Schlüssige Darlegung von Verfahrensmängeln bei der Tatsachenfeststellung
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 4 K 1733/02
Gründe
I. Der in dem vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betriebenen Speditionsunternehmen seinerzeit beschäftigte Fahrer X verbrachte 1998 unversteuerte Zigaretten, die auf LKW des Klägers versteckt waren, in das Zollgebiet der Gemeinschaft, ohne sie zu gestellen. Für diese vorschriftswidrig verbrachten Waren setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt) Einfuhrabgaben gegen den Kläger mit der Begründung fest, dass dieser am vorschriftswidrigen Verbringen beteiligt gewesen sei. Vom Landgericht wurde der Kläger wegen gewerbs- und bandenmäßiger Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Die gegen den Steuerbescheid erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass der Kläger zu Recht als Schuldner der entstandenen Einfuhrabgaben in Anspruch genommen worden sei, weil er sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen und der vom FG durchgeführten Beweisaufnahme an dem vorschriftswidrigen Verbringen der Zigaretten beteiligt habe, indem er seine LKW zur Verfügung gestellt und X mit der Durchführung der Transporte beauftragt habe. Nach den glaubhaften Aussagen der vom FG vernommenen Zeugen sei die Behauptung des Klägers, von dem Zigarettenschmuggel nichts gewusst zu haben, widerlegt und als Schutzbehauptung anzusehen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) stützt.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht schlüssig dargelegt ist, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.
Soweit sich die Beschwerde gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Beweiswürdigung durch das FG wendet, bezeichnet sie keinen Verfahrensmangel, weil die Grundsätze der Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzuordnen sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 82 f.). Mit ihrer Ansicht, dass das FG von der ersten, den Kläger entlastenden Aussage der vernommenen Zeugen und nicht von deren belastender zweiten Aussage hätte ausgehen bzw. dass es die Zeugen für unglaubwürdig hätte halten müssen, wendet sich die Beschwerde daher gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (vgl. , BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).
Das FG durfte aufgrund der Angaben des in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommenen X annehmen, dass der an dem Schmuggel beteiligte Pole ihm erklärt habe, dass X von dem Kläger eigentlich noch mehr Geld für die Schmuggelfahrt hätte bekommen sollen. Anders als die Beschwerde meint, war das FG durch den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 81 Abs. 1 FGO) nicht verpflichtet, auch den besagten Polen zu dieser Tatsache als Zeugen zu vernehmen.
Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und , BFH/NV 1998, 608). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch im Rahmen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge (Senatsbeschluss vom VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597).
An entsprechenden Darlegungen der Beschwerde fehlt es im Streitfall; auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG ergibt sich kein Hinweis, dass der Kläger einen Beweisantrag zur Vernehmung der Zeugin Z gestellt oder das Übergehen zuvor schriftsätzlich gestellter Beweisanträge gerügt hat. Vielmehr hat der Klägervertreter nach der Vernehmung der geladenen Zeugen rügelos zur Sache verhandelt und den Klageantrag gestellt. Auf die Rüge ist damit wirksam verzichtet worden, so dass die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben kann. Darüber hinaus kann das FG von einer Zeugenvernehmung absehen, wenn es —wie das FG im Streitfall in den Gründen des angefochtenen Urteils ausgeführt hat— auf die in das Wissen des Zeugen gestellte Tatsache für die Entscheidung nicht ankommt.
Fundstelle(n):
JAAAB-90521