Einkünfteerzielungsabsicht bei Beteiligung an einem Immobilienfonds mit Verkaufsgarantie
Gesetze: EStG § 15 Abs. 2, EStG § 21
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Streitig ist die steuerrechtliche Behandlung der dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) aus seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds im Streitjahr 1983 zuzurechnenden (negativen) Einkünfte.
1. Der Fonds war mit Gesellschaftsvertrag vom als Kommanditgesellschaft gegründet worden. Die Gesellschaft war auf unbestimmte Zeit geschlossen und hatte die Aufgabe, mit Geschäftshäusern bebaute Grundstücke zu erwerben und diese langfristig zu vermieten und zu verwalten. Mit notariellem Vertrag vom erwarb der Fonds bebauten Grundbesitz in X und in Y.
Mit Gesellschafterbeschluss vom trat die Z-GmbH als Kommanditistin ein; als persönlich haftender Gesellschafter trat A am in die Gesellschaft ein. Mit Gesellschafterbeschluss vom erhöhte A seinen Anteil um 990 000 DM auf 1 000 000 DM. Die persönlich haftenden Gesellschafter waren berechtigt, im Namen und mit Wirkung für die übrigen Gesellschafter mit neu eintretenden Kommanditisten Verträge über Kommanditeinlagen bis zu einer Höhe von insgesamt 3 850 000 DM abzuschließen; die neu eintretenden Kommanditisten sollten mit der Z-GmbH einen Treuhand- und Verwaltungsvertrag abschließen.
Unter dem schloss der Fonds u.a. Verträge mit der B-GmbH über die Vermittlung von langfristigen Finanzierungsmitteln, über die Überlassung einer Grundkonzeption zur Bildung eines geschlossenen Immobilienfonds, über die Erarbeitung einer finanz- und betriebswirtschaftlichen Konzeption zur Finanzierung eines geschlossenen Immobilienfonds, über die Durchführung der Konzeption eines geschlossenen Immobilienfonds und über die Vermittlung von Mietverträgen.
Einen Fondsprospekt für den Fonds gab es nicht. Von der B-GmbH wurde stattdessen ein Beteiligungsangebot erstellt, das inhaltlich den Fondsprospekten entspricht. Ein großer Abschnitt in dem Beteiligungsangebot befasst sich mit der „steuerlichen Konzeption” des Fonds. Darin wird das steuerliche Ergebnis für die Jahre 1983 bis 1993 prognostiziert. Danach ergibt sich für das Jahr 1983 ein Verlust in Höhe von 3 230 000 DM und für die Jahre 1984 bis 1993 Überschüsse zwischen 18 000 DM und 393 000 DM. Rechnerisch folgt hieraus ein kumulierter Verlust für diesen Zeitraum von 2 146 000 DM. Unter Punkt 6 des Beteiligungsangebots heißt es zur Fungibilität der Anteile, dass die Z-GmbH bereit sei, Kommanditgesellschaftsanteile bis zur Höhe von 3 850 000 DM zum zum Preis von 100 % (Nominalwert) zu erwerben. Ein veräußerungswilliger Kommanditist habe eine diesbezügliche Erklärung bis zum abzugeben. Eine entsprechende Erklärung der Z-GmbH inkl. anhängender Bürgschaft ist den Kommanditisten Anfang 1984 zugegangen. Mit Schreiben vom erklärte sich A bereit, anstelle der Z-GmbH mit schuldbefreiender Wirkung in diese Verpflichtung einzutreten und die jeweiligen Kommanditanteile zum Kurs von nunmehr 110 % zu übernehmen. Die Z-GmbH wurde 1996 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
2. Ende Dezember 1983 traten dem Fonds weitere 10 Kommanditisten —darunter auch der Kläger mit einer Einlage in Höhe von 1 600 000 DM— bei. In der vom Kläger unterschriebenen Beitrittserklärung heißt es u.a.:
"Ich, der Unterzeichnende,…trete hiermit der…-nachstehend Fonds- bei und erkläre unwiderruflich meinen Eintritt in die Kommanditgesellschaft. Ich trete zugleich dem Gesellschaftsvertrag in der mit dem Emissionsprospekt vorgelegten Fassung bei und schließe mit der Z-GmbH…einen Treuhand- und Verwaltungsvertrag ab. ...”
3. Für das Streitjahr erklärte der Fonds bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 3 180 935 DM. Im Feststellungsbescheid vom berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) negative Einkünfte in Höhe von 1 382 685 DM.
Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass eine Einkunftserzielungsabsicht der Gesellschaft nicht gegeben sei und erließ im Juni 1989 einen negativen Feststellungsbescheid. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Fonds im Januar 1992 Klage, zu welcher das Finanzgericht (FG) die am Fonds beteiligten Gesellschafter und Kommanditisten beigeladen hat.
Im Jahr 1996 ist der Fonds aufgelöst worden und die Firma erloschen. Nachdem der Kläger —als einziger der vormaligen Gesellschafter— das Verfahren aufgenommen hatte, wies das FG mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 932 veröffentlichten Urteil die Klage ab.
4. Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Dem Kläger sei beim Abschluss der Gesellschaftsverträge Ende 1983 nicht bekannt gewesen, dass er eine Rückkaufgarantie erhalten werde. Dessen ungeachtet habe das FG den Umstand, dass der Kläger nicht zum Verkauf seiner Anteile bereit gewesen und der Verkauf 1993 letztendlich nur unter dem Druck eines gegen ihn gerichteten Ausschließungsverfahrens erfolgt sei, nicht zutreffend gewürdigt.
Hilfsweise ist der Kläger der Ansicht, dass die streitigen Werbungskostenüberschüsse als Verluste bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb anzuerkennen seien.
Abschließend rügt der Kläger die Verletzung formellen Rechts. Das FG habe, indem es den angebotenen Zeugenbeweis nicht erhoben hat, die Beweiswürdigung in unzulässiger Weise vorweggenommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Feststellungsbescheid 1983 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin zu ändern, dass dem Kläger die auf ihn entfallenden Werbungskostenüberschüsse bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet werden. Hilfsweise beantragt der Kläger, den Feststellungsbescheid 1983 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin zu ändern, dass diese Werbungskostenüberschüsse als Verluste aus Gewerbebetrieb berücksichtigt werden.
Das FA beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Die Vorentscheidung hat mit unzutreffender Begründung einen gewerblichen Grundstückshandel (§ 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes —EStG—) verneint (dazu unten 1.). Darüber hinaus enthält das angegriffene Urteil —ungeachtet der Subsidiarität der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 3 EStG)— in tatsächlicher Hinsicht keine ausreichenden Feststellungen, die eine revisionsgerichtliche Überprüfung der Frage ermöglichen, ob der Kläger dem Fonds in der Absicht beitrat, aus dieser Beteiligung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) zu erzielen (dazu unten 2.).
1. Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 EStG eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Die Betätigung muss den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreiten (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs —BFH— vom GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291; , BFH/NV 2005, 1535).
Das FG hat zwar die von der ständigen Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung entwickelten Grundsätze (vgl. , BFHE 209, 320, BStBl II 2005, 817, und vom X R 40/03, BFHE 207, 213, BStBl II 2005, 35) zutreffend wiedergegeben. Es hat dabei jedoch den Umstand, dass der Kläger seine Anteile nicht freiwillig veräußerte, als ein Argument gegen eine gewerbliche Tätigkeit herangezogen (unter I. 2. b der Entscheidungsgründe). Damit setzt sich das FG bereits in Widerspruch zu seinen Erwägungen bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (unter I. 1. b bb der Entscheidungsgründe), so dass unerörtert bleiben kann, ob und inwieweit nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. , BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510, und vom XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135) persönliche oder finanzielle Beweggründe der Veräußerung für die Zuordnung zum Bereich der Vermögensverwaltung oder zum gewerblichen Bereich überhaupt erheblich sein können.
2. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (vgl. , BFHE 208, 235, BStBl II 2005, 211, und vom IX R 52/97, BFH/NV 2001, 587, m.w.N.). Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (vgl. , BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771).
Etwas anderes gilt aber, wenn besondere Umstände gegen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht sprechen. Ein solcher Ausnahmefall ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige sich noch nicht entschieden hat, ob er ein Mietobjekt kurzfristig verkaufen oder langfristig vermieten will (, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, und vom IX R 42/90, BFHE 171, 45, BStBl II 1993, 658). Ein Anzeichen für diese fehlende Entschlossenheit zu einer langfristigen Vermietung kann sich daraus ergeben, dass dem Steuerpflichtigen zugleich mit dem Erwerb der Immobilie auch die —durch Rückkaufgarantie, Verkaufsgarantie oder Verkaufszusage begründete— Möglichkeit eingeräumt wird, sich ohne Schwierigkeiten und ohne Vermögensverluste unter Mitnahme modellbedingter Steuervorteile von der Immobilie trennen zu können (, BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116; , BFHE 175, 541; Schmidt/Drenseck, EStG, 24. Aufl., § 21 Rz. 108; Lang, Finanz-Rundschau —FR— 1997, 201 ff., 208). Jedoch ist stets zu fordern, dass der Steuerpflichtige auch Kenntnis von dieser Rückkauf- oder Verkaufsgarantie hatte und dass diese für seine Investitionsentscheidung auch von Bedeutung war (BFH-Urteil in BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676).
Diese Grundsätze hat das FG nicht hinreichend berücksichtigt. Denn es hat rechtsfehlerhaft die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht allein auf die Kenntnis der Rückkaufgarantie zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung Ende 1983 beschränkt und verkannt, dass das sich hieraus ergebende Indiz widerlegbar ist.
Zwar ergibt sich aus dem Beteiligungsangebot („Expose”), dass mit der Zeichnung der Kommanditanteile regelmäßig das Recht erworben wurde, diese Kommanditanteile nach 10 Jahren zum Nominalwert an die Z-GmbH (später zu 110 % an A) zu veräußern. Ob indes auch der Kläger dieses Recht erlangte, kann den Feststellungen des FG nicht entnommen werden. Nach dem Text der unterschriebenen Beitrittserklärung ist der Kläger „dem Gesellschaftsvertrag in der mit dem Emissionsprospekt (Expose?) vorgelegten Fassung” beigetreten und hat einen „Treuhand- und Verwaltungsvertrag” abgeschlossen. Von beiden Verträgen hatte er „vollinhaltlich Kenntnis genommen und je ein Exemplar erhalten”. Insoweit ist unklar, ob die Rückkaufgarantie —etwa weil sie auf Wunsch oder Anregung des Klägers hin abgegeben wurde— das (mit-)entscheidende Moment bei dessen Investitionsentscheidung gewesen war. Ist dies zu verneinen, so muss weiter gehend geprüft werden, ob aus anderen Umständen —etwa aus den vorvertraglichen Verhandlungen— gefolgert werden kann, dass die Rückkaufgarantie für den Beitritt zum Immobilienfonds bedeutsam war. Lassen sich auch solche Umstände nicht feststellen, ist zu untersuchen, ob aus den Gesamtumständen, insbesondere der Gestaltung der Verträge, gefolgert werden kann, dass der Kläger bei seiner Beteiligung mindestens mit der Möglichkeit gerechnet hat, von der Rückkaufgarantie Gebrauch zu machen. Dabei ist diese vertraglich begründete Rückveräußerungsmöglichkeit von der bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, und , BFH/NV 2004, 1089) zu unterscheiden.
Ebenso wird das FG der Frage nachgehen, ob die Indizwirkung der Rückkaufgarantie durch die Einlassungen des Klägers, er habe unter dem Druck des drohenden Ausschlusses seine Beteiligung veräußert, entkräftet oder widerlegt wurde. Dabei können zulässigerweise (vgl. , BFHE 183, 142, BStBl II 1997, 650; vom IX R 29/99, BFH/NV 2003, 462) auch Tatsachen Berücksichtigung finden, die erst nach dem maßgebenden Zeitpunkt für die Anlageentscheidung (Ende 1983) eingetreten sind. Des Weiteren wird zu prüfen sein, ob der Kläger überhaupt von der Rückkaufgarantie Gebrauch gemacht oder ob es sich unter Berücksichtigung der Gesamtumstände um eine Art Abfindung, zumal bei einem Erlös von 110 %, gehandelt hat.
3. In diese Richtung zielen auch die Verfahrensrügen des Klägers. Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger vorgetragen, dass er zum Zeitpunkt der Zeichnung seiner Anteile kein Exposé gesehen habe und er sich auf die Zusage des Kommanditisten A verlassen habe, dass die Gesellschaft mittel- und langfristig Gewinne abwerfen werde. Eine derartig begründete Gewinnerwartung könnte —wenn sie vorläge— für ein langfristig angelegtes Immobilienengagement des Klägers und damit für dessen Einkünfteerzielungsabsicht sprechen.
Bei dieser Sachlage durfte das FG den Beweisantrag des Klägers nicht unberücksichtigt lassen. Es hätte vielmehr —unbeschadet der herausgestellten Beweisfrage— den Sachvortrag des Klägers von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) zum Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung nehmen müssen. Insoweit kommen auch die übrigen Beteiligten als mögliche Zeugen dafür in Betracht, welche Vertragsunterlagen und zusätzliche Angebote und Zusagen ihnen Ende 1983 für ihre Investitionsentscheidung vorlagen.
4. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Weder kann der BFH als Revisionsinstanz die bei der Prüfung eines gewerblichen Grundstückshandels erforderliche Gesamtwürdigung selbst vornehmen, noch kann er die Motive des Klägers für dessen Beitritt zum Fonds Ende 1983 ergründen. Das FG wird dies in einer anderweitigen Verhandlung und Entscheidung nachzuholen haben.
Bei einer Beweiserhebung im zweiten Rechtsgang wird das FG die Anforderungen an das Beweismaß und die Beweiswürdigung an den im (BFHE 188, 264, BStBl II 1999, 407, m.w.N.) dargelegten Grundsätzen auszurichten haben.
5. Die Kostenentscheidung wird nach § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1637 Nr. 9
DAAAB-91038