BFH Beschluss v. - VIII B 129/05

Tarifermäßigung für Gewinne aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen; Fünftelregelung nach § 34 EStG

Gesetze: EStG § 16, EStG § 17, EStG § 34

Instanzenzug:

Gründe

Die verheirateten Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) waren mit einer Quote von 45 v.H. (Kläger) sowie 55 v.H. (Klägerin) an der R-GmbH beteiligt. Im Jahre 2001 veräußerten sie ihre Anteile. Für den hierbei erzielten Gewinn gewährte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) lediglich die Tarifermäßigung nach der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG— (i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 —StEntlG 1999/2000/2002— vom , BGBl I 1999, 409, BStBl I 1999, 304), nicht hingegen die Tarifvergünstigung nach dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 3 EStG i.d.F. des Steuersenkungsergänzungsgesetzes (StSenkErgG) vom (BGBl I 2000, 1812, BStBl I 2001, 25 —im Folgenden: EStG 2001—). Die Klage blieb ohne Erfolg. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger vor allem geltend, die Nichtgewährung der Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 3 EStG für im Jahre 2001 erzielte Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG begründe mit Rücksicht auf die Schlechterstellung gegenüber Gewinnen aus der Veräußerung von Betrieben oder Mitunternehmeranteilen eine willkürliche Ungleichbehandlung und damit einen Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Dieser sei im Wege verfassungskonformer Auslegung zu beseitigen. Andernfalls bedürfe es einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art. 100 GG.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung ist nicht begründet. Sie ist deshalb zurückzuweisen.

1. Der Vortrag, § 34 Abs. 3 EStG 2001 sei verfassungskonform dahin auszulegen, dass hiernach auch im Jahre 2001 erzielte Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG) begünstigt seien, vermag nicht durchzugreifen. Er lässt unberücksichtigt, dass eine verfassungskonforme Auslegung nur dann in Betracht kommen kann, wenn die in Frage stehende Vorschrift nach ihrem Wortlaut, ihrem Zweck und ihrer systematischen Stellung eine solche Deutung zulässt. Ist ihr Inhalt nach diesen Kriterien hingegen eindeutig zu bestimmen, so sind die Gerichte nicht befugt, eine hiermit verbundene verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu korrigieren (, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1997, 2230; Kruse/Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Tz. 239, m.w.N.). Die von den Klägern begehrte (verfassungskonforme) Auslegung ist somit bereits deshalb ausgeschlossen, weil —wie der Senat mit Beschluss vom VIII B 64/04 (BFH/NV 2004, 1650) dargelegt hat— die Wiedereinführung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nach dem halben durchschnittlichen Steuersatz durch das StSenkErgG Gewinne nach § 17 EStG nicht erfasst und dieses Auslegungsergebnis nicht nur nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 3 EStG n.F. sowie der Anwendungs- und Übergangsbestimmungen in § 52 Abs. 47 Sätze 1 bis 3 EStG 2001, sondern auch im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte und den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers keinem Zweifel unterliegt (vgl. hierzu mit beispielhafter Erläuterung auch BTDrucks 14/4547).

2. Soweit die Kläger geltend machen, die Regelung des § 34 Abs. 3 EStG 2001 sei verfassungswidrig, sind ihre Erläuterungen nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) darzulegen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Zwar ist bei vernünftigen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift die grundsätzliche Bedeutung auch dann zu bejahen, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) im Revisionsverfahren eine Entscheidung des BVerfG nach Art. 100 GG einholen müsste (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 36). Die Zulassung der Revision setzt jedoch —insbesondere dann, wenn die Verfassungsmäßigkeit auslaufenden Rechts zu beurteilen ist— auch Ausführungen dazu voraus, dass im Falle der Verfassungswidrigkeit der Norm mit einer rückwirkenden Gesetzesänderung zu rechnen ist (vgl. Senatsbeschluss vom VIII B 234/04, BFH/NV 2006, 519; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 36, jeweils m.w.N.). Letzterem genügt die Beschwerdeschrift nicht. Der Hinweis darauf, die aufgeworfene Rechtsfrage betreffe eine Vielzahl von Steuerpflichtigen, da es täglich zu Veräußerungsgeschäften i.S. der §§ 16 und 17 EStG komme (Beschwerdeschrift, S. 9), lässt vor allem außer Acht, dass bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahr der Kapitalgesellschaft bereits ein im Veranlagungszeitraum 2002 erzielter Gewinn aus der Veräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile dem Halbeinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40 Buchst. c, 3c Abs. 2 EStG) untersteht (§ 52 Abs. 4a EStG 2001, § 34 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes; s. auch hierzu Senatsbeschluss in BFH/NV 2004, 1650) und damit die Frage danach, ob die von den Klägern gerügte Ungleichbehandlung von Veräußerungsgewinnen nach § 17 EStG (Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG 2001) gegenüber solchen nach § 16 EStG (Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 3 EStG 2001) einen Verfassungsverstoß begründet, auslaufendes Recht betrifft (zum Halbeinkünfteverfahren im Zusammenhang mit Gewinnen nach § 17 EStG, wenn das Wirtschaftsjahr der Kapitalgesellschaft vom Kalenderjahr abweicht vgl. Pung in Dötsch/ Eversberg/Jost/Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, § 17 EStG n.F. Tz. 109a, 195d ff.).

3. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass er im Beschluss in BFH/NV 2004, 1650 zur Wiedereinführung des halben durchschnittlichen Steuersatzes durch das StSenkErgG ausführlich Stellung genommen und ihre Beschränkung auf die in den §§ 14, 14a, 16 und 18 Abs. 3 EStG geregelten Veräußerungstatbestände als verfassungsmäßig erachtet hat. Die Ausgrenzung der Gewinne nach § 17 EStG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil der Gesetzgeber befugt gewesen sei, im Rahmen der auf die Sicherung der Altersvorsorge gerichteten Zielsetzung der Sozialzwecknorm des § 34 Abs. 3 EStG 2001 in typisierender Weise zwischen der Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen einerseits und von Kapitalgesellschaftsanteilen andererseits zu differenzieren. Darüber hinaus sei es ihm nicht verwehrt gewesen, den Umstand, dass die Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen (in der Regel) ab dem Veranlagungszeitraum 2002 dem Halbeinkünfteverfahren unterstehe (s.o.), nach dem strukturell Veräußerungs- und Ausschüttungserträge gleich behandelt werden sollen, zum Zweck der Vermeidung fiskalisch unerwünschter Gestaltungen bereits im Veranlagungszeitraum 2001 zu berücksichtigen. Demgemäß könne der Vortrag, dass ein nach § 17 EStG im Jahre 2001 erzielter Veräußerungsgewinn konzeptionell —gleich der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils— der Alterssicherung gedient habe, nur Eingang in eine einzelfallbezogene Billigkeitsmaßnahme finden. Der Senat sieht auch nach erneuter Überprüfung seines Rechtsstandpunkts anhand der Beschwerdeschrift keine Veranlassung, von den Erwägungen seines Beschlusses in BFH/NV 2004, 1650 abzurücken.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1830 Nr. 10
KAAAB-92132