BFH Beschluss v. - VIII B 75/05

Erlass eines Feststellungsbescheids trotz Bestandskraft der Einkommensteuer-Veranlagung

Gesetze: AO § 172

Instanzenzug:

Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer zu 1. (Kläger zu 1.) sowie seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau, die von dem Kläger zu 1. und den Klägern und Beschwerdeführern zu 2. bis 6. (Kläger zu 2. bis 6.) beerbt wurde, hielten jeweils 50 v.H. der Anteile an der A-GmbH, an die sie das in ihrem Miteigentum stehende Grundstück H vermietet hatten. Zwischen den Beteiligten ist nicht mehr umstritten, dass ab 1990 auch die sachlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung vorgelegen haben. Im Rahmen der bestandskräftigen Einkommensteuerveranlagung 1993 wurden die Grundstückserträge nach § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als solche aus Vermietung und Verpachtung erfasst. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) am erstmals einen Bescheid, mit dem aus der Vermietung des Grundstücks H gewerbliche Einkünfte der Eheleute festgestellt wurden. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig, da sie nicht den Begründungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt.

Insbesondere ist der Vortrag, es bedürfe der Klärung, ob das FA befugt sei, einen Rechtsfehler im Rahmen der bestandskräftigen Einkommensteuerveranlagung ohne Berücksichtigung der Berichtigungsvoraussetzungen der §§ 172 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) durch Erlass eines Feststellungsbescheids zu beseitigen, oder ob es hieran nach Treu und Glauben gehindert sei, nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder das Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung darzulegen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 2. Halbsatz FGO).

Die Ausführungen der Kläger lassen außer Acht, dass sich der BFH bereits mehrfach mit dem angesprochenen Problemkreis befasst und in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten hat, dass eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung auch dann noch durchzuführen ist, wenn die Einkommensteuerveranlagungen der Feststellungsbeteiligten bereits bestandskräftig geworden sind. Hiernach ist die Entscheidung darüber, ob eine bisher unterbliebene Gewinnfeststellung nachgeholt werden kann, „aus dem Feststellungsverfahren heraus” zu treffen mit der Folge, dass die Vorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977, der die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen regelt, dem Erlass eines erstmaligen Feststellungsbescheids grundsätzlich nicht entgegensteht. Ausnahmen sind somit allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen Treu und Glauben zu erwägen (vgl. , BFH/NV 2004, 27, mit umfangreichen Nachweisen). Hieran anknüpfend hat der IV. Senat mit Beschluss vom IV B 189/02 (juris) ausgeführt, dass die Frage, ob eine nachträgliche einheitliche Gewinnfeststellung unter besonderen Umständen unzulässig sein könne, weil es sich um eine gezielte Umgehung steuerlicher Korrekturvorschriften handele, nicht klärungsfähig sei.

Demgemäß hätte die Beschwerdeschrift sich mit dieser Rechtsprechung auseinander setzen und entweder substantiiert darlegen müssen, ob (und ggf. welche) vom BFH noch nicht geprüften Argumente gegen die Rechtsauffassung des Gerichts vorgetragen worden sind, oder ob der konkrete Einzelfall Veranlassung gibt, die bisher vom BFH vertretene Ansicht fortzuentwickeln. Beides ist —jedenfalls innerhalb der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO)— nicht geschehen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1616 Nr. 9
BAAAB-90528