Anordnung einer Betriebsprüfung bei Festsetzungsverjährung; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei kumulativer Urteilsbegründung
Gesetze: AO § 171 Abs. 4; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116
Instanzenzug:
Gründe
I. Mit Bescheid vom ordnete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) beim Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Durchführung einer steuerlichen Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 an. Diese Anordnung wurde mit bestandskräftig.
Im Laufe des Jahres 2000 lehnte das FA einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Betriebsprüfungs-Anordnung ab, ein wiederholter Antrag blieb unbeschieden.
Am begann das FA mit der Betriebsprüfung, in deren Verlauf es den Kläger aufforderte, für das Jahr 1997 bestimmte, im Einzelnen bezeichnete Unterlagen an Amtsstelle vorzulegen. Da der Kläger dem trotz zweifach festgesetzter und auch gezahlter Zwangsgelder nicht nachkam, drohte das FA mit Bescheid vom erneut ein Zwangsgeld an und setzte es mit Bescheid vom fest. Einspruch und Klage gegen die Anforderung von Unterlagen und die Androhung und Festsetzung des Zwangsgeldes, die der Kläger im Wesentlichen mit der für den Veranlagungszeitraum 1997 vermeintlich eingetretenen Festsetzungsverjährung begründete, blieben erfolglos. Die Ermessensentscheidung zur Anforderung von Unterlagen im Rahmen der Betriebsprüfung war nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) nicht zu beanstanden; die vom Kläger geltend gemachte Festsetzungsverjährung für den Veranlagungszeitraum 1997 habe auf die Rechtmäßigkeit keinen Einfluss. Grundsätzlich könne nach der Rechtsprechung des BFH eine Betriebsprüfung —und damit auch die Vorlage von Urkunden— auch für solche Steuern angeordnet werden, für die Festsetzungsverjährung bereits eingetreten sei. Im Übrigen sei die Verjährungsfrist für 1997, die regulär mit Ablauf des Kalenderjahres 2003 geendet haben würde, (u.a.) wegen der beantragten AdV gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) gehemmt worden.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger (sinngemäß) Divergenz zu verschiedenen BFH-Entscheidungen, weil das FG nicht beachtet habe, dass das Hinausschieben der Betriebsprüfung nicht kausal auf einem von ihm gestellten Antrag beruhe, weil selbst eine durch den Antrag auf AdV begründete Hemmung der Verjährungsfrist spätestens mit der Entscheidung des und damit vor Eintritt der regulären Festsetzungsverjährung beendet gewesen sei und er keinen weiteren eine Ablaufhemmung auslösenden Antrag beim FA gestellt habe. Weiter macht er die grundsätzliche Bedeutung der Frage geltend, ob die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO 1977 rückwirkend entfällt, wenn die zunächst aufgrund eines AdV-Antrags verschobene Betriebsprüfung erst nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist durchgeführt wird, obwohl das AdV-Verfahren sich innerhalb der Verjährungsfrist erledigt hat.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) rechtfertigen, liegen nicht vor.
Auf die vom Kläger behauptete Divergenz kommt es —abgesehen von Zweifeln an der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Darlegung der sich vermeintlich widersprechenden tragenden Rechtssätze (dazu z.B. , BFH/NV 2002, 663, m.w.N.)— ebenso wenig an wie auf die vom Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig dargestellte Rechtsfrage. Denn das FG hat seine Entscheidung nicht nur darauf gestützt, dass der Eintritt der Verjährung aufgrund mehrerer Anträge des Klägers gehemmt war, sondern auch darauf, dass Unterlagen im Rahmen der Betriebsprüfung auch in Bezug auf solche Steuern angefordert werden dürften, für die Festsetzungsverjährung bereits eingetreten sein könnte.
Hat das FG sein Urteil kumulativ begründet, d.h. auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, so muss wegen jeder der Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen (z.B. , BFH/NV 2005, 667).
Zu dem letztgenannten, die Entscheidung des FG tragenden Rechtssatz erhebt der Kläger keine Einwände, die die Zulassung der Revision rechtfertigen. Er wendet sich vielmehr ausdrücklich gegen die vom FG zugrunde gelegte Rechtsauffassung des BFH insbesondere im Urteil vom VIII R 48/85 (BFHE 145, 3, BStBl II 1986, 433) zur Zulässigkeit einer Prüfung verjährter Steuerfestsetzungen in einer Betriebsprüfung. Er setzt dieser Rechtsprechung seine Rechtsauffassung entgegen, wonach die Prüfung einer verlängerten Festsetzungsverjährung wegen Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung allein der Steuerfahndung übertragen sei, sonstige Gründe für eine Verjährungshemmung aber im Vorfeld der Anordnung einer Betriebsprüfung zu prüfen seien. Damit wendet er sich gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG. Dies gilt auch hinsichtlich des Vorbringens, dass das FG rechtsfehlerhaft nicht davon ausgegangen sei, dass im Streitfall nach dem (BFH/NV 1987, 685) der Eintritt der Festsetzungsverjährung „auf der Hand liege”. Das vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen.
Das Vorbringen betrifft auch keinen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung (z.B. , BFH/NV 2003, 1445, m.w.N.), der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO führt. Der BFH hat vielmehr in ständiger Rechtsprechung an der vom Kläger beanstandeten Rechtsauffassung festgehalten (Beschluss vom VII B 38/04, BFH/NV 2005, 1496, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1799 Nr. 10
KÖSDI 2006 S. 15305 Nr. 11
KÖSDI 2006 S. 15309 Nr. 11
KÖSDI 2006 S. 15309 Nr. 11
KÖSDI 2006 S. 15310 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 47/2007 S. 4188
NAAAB-92948