Auslegungsfragen zu § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG bei Betrieben gewerblicher Art
Bezug:
Auslegungsfragen zur Anwendung des § 20 Abs 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG bei Betrieben gewerblicher Art wurden von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder mit folgendem Ergebnis erörtert:
1. Rücklagenbildung bei Regiebetrieben
Wegen der Zulässigkeit der Rücklagenbildung bei Regiebetrieben verweist das FinMin auf die Rdnr. 23 des in der Fassung des . Die darin aufgestellten Grundsätze gelten sowohl für Regiebetriebe als auch für Eigenbetriebe im Sinne der Thüringer Eigenbetriebsverordnung.
2. Buchgewinne bei Tausch von Wirtschaftsgütern
Nach Rdnr. 22 des ist für die Ermittlung des nach § 20 Abs 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG maßgebenden Gewinns grundsätzlich der verwendbare Gewinn maßgebend. Unter Berücksichtigung der Ausführungen unter 1. rechnen zu diesem Gewinn nicht bloße Buchgewinne, die sich beim Tausch von Wirtschaftsgütern des Betriebs gewerblicher Art ergeben. Durch den Tausch gelten die Buchgewinne als reinvestiert und damit als für betriebliche Zwecke verwendet.
3. Wiedereinlage erhaltener Dividenden in die ausschüttende Gesellschaft
Fließen dem Betrieb gewerblicher Art aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft Dividenden zu, die dieser im Zuge einer Kapitalerhöhung wieder in diese Kapitalgesellschaft einlegt, gelten die Beträge als reinvestiert.
4. Voraussetzungen für das Nennkapital bzw. eine „vergleichbare Kapitalgröße” eines Betriebs gewerblicher Art
Nach Rdnrn. 8 und 13 des werden Betriebe gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit im Grundsatz mit Kapitalgesellschaften gleichgestellt. Diese Betriebe gewerblicher Art haben ein Nennkapital oder eine hiermit vergleichbare Größe. Solche Eigenkapitalteile sind nicht Bestandteil des Einlagekontos. Dieses weist als Anfangsbestand nur die in Rdnr. 13 des genannten Größen aus. Eine Herabsetzung des Nennkapitals oder der hiermit vergleichbaren Größe und anschließende Rückzahlung führt grundsätzlich nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a EStG und lässt das Einlagekonto im Ergebnis unverändert.
Nach Rdnr. 25 des haben auch Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit ein Einlagekonto zu führen, dessen Anfangsbestand sich aus den dort genannten Größen zusammensetzt; im Übrigen gelten die Grundsätze der Rdnrn. 8 und 13 des BMF-Schreibens entsprechend. Haben solche Betriebe auf der Grundlage landesrechtlicher Regelungen ein Nennkapital oder eine hiermit vergleichbare Größe – dies ergibt sich aus den einschlägigen kommunalrechtlichen Vorschriften (z.B. § 5 Abs. 2 der Thüringer Eigenbetriebsverordnung); bloße satzungsrechtliche Vorgaben reichen nicht aus – gelten für die „Herabsetzung” und anschließende „Auskehrung” die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
Dies setzt allerdings voraus, dass die Maßnahmen nach den landesrechtlichen Regelungen auch zulässig sind. Sie sind in der Regel nicht zulässig, wenn der nach „Herabsetzung” und „Auskehrung” verbleibende Betrag für die zukünftige Entwicklung des Betriebs nicht als ausreichend anzusehen ist. Hierfür kann der Umstand sprechen, dass es alsbald nach der „Auskehrung” wieder zu einer Kapitalzuführung kommt.
Eine pauschale Annahme von Nennkapital oder einer hiermit vergleichbaren Größe mittels Rückgriff auf die Regelungen in R 33 Abs. 2 KStR 2004 ist nicht möglich.
5. Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos
Zu der Frage, ob vor dem Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren zum Zwecke des Verlustausgleichs geleistete Einlagen des Trägers des Betriebs gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit in den Anfangsbestand des Einlagekontos zu übernehmen sind, ist folgende Auffassung zu vertreten:
Nach § 27 Abs. 1 KStG hat eine steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jeden Wirtschaftsjahres auf den steuerlichen Einlagekonto zu erfassen und ausgehend vom Bestand zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres um die jeweiligen Zu- und Abgange fortzuschreiben. Die Vorschrift gilt ab dem ersten Veranlagungszeitraum, in dem das erste Wirtschaftsjahr endet, das unter neues KSt-Recht fällt (§ 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG vom ).
In das steuerliche Einlagekonto sind daher grundsätzlich nur solche Einlagen einzustellen, die der Kapitalgesellschaft ab dem (bei abweichenden Wirtschaftsjahren entsprechend später) zugeführt worden sind. Alteinlagen in Wirtschaftsjahren vor dem Systemwechsel sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, da auf den Schluss des dem ersten Wirtschaftsjahr im neuen Recht vorangehenden Wirtschaftsjahres kein Bestand des steuerlichen Einlagekontos festzustellen ist. Diese Grundsätze gelten nach § 27 Abs. 7 KStG insbesondere für Betriebe gewerblicher Art sinngemäß.
Ergänzend dazu enthält § 39 Abs. 1 KStG die Regelung, dass ein sich nach § 36 Abs. 7 KStG ergebender positiver Endbestand des EK 04 als Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos zu übernehmen ist. Eine entsprechende Anwendung auf im alten Recht nicht dem Anrechnungsverfahren unterliegende Körperschaften scheidet nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift aus. Denn es werden nicht die in früheren Jahren tatsächlich geleisteten und noch im Eigenkapital vorhandenen Einlagen als Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos übernommen, sondern der formal festgestellte Endbestand des EK 04. Ein solcher Betrag existiert bei „Nicht-Gliederungskörperschaften” jedoch nicht. Die Bestimmung befindet sich daher auch nicht etwa in § 27 KStG selbst, sondern im sechsten Teil des KStG, der die Sondervorschriften für den Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren enthalt.
Nach dem Gesetzeswortlaut beträgt der Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos bei nicht dem Anrechnungsverfahren unterliegenden Körperschaften damit grundsätzlich Null. Dem widersprechen auch nicht die Regelungen in Rdnrn. 13 und 25 des . Nach diesen Bestimmungen sind im Ergebnis alle im Zeitpunkt des Systemwechsels vorhandenen Eigenkapitalteile, die das Nennkapital bzw eine vergleichbare Kapitalgröße des Betriebs gewerblicher Art übersteigen (also alle noch vorhandenen Altgewinne und Alteinlagen), als Anfangsbestand in das steuerliche Einlagekonto zu übernehmen.
Die neue Gesetzessystematik des Halbeinkünfteverfahrens setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:
zum Einen aus der 25 %igen Definitivbelastung des Einkommens bei der Körperschaft selbst und
zum Anderen aus der zusätzlichen ermäßigten Besteuerung beim Letztempfänger dieses Einkommens.
Bei Betrieben gewerblicher Art erfolgt die nachgelagerte Besteuerung beim Letztempfänger des Einkommens (Trägerkörperschaft) im Weg der Erhebung der 10 %igen Kapitalertragsteuer nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 10, 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7b und 7c, 43a Abs. 1 Nr. 5 und 6 EStG. Allerdings kommt die nachgelagerte Besteuerung nur für solches Einkommen des Betriebs gewerblicher Art in Betracht, das er in unter das Halbeinkünfteverfahren fallenden Wirtschaftsjahren erzielt hat (§ 52 Abs. 37a EStG). Altgewinne und Alteinlagen, die im Zeitpunkt des Systemwechsels noch im Eigenkapital des Betriebs gewerblicher Art vorhanden sind, dürfen dagegen bei ihrer Abführung an die Trägerkörperschaft nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterworfen werden. Um dies auf technisch einfache Weise sicherzustellen, sind diese Beträge als Anfangsbestand in das steuerliche Einlagekonto einzustellen.
Soweit hingegen vor dem Systemwechsel entstandene Verluste durch Einlagen ausgeglichen wurden, ist eine Einstellung dieser Beträge in das steuerliche Einlagekonto nicht möglich, weil insoweit keine verwendungsfähigen Beträge mehr existieren.
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass bei der Feststellung des Anfangsbestands des steuerlichen Einlagekontos eines Betriebs gewerblicher Art nur auf die im Zeitpunkt des Systemwechsels vorhandenen Eigenkapitalteile, die das Nennkapital bzw. eine vergleichbare Kapitalgröße des Betriebs gewerblicher Art übersteigen, abzustellen ist.
6. Erstmalige Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG
Die vorgenannte Vorschrift regelt nicht die Besteuerung des Betriebs gewerblicher Art, sie betrifft die Besteuerung des Trägers (hier: Empfänger des Gewinns). In dem wird in Rdnr. 38 ausgeführt, dass die Vorschrift erstmals auf Gewinne anzuwenden ist, die der Empfänger nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres des Betriebes gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit erzielt, für das das KStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes erstmals anzuwenden ist.
Dabei ist unter Gewinn im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG der im Zeitpunkt der Bilanzerstellung (hier Bilanzfeststellung) ermittelte Betrag zu verstehen, soweit er nicht den Rücklagen zugeführt wird. Der Gewinn des Jahres 2001 fällt, da er aus der Sicht des Trägers erst im Kalenderjahr 2002 als im Sinne der Vorschrift ermittelt gilt, bereits in den Anwendungsbereich der Regelung.
7. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG und verdeckte Gewinnausschüttungen
Nach Rdnr. 27 des kann die unentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts des Betriebs gewerblicher Art, das aus versteuerten Gewinnen angeschafft worden ist, den Tatbestand der vGA erfüllen und in Höhe der vGA zu einem steuerpflichtigen Ertrag i.S.d § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG beim Träger führen.
An diesen Rechtsfolgen ändert sich nichts, wenn das fragliche Wirtschaft nicht vom Betrieb gewerblicher Art angeschafft, sondern von seinem Träger eingelegt worden war.
Verdeckte Gewinnausschüttungen lösen damit ebenfalls die Rechtsfolgen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG aus.
Ob eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen ist, ergibt sich unter Anwendung der allgemeinen Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung.
8. Anwendung des § 8b KStG bei unentgeltlichem Übergang von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in den Hoheitsbereich des Trägers des Betriebs gewerblicher Art
Kommt es bei der unentgeltlichen Übertragung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in den Hoheitsbereich des Trägers des Betriebs gewerblicher Art auf der Ebene des Betriebs gewerblicher Art zu einer vGA, so ist hierauf bei dessen Einkommensermittlung § 8b KStG anzuwenden, wenn die übrigen Voraussetzungen der Norm erfüllt sind.
Die Steuerpflicht der Sachauskehrung auf der Ebene des Trägers nach § 20 EStG bleibt hiervon unberührt.
9. Entstehungszeitpunkt der Kapitalertragsteuer
Nach § 44 Abs. 6 Satz 2 EStG entsteht die Kapitalertragsteuer grundsätzlich im Zeitpunkt der Bilanzerstellung (hier: Bilanzfeststellung), spätestens acht Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres. Gegen die gesetzliche Festschreibung dieses Endzeitpunktes kann nicht eingewandt werden, sie berücksichtige nicht, dass nach einigen landesrechtlichen Regelungen eine Feststellung des Jahresabschlusses zu einem späteren Zeitpunkt noch zulässig ist. Den feststellenden Gremien ist es nicht verwehrt, die Feststellung so rechtzeitig vorzunehmen, dass die Kapitalertragsteueranmeldung fristgerecht vor Ablauf des Endzeitpunktes abgegeben werden kann.
Diese Verfügung ersetzt die Verfügungen vom – S 2706 A – 34 – L 233 vom – S 2706 A – 41 – L 231(L) und vom – S 2706 A – 41 – L 231 (L).
Thüringer
Landesfinanzdirektion v. - S 2706 A - 41 - A 2.17
(L)
Fundstelle(n):
JAAAB-91130