BAG Beschluss v. - 1 ABR 35/02

Leitsatz

[1] 1. Im Gemeinschaftsbetrieb besteht das Mitbestimmungsrecht bei der Eingruppierung nach § 99 BetrVG ausschließlich gegenüber dem Vertragsarbeitgeber des betroffenen Arbeitnehmers.

2. Voraussetzung für die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung ist die Anwendbarkeit einer Vergütungsordnung auf das Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil von einem tarifgebundenen auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber über, ist der neue Arbeitgeber bei Neueinstellungen nicht bereits wegen des Betriebsübergangs an die tarifliche Vergütungsordnung gebunden. Die Anwendbarkeit der tariflichen Vergütungsordnung auf Neueinstellungen bedarf in diesem Fall vielmehr eines zusätzlichen Geltungsgrundes.

Gesetze: BetrVG § 99 Abs. 1 Satz 1

Instanzenzug: ArbG München 21 BV 157/00 vom LAG München 3 TaBV 26/01 vom

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Eingruppierung einer Arbeitnehmerin.

Antragsteller ist der für die Betriebsstätte Kirchheim gebildete Betriebsrat. In dieser Betriebsstätte sind mehrere Unternehmen, darunter auch die Beteiligte zu 2) (Arbeitgeberin) tätig. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Unternehmen über den hinaus einen gemeinsamen Betrieb führen.

Die Arbeitgeberin ist nicht tarifgebunden. Sie übernahm im Jahr 1999 im Wege des Betriebsübergangs - so die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts - insgesamt 16 Arbeitnehmer von der nicht tarifgebundenen R. Oldenbourg GmbH & Co. KG sowie der tarifgebundenen Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH. Sowohl die Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH als auch die R. Oldenbourg GmbH & Co. KG hatten auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer unabhängig von deren Gewerkschaftszugehörigkeit die Gehaltstarifverträge für Angestellte der Druckindustrie in Bayern angewandt. Die Arbeitgeberin vermerkte bei den übernommenen Arbeitnehmern in einer Liste "Tarif als Besitzstand gem. § 613a BGB". Mit den Arbeitnehmern, welche sie seither neu eingestellt hat, vereinbarte sie die Vergütung frei ohne Bezugnahme auf tarifliche Bestimmungen oder ein anderes Vergütungssystem.

Mit Schreiben vom teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat auf einem Formblatt unter der Überschrift "Unterrichtung des Betriebsrats von Einstellungen" mit, sie beabsichtige Frau Christine Buzas zum einzustellen und als Bilanzbuchhalterin einzusetzen. In der Zeile "Vorgesehene tarifliche Einstufung" war "AT" eingetragen. Weiter heißt es, wenn der Betriebsrat gegen die beabsichtigte Einstellung Einwendungen habe, möge er die Gründe binnen einer Woche mitteilen. Mit Schreiben vom stimmte der Betriebsrat der Einstellung zu, widersprach aber der "vorgesehenen außertariflichen Eingruppierung". Zur Begründung teilte er ua. mit, die Tätigkeit einer Bilanzbuchhalterin sei im Gehaltstarifvertrag für Angestellte der Druckindustrie in Bayern in der Gehaltsgruppe 5 (Anfangstarifgehalt DM 5.344,--) erfaßt. Die Arbeitgeberin unterrichtete daraufhin den Betriebsrat davon, daß Frau Buzas ein monatliches Bruttogehalt von 6.470,00 DM erhalten werde. Seit dem ist Frau Buzas bei der Arbeitgeberin beschäftigt.

Im Frühjahr 2002 wurde der Betriebsrat unter Einbeziehung aller in der Betriebsstätte Kirchheim tätigen Unternehmen neu gewählt. Die Wahl wurde von der Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht angefochten, da es sich nicht um einen Gemeinschaftsbetrieb handele. Über die Wahlanfechtung ist noch nicht rechtskräftig entschieden.

Der Betriebsrat hat mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin habe Frau Buzas durch die Zuordnung zum Bereich der außertariflichen Angestellten ohne seine Zustimmung und falsch eingruppiert. Der Arbeitgeberin sei daher die Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG aufzugeben. Falls es bereits an einer Eingruppierung fehlen sollte, sei die Arbeitgeberin zu dieser zu verpflichten. Maßgeblich sei trotz fehlender Tarifbindung der Arbeitgeberin die tarifliche Vergütungsordnung für die Angestellten der Druckindustrie in Bayern.

Der Betriebsrat hat beantragt,

der Arbeitgeberin aufzugeben, ihm gegenüber ein Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG hinsichtlich der Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau Christine Buzas als Bilanzbuchhalterin durchzuführen,

hilfsweise,

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Mitarbeiterin Christine Buzas nach dem Gehaltstarifvertrag Angestellte Druckindustrie unter Wahrung des Beteiligungsrechts nach § 99 BetrVG einzugruppieren.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, sie habe keine Eingruppierung von Frau Buzas vorgenommen und sei dazu auch nicht verpflichtet. Die Tarifverträge der Druckindustrie seien auf das Arbeitsverhältnis der Frau Buzas nicht anwendbar.

Das Arbeitsgericht hat den Hauptantrag des Betriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurück- und den im zweiten Rechtszug erstmals gestellten Hilfsantrag abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine Anträge weiter.

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat sowohl den Haupt- als auch den Hilfsantrag zu Recht abgewiesen. Der Hauptantrag ist unbegründet, da die Arbeitgeberin keine Eingruppierung von Frau Buzas vorgenommen hat, an welcher der Betriebsrat zu beteiligen gewesen wäre. Der Hilfsantrag ist unbegründet, da die Arbeitgeberin nicht verpflichtet ist, Frau Buzas in die Vergütungsordnung des Gehaltstarifvertrags für die Angestellten der Druckindustrie in Bayern einzugruppieren. Dieser Tarifvertrag findet auf das Arbeitsverhältnis von Frau Buzas keine Anwendung.

I. Das Landesarbeitsgericht hat den Hauptantrag des Betriebsrats zu Recht abgewiesen.

1. Der Antrag ist zulässig.

a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin soll verpflichtet werden, hinsichtlich der Eingruppierung von Frau Buzas als "AT"-Angestellte ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen, also beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu dieser "Eingruppierung" zu beantragen. Ein diesem Antrag entsprechender Tenor wäre erforderlichenfalls gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1, 3 ArbGG iVm. § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Zwangsgeld zu vollstrecken.

b) Der Betriebsrat ist gemäß § 10 2. Halbsatz ArbGG beteiligtenfähig. Die Anfechtung seiner Wahl steht dem nicht entgegen. Die erfolgreiche Anfechtung einer Betriebsratswahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG wirkt nur für die Zukunft (vgl. etwa - BAGE 67, 316 = AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 20 = EzA BetrVG 1972 § 19 Nr. 29). Zuvor ist der Betriebsrat mit allen Rechten und Pflichten im Amt. Etwas anderes gilt nur im Falle der Nichtigkeit der Wahl. Diese ist aber nur in besonderen Ausnahmefällen anzunehmen, in denen gegen allgemeine Grundsätze jeder Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, daß auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht vorliegt (vgl. etwa - BAGE 94, 144, 147 = AP AÜG § 14 Nr. 8 = EzA AÜG § 14 Nr. 4, zu B I 2 a der Gründe). Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor. Der Senat mußte auch nicht der Frage nachgehen, ob die bei Einleitung des Verfahrens unstreitig gegebene Beteiligtenfähigkeit des Betriebsrats vorübergehend - etwa wegen einer Betriebsaufspaltung - entfallen war. Ein etwaiger derartiger Mangel wäre geheilt, weil der im Frühjahr 2002 gewählte Betriebsrat als Funktionsnachfolger die gesamte bisherige Prozeßführung des Betriebsrats zumindest konkludent genehmigt hat (vgl. zur Heilung des Mangels der Parteifähigkeit durch Genehmigung in der Revisionsinstanz - BGHZ 51, 27; Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. § 50 Rn. 5).

c) Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Er reklamiert ein ihm nach seiner Auffassung zustehendes Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

d) Neben der (Vertrags-) Arbeitgeberin von Frau Buzas sind nach § 83 Abs. 3 ArbGG keine weiteren Personen oder Stellen zu beteiligen.

aa) Dies gilt zum einen für die von der personellen Maßnahme betroffene Frau Buzas selbst (vgl. - BAGE 42, 386, 389 f. = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 18 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 36, zu B I der Gründe). Im Falle einer Eingruppierung wird die individualrechtliche Rechtsposition des betroffenen Arbeitnehmers nicht berührt. Dieser wird durch die Entscheidung im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht gehindert, im Urteilsverfahren die Richtigkeit der Eingruppierung überprüfen zu lassen ( - aaO).

bb) Auch die übrigen in der Betriebsstätte Kirchheim tätigen, an dem etwaigen Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen sind am Verfahren nicht zu beteiligen. Sie sind in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung nicht betroffen. Die Eingruppierung betrifft ausschließlich die vom Vertragsarbeitgeber geschuldete Leistung. Nur dieser kann und muß ggf. seine in der Eingruppierung liegende Beurteilung korrigieren. Die anderen am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmer können dies mangels arbeitsvertraglicher Beziehungen zu dem Arbeitnehmer nicht. Daher ist im Gemeinschaftsbetrieb allein der Vertragsarbeitgeber Adressat des dem Betriebsrat bei der Eingruppierung zustehenden Mitbestimmungsrechts (Wißmann NZA 2001, 409, 411).

2. Der Antrag ist unbegründet. Allerdings kann dem Arbeitgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf Antrag des Betriebsrats gemäß § 101 Satz 1 BetrVG die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG aufgegeben werden, wenn er trotz frist- und ordnungsgemäßer Zustimmungsverweigerung einen Arbeitnehmer eingruppiert hat (vgl. etwa - 1 ABR 49/81 - BAGE 42, 121, 126 f. = AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 6 = EzA BetrVG 1972 § 101 Nr. 5, zu B II der Gründe; - 1 ABR 5/95 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 131, zu B I 2 b der Gründe). Dies setzt aber voraus, daß der Arbeitgeber überhaupt eine Eingruppierung vorgenommen hat. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, fehlt es hieran im Streitfall.

a) Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer in einer Vergütungsordnung festgelegten Lohn- oder Gehaltsgruppe, die meist durch bestimmte Tätigkeitsmerkmale sowie bisweilen auch durch Merkmale wie Lebensalter oder die Zeit der Berufstätigkeit beschrieben ist (vgl. - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 131, zu B I 1 der Gründe; Kraft GK-BetrVG 7. Aufl. § 99 Rn. 38 mwN). Sie ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kein konstitutiver Akt, sondern ein Akt der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht (vgl. etwa - BAGE 68, 104, 108 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 105 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 100, zu B II 1 der Gründe mwN; - 1 ABR 13/97 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 14 = EzA BetrVG 1972 § 99 Umgruppierung Nr. 1, zu B II 1 der Gründe; - 1 ABR 23/00 - EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20, zu B I der Gründe). Eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung kann auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber auf Grund einer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, daß der Arbeitnehmer nicht in eine der Gehaltsgruppen der maßgeblichen Vergütungsordnung einzugruppieren ist, weil die vorgesehene Tätigkeit höherwertige Qualifikationsmerkmale als die höchste Vergütungsgruppe aufweist. Die Richtigkeit dieser Beurteilung unterliegt ebenfalls dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ( - aaO, zu B I 2 a der Gründe).

b) Hier hat die Arbeitgeberin keine Eingruppierung von Frau Buzas vorgenommen. Das Schreiben der Arbeitgeberin vom stellte keine Ankündigung einer Eingruppierung dar. Wie sich aus den Gesamtumständen ergibt, wollte die Arbeitgeberin mit dem Vermerk "AT" vielmehr zum Ausdruck bringen, daß sie sich an eine tarifliche Vergütungsordnung bei der neu einzustellenden Frau Buzas nicht gebunden fühlt und eine Eingruppierung gerade nicht vornehmen will. Bereits nach seiner Überschrift betraf das Schreiben nur die Unterrichtung des Betriebsrats über eine Einstellung. Eine Stellungnahme zu einer Eingruppierung wurde vom Betriebsrat dagegen nicht erbeten. Vielmehr wurde dieser nur aufgefordert, etwaige Einwendungen gegen die beabsichtigte Einstellung mitzuteilen. Auch die Eintragung "AT" in der Zeile "vorgesehene tarifliche Einstufung" betraf nicht die Eingruppierung. Insbesondere kam darin nicht etwa zum Ausdruck, die Arbeitgeberin habe eine Eingruppierung in die tarifliche Vergütungsordnung der Druckindustrie in Bayern geprüft und sei zu dem Ergebnis gelangt, daß die Tätigkeit von Frau Buzas noch über derjenigen der obersten tariflichen Gehaltsgruppe liege. Die Tätigkeit einer Bilanzbuchhalterin weist offensichtlich keine höherwertigen Qualifikationsmerkmale als die höchste Vergütungsgruppe des Gehalts-tarifvertrags für Angestellte in der Druckindustrie in Bayern auf. Dies hat auch der Betriebsrat ohne weiteres erkannt. Er hat dementsprechend in seinem Schreiben vom darauf hingewiesen, die Tätigkeit einer Bilanzbuchhalterin werde vom Gehaltstarifvertrag für Angestellte in der Druckindustrie in Bayern in dessen Gehaltsgruppe 5 - von insgesamt sechs Gehaltsgruppen - ausdrücklich erfaßt.

II. Der Hilfsantrag ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ebenfalls unbegründet.

1. Der Antrag ist zulässig. Dabei kann dahinstehen, ob der Betriebsrat die Vergütungsordnung angeben muß, in welche die Eingruppierung erfolgen soll. Im Streitfall hat dies der Betriebsrat getan, indem er als die maßgebliche Vergütungsordnung ausdrücklich den Gehaltstarifvertrag für Angestellte der Druckindustrie in Bayern genannt hat. Eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Eingruppierung von Frau Buzas in ein etwa maßgebliches anderes Vergütungssystem ist daher nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Angabe der vom Betriebsrat für richtig gehaltenen Vergütungsgruppe ist weder erforderlich noch sachdienlich ( - EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20, zu B I der Gründe). Vielmehr soll zunächst die Arbeitgeberin die erforderliche Beurteilung vornehmen und sodann die Mitbeurteilung des Betriebsrats herbeiführen. Durch die Formulierung "unter Wahrung der Beteiligungsrechte nach § 99 BetrVG" wird im Antrag hinreichend zum Ausdruck gebracht, daß der Arbeitgeberin aufgegeben werden soll, die Zustimmung des Betriebsrats zu der - von der Arbeitgeberin für richtig gehaltenen - Eingruppierung einzuholen, und sie im Falle der Zustimmungsverweigerung zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens verpflichtet werden soll (vgl. - aaO, zu B I der Gründe mwN).

2. Der Antrag ist unbegründet.

a) Allerdings kann der Betriebsrat nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dann, wenn der Arbeitgeber eine Eingruppierung des Arbeitnehmers in die für ihn geltende Vergütungsordnung unterläßt, zur Sicherung seines Mitbestimmungsrechts entsprechend § 101 Satz 1 BetrVG verlangen, dem Arbeitgeber die Eingruppierung in die Entgeltgruppenordnung aufzugeben und ihn zur Einholung der Zustimmung des Betriebsrats sowie bei Zustimmungsverweigerung zur Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens zu verpflichten (vgl. etwa - 1 ABR 23/00 - EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20, zu B I der Gründe mzN). Voraussetzung ist aber, daß für den Arbeitnehmer die Vergütungsgruppenordnung überhaupt gilt (vgl. - aaO). Dabei ist unerheblich, woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt. Sie kann insbesondere in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Geltung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein ( - aaO, zu B I der Gründe). Das Arbeitsverhältnis des von der personellen Einzelmaßnahme betroffenen Arbeitnehmers muß daher, um die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung und das hiermit verbundene Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG auszulösen, der Vergütungsordnung unterfallen.

b) Im Streitfall ist das Vergütungssystem für die Angestellten der Druckindustrie in Bayern, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, auf das Arbeitsverhältnis von Frau Buzas nicht anwendbar.

aa) Die Tarifverträge für die Angestellten der Druckindustrie in Bayern finden nicht kraft Tarifbindung Anwendung. Die Arbeitgeberin ist nicht tarifgebunden. Die Tarifbindung der Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, bei der ein Teil der von der Arbeitgeberin übernommenen 16 Arbeitnehmer beschäftigt war, wirkt nicht fort. Es fehlt an der hierfür erforderlichen (Personen-) Identität der Arbeitgeber (vgl. - EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20, zu B II 1 der Gründe). Eine Verpflichtung der Arbeitgeberin, den von der R. Oldenbourg GmbH & Co. KG und der Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH angewandten Gehaltstarifvertrag auch auf neu einzustellende Arbeitnehmer anzuwenden, wurde durch einen möglichen Betriebs(teil-)übergang nicht begründet. Gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB wirken die Bestimmungen eines beim vormaligen Betriebsinhaber geltenden Tarifvertrags nicht normativ fort (vgl. etwa - BAGE 77, 353, 360 = AP TVG § 1 Rückwirkung Nr. 11 = EzA BGB § 613a Nr. 15, zu 3 b bb der Gründe). Die durch Tarifvertrag geregelten Rechte und Pflichten werden vielmehr Inhalt der einzelnen Arbeitsverhältnisse zwischen den übernommenen Arbeitnehmern und dem neuen Betriebsinhaber. Damit endet die kollektivrechtliche Geltung des Tarifvertrags. Der nicht tarifgebundene Betriebserwerber ist jedenfalls kollektivrechtlich nicht verpflichtet, den Tarifvertrag auch gegenüber neu eingestellten Arbeitnehmern anzuwenden.

bb) Eine Betriebsvereinbarung, wonach die Gehaltstarifverträge für die Angestellten der Druckindustrie in Bayern ungeachtet der Tarifbindung im (Gemeinschafts-) Betrieb oder in Teilen desselben Anwendung finden sollen, gab und gibt es nicht.

cc) Auf einzelvertraglicher Grundlage besteht ebenfalls keine Verpflichtung der Arbeitgeberin, die Mitarbeiterin Buzas in den Gehaltstarifvertrag einzugruppieren.

Die Arbeitgeberin hat sich nicht zur Anwendung des Tarifvertrags verpflichtet, sondern den Arbeitsvertrag gerade ohne jegliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag oder andere kollektive Regelungen geschlossen.

Die Tarifverträge finden auch nicht etwa auf Grund betrieblicher Übung auf die Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern Anwendung, welche die Arbeitgeberin neu einstellt. Als betriebliche Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers angesehen, aus der die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden (vgl. etwa - AP BGB § 613a Nr. 153 = EzA BGB § 613a Nr. 147, zu I 3 b aa der Gründe). Eine derartige Verhaltensweise der Arbeitgeberin ist im Streitfall nicht ersichtlich (vgl. auch - EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20, zu B II 3 b der Gründe).

dd) Auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz führt nicht dazu, daß das Arbeitsverhältnis von Frau Buzas der Vergütungsordnung des Gehaltstarifvertrags für Angestellte der Druckindustrie in Bayern unterfiele. Der Gleichbehandlungsgrundsatz bindet zwar den Arbeitgeber innerhalb einer von ihm gesetzten Vergütungsordnung (vgl. - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 102 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 52, zu II 3 a der Gründe; - 4 AZR 547/97 - BAGE 90, 30, 35 = AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 159, zu I 1.2 der Gründe). Er verpflichtet aber einen Betriebserwerber nicht, auf neu eingestellte Arbeitnehmer eine Vergütungsordnung anzuwenden, die bei den übernommenen Arbeitnehmern nur noch gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB individualrechtlich nachwirkt. Er kann vielmehr mit den neu eingestellten Arbeitnehmern auf Grund seiner Vertragsfreiheit grundsätzlich die Vergütung frei vereinbaren oder mit der nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats eine neue Vergütungsordnung einführen. Im Übrigen lag die mit Frau Buzas einzelvertraglich vereinbarte Vergütung deutlich über dem tarifvertraglich einschlägigen Entgelt.

ee) Die Erwägungen des Senats im Urteil vom (- 1 AZR 390/01 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 76, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) gebieten kein anderes Ergebnis. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Arbeitgeberin die tarifliche Vergütungsordnung selbst angewandt und wollte sie, nachdem die Tarifbindung auf Grund der Kündigung des Tarifvertrags entfallen war, für neu einzustellende Arbeitnehmer ohne die hierzu erforderliche Zustimmung des Betriebsrats durch eine andere Vergütungsordnung ablösen. Dies konnte sie nicht. Vielmehr verletzte sie hierdurch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Demgegenüber ist im Streitfall eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht erkennbar. Die (Vertrags-) Arbeitgeberin hat selbst kein Vergütungssystem praktiziert, sondern ist lediglich gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB gegenüber einem Teil ihrer jetzigen Belegschaft individualrechtlich in Rechte und Pflichten eingetreten. Sie hat auch nicht versucht, ein Vergütungssystem ohne Beteiligung des Betriebsrats zu ändern.

ff) Die Verneinung des vom Betriebsrat beanspruchten Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG bedeutet nicht, daß seine Mitbestimmung bei der Lohngestaltung ausgeschlossen wäre. Vielmehr ist es dem Betriebsrat unbenommen, sein Initiativrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geltend zu machen und notfalls über die Einigungsstelle die Einführung eines Vergütungssystems zu erzwingen.

Fundstelle(n):
BB 2003 S. 2692 Nr. 50
BB 2004 S. 500 Nr. 9
DB 2004 S. 550 Nr. 10
IAAAB-93323

1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Nein