Leitsatz
[1] 1. Besetzt der Arbeitgeber einen zuvor ausgeschriebenen Arbeitsplatz im Wege einer Erhöhung der vertraglichen Arbeitszeit schon beschäftigter Arbeitnehmer, so liegt darin bei länger als einmonatiger Dauer eine mitbestimmungspflichtige Einstellung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
2. Die einvernehmliche Verminderung der vertraglichen Arbeitszeit betriebsangehöriger Arbeitnehmer löst Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht aus.
Gesetze: BetrVG § 93; BetrVG § 95 Abs. 3; BetrVG § 99 Abs. 1 Satz 1; BetrVG § 101 Satz 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 256 Abs. 1; ArbGG § 94 Abs. 3
Instanzenzug: ArbG Bielefeld 5 BV 60/02 vom LAG Hamm 10 TaBV 104/03 vom
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht bei der Änderung des Umfangs der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit.
Die Arbeitgeberin betreibt diverse Möbelhäuser. Antragsteller ist der von den etwa 300 Arbeitnehmern der Niederlassung B gewählte Betriebsrat. Dort schrieb die Arbeitgeberin in den Jahren 2002 und 2003 freie Stellen betriebsintern aus. Mehrfach bewarben sich Teilzeitkräfte, die in der betreffenden Abteilung bereits tätig waren. Wurden sie von der Arbeitgeberin ausgewählt, erfolgte die Stellenbesetzung in der Weise, dass ihre Arbeitszeiten einvernehmlich im erforderlichen Umfang erhöht wurden. Waren die Stellen befristet ausgeschrieben worden, erfolgte auch die Stundenerhöhung auf Zeit. Außerdem kam es vor, dass die Arbeitszeit einzelner Arbeitnehmer auf deren Wunsch vermindert wurde.
Der Betriebsrat wurde jeweils nachträglich informiert. Er hat demgegenüber die Auffassung vertreten, bei solchen Vorgängen stehe ihm ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zu. Er hat von der Arbeitgeberin vergeblich die Aufhebung bestimmter Arbeitszeitveränderungen und seine künftige Beteiligung an solchen Maßnahmen verlangt.
Der Betriebsrat hat - soweit in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch von Interesse - beantragt,
1. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Erhöhung der monatlichen Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen - E S von 108 auf 150 Stunden/Monat, - S H von 130 auf 150 Stunden/Monat, - D D von 118 auf 140 Stunden/Monat, - M S von 97 auf 120 Stunden/Monat und die monatliche Sollstundensenkung der Arbeitnehmerinnen - S K von 99 auf 78 Stunden/Monat, - A B von 87 auf 43 Stunden/Monat (5 Tage/Woche) aufzuheben;
2. festzustellen, dass die Arbeitgeberin ihn nach § 99 BetrVG zu beteiligen hat, bevor sie mit ihren Arbeitnehmer(inne)n die Erhöhung der monatlichen Sollstunden vereinbart, wenn sie die dadurch besetzte Stelle zuvor nach § 93 BetrVG innerbetrieblich ausgeschrieben hat;
3. festzustellen, dass die Arbeitgeberin ihn nach § 99 BetrVG zu beteiligen hat, bevor sie mit ihren Arbeitnehmer(inne)n die Senkung der monatlichen Sollstunden vereinbart, wenn sie die dadurch besetzte Stelle zuvor nach § 93 BetrVG innerbetrieblich ausgeschrieben hat.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die einzelvertragliche Änderung des ursprünglich vereinbarten Arbeitszeitvolumens unterfalle nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG.
Die Vorinstanzen haben die Anträge des Betriebsrats abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt dieser sein Begehren weiter.
B. Die Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet. In der Erhöhung des Arbeitszeitvolumens eines (teilzeitbeschäftigten) Arbeitnehmers liegt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, wenn dadurch eine vom Arbeitgeber zuvor ausgeschriebene Stelle für länger als einen Monat besetzt wird. Dagegen ist die Verminderung des Arbeitszeitvolumens kein nach § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtiger Vorgang.
I. Die Anträge des Betriebsrats sind zulässig. Dies gilt auch für die Feststellungsanträge.
1. Die Feststellungsanträge zu 2 und 3 sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie lassen keinen Zweifel daran, für welche Maßnahmen der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG geltend macht. Dies gilt sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht. Der Betriebsrat will beteiligt werden, "bevor" die Arbeitgeberin mit ihren Arbeitnehmern Änderungen der Arbeitszeit "vereinbart". Wenn eine solche Vereinbarung ausdrücklich getroffen werden soll, möchte der Betriebsrat folglich vor ihrem Abschluss gehört werden. Wenn die Vereinbarung - konkludent - dadurch zustande kommt, dass dem Arbeitnehmer der Arbeitsplatz mit den betreffenden Zeitvorgaben tatsächlich zugewiesen wird, will der Betriebsrat noch vor der erstmaligen Zuweisung beteiligt werden.
Die Anträge sind auf Fälle beschränkt, in denen die Arbeitgeberin die durch die Stundenerhöhungen oder -senkungen besetzten Stellen zuvor nach § 93 BetrVG innerbetrieblich ausgeschrieben hat. Mit dem Ausdruck "Stelle" ist dabei der Arbeitsplatz gemeint, um dessen Besetzung es geht; dies zeigt der Bezug auf § 93 BetrVG. Die Einschränkung des Beteiligungsbegehrens auf die Fälle der Ausschreibung nach § 93 BetrVG ist indessen nicht dahin zu verstehen, dass der Betriebsrat eine Beteiligung nur begehrt, falls er selbst zuvor eine Ausschreibung verlangt hat. Er will erkennbar auch dann beteiligt werden, wenn der Arbeitgeber den betreffenden Arbeitsplatz von sich aus ausgeschrieben hat.
2. Die Voraussetzungen des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor.
Zwischen den Beteiligten soll das Bestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden. Der Streit um die Reichweite eines Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG betrifft das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten.
Der Betriebsrat besitzt das dafür nötige Feststellungsinteresse. Im Beschlussverfahren können das Bestehen, der Inhalt oder der Umfang eines Mitbestimmungsrechts losgelöst von einem konkreten Ausgangsfall geklärt werden, wenn die Maßnahme, für die ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch genommen wird, häufiger im Betrieb auftritt und sich auch künftig jederzeit wiederholen kann ( - BAGE 101, 232, zu B II 1 der Gründe mwN; - 1 ABR 17/99 - BAGE 94, 163, zu B I 3 der Gründe mwN). Eine gerichtliche Entscheidung ist unter dieser Voraussetzung in der Lage, das betreffende Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten umfassend zu klären und seinen Inhalt auch für die Zukunft hinreichend konkret festzustellen. Das ist hier der Fall. Vereinbarungen über die Erweiterung oder Absenkung des bisherigen Arbeitszeitvolumens der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer stehen auch künftig zu erwarten. Die Arbeitgeberin hat nicht erklärt, dass sie in Zukunft anders als in der bisher praktizierten Weise verfahren wolle.
II. Der Antrag zu 1 ist begründet, soweit er die Erhöhungen von Arbeitszeiten betrifft. Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine personelle Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufzuheben, wenn dieser sie ohne seine - des Betriebsrats - Zustimmung durchgeführt hat. Die Erhöhungen der Arbeitszeiten der vier im Antrag aufgeführten Mitarbeiterinnen stellen solche Maßnahmen dar. Sie sind zwar nicht als Versetzungen, aber als Einstellungen anzusehen.
1. In der Erhöhung eines arbeitsvertraglich geschuldeten Stundenvolumens liegt keine Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Nach § 95 Abs. 3 BetrVG verlangt eine Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Ein Wechsel des Arbeitsbereichs geht mit der Erhöhung der Arbeitszeit nicht einher.
Dem Arbeitnehmer wird dann ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen, wenn sich das Gesamtbild der bisherigen Tätigkeit so verändert, dass sich die neue Tätigkeit als eine "andere" darstellt ( - zur Veröffentlichung vorgesehen <zVv.>, zu B I 1 b der Gründe; - 1 ABR 84/96 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 14 = EzA BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 2, zu B I 2 der Gründe). Das ist bei der Erhöhung der Arbeitszeit nicht der Fall. Der Arbeitsbereich iSv. § 95 Abs. 3 BetrVG wird nicht durch die Dauer der Arbeitszeit bestimmt. Durch die Anhebung der regelmäßig geschuldeten wöchentlichen Arbeitszeit ändert sich der Umfang, nicht aber der Inhalt der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Tätigkeit. Der Gegenstand der geschuldeten Arbeitsleistung und der Inhalt der Arbeitsaufgabe bleiben dieselben, das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert sich nicht ( - BAGE 68, 155, zu B II 5 der Gründe mwN; Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 99 Rn. 107; Kraft GK-BetrVG 7. Aufl. § 99 Rn. 66; Fitting 22. Aufl. § 99 Rn. 127).
2. In der Erhöhung des vertraglich vereinbarten Arbeitszeitvolumens liegt dagegen eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, wenn sie nach Umfang und Zeitdauer als nicht unerheblich angesehen werden muss. Das ist zumindest dann der Fall, wenn der Arbeitgeber auf diese Weise einen Arbeitsplatz besetzen will, den er zuvor ausgeschrieben hat, und die Erhöhung für die Dauer von mehr als einem Monat vereinbart wird.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt eine Einstellung vor, wenn eine Person in den Betrieb eingegliedert wird, um zusammen mit den schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen ( - 1 ABR 60/01 - BAGE 103, 329, zu B II 2 a aa der Gründe mwN). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats dient dabei vornehmlich den Interessen der schon vorhandenen Belegschaft ( - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 18 = EzA BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 3).
b) Im Hinblick auf diesen Schutzzweck kommt eine Einstellung nicht nur bei der erstmaligen Eingliederung eines Mitarbeiters in den Betrieb in Betracht. Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts verlangen vielmehr eine erneute Beteiligung des Betriebsrats dann, wenn sich die Umstände der Beschäftigung - ohne dass eine Versetzung vorläge - auf Grund einer neuen Vereinbarung grundlegend ändern. Dadurch können Zustimmungsgründe erwachsen, die bei der Ersteinstellung nicht voraussehbar waren und deshalb bei der ursprünglichen Zustimmungsentscheidung des Betriebsrats noch nicht berücksichtigt werden konnten ( - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 22 = EzA BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 5, zu B II 2 der Gründe). Dementsprechend hat der Senat für die Vereinbarung der unbefristeten Fortsetzung eines bislang befristeten Arbeitsverhältnisses, der Fortführung eines Arbeitsverhältnisses über die vorgesehene Altersgrenze hinaus und einer Teilzeitbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber während der Dauer des Erziehungsurlaubs angenommen, dass der Betriebsrat erneut zu beteiligen ist ( - 1 ABR 35/83 - BAGE 49, 180; - 1 ABR 16/85 - BAGE 53, 237; - 1 ABR 68/89 - BAGE 65, 329; - 1 ABR 63/97 - aaO).
c) Der erkennende Senat hat bislang nicht entschieden, ob auch die Verlängerung der Wochenarbeitszeit eine Einstellung darstellen kann. Allerdings hat der Dritte Senat des - 3 AZR 987/93 - AuR 2001, 146, zu A IV 1 der Gründe) ausgeführt, die bloße Aufstockung der Arbeitszeit stelle weder eine Einstellung noch eine Versetzung dar. Näher begründet wurde dies nur im Hinblick auf den Versetzungsbegriff.
In der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum ist die Frage umstritten (ablehnend: Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 99 Rn. 47; Fitting 22. Aufl. § 99 Rn. 40; Schlochauer in HSWG BetrVG 6. Aufl. § 99 Rn. 23; wohl auch ErfK/Kania 5. Aufl. § 99 BetrVG Rn. 6; bejahend: - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 29 = LAGE BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 2; Löwisch/Kaiser BetrVG 5. Aufl. § 99 Rn. 6; DKK-Kittner BetrVG 9. Aufl. § 99 Rn. 42a; MünchArbR/Matthes 2. Aufl. Bd. 3 § 352 Rn. 16; Schaub/Koch Arbeitsrechts-Handbuch 11. Aufl. § 241 Rn. 12; Schüren AuR 2001, 321, 323; ders. in MünchArbR 2. Aufl. Ergänzungsbd. § 164 Rn. 42).
Das Bundesverwaltungsgericht hat zu § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG die Auffassung vertreten, dass eine nicht nur vorübergehende und geringfügige Aufstockung eines Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses als mitbestimmungspflichtige Einstellung anzusehen ist ( - 6 P 10/97 - BVerwGE 108, 347 = AP BPersVG § 75 Nr. 73, zu II 1 der Gründe; - 6 P 3/92 - BVerwGE 92, 295 = ZTR 1993, 525, zu II 3 d der Gründe; ferner Kröll Der Personalrat 2001, 179, 187).
d) Eine sowohl nach Dauer als auch nach Umfang nicht unerhebliche Erweiterung der arbeitsvertraglich geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit eines im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers stellt eine neuerliche Einstellung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar.
aa) Dieses Verständnis folgt nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift. Dieser lässt einen engeren Anwendungsbereich zu. Es steht zum Wortsinn des Begriffs aber auch nicht im Widerspruch (aA offenbar Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 99 Rn. 47). Die "Einstellung" im Sinne einer Eingliederung in den Betrieb wird auch vom zeitlichen Ausmaß der Eingliederung bestimmt. Ein Arbeitnehmer ist nicht mehr in der bisherigen Weise in den Betrieb eingegliedert, wenn er etwa statt bislang zehn Wochenstunden künftig vierzig Wochenstunden anwesend ist. Die Erhöhung des regelmäßig geschuldeten Arbeitszeitvolumens beendet die bisherige Zuweisung des Arbeitsbereichs und ersetzt sie durch eine neue (zur Einstellung als (erstmalige) Zuweisung eines Arbeitsbereichs vgl. HWK-Ricken BetrVG § 99 Rn. 17; Richardi/Thüsing aaO Rn. 29). Dieser Vorgang lässt sich auch nach dem Wortsinn - ebenso wie die Umwandlung eines bisher befristeten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis - als erneute Einstellung verstehen.
bb) Für ein solches Verständnis sprechen zum einen systematische Gründe. Die Erhöhung des bisherigen Arbeitszeitvolumens ist von der - erteilten oder ersetzten - Zustimmung des Betriebsrats zur erstmaligen Einstellung des Arbeitnehmers nicht gedeckt (so auch Schüren AuR 2001, 321, 323). Zwar ist der Inhalt des Arbeitsvertrags grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG entzogen. Dieser kann deshalb einer beabsichtigten Einstellung nicht mit der Begründung widersprechen, der Arbeitnehmer solle nicht als Teilzeit-, sondern als Vollzeitkraft eingestellt werden oder umgekehrt. Gleichwohl liegt einer Entscheidung des Betriebsrats über eine Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung stets der aktuell vorgesehene Arbeitszeitumfang zugrunde. Nur mit Blick auf diesen kann der Betriebsrat das Vorliegen von möglichen Zustimmungsverweigerungsgründen prüfen. Eine nicht nur unbedeutende Änderung des bisherigen Arbeitszeitvolumens muss deshalb zu einer neuerlichen Beteiligung führen.
cc) Zum anderen ist es nach Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts gemäß § 99 BetrVG geboten, die nicht unerhebliche Aufstockung des bisherigen Arbeitszeitvolumens als neue Einstellung anzusehen.
(1) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einstellung dient insbesondere den Interessen der schon beschäftigten Arbeitnehmer. Der Betriebsrat soll in die Lage versetzt werden, deren Belange nach Maßgabe möglicher Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG gegen die beabsichtigte Einstellung geltend zu machen.
(2) Die Interessen der Belegschaft sind gleichermaßen berührt, wenn der Umfang der bisher vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit eines (teilzeitbeschäftigten) Mitarbeiters nicht unbedeutend erhöht werden soll. Auch damit können Zustimmungsverweigerungsgründe einhergehen. So kommen Verstöße gegen einen Tarifvertrag in Betracht, etwa weil dieser ein bestimmtes betriebliches Höchstarbeitszeitvolumen vorschreibt, das durch die beabsichtigte Aufstockung überschritten würde; es können Verstöße gegen Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG auftreten; mit der Stundenerhöhung können Nachteile für sonstige Belegschaftsmitglieder iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG verbunden sein, die bei dem bisherigen Stundendeputat nicht gegeben waren; es kann mehrere Interessenten oder Bewerber um eine Stundenerhöhung gegeben haben, auf deren Auswahl der Betriebsrat zumindest beratend soll Einfluss nehmen können; selbst Verweigerungsgründe aus § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG können sich in neuer Dringlichkeit stellen. Durch die Erhöhung des bisherigen Arbeitszeitvolumens eines Mitarbeiters werden damit regelmäßig dieselben mitbestimmungsrechtlich bedeutsamen Fragen aufgeworfen wie bei der Ersteinstellung. Sie bedürfen einer erneuten Beurteilung durch den Betriebsrat (so - zu § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG - auch - BVerwGE 92, 295 = ZTR 1993, 525, zu II 3 d der Gründe; - 6 P 10/97 - BVerwGE 108, 347 = AP BPersVG § 75 Nr. 73, zu II 1 der Gründe; DKK-Kittner § 99 Rn. 103).
(3) Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht für den Bereich des öffentlichen Dienstes nur eine nicht bloß vorübergehende und geringfügige Aufstockung der Arbeitszeit einer Teilzeitkraft als Einstellung iSv. § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG angesehen. Dem ist auch für den Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes zu folgen. Auch hier sind die Interessen der übrigen Beschäftigten nicht schon bei jeder Erhöhung des regelmäßigen Arbeitszeitvolumens (einer Teilzeitkraft) berührt. Es muss sich sowohl nach Dauer als auch nach Umfang der beabsichtigten Aufstockung um eine mehr als unerhebliche Veränderung handeln. Nur dann ist die erneute Beteiligung des Betriebsrats auch in Ansehung des Umstandes geboten, dass der betreffende Mitarbeiter bereits im Betrieb beschäftigt ist.
(a) Das Bundesverwaltungsgericht hat in Anlehnung an seine Rechtsprechung zur erstmaligen Auslösung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats bei der Einstellung und in Anlehnung an § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV erst einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten als nicht lediglich vorübergehend angesehen. Die Grenze für eine mehr als nur geringfügige Erweiterung des Volumens hat das Bundesverwaltungsgericht nicht exakt bestimmt. In der Aufstockung um 14,75 Stunden wöchentlich hat es allerdings eine mehr als geringfügige Erhöhung des Arbeitszeitvolumens erblickt ( - 6 P 10/97 - BVerwGE 108, 347 = AP BPersVG § 75 Nr. 73, zu II 1 der Gründe).
(b) Die Anlehnung an die Zeitgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ist im Betriebsverfassungsrecht nicht sachgerecht. Diese Grenze ist sozialversicherungsrechtlichen Erwägungen geschuldet. Auch liegt jedenfalls nach dem Betriebsverfassungsgesetz eine die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG auslösende Ersteinstellung bei jeder noch so kurzfristigen Eingliederung in den Betrieb vor.
Betriebsverfassungsrechtlich näher liegend ist stattdessen die Anlehnung an die für Versetzungen vorgesehene Zeitspanne des § 95 Abs. 3 BetrVG. Danach ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs mitbestimmungsrechtlich stets dann von Bedeutung, wenn sie für länger als einen Monat geplant ist. Das Betriebsverfassungsgesetz gibt auf diese Weise zu erkennen, dass Veränderungen des bisherigen Arbeitsbereichs von einer solchen Dauer an die Belange der Betroffenen berühren und nicht mehr ohne Beteiligung des Betriebsrats sollen vorgenommen werden können. Diese Wertung lässt sich übertragen auf die Frage, von welcher Dauer an eine Erhöhung des Arbeitszeitvolumens eines schon beschäftigten Mitarbeiters eine neuerliche Einstellung darstellt. Angesichts der vergleichbaren Interessenlage ist es sachlich gerechtfertigt, die Monatsgrenze auch auf die neuerliche Zuweisung desselben Arbeitsbereichs mit einem höheren Arbeitszeitvolumen anzuwenden.
(c) Nicht jede noch so geringe Arbeitszeiterhöhung löst das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG aus. Das Mitbestimmungsrecht besteht aber dann, wenn der Arbeitgeber entweder den dadurch besetzten Arbeitsplatz tatsächlich ausgeschrieben hatte oder ihn wegen eines berechtigten Antrags des Betriebsrats nach § 93 BetrVG hätte ausschreiben müssen.
Mit der Ausschreibung bringt der Arbeitgeber zum Ausdruck, dass das im Betrieb benötigte zusätzliche Arbeitszeitvolumen nach seiner eigenen Bewertung den zeitlichen Anforderungen an einen "Arbeitsplatz" genügt. Daran muss er sich bei der Frage, ob durch die Aufstockung der Arbeitszeit schon beschäftigter Arbeitnehmer die Interessen der übrigen Belegschaft berührt sein können, festhalten lassen. Diese Belange sind typischerweise jedenfalls dann betroffen, wenn "Arbeitsplätze" im Betrieb besetzt werden sollen. Dabei kommt es nicht darauf an, mit welchem zeitlichen Umfang die Arbeitsplätze ausgeschrieben worden sind. Ebenso ist unerheblich, ob in der Ausschreibung - wie im Streitfall - die betreffende Gesamtstundenzahl der Stelle oder nur das Aufstockungsvolumen angegeben worden ist.
Die Belange der Belegschaft sind durch die Aufstockung der Arbeitszeit schon beschäftigter Arbeitnehmer gleichermaßen dann berührt, wenn der Arbeitgeber den betreffenden Arbeitsplatz zwar nicht ausgeschrieben hat, der Betriebsrat eine Ausschreibung nach § 93 BetrVG aber zu Recht verlangt hatte.
e) Danach stellen sich die Erhöhungen der Arbeitszeit der im Antrag genannten Arbeitnehmerinnen als Einstellungen dar. Die Maßnahmen waren zeitlich unbefristet und die Arbeitgeberin hatte die auf diese Weise besetzten Stellen zuvor ausgeschrieben. Im Streitfall kann deshalb dahinstehen, ob in der Erhöhung der Arbeitszeit eines schon beschäftigten Arbeitnehmers von einem bestimmten absoluten Umfang an auch unabhängig von einer Ausschreibung oder einem berechtigten Ausschreibungsverlangen eine Einstellung liegt. Der Betriebsrat kann verlangen, dass die Arbeitszeiterhöhungen rückgängig gemacht werden.
f) Einer Einleitung des Verfahrens zur Vorlage an den Großen Senat nach § 45 ArbGG bedurfte es nicht. Zwar hat der Dritte Senat im Urteil vom (- 3 AZR 987/93 - AuR 2001, 146, zu A IV 1 der Gründe) formuliert, dass eine Erhöhung der Arbeitszeit keine Einstellung darstelle. Diese Würdigung bezog sich aber nur auf den damaligen Sachverhalt. Sie beanspruchte ersichtlich keine darüber hinausgehende, generelle Geltung. Das wird schon daraus deutlich, dass der Dritte Senat insoweit von einer näheren Begründung abgesehen und eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes trotz der schon ergangenen und jedenfalls für den öffentlichen Dienst entgegenstehenden Entscheidung des - 6 P 3/92 - BVerwGE 92, 295 = ZTR 1993, 525) nicht einmal erwogen hat. Eine zur Einleitung des Vorlageverfahrens zwingende Divergenz liegt damit nicht vor.
III. Der Antrag zu 1 ist unbegründet, soweit er die Verringerung von Arbeitszeiten betrifft. In der einvernehmlichen Absenkung des bisher vereinbarten Arbeitszeitvolumens eines Arbeitnehmers liegt weder eine Versetzung noch eine Einstellung.
1. Für eine Versetzung fehlt es im Fall der Arbeitszeitverringerung an der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs iSd. § 95 Abs. 3 BetrVG (für die Freistellung von der Arbeit während des Laufs einer Kündigungsfrist: - BAGE 94, 163, zu B II 1 der Gründe).
Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die Verminderung der Arbeitszeit zugleich zum Entzug eines prägenden Teils der bisher wahrgenommen Arbeitsaufgaben des Arbeitnehmers führt. Der Betriebsrat hat indessen nicht behauptet, dass mit der Absenkung der Arbeitszeit der beiden im Antrag genannten Mitarbeiterinnen der Verlust eines ihre Tätigkeiten charakterisierenden Aufgabenbereichs verbunden gewesen wäre. Anders lautende Feststellungen haben die Vorinstanzen nicht getroffen. Der Senat hatte deshalb davon auszugehen, dass die betreffenden Arbeitnehmerinnen in einem geringeren zeitlichen Umfang weiterhin dieselben Tätigkeiten verrichten wie bisher.
2. Die Absenkung der Arbeitszeit stellt keine Einstellung dar.
a) Die Verminderung der Arbeitszeit lässt sich schon sprachlich nicht als Einstellung verstehen. Nach dem Wortsinn verlangt eine Einstellung zwar nicht die vollständige Neueingliederung, aber zumindest einen Zuwachs an Eingliederung in den Betrieb (so zu § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG: - BVerwGE 114, 308 = AP ATG § 1 Nr. 1, zu II 3 der Gründe). Das ist bei der Absenkung der Arbeitzeit nicht der Fall. Diese hat nicht eine weitergehende Eingliederung, sondern im Gegenteil eine Teil-Ausgliederung des Arbeitnehmers aus dem Betrieb zur Folge.
b) Auch systematische Gesichtspunkte sprechen dagegen, in der Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit eine Einstellung zu sehen. Das Gesetz hat in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Mitbestimmungstatbestände einzeln und abschließend aufgeführt. Diese sind weder aus einer abstrakt formulierten Generalklausel herzuleiten noch haben die einzelnen gesetzlichen Mitbestimmungstatbestände lediglich die Funktion von Regelbeispielen. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, aus den einzelnen normierten Mitbestimmungstatbeständen neue Tatbestände zu entwickeln, die im Gesetzeswortlaut nicht mehr angelegt sind ( - BVerwGE 114, 308 = AP ATG § 1 Nr. 1, zu II 3 der Gründe - zu der gleich strukturierten Vorschrift des § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG). Es kommt hinzu, dass selbst die vollständige "Ausgliederung" eines Arbeitnehmers aus dem Betrieb durch (Eigen-)Kündigung, Aufhebungsvertrag oder einvernehmliche, dauerhafte Versetzung in einen anderen Betrieb nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (des abgebenden Betriebs) nach § 99 BetrVG unterliegt.
c) Ebenso wenig verlangen Sinn und Zweck des § 99 BetrVG danach, in der Verminderung der Arbeitszeit eine Einstellung zu sehen (aA Schüren AuR 2001, 321, 325; Kröll Der Personalrat 2001, 179, 187). Zwar ist nicht auszuschließen, dass die übrigen Arbeitnehmer des Betriebs durch die Arbeitszeitreduzierung eines Belegschaftsmitglieds zusätzlich belastet werden, etwa - soweit zulässig - durch Arbeitsverdichtung. Derartige Belastungen können sich jedoch in vielerlei Zusammenhängen - so schon bei längeren Urlaubszeiten - ergeben. Sie können sich beim gänzlichen Ausscheiden des Arbeitnehmers noch verstärken, ohne dass damit rechtlich geschützte Belange der übrigen Belegschaftsmitglieder berührt würden. Zum Schutz vor solchen Belastungen sieht das Gesetz keine Beteiligungsrechte vor ( - BAGE 94, 163, zu B II 2 der Gründe; vgl. auch - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 96 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 65, zu B II 2 b der Gründe). Im Übrigen und bezeichnenderweise ließen sich die betreffenden Belange den möglichen Verweigerungsgründen nach § 99 Abs. 2 BetrVG auch nicht zuordnen.
d) Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom (- 1 ABR 63/97 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 22 = EzA BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 5). Danach ist die Aufnahme einer zeitlich eingeschränkten Beschäftigung während des Erziehungsurlaubs mitbestimmungspflichtig. In einem solchen Fall muss eine bereits erfolgte Verteilung des vorübergehend frei gewordenen Arbeitszeitvolumens rückgängig gemacht oder geändert werden. Dessen bedarf es nicht, wenn die zeitlich reduzierte Beschäftigung unmittelbar mit dem Erziehungsurlaub beginnt. Schon diese beiden Fallgestaltungen müssen deshalb betriebsverfassungsrechtlich nicht gleich bewertet werden ( - aaO). Für die vorliegende Konstellation gilt dies erst recht.
IV. Der Feststellungsantrag zu 2 ist begründet. Dies folgt aus den vorstehenden Ausführungen zu II 2. Dabei hat der Senat von einer förmlichen Beschränkung des Tenors auf Arbeitszeiterhöhungen von mehr als einem Monat Dauer abgesehen. Diese materiellrechtlich gebotene Einschränkung kommt insofern hinreichend zum Ausdruck, als von einer Erhöhung der "monatlichen" Sollstunden bei unbefangenem Verständnis nur die Rede sein kann, wenn sie wenigstens einen Monat andauern soll.
V. Der Feststellungsantrag zu 3 konnte aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg haben.
VI. Der in der Rechtsbeschwerdeschrift angekündigte Antrag zu 1 erstreckte sich auf die befristeten Arbeitszeiterhöhungen zweier weiterer Mitarbeiter. Diese hatten sich bei der mündlichen Anhörung vor dem Senat durch Zeitablauf erledigt. Der Betriebsrat hat den Antrag zu 1 mit entsprechend eingeschränktem Inhalt gestellt. Im ursprünglich weitergehenden Umfang war das Verfahren nach § 94 Abs. 3 ArbGG einzustellen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2006 S. 2421 Nr. 44
DB 2005 S. 1630 Nr. 30
SAAAB-93363
1Für die Amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein