Leitsatz
[1] Die Arbeitsgerichte als Prozeßgerichte für den Streit über abgetretene Arbeitsentgeltforderungen sind nicht befugt, bei der Ermittlung der pfändbaren Anteile dem beim beklagten Arbeitgeber erzielten Einkommen Einkünfte bei anderen Arbeitgebern oder Rentenversicherungsträgern hinzuzurechnen.
Gesetze: ZPO § 850 e
Instanzenzug: ArbG Elmshorn 3 Ca 385 e/00 vom LAG Schleswig-Holstein 1 Sa 401 b/00 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung des pfändbaren Teils des Einkommens des beim Beklagten angestellten Herrn K. Die Klägerin hat diesem den Streit verkündet. Er ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.
Die Klägerin gewährte Herrn Rolf Kaczmarek ein Darlehen. Zur Sicherung der Ansprüche aus dem Darlehensvertrag trat dieser im Jahre 1992 den jeweils pfändbaren Teil seines "Arbeitsentgelts im Sinne von § 850 ZPO (insbesondere Renten, Pensions- und Provisionsforderungen ...)" an die Klägerin ab. Er ist bei dem Beklagten im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses mit einer Vergütung von 306,78 Euro (600,00 DM) pro Monat tätig. Von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bezieht er eine Rente iHv. 1.202,31 Euro (2.351,51 DM). In seinem Haushalt wohnen seine Ehefrau, ein gemeinsames minderjähriges Kind und ein minderjähriges Stiefkind.
Die Klägerin legte 1999 die Sicherungsabtretung gegenüber dem Beklagten und der BfA offen. Beide Drittschuldner teilten mit, daß wegen der Unterhaltspflichten des Zedenten kein pfändbarer Teil der jeweiligen Einkünfte verbleibe.
Am erhob die Klägerin die vorliegende Klage. Mit Beschluß des Amtsgerichts Itzehoe vom wurde über das Vermögen des Zedenten ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt D als Treuhänder bestellt. Die Klägerin meldete ihre Forderungen zur Tabelle an. Die Forderungen wurden anerkannt.
Die Klägerin meint, daß bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Einkommens des Zedenten das Stiefkind nicht zu berücksichtigen sei. Zudem seien die Rentenbezüge und das Arbeitsentgelt zusammenzurechnen. Zuständig für die Anordnung der Zusammenrechnung sei gemäß § 850 e ZPO und § 3, § 2 Abs. 3 ArbGG das Arbeitsgericht. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens könne sie die Verurteilung zur Zahlung an den Treuhänder beantragen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ab Vergütungsmonat August 2000 bei der Ermittlung pfändbarer Beträge des Einkommens des Herrn K, der diesem zustehenden monatlichen Nettovergütung aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Beklagten die Rente, die Herr K in Höhe von monatlich 1.202,31 Euro (2.351,51 DM) von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bezieht, hinzuzurechnen, aus dem sich danach ergebenden Gesamtbetrag den pfändbaren Anteil unter Berücksichtigung von Unterhaltspflichten des Herrn Kaczmarek gegenüber seiner Ehefrau und einem Kind zu ermitteln und diesen pfändbaren Betrag an den Treuhänder in dem Verbraucherinsolvenzverfahren des Amtsgerichts Itzehoe, Rechtsanwalt D, abzuführen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Eine Darlehensforderung bestehe nicht. Die Abtretung sei wegen Übersicherung nichtig. Nach Mitteilung des Zedenten sei dieser zwei Kindern unterhaltsverpflichtet. Ohne Beschluß nach § 850 e ZPO, der nur in einem Zwangsvollstreckungsverfahren ergehen könne, dürfe der Beklagte nur seine Vergütungszahlung zugrunde legen. Wegen des Insolvenzverfahrens und des Antrags auf Zahlung an den Treuhänder fehle der Klägerin das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren zuletzt gestellten Antrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß die Arbeitsgerichte gemäß § 3, § 2 Abs. 3 ArbGG zwar für die Klage eines Abtretungsgläubigers gegen den Arbeitgeber eines Zedenten auf Zahlung abgetretener Vergütung zuständig seien, nicht aber für eine Entscheidung nach § 850 e ZPO. Eine Lohnabtretung könne nur nach Maßgabe des § 400 BGB erfolgen, dh. soweit die Forderungen der Pfändung unterworfen seien. Die streitigen Vergütungsforderungen lägen unterhalb der Pfändungsgrenzen. Soweit die Klägerin nach § 850 e ZPO die Anordnung über ein Zusammenrechnen mit der Rente beanspruchen könne, handele es sich nicht um einen Anspruch aus einem Arbeitsverhältnis iSd. § 3 ArbGG. Als eigenständiger zivilprozessualer Anspruch könne die Zusammenrechnung nur in einem Verfahren der staatlichen Zwangsvollstreckung beantragt werden. § 850 e ZPO bevorzuge allein den Pfändungspfandgläubiger, nicht einen Abtretungsgläubiger. Wegen des klaren Gesetzeswortlauts und des Grundsatzes der Rechtsklarheit könne ein Prozeßgericht die ausdrücklich dem Vollstreckungsgericht vorbehaltene Zusammenrechnungskompetenz nicht an sich ziehen. Allenfalls käme eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts auch zugunsten eines Abtretungsgläubigers in Betracht. Ein dementsprechender Beschluß liege jedoch nicht vor.
II. Der Senat folgt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis und im wesentlichen in der Begründung. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
A. Die Klage ist zulässig.
1. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt. Es handelt sich um eine Klage auf künftige Leistungen (§ 257 ZPO), die auch Lohnansprüche zum Gegenstand haben kann ( - BAGE 42, 54). Obwohl im Klageantrag der Vergütungsanspruch des Zedenten gegenüber dem Beklagten der Höhe nach nicht konkret beziffert ist, ist der erstrebte Titel im Hinblick auf seine spätere Vollstreckung durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Über die Urteilsformel hinaus kann auf Feststellungen im Tatbestand des Urteils zurückgegriffen werden. Hiernach beträgt die Vergütung monatlich 306,78 Euro.
2. Die Klägerin hat ein Rechtsschutzinteresse an der Klage auf Leistung an den Treuhänder. Sie hätte zwar trotz des Verbraucherinsolvenzverfahrens, eines Antrags auf Restschuldbefreiung und der damit verbundenen Abtretung aller pfändbaren Bezüge (§ 287 InsO) noch für einen Zeitraum von drei Jahren seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zahlung an sich verlangen können (§ 114 Abs. 1 InsO aF - jetzt 2 Jahre), weil die Abtretung schon 1992 vereinbart worden war. Als Gläubigerin einer Forderung kann sie jedoch nach § 362 Abs. 2 BGB auch Dritte zur Entgegennahme der Leistung bevollmächtigen.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht durch die Anmeldung der Darlehensforderung zur Insolvenztabelle und deren Anerkennung entfallen. Zwar eröffnet die zur Sicherung der Darlehensforderung vereinbarte Abtretung künftiger Lohnforderungen der Klägerin ein Recht zur Absonderung (§ 51 InsO). Die Klägerin als bevorzugte Gläubigerin kann an der späteren anteilsmäßigen Befriedigung aus der Insolvenzmasse nur teilnehmen, soweit sie gemäß § 52 InsO auf ihr Absonderungsrecht verzichtet oder mit der Absonderung ausgefallen ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, daß die Klägerin auf ihr Absonderungsrecht verzichtet habe. Allein die Anmeldung der Darlehensforderung zur Tabelle läßt nicht ohne weiteres den Schluß zu, die Klägerin habe damit zugleich auf ihr Absonderungsrecht verzichtet (Hess/Weis/Wienberg InsO 2. Aufl. § 52 Rn. 19). Die Anmeldung kann aber insbesondere dann sinnvoll sein, wenn die Klägerin mit den abgesonderten Rechten nicht bzw. nicht vollständig befriedigt werden sollte oder sich herausstellt, daß ein Absonderungsrecht nicht besteht. Dann verbleibt die Möglichkeit einer Befriedigung aus der Insolvenzmasse (Hess/Weis/Wienberg aaO § 52 Rn. 18). Die Klägerin führt damit die Klage nicht lediglich als "nicht beauftragte Sachwalterin der Insolvenzmasse", wie der Beklagte meint.
3. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zedenten führte nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens. Der Zedent ist weder "Partei" iSd. § 240 ZPO noch sonst zwingend an dem Verfahren zu beteiligen (Baumbach/Hartmann ZPO 60. Aufl. § 240 Rn. 9).
B. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin ist nicht Inhaberin der geltend gemachten Forderungen, denn eine Forderung kann gemäß § 400 BGB nur insoweit wirksam abgetreten werden, als sie der Pfändung unterworfen ist. Dies ist nicht der Fall.
1. Der Zedent hat die pfändbaren Anteile seines gegenwärtigen und künftigen Arbeitsentgelts iSv. § 850 ZPO an die Klägerin abgetreten. Eine solche Abtretung auch künftiger Forderungen ist grundsätzlich zulässig, soweit der Umfang der Abtretung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist ( - BAGE 32, 159, 162). Nur dann kann der Arbeitgeber erkennen, wieviel er an den neuen Gläubiger zu zahlen hat. Diesen Anforderungen genügt die Abtretung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens. Der Arbeitgeber kann die abgetretenen Teile unter Berücksichtigung der gesetzlich geregelten Pfändungsvorschriften der §§ 850 ff. ZPO berechnen und auszahlen ( - BAGE 96, 266).
2. Danach hat die Klägerin keine Vergütungsansprüche erworben, denn von dem Verdienst des Zedenten in Höhe von 306,78 Euro monatlich ergibt sich kein pfändbarer Anteil gem. §§ 850, 850 c ZPO in Verbindung mit der Tabelle zu § 850 c ZPO. Auf die Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder kommt es dabei nicht an.
3. Der Beklagte war weder verpflichtet noch berechtigt, die Renteneinkünfte des Zedenten dem Arbeitsverdienst hinzuzurechnen. Eine solche Zusammenrechnung ist nach § 850 e Ziff. 2 und 2 a ZPO grundsätzlich möglich. Danach sind mit dem Arbeitseinkommen auf Antrag auch Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zusammenzurechnen, soweit diese der Pfändung unterworfen sind. Der unpfändbare Grundbetrag ist, soweit die Pfändung nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche erfolgt, in erster Linie den laufenden Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zu entnehmen. Für einen solchen Beschluß nach § 850 e ZPO sind aber nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur die Vollstreckungsgerichte zuständig. Ein entsprechender Beschluß liegt jedoch nicht vor. Er läßt sich auch nicht mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht als Prozeßgericht in analoger Anwendung des § 850 e ZPO herbeiführen.
a) Der Gesetzgeber hat in den §§ 850 ff. ZPO den Pfändungsschutz von Arbeitseinkommen im einzelnen geregelt, insbesondere welche Einkünfte der Pfändung unterliegen und welche Beträge einem Pfändungsschuldner als Eigenbehalt bzw. zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten belassen werden müssen. In Einzelfällen läßt das Gesetz zu, daß grundsätzlich unpfändbare Einkünfte pfändbar werden, Unterhaltsverpflichtungen unberücksichtigt bleiben oder Freibeträge auf Grund besonderer Umstände erhöht werden (§ 850 b Abs. 2, § 850 c Abs. 4, § 850 e, § 850 f ZPO). Diese Ausnahmeregelungen bedürfen aber ausdrücklich einer rechtsgestaltenden gerichtlichen Anordnung durch die Vollstreckungsgerichte. Dies gilt auch für die Berücksichtigung mehrerer Einkünfte des Schuldners. Bezieht ein Pfändungsschuldner mehrere Einkommen, ist bei der Berechnung pfändbarer Anteile jedes Einkommen getrennt zu betrachten (§ 850 e ZPO). Dies dient dem Schutz des Arbeitgebers, der als Drittschuldner in der Regel ebensowenig wie der Pfändungsgläubiger die verschiedenen Einkünfte des Arbeitnehmers, deren genauen Umfang und Zusammensetzung sowie deren unpfändbare Anteile sicher kennt (Stein/Jonas/Brehm ZPO 21. Aufl. Bd. 6 § 850 e III Rn. 19). Ohne diese Kenntnisse läuft der Drittschuldner Gefahr, bei der Berechnung des pfändbaren Anteils zusammengerechneter Einkünfte die zum Schutz des Pfändungsschuldners erlassenen Pfändungsvorschriften zu verletzen und möglicherweise nicht mit befreiender Wirkung zu leisten (§ 362 BGB).
Dieselbe Interessenlage besteht, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Arbeitgeber als Drittschuldner einer abgetretenen Forderung den pfändbaren Anteil des Arbeitsentgelts seines Arbeitnehmers zu bestimmen hat. Nach § 400 BGB können Forderungen nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen sind. Mit dem Abtretungsverbot soll der Arbeitnehmer davor geschützt werden, daß er durch eine Abtretung seiner Lohnansprüche die für seinen Lebensunterhalt erforderlichen Mittel verliert. Ihm sollen unter allen Umständen die für unpfändbar erklärten Forderungen verbleiben, damit ihm die Lebensgrundlage nicht gänzlich entzogen wird ( - BGHZ 125, 116, 122). Die Vorschrift dient auch dem Schutz Dritter, denen der Schuldner gegenüber unterhaltspflichtig ist oder die ihm gegenüber unterhaltspflichtig werden können, sowie der Entlastung der staatlichen Sozialhilfe (Staudinger/Busche BGB 13. Aufl. Bd. II § 400 Rn. 1). Ebenso wie bei der Pfändungsvollstreckung ist auch der Arbeitgeber im Falle einer Arbeitsentgeltabtretung schutzbedürftig. Er muß Gewißheit haben, in welcher Höhe die Forderung abgetreten ist und welcher Teil des Arbeitseinkommens der Pfändung unterworfen ist. Nur dann kann er den auszuzahlenden Teil richtig berechnen und seine Leistungspflichten gegenüber Abtretungsgläubiger und Arbeitnehmer befreiend erfüllen.
b) Ausschließlich das Vollstreckungsgericht kann die Zusammenrechnung mehrerer Einkommen anordnen. Für eine entsprechende Befugnis der Prozeßgerichte besteht keine Rechtsgrundlage. Auch eine analoge Anwendung des § 850 e Ziff. 2 ZPO scheidet aus.
Die Arbeitsgerichte als Prozeßgerichte sind zuständig für das gerichtliche Erkenntnisverfahren über die richtige Berechnung einer gepfändeten oder abgetretenen Lohnforderung. Hierbei haben die Prozeßgerichte zu überprüfen, ob die Vorschriften der §§ 850 ff. ZPO eingehalten sind. Dazu gehört beispielsweise auch, ob und wieviele unterhaltsberechtigte Personen vorhanden sind. Stehen dann jedoch die Tatsachen, wie die Höhe des Arbeitsverdienstes und die Zahl der unterhaltsberechtigten Personen fest, hat das Prozeßgericht den pfändbaren Betrag von einer Tabelle abzulesen und kann diesen weder herauf- noch herabsetzen. Eine solche Befugnis ergibt sich auch nicht aus der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Zusammenhangsstreitigkeiten nach § 2 Abs. 3 ArbGG, denn hier besteht eine ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts, nämlich des Vollstreckungsgerichts.
c) Eine analoge Anwendung des § 850 e ZPO, die eine Zusammenrechnungsanordnung der Arbeitsgerichte begründen könnte, scheidet aus. Zwar befindet sich der Abtretungsgläubiger nicht in einem Vollstreckungsverfahren. Da aber gem. § 400 BGB eine Forderung nicht abgetreten werden kann, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist, sind die Pfändungsvorschriften auch außerhalb eines Vollstreckungsverfahrens anwendbar. Auch bei der Bestimmung der Pfändbarkeit von Einkünften gem. § 400 BGB bzw. § 394 BGB verbleibt es daher bei der Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts ( - aaO; offen gelassen: - AP ZPO § 850 e Nr. 1; - 4 AZR 348/90 - BAGE 67, 193, 197; - BGHZ 96, 324; Staudinger/Busche BGB Bd. II 13. Aufl. § 400 Rn. 5; Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. § 400 Rn. 4; Stöber Forderungspfändung 13. Aufl. Rn. 1250). Die gerichtliche Anordnungskompetenz nach § 850 e ZPO stellt bereits eine Ausnahmeregelung zu der im übrigen geltenden gesetzlichen Grundkonzeption des Pfändungsschutzes dar (Stöber aaO Rn. 1250). Eröffnet der Gesetzgeber eine Ausnahme zu seinen im übrigen geregelten Grundsatzbestimmungen, ist im Zweifel anzunehmen, daß er die Reichweite der Ausnahme bewußt auf die ausdrücklich getroffene Regelung beschränken wollte. Eine Erweiterung der Ausnahme über eine analoge Anwendung der Ausnahmebestimmung bedarf daher einer besonderen Rechtfertigung. Eine solche liegt hier nicht vor.
Es ist vielmehr im Hinblick auf die verschiedenen Schutzfunktionen der Vollstreckungsvorschriften nicht nur zweckmäßig, sondern notwendig, daß die Entscheidung über die ausnahmsweise zu treffenden Abänderungen der gesetzlichen Grundvorschriften in einer Hand, und zwar beim Vollstreckungsgericht, verbleibt. Dieses hat eine Entscheidung nach billigem Ermessen zu treffen und zuvor die an der Vollstreckung Beteiligten, vor allem den betroffenen Schuldner, zu hören. Nur so kann verhindert werden, daß ein Pfändungs- oder Abtretungsgläubiger bei verschiedenen Arbeitgebern oder Rententrägern jeweils geltend macht, die jeweiligen Einkünfte seien zusammenzurechnen. Im Erkenntnisverfahren zwischen Abtretungsgläubiger und Drittschuldner ist der Arbeitnehmer nicht zwingend unmittelbar beteiligt. Dies läßt befürchten, daß in seine Rechte nach § 400 BGB, §§ 850 ff. ZPO eingegriffen werden könnte ( - aaO). Weder besteht eine Pflicht zur Streitverkündung noch eine Pflicht zum Beitritt.
Demgegenüber sind die Interessen eines Abtretungsgläubigers an einer möglichst weitreichenden Befriedigung ohne die Inanspruchnahme weiterer Gerichte nicht so durchschlagend, daß § 850 e ZPO analog vom Prozeßgericht anzuwenden wäre. Der Abtretungsgläubiger hat die Möglichkeit, sich einen Titel zu verschaffen, mit dem er unmittelbar in das Vollsteckungsverfahren eintreten kann und so in den Genuß der Ausnahmeregelungen des § 850 e ZPO kommen kann. Damit wird das Abtretungsrecht nach §§ 398 ff. BGB nicht ausgehöhlt. Allenfalls liegt es näher, dem Vollstreckungsgericht eine analoge Anordnungskompetenz auch für Abtretungsgläubiger einzuräumen. Hierüber hat allerdings das Vollstreckungsgericht selbst zu entscheiden.
d) Soweit in bisherigen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts eine Zusammenrechnung gem. § 394 ZPO iVm. § 850 e ZPO vorgenommen worden ist ( - AP ZPO § 850 e Nr. 4 = EzA ZPO § 850 e Nr. 2; - 3 AZR 285/89 - AP BetrAVG § 1 Invaliditätsrente Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 60) handelte es sich um ausdrücklich als solche bezeichnete Ausnahmefälle, die wegen der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhänge der Leistungen angenommen wurden. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Auch soweit das Bundessozialgericht im Hinblick auf § 53 Abs. 3 SGB I iVm. § 850 e ZPO eine eigene Zuständigkeit zur Zusammenrechnung von Sozialleistungen angenommen hat, kann dies auf die Arbeitsgerichte nicht übertragen werden ( 5 b RJ 4/86 - BSGE 61, 274). Jener Entscheidung lag zugrunde, daß dem Träger der Sozialversicherung ohnehin oblag, die Interessen des Versicherten zu wahren. Er hatte hinsichtlich des Schuldnerschutzes eine dem Vollstreckungsgericht vergleichbare Stellung, die eher noch umfassender ist. Auch mag es möglich sein, daß auf Grund des sozialgerichtlichen Amtsermittlungsgrundsatzes sichergestellt werden kann, daß die schutzwürdigen Belange des Schuldners hinreichend berücksichtigt werden. Dies trifft jedoch für ein zivilgerichtliches Verfahren zwischen Abtretungsgläubiger und Drittschuldner ohne zwingende Beteiligung des Abtretungsschuldners gerade nicht zu.
III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat die Klägerin zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2002 S. 1546 Nr. 30
DB 2002 S. 1668 Nr. 32
IAAAB-93524
1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Ja