BFH Beschluss v. - VII R 50/04

Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung

Gesetze: FGO § 93 Abs. 3

Instanzenzug:

Gründe

Mit Urteil vom 4 K 4117/03 VBr hat das Finanzgericht (FG) auf die Klage der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt —HZA—), mit denen das HZA für ein als „malt beer base” bezeichnetes Erzeugnis Branntweinsteuer erhoben hatte, aufgehoben. Über die vom HZA eingelegte Revision hat der beschließende Senat am mündlich verhandelt. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin mehrere Schriftsätze eingereicht und auf eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) der verwiesen, mit der ein aus Bier und Limonade hergestelltes Mischgetränk in die Pos. 2206 der Kombinierten Nomenklatur (KN) eingereiht worden ist. Zudem hat sie ausgeführt, dass das streitgegenständliche Erzeugnis, das in Frankreich, Schweden, Dänemark, Kanada und Finnland Verwendung findet, in beliebiger Menge direkt getrunken werden könne und ein normales Getränk sei. Gemäß § 93 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beantragt die Klägerin die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Nach § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO kann das Gericht auch nach Schluss der mündlichen Verhandlung deren Wiedereröffnung beschließen. Die Wiedereröffnung steht grundsätzlich im Ermessen des Gerichts (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs —BFH— vom II R 61/95, BFHE 179, 245, und vom IV R 221/69, BFHE 111, 21, BStBl II 1974, 115). Eine Verpflichtung des Gerichts zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht insbesondere dann nicht, wenn ein Beteiligter nachträglich Schriftsätze einreicht und Tatsachen vorträgt, die er bereits in der mündlichen Verhandlung hätte vortragen können (, BFH/NV 2005, 1823, m.w.N.). Denn im finanzgerichtlichen Verfahren können nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, Angriffs- und Verteidigungsmittel grundsätzlich nicht mehr vorgebracht werden (BFH-Entscheidung vom VIII R 17/93, BFH/NV 1994, 492).

Im Streitfall hätte die Klägerin die von ihr nachgereichte vZTA spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorlegen können. Auch ihr übriges Vorbringen, soweit es nicht als im Revisionsverfahren unzulässiges Tatsachenvorbringen ohnehin zurückgewiesen werden müsste, gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Im Übrigen bezieht sich die vorgelegte vZTA auf ein Biermischgetränk der Pos. 2206 KN und nicht auf Bier der Pos. 2203 KN, in die die Klägerin das streitgegenständliche Erzeugnis eingereiht wissen will. In der vZTA wird darüber hinaus das zur Herstellung des Biermischgetränkes verwendete alkoholhaltige Erzeugnis als gelbliche, klare, kohlensäurehaltige, nach Bier riechende und schmeckende Flüssigkeit beschrieben. Diese Beschaffenheit weicht deutlich von der Beschaffenheit der „malt beer base” ab, bei der es sich nach den Feststellungen des FG um eine klare, farblose, nach Ethylalkohol riechende und schwach bitter schmeckende Flüssigkeit handelt. Aus diesen Gründen kann der vZTA nichts für die Einreihung des streitgegenständlichen Erzeugnisses entnommen werden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1865 Nr. 10
OAAAB-92952