannt. Dieses Urteil haben beide Parteien mit der Berufung angegriffen. Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage auf die Zulage für stellvertretende Schulleiter abgewiesen.
I. Gegenstand der Revision ist allein der Anspruch auf diese Zulage für stellvertretende Schulleiter, dessen Nichtbestehen das Landesarbeitsgericht festgestellt hat.
Soweit die Klägerin ihre Klage in der Revision außerdem darauf stützt, ihr stehe die den Gegenstand ihres Feststellungsantrags bildende Leistung als Besitzstandszulage zu, ist dies unzulässig. Dabei handelt es sich um einen eigenständigen Streitgegenstand, der nach dem angefochtenen Urteil nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens war. Die Einführung neuer Ansprüche in die Revisionsinstanz im Wege der Klageänderung oder - hilfsweisen - Klageerweiterung ist unzulässig (Zöller/Gummer ZPO 24. Aufl. § 559 Rn. 10 mwN aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung).
II. Der Klägerin steht ab kein Anspruch auf die Zulage nach Abschn. A Nr. 3 der Lehrer-Richtlinien-O der TdL iVm. Fußnote 7 zur Besoldungsgr. A 12 der Anlage I zum BBesG zu.
1. Die Klägerin hat keinen individuellen, von der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der Zulagenregelung für stellvertretende Schulleiter im Angestelltenverhältnis unabhängigen Anspruch auf die Zulage. Dies macht die Klägerin selbst nicht mehr geltend.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Zulage als Teil der regelungskonformen Vergütung nach den vorgenannten Bestimmungen, auf die sie ihre Forderung allein noch stützt. Denn sie erfüllt im streitigen Anspruchszeitraum nicht die Voraussetzungen des Zulagenanspruchs.
a) Es kann dahinstehen, ob die in der Bezugnahmeklausel des Änderungsvertrages der Parteien vom an erster Stelle genannten Lehrer-Richtlinien-O der TdL danach unmittelbar anzuwenden sind oder ihre Anwendung aus dem ebenfalls arbeitsvertraglich in Bezug genommenen BAT-O mit der sich daraus ergebenden Verweisungskette (§ 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O iVm. § 11 Satz 2 BAT-O, der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes sowie - ggf. - von Richtlinien) folgt. Für die Entscheidung ist dies unerheblich.
b) Die in jedem Fall anwendbaren Lehrer-Richtlinien-O der TdL enthalten in Abschn. A Nr. 3 folgende Vorschrift:
"Lehrkräften, die durch ausdrückliche Anordnung zum Schulleiter oder zum ständigen Vertreter des Schulleiters bestellt sind, kann eine Zulage in der Höhe gezahlt werden, wie sie vergleichbaren beamteten Lehrkräften als Schulleitern bzw. ständigen Vertretern von Schulleitern als Amtszulage nach der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes zusteht."
aa) Die in der Richtlinie in Bezug genommene Amtszulage für beamtete Lehrkräfte ist in Fußnote 7 zur Besoldungsgr. A 12 der Anlage I Besoldungsordnung A zum Bundesbesoldungsgesetz geregelt. Danach erhält der "Konrektor als der ständige Vertreter des Leiters einer Grundschule ... mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern" eine "Amtszulage nach Anlage IX". Auf diese Vorschriften stützt die Klägerin den Klageanspruch. Nach Nr. 3 des Abschnitts A der Lehrer-Richtlinien-O der TdL stand es damit im Ermessen des Beklagten ("kann"), der Klägerin als der ständigen Vertreterin des Schulleiters einer Grundschule eine "Zulage" zu gewähren (vgl. - EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 99; - 8 AZR 280/03 - EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 123, zu II 2 d bb der Gründe). Dies ist nach der Terminologie der Richtlinie keine "Amtszulage" (ungenau zB auch - aaO, sowie zum Teil - 8 AZR 313/01 -aaO). Die "Amtszulage" beamteter Lehrkräfte ist nur der Maßstab für die "Zulage" der Richtlinie.
bb) Entgegen der vorzitierten Rechtsprechung des Achten Senats kann diese Zulage nur dann gewährt werden, wenn ihre tatbestandlichen Voraussetzungen, wäre die Klägerin Beamtin, erfüllt sind. Nur wenn dies der Fall ist, hat der Beklagte nach dem Wortlaut der Richtlinie die Ermessensentscheidung zu fällen, ob er die Zulage gewährt.
Nach der Auffassung des Achten Senats ist für die Begründung des Anspruchs auf die Amtszulage nur der auf einer ausdrücklichen Anordnung beruhende Bestellungsakt zum Schulleiter bzw. ständigen Vertreter des Schulleiters dem Grunde nach erforderlich. Soweit in der Richtlinie auf die Amtszulage nach der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes verwiesen werde, beziehe sich dies nur auf die Höhe des Anspruchs. Dem folgt der Senat nicht, der nunmehr für Eingruppierungsstreitigkeiten von Lehrern allein zuständig und damit ohne Abstimmung mit dem früher dafür zuständigen Achten Senat zur Änderung dessen dazu ergangener Rechtsprechung befugt ist. Wenn Nr. 3 des Abschn. A der Lehrer-Richtlinien-O der TdL bestimmt, dass "eine Zulage in der Höhe gezahlt werden" kann, "wie sie vergleichbaren beamteten Lehrkräften als Schulleitern bzw. ständigen Vertretern von Schulleitern als Amtszulage nach der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes zusteht", ist damit zwingend auf die schulbezogenen tatbestandlichen Voraussetzungen für den Zulagenanspruch bei den vergleichbaren beamteten Lehrkräften Bezug genommen. Das folgt bereits daraus, dass die Gewährung der Zulage durch Ermessensentscheidung nur insoweit in Betracht kommt, als diese "vergleichbaren" beamteten Lehrkräften "nach der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes zusteht". Dies bestimmt sich nach der hier einschlägigen Regelung der Besoldungsgr. A 12 - "Konrektor als der ständige Vertreter des Leiters einer Grundschule ... mit mehr als 180 bis zu 360 Schülern" - iVm. der darin angeführten Fußnote 7. Die Ermessensentscheidung nach der Richtlinie ist damit tatbestandlich gebunden ( - ZTR 2005, 154, Vorentscheidung zu -). Sind die in der Richtlinie in Bezug genommenen schulbezogenen besoldungsrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf die "Amtszulage" nicht erfüllt, kann auch der vergleichbaren angestellten Lehrkraft nach der Richtlinie nicht kraft Ermessensentscheidung eine Zulage gewährt werden. Es fehlt dann an dem Tatbestand, den die Ermessensausübung voraussetzt.
Einer Ermessensentscheidung des Beklagten bedürfte es nur dann, wenn dieser trotz des Vorliegens der schulbezogenen tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf die Amtszulage nach der Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz einer vergleichbaren angestellten Lehrkraft die dieser gezahlten Zulage nicht weiter gewähren wollte. Sind jedoch die Voraussetzungen für die Amtszulage nach der einschlägigen besoldungsrechtlichen Regelung nicht mehr gegeben, gibt es keine Rechtsgrundlage für eine Ermessensentscheidung nach Nr. 3 des Abschn. A der Lehrer-Richtlinien-O der TdL. Dann entfällt der Anspruch der angestellten Lehrkraft kraft der vertraglichen Vereinbarung einer richtlinienkonformen Vergütung, wie sie die Parteien getroffen haben. Dafür spricht, abgesehen vom Wortlaut der Richtlinie, auch der Grundsatz der vergütungsrechtlichen Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrkräften in § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O. Die angestellten Lehrkräfte sollen nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden als vergleichbare Beamte ( - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 93 = EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 107, zu B II 2 a der Gründe mwN; - 8 AZR 313/01 - EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 99, zu II 2 c der Gründe; - 8 AZR 472/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 82, zu C IV 3 der Gründe).
c) Im vorliegenden Fall sind für den Anspruchszeitraum die tatbestandlichen Voraussetzungen entfallen, die für die Gewährung der Zulage kraft Ermessensentscheidung bis zum vorlagen. Die gem. Nr. 3 des Abschn. A der Lehrer-Richtlinien-O der TdL iVm. der Anlage I Besoldungsordnung A zum Bundesbesoldungsgesetz Besoldungsgr. A 12 Fußnote 7 für den Anspruch vorausgesetzte Zahl von mehr als 180 Schülern ist bei der Grundschule der Klägerin seit dem nicht mehr gegeben. Damit hat die Klägerin seitdem keinen Anspruch mehr auf die Zulage. Sie hat lediglich Anspruch auf die ihr vom Beklagten gewährte regelungskonforme Vergütung (vgl. zur Tarifautomatik: Senat - 4 AZR 724/00 -BAGE 99, 295; - 4 AZR 391/02 - BAGE 105, 291).
d) Der Fortbestand des Anspruchs der Klägerin auf die Zulage seit dem folgt auch nicht aus dem Nachweisrecht, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Revision greift diese Ausführungen nicht an.
e) Ob die Vorschrift des Abschn. A Nr. 3 der Lehrer-Richtlinien-O der TdL tarifwidrig ist, weil sie die Gewährung der Zulage bei Lehrkräften im Angestelltenverhältnis in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, während die entsprechend eingestufte beamtete Lehrkraft einen Anspruch auf die Amtszulage hat, bedarf hier keiner Entscheidung. Darauf kommt es nur dann an, wenn der Arbeitgeber bei einer Lehrkraft im Angestelltenverhältnis im Falle der Erfüllung der schulbezogenen Voraussetzungen für die Zulagengewährung sein Ermessen dahin ausübt, die Zulage nicht zu gewähren. Dieser Sachverhalt liegt hier nicht vor.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
YAAAB-94119
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