Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: KSchG § 4; KSchG § 6; KSchG § 13; ZPO § 256
Instanzenzug: ArbG Mönchengladbach 6 Ca 2731/03 vom LAG Düsseldorf 9 Sa 202/04 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch über die Wirksamkeit der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten vom .
Der Kläger trat im Jahre 1995 als Leiter des Rechnungswesens in die Dienste der Beklagten.
Mit Rechtsanwaltschreiben vom , das dem Kläger am Morgen des zugestellt wurde, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß zum , ohne den bei der Beklagten bestehenden dreiköpfigen Betriebsrat angehört zu haben.
Nach Anhörung des Betriebsrats, dessen beide anwesenden Mitglieder das Einverständnis erklärten, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut mit Schreiben vom , das dem Kläger am Nachmittag desselben Tages zugestellt wurde, fristlos und hilfsweise fristgemäß zum .
Der Kläger erhob mit Anwaltsschriftsatz vom Klage und kündigte folgende Anträge an:
"1. a) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom , zugestellt am , nicht aufgelöst worden ist.
b) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten vom , zugestellt am , nicht aufgelöst worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen auch über den hinaus fortbesteht.
...
Hilfsweise für den Fall, dass der Feststellungsantrag zu Ziffer 1. abgewiesen wird, wird folgender Antrag gestellt:
5. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.
Sollte die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichts erklären, dass sie den Kläger weiterbeschäftigen wird, sofern ein der Klage stattgegebenes Urteil ergeht, stellen wir folgenden Antrag:
6. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1. zu den im Anstellungsvertrag vom , zuletzt geänderten am , geregelten Arbeitsbedingungen als Leiter des Rechnungswesens bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen."
Zur Begründung des Antrags zu 2) wird in der Klageschrift ausgeführt, es handele sich um eine selbständige allgemeine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO. Dem Kläger seien derzeit zwar keine anderen möglichen Beendigungstatbestände außer der mit dem Klageantrag zu Ziffer 1) angegriffenen Kündigung bekannt, jedoch bestehe die Gefahr, dass die Beklagte im Verlaufe des Verfahrens weitere Kündigungen ausspreche. Deshalb werde mit dem Klageantrag zu 2) die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis auch durch die weiteren Kündigungen nicht beendet werde.
In ihrer Klageerwiderung trug die Beklagte vor, sie habe das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom , welches der Kläger bereits zu den Gerichtsakten gereicht habe (in Wahrheit hatte der Kläger das Kündigungsschreiben vom , nicht aber das vom vorgelegt), zu Recht gekündigt, weil ein wichtiger Grund vorgelegen habe und der Betriebsrat am ordnungsgemäß angehört worden sei. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht hielten beide Parteien wiederholt Vortrag zur Anhörung des Betriebsrats am . Der Kläger trug insoweit vor, die aus seiner Sicht unvollständige Unterrichtung des Betriebsrats am beruhe offenbar darauf, dass die Beklagte, nachdem die Kündigung vom dem Gerichtsvollzieher bereits am zur Zustellung übergeben worden sei, den Betriebsrat in großer Eile angehört habe, weil sie noch am dem Kläger eine erneute Kündigung habe zustellen lassen wollen. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht erklärten die Parteien übereinstimmend, es existiere noch eine weitere Kündigung, nämlich die vom . Anschließend verhandelten die Parteien ausweislich des Protokolls mit den "Anträgen aus der Klageschrift".
Das Arbeitsgericht hat - nach Beweisaufnahme über die Frage der Betriebsratsanhörung - die Beklagte zur Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die außerordentliche Kündigung vom sei wirksam, weil ein wichtiger Grund vorliege und der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden sei.
Mit der Berufungsbegründung hat der Kläger sodann, soweit von Interesse, beantragt,
"das Urteil des Arbeitsgerichts ... teilweise aufzuheben und, wie folgt, neu zu fassen:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom , zugegangen am , noch durch die außerordentliche Kündigung vom , zugegangen am gleichen Tage, fristlos oder fristgerecht aufgelöst worden ist.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen auch über den hinaus fortbesteht."
Nachdem die Parteien in Berufungsbegründung und Berufungserwiderung zunächst wiederum zur Frage des wichtigen Grundes und der Betriebsratsanhörung vorgetragen hatten, wies die Vorsitzende der Berufungskammer darauf hin, es sei zu prüfen, ob die Kündigung vom Streitgegenstand des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht gewesen sei; die Frist des § 4 KSchG sei wohl nicht eingehalten.
Der Kläger ist der Auffassung, die Klage habe sich von Anfang an - trotz missverständlicher Formulierung - auch gegen die Kündigung vom gerichtet. Diese Kündigung sei mangels eines wichtigen Grundes und wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie ist der Auffassung, die Kündigung vom sei nach §§ 13, 4, 7 KSchG wirksam, weil der Kläger sie nicht rechtzeitig angegriffen habe, jedenfalls aber ein wichtiger Grund sie rechtfertige und der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden sei.
Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert. Es hat den allgemeinen Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen, im Übrigen die Unwirksamkeit der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom festgestellt und hinsichtlich der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom das Urteil des Arbeitsgerichts einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens ab dem aufgehoben und den Rechtsstreit insoweit an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Mit der im Umfang der Aufhebung des arbeitsgerichtlichen Urteils vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen, aber nur von der Beklagten eingelegten Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren vollständiger Abweisung der Klage weiter.
Gründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang des Revisionsangriffs zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Berufung sei auch insoweit zulässig, als sich der Kläger mit ihr gegen die Kündigung vom wende. Eine unzulässige Klageänderung liege darin nicht, weil der auf die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen auch über den hinaus fortbestehe, gerichtete Antrag zugleich einen Antrag nach § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG enthalte. Zwar habe der Kläger eine solche Klage nach § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG gegen die Kündigung vom vor dem Arbeitsgericht nicht erhoben. Der Antrag zu 1) habe sich nur auf die Kündigung vom bezogen. Auch der erste Teil des Klageantrags zu 2) - Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch andere Beendigungstatbestände sein Ende gefunden habe - könne nicht dahin ausgelegt werden, dass er auch die Kündigung vom umfasst habe. Jedoch habe der zweite Teil des Klageantrags zu 2) - Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den hinaus fortbestehe - den Antrag nach § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG enthalten. Insofern sei der erstmals im Berufungsverfahren ausdrücklich gestellte Antrag nach § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG als nach § 525, § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageeinschränkung zu verstehen. In der Sache sei die Kündigung vom wegen fehlender Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG unwirksam. Die Kündigung vom sei nicht nach § 102 BetrVG unwirksam. Es komme deshalb lediglich in Betracht, dass die Kündigung vom als außerordentliche Kündigung mangels eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB und als ordentliche Kündigung mangels sozialer Rechtfertigung nach § 1 KSchG unwirksam sei. Insoweit habe der Kläger allerdings die Frist zur Klageerhebung nach § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG versäumt. Da er jedoch einen auch die Kündigung vom erfassenden Feststellungsantrag gestellt habe, habe nach § 6 Satz 1 KSchG eine bis zur letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz verlängerte Anrufungsfrist bestanden. Zwar habe der Kläger auch diese Frist versäumt. Indes habe das Arbeitsgericht es entgegen § 6 Satz 2 KSchG unterlassen, den Kläger auf die verlängerte Anrufungsfrist hinzuweisen. In einem solchen Fall sei entgegen § 68 ArbGG und § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausnahmsweise die Zurückverweisung an das Arbeitsgericht geboten.
B. Dem folgt der Senat in Teilen der Begründung, nicht aber im Ergebnis. Das Landesarbeitsgericht hätte den Rechtsstreit - soweit er nicht rechtskräftig entschieden ist - nicht an das Arbeitsgericht zurückverweisen dürfen.
I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Berufung des Klägers auch insoweit zulässig war, als er mit ihr erstmals ausdrücklich einen dem Wortlaut der § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG entsprechenden Klageantrag hinsichtlich der Kündigung vom gestellt hat. Es handelte sich, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, nicht um eine unzulässige Klageänderung, sondern um eine zulässige Einschränkung des Klagebegehrens.
1. Das Landesarbeitsgericht hat den vom Kläger gestellten Antrag zu 2) aus der Klageschrift dahingehend ausgelegt, der Antrag habe sich mit seinem zweiten Teil von Anfang an auf die Kündigung vom bezogen. Das ist nicht zu beanstanden. Allerdings bezog sich auch der erste Halbsatz des Antrags zu 2) schon in erster Instanz auf die Kündigung vom .
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann ein Arbeitnehmer neben der nach § 4 KSchG gegen eine Kündigung gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungsendtermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen. Diese Anträge kann er gem. § 260 ZPO zulässig in einer Klage verbinden ( - 2 AZR 581/86 - BAGE 57, 231, 238 mwN; - 2 AZR 484/93 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 28 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 48; - BAGE 76, 148; - 2 AZR 622/01 - BAGE 103, 84; zur Entstehungsgeschichte dieser Rechtsprechung vgl. KR-Friedrich 7. Aufl. § 4 KSchG Rn. 243; vgl. auch HaKo-Gallner 2. Aufl. § 4 KSchG Rn. 52 ff.). Dabei ist Gegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine konkrete, mit dieser Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin (sog. punktueller Streitgegenstandsbegriff, vgl. ua. Senat - 2 AZR 484/93 - aaO, zu B II 2 b (1) der Gründe mwN). Demgegenüber ist Streitgegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO im allgemeinen die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis über diesen Termin hinaus im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fortbesteht. Dabei kommt es allerdings auch auf den gestellten Antrag und/oder darauf an, was der Kläger erkennbar gewollt hat (vgl. zB Senat - 2 AZR 113/90 - AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 10 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 38 und - BAGE 76, 148 mwN). Bei einer zulässigen allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO wird der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, und zwar unter Einbeziehung eventueller Kündigungen, geprüft; es sind deshalb alle nach dem Vortrag der Parteien in Betracht kommenden Beendigungsgründe zu erörtern. Die Rechtskraft eines positiven Feststellungsurteils erfasst alle diese Beendigungsgründe ( -BAGE 85, 262).
3. Seinem Wortlaut nach bezog sich der Klageantrag zu 2) ohne Weiteres auf "andere Beendigungstatbestände" als die mit dem Antrag zu 1) angesprochene Kündigung vom . Auch die Kündigung vom war ein solcher "anderer Beendigungstatbestand". Mit dem zweiten Halbsatz des Antrags zu 2) - Fortbestand über den hinaus - wurde ferner noch gesondert zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger keinen bis zur Erhebung der Klage eingetretenen etwaigen Beendigungstatbestand gegen sich gelten lassen wollte. Bekräftigt wurde dies durch den Antrag auf Prozessbeschäftigung. Von daher war sowohl für das Gericht als auch insbesondere für die Beklagte deutlich, dass der Kläger jedwede Beendigung des Arbeitsverhältnisses, deren sich die Beklagte etwa berühmen sollte, in Abrede stellen und mit der Klage bekämpfen wollte.
4. In Zweifel gezogen werden kann diese Wortlautauslegung letztlich auch nicht durch die Klagebegründung, in der es allerdings heißt, dem Kläger sei bisher ein anderer Beendigungstatbestand nicht bekannt. Das Landesarbeitsgericht hat daraus gefolgert, der Kläger habe, da ihm die Kündigung vom bekannt gewesen sein müsse, mit der ersten Hälfte des Antrags zu 2) diese Kündigung gerade nicht angreifen wollen. Damit überbewertet das Landesarbeitsgericht jedoch die Klagebegründung und berücksichtigt nicht ausreichend den erkennbaren Sinn der vom Kläger gestellten Anträge insgesamt. Wie bereits ausgeführt, machen die Klageanträge in ihrer Gesamtheit deutlich, dass der Kläger jedwede Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Abrede stellen wollte. Andernfalls wären weder der zweite Teil des Antrags zu 2), noch der Beschäftigungsantrag, noch auch die Ausführungen des Klägers, mit denen er ein Zwischenzeugnis begehrte, erklärlich. Das vom Landesarbeitsgericht insoweit vertretene Auslegungsergebnis würde bedeuten, dass der Kläger die Kündigung vom hätte hinnehmen wollen. Dann aber wäre die Klageerhebung auch angesichts des Umstands, dass beide Kündigungen am zugestellt worden sind, im Falle ihrer Wirksamkeit hinsichtlich des Beendigungstags also zu demselben Ergebnis geführt hätten, nahezu sinnlos gewesen. Sie hätte bedeutet, dass der Kläger sich ohne wirtschaftliches Interesse gegen eine von zwei am selben Tage zugegangenen außerordentlichen Kündigungen hätte wehren, die andere jedoch hätte hinnehmen wollen. Für ein so ungewöhnliches Klageziel enthielt die Klageschrift keine ausreichenden Anhaltspunkte. Dagegen ist die Passage aus der Klagebegründung, auf die das Landesarbeitsgericht seine Auslegung stützt, ersichtlich eine Standardformulierung, die auf den Fall zugeschnitten ist, dass mit einem gesonderten Kündigungsschutzantrag die bereits bekannten Kündigungen gesondert angegriffen werden, woran es hier - aus welchen Gründen auch immer (im Termin vor dem Senat wurde erklärt, die beiden Kündigungen seien "verwurstet" worden) - hinsichtlich der Kündigung vom gefehlt hat.
5. Bei der Frage, ob sich ein allgemeiner Feststellungsantrag auf einen bestimmten Beendigungstatbestand bezieht oder nicht, ist entscheidend zu berücksichtigen, ob für den Arbeitgeber hinreichend erkennbar wird, dass der Arbeitnehmer jenen Beendigungstatbestand angreifen will. Durch die Frist des § 4 KSchG soll sicher gestellt werden, dass der Arbeitgeber, wenn er nicht alsbald nach Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine gegen diese Kündigung gerichtete Klage erhält, auf die Rechtfertigung der Kündigung im Umfang der Fiktionswirkung des § 7 KSchG vertrauen kann. Ist durch eine Klageerhebung sichergestellt, dass der Arbeitgeber unter Wahrung der Frist des § 4 KSchG gewarnt ist, so ist die Funktion der Norm erfüllt. Es kommt dann nicht darauf an, welche Formulierung der Arbeitnehmer seinem Klageantrag gegeben hat (so ausdrücklich zu BeschFG 1985 § 1 Abs. 5 Satz 1 Art. 1: - EzA BGB § 620 Nr. 184; für den Fall der missverständlichen Parteibezeichnung: - 2 AZR 136/03 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 50 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 66). Im vorliegenden Fall ist die Klageerhebung dem gerecht geworden: Die Beklagte hat sich zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ohne weiteres - und sogar allein - auf die Kündigung vom eingelassen. Sie ging offenkundig und zu Recht davon aus, dass es eines Eingehens auf die ohnehin nach § 102 BetrVG unwirksame Kündigung vom nicht bedurfte. Sie hat also das Klageanliegen von Anfang an richtig verstanden.
II. Ob die Berufung des Klägers in dem noch streitigen Umfang begründet ist und die Kündigung vom das Arbeitsverhältnis - fristlos oder mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist - beendet hat, steht noch nicht fest. Soweit das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts einschließlich des Verfahrens seit dem aufgehoben und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückverwiesen hat, folgt der Senat ihm nicht.
1. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die gegen die Kündigung vom gerichtete Klage nicht verspätet erhoben. Damit entfällt auch die Grundlage für die vom Landesarbeitsgericht bejahte Frage, ob der Rechtsstreit vom Berufungsgericht an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen ist, wenn der Arbeitnehmer auf Grund eines Verstoßes des Arbeitsgerichts gegen die Hinweispflicht nach § 6 Satz 1 KSchG versäumt hat, das Fehlen eines wichtigen Grundes oder die Sozialwidrigkeit nachträglich geltend zu machen (vgl. zum Meinungsstand: Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 6. Aufl. § 6 KSchG Rn. 12; APS-Ascheid 2. Aufl. § 6 KSchG Rn. 27; von Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 6 Rn. 11; KR-Friedrich 7. Aufl. § 6 KSchG Rn. 33; HaKo-Gallner 2. Aufl. § 6 KSchG Rn. 26). Einer solchen nachträglichen Geltendmachung bedurfte es hier schon deshalb nicht, weil der Kläger - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat - rechtzeitig einen Feststellungsantrag hinsichtlich der Kündigung vom gestellt hat. Hinzu kommt, dass das Arbeitsgericht mit den Parteien die Kündigung vom im Kammertermin ausdrücklich erörtert und sodann - ausweislich der Entscheidungsgründe sogar ausschließlich - über die Wirksamkeit der Kündigung vom - einschließlich der Frage des wichtigen Grundes - entschieden hat. Damit hat der Kläger spätestens zu diesem Zeitpunkt die Kündigung vom in den Rechtsstreit "einbezogen" (vgl. - BAGE 103, 84).
a) Nach § 4 Satz 1 KSchG wahrt der Arbeitnehmer die dreiwöchige Klagefrist durch die Erhebung einer Klage "beim Arbeitsgericht auf Feststellung ..., dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist". Einen Antrag mit diesem Wortlaut hat der Kläger erst mit der Berufungsschrift und folglich weit nach Ablauf der dreiwöchigen Frist des § 4 Satz 1 KSchG gestellt.
b) Daraus kann aber nicht gefolgert werden, die Klage sei verspätet erhoben worden. Wie oben ausgeführt, braucht der Arbeitnehmer mit der Klageerhebung im Kündigungsschutzprozess nicht den Wortlaut des § 4 Satz 1 KSchG zu wiederholen, wenngleich dies zweckmäßigerweise geschehen sollte. Entscheidend ist, dass sich aus dem gegebenenfalls auszulegenden Klageantrag ergibt, dass der Arbeitnehmer der Sache nach die von der Fiktionswirkung des § 4 KSchG erfassten Unwirksamkeitsgründe - also das Klageziel einer Klage nach §§ 4, 13 KSchG - geltend machen will. Das Landesarbeitsgericht hat - zutreffend - den Klageantrag zu 2) als auch gegen die Kündigung vom gerichtet ausgelegt. Dann aber ist bereits mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Klagefrist gewahrt. Denn auch die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO, die auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, wahrt die Frist des § 4 Satz 1 KSchG, wenn sie im vorstehenden Sinne auszulegen ist (st. Rspr., vgl. - BAGE 57, 281; - 2 AZR 772/94 -BAGE 81, 371; - 2 AZR 622/01 - BAGE 103, 847; HaKo-Gallner 2. Aufl. § 4 KSchG Rn. 52; ausführlich und mit zahlr. Nachw.: KR-Friedrich 7. Aufl. § 4 KSchG Rn. 238 ff.; kritisch: von Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 4 Rn. 72 ff.).
c) Im Ergebnis würde sich selbst dann nichts ändern, wenn man der Auffassung wäre, die Klage habe mit dem Antrag zu 2) zunächst nicht die Kündigung vom erfasst. In diesem Falle wäre sie zwar zunächst unzulässig gewesen. Sie hätte sich aber spätestens mit der Erörterung im Kammertermin auch auf die Kündigung vom bezogen. Zwar ist eine ausdrückliche Erklärung dieses Inhalts nicht erfolgt. Sowohl die Parteien als auch das Gericht gingen aber unzweifelhaft davon aus, dass sich die Klage spätestens jetzt gegen die Kündigung vom richtete. Andernfalls wäre nicht erklärlich, dass das Arbeitsgericht über diese Kündigung in der Sache entschieden hat. Die Einbeziehung im Kammertermin wäre jedenfalls rechtzeitig gewesen, da nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die Einbeziehung wie auch im hier allerdings nicht gegebenen Fall des § 6 KSchG jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht (vgl. von Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 4 Rn. 75e) erfolgen kann.
2. Das Berufungsurteil war daher im Umfang des Revisionsangriffs aufzuheben und an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die Frage, ob die Kündigung vom als außerordentliche durch einen wichtigen Grund bzw. als ordentliche durch einen Kündigungsgrund nach § 1 KSchG gerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis am Tag ihres Zugangs oder mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet hat, nicht überprüft. Das wird nachzuholen sein. Nach dem bisherigen Sachstand lassen die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Frage der Anhörung des Betriebsrats keinen Rechtsfehler erkennen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 395 Nr. 6
ZAAAB-93715
1Für die Amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein