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FG München Urteil v. - 9 K 4733/02 EFG 2006 S. 1335 Nr. 17

Gesetze: EStG 2002 § 74 Abs. 1 S. 1, EStG 2002 § 74 Abs. 1 S. 3, EStG 2002 § 74 Abs. 1 S. 4, EStG 2002 § 74 Abs. 2, SGB X § 104 Abs. 1 S. 1, SGB X § 104 Abs. 1 S. 4, SGB X § 104 Abs. 2, AO § 37 Abs. 2, AO § 38, AO § 155 Abs. 4, AO § 175 Abs. 1

Überleitung bzw. Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 EStG 2002 an den Jugendhilfeträger

Leitsatz

1. Ein Erstattungsanspruch des Sozialleistungsträgers nach § 74 Abs. 2 EStG i.V. mit § 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X verlangt die Gleichartigkeit der Leistungen des Leistungsträgers und des Kindergeldes. Eine Gleichartigkeit liegt bei dem in einer Einrichtung gewährten Lebensunterhalt oder Sachleistungen im Rahmen einer Heimerziehung oder betreuten Wohnform einerseits und Kindergeld als Geldleistung andererseits nicht vor.

2. Die Erstattung von Kindergeld nach § 74 Abs. 2 EStG i.V. mit § 104 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 SGB X an einen Jugendhilfeträger setzt einen Kostenbeitragsbescheid (Ermessensentscheidung des Jugendhilfeträgers, ob und in welchem Umfang von dem Kindergeldberechtigten ein Kostenbeitrag erhoben werden soll) gegenüber dem Kindergeldberechtigten voraus.

3. Nur wenn die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 EStG vorliegen, kann die Auszahlung des Kindergeldes nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG auch an die Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt (im Streitfall: Jugendhilfeträger). § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG ist nicht isoliert zu betrachten, sondern bewirkt lediglich eine Erweiterung der in Betracht kommenden Auszahlungsempfänger.

4. Die Familienkasse musste das Kindergeld nicht an den Jugendhilfeträger überleiten und auszahlen, wenn ein Elternteil im streitigen Zeitraum tatsächlich Unterhalt in Form von Geldleistungen i.H.v. monatlich 153,39 EUR an den Jugendhilfeträger erbracht hat. Dass der Jugendhilfeträger später die mangelnde Leistungsfähigkeit des Elternteils festgestellt und an diesen daraufhin eine Rückzahlung geleistet hat, führt nicht zu einem rückwirkenden Anspruch des Jugendhilfeträgers auf Abzweigung von Kindergeld für den streitigen Zeitraum.

5. Die Auszahlung bzw. Abzweigung des Kindergelds betrifft das Erhebungsverfahren. In diesem Verfahren ist zu entscheiden, wer Auszahlungsempfänger des festgesetzten Kindergelds ist und ob ein Anspruch auf Abzweigung nach § 74 EStG besteht. Der Kindergeldanspruch als Rechtsgrund für die Zahlung bleibt insoweit unberührt.

Fundstelle(n):
EFG 2006 S. 1335 Nr. 17
EAAAB-90472

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FG München, Urteil v. 24.05.2006 - 9 K 4733/02

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