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BAG Beschluss v. - 2 AZB 20/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 234 Abs. 1 Satz 2

Instanzenzug: ArbG Reutlingen 7 Ca 133/04 vom LAG Baden-Württemberg 15 Sa 116/04 vom

Gründe

I. Die Klägerin hat auf Feststellung geklagt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch eine Eigenkündigung der Klägerin geendet hat, und hat Zahlungsansprüche geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat die Klage durch ein den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am zugestelltes Urteil abgewiesen. Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer am beim Landesarbeitsgericht eingereichten Berufung gewandt. Mit einem am eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und geltend gemacht, erst im Rahmen einer routinemäßigen Fristenkontrolle am sei festgestellt worden, dass die für die Führung des Fristenbuchs und des Fristenkalenders allein verantwortliche Rechtsanwaltsfachangestellte den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist mit entsprechenden Vorfristen auf den , statt richtigerweise auf den notiert habe. Nach Zurückweisung eines Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ist die Berufungsbegründungsschrift am beim Berufungsgericht eingegangen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen mit der Begründung, die zweiwöchige Antragsfrist gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO habe am begonnen und gemäß § 187 Abs. 1 ZPO mit Ablauf des geendet. Die einmonatige Antragsfrist nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO betreffe entgegen dem Wortlaut der Vorschrift nur den Fall der verspäteten Gewährung von Prozesskostenhilfe, sei im vorliegenden Fall also nicht anwendbar. Die Berufung sei deshalb unzulässig. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Die Zulässigkeit der Berufung scheitert nicht bereits, wie vom Landesarbeitsgericht angenommen, an der fehlenden Nachholung der Berufungsbegründung innerhalb der Antragsfrist für den Wiedereinsetzungsantrag (§ 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Die Wiedereinsetzungsfrist betrug im vorliegenden Fall nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO einen Monat. Die Berufungsbegründung ist innerhalb eines Monats nach Behebung des Hindernisses, dh. der Kenntnis von der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beim Landesarbeitsgericht eingegangen und hat deshalb die Frist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO gewahrt. Auf den vom Landesarbeitsgericht abgelehnten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist kommt es deshalb nicht an.

Nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Fassung des ersten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz vom (BGBl. I S. 2198) beträgt die Wiedereinsetzungsfrist einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, ua. die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Der Wortlaut ist eindeutig. Ein Wille des Gesetzgebers, in Ausnahmefällen der Partei, die gegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung Wiedereinsetzung begehrt, lediglich eine zweiwöchige Antragsfrist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu gewähren, lässt sich daraus nicht entnehmen. Zutreffend weist das Landesarbeitsgericht zwar darauf hin, dass die gesetzliche Neuregelung in erster Linie das Ziel hatte, nach der Gewährung von Prozesskostenhilfe dem Rechtsmittelführer die volle Frist zur Begründung des Rechtsmittels von einem Monat zur Verfügung zu stellen (BR-Drucks. 378/03 S. 38; BT-Drucks. 15/1508 S. 17). Dies rechtfertigt es jedoch nicht, § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut dahin einzuschränken, dass - wie das Landesarbeitsgericht meint - die Vorschrift nur auf Fälle der nachträglichen Bewilligung der Prozesskostenhilfe angewandt wird. Wenn es in den Gesetzesmaterialien heißt, durch die Gesetzesänderung solle "insbesondere" sichergestellt werden, dass nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe der Partei ein Monat Zeit für die Rechtsmittelbegründung bleibe, so zeigt dies im Gegenteil, dass die verlängerte Frist nach dem Willen des Gesetzgebers auch in anderen Fällen als dem der nachträglichen Bewilligung von Prozesskostenhilfe anwendbar sein soll. Soweit in der Literatur die Frage einer einschränkenden Auslegung des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO angesprochen wird (s. etwa Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 234 Rn. 1; Knaur/Wolf NJW 2004, 2857, 2862), betrifft dies insbesondere den Fall, dass der fertiggestellte Begründungsschriftsatz ohne Verschulden nicht rechtzeitig beim Gericht eingeht - dann soll es bei der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO bleiben. Ob dem zu folgen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Der Antragsteller hatte die Begründungsschrift gerade nicht fertiggestellt, weil als Ablauf der Begründungsfrist der und nicht der eingetragen war. Ob dieses Versäumnis die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigt, wird das Landesarbeitsgericht, das hierzu keine Ausführungen gemacht hat, nach der Zurückverweisung zu prüfen haben.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
DB 2005 S. 2364 Nr. 43
HFR 2006 S. 92 Nr. 1
XAAAB-93597

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