BFH Urteil v. - III R 25/05

Gewinnrealisierung bei Veräußerung eines Grundstücks; verdeckte Gewinnausschüttung bei einer von einer GmbH betriebenen Gaststätte

Leitsatz

1. Der durch Betriebsvermögensvergleich zu ermittelnde Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks ist mit Übergang des zivilrechtlichen Eigentums auf den Käufer auch dann realisiert, wenn Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr vertragsgemäß erst später übergehen; der Veräußerer bleibt nach dem Eigentumserwerb des Käufers regelmäßig nicht wirtschaftlicher Eigentümer.

2. Betreibt eine GmbH eine Gaststätte, so können die bei einer Nachkalkulation festgestellten Fehlbeträge dem Gesellschafter der GmbH nur dann als vGA zugerechnet werden, wenn festgestellt wird, dass dieser oder ihm nahe stehende Personen das Geld erhalten haben.

Gesetze: AO 1977 § 39BGB § 362BGB § 433 Abs. 1EStG § 4 Abs. 1EStG § 15EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Abs. 3KStG § 8 Abs. 3

Instanzenzug: (EFG 2005, 1616) (Verfahrensverlauf),

Gründe

I.

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Der als Diplom-Kaufmann ausgebildete Kläger und Revisionskläger zu 1. (Kläger) wird mit seiner Ehefrau, der Klägerin und Revisionsklägerin zu 2. (Klägerin) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Am erwarb der Kläger ein Grundstück. Anschließend ließ er auf diesem Grundstück eine Tennisanlage mit Clubhaus sowie Hallen- und Freiplätzen errichten. Zum verpachtete er die Anlage an eine GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer er seit dem war.

Die GmbH war am von seiner —1991 verstorbenen— seinerzeitigen Ehefrau M mit einer Stammeinlage von 1 000 DM und dem Zeugen J mit einer Stammeinlage von 19 000 DM gegründet worden. Im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Kapitalerhöhung wurde der Anteil der M am auf 2 500 DM aufgestockt. Am selben Tage übernahm der Stiefvater des Klägers den Anteil des Gesellschafters J zu einem dem Nominalwert entsprechenden Kaufpreis von 19 000 DM, den er in Höhe von 14 250 DM durch Übernahme der Verpflichtung zur Einzahlung der noch nicht erbrachten Stammeinlage leistete. Gleichzeitig wurde der Geschäftsanteil des Stiefvaters auf 47 500 DM aufgestockt.

Am übertrug der Stiefvater einen Teilgeschäftsanteil von 5 000 DM auf den seinerzeitigen Prokuristen der GmbH, so dass er mit 42 500 DM beteiligt blieb. Am übernahm der Stiefvater den Anteil des Prokuristen wieder. Seit dem waren A und B als Rechtsnachfolger der verstorbenen M mit einem Anteil von 2 500 DM an der GmbH beteiligt.

Mit notariellem Vertrag vom veräußerte der Kläger das Grundstück für 15 Mio. DM an eine Bank. Unter II.1. des Vertrages wird ausgeführt:

„Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr einschließlich der Verkehrssicherungspflicht gehen unabhängig von der Eigentumsumschreibung auf den Käufer mit Wirkung ab über.

Der Verkäufer ist bis zum Besitzübergang berechtigt, das Kaufobjekt im bisherigen Umfang zu nutzen, bis zu diesem Zeitpunkt stehen ihm die Erträge zu, ihn treffen auch die Lasten, insbesondere betriebsnotwendige Reparaturen und Erhaltungsmaßnahmen.

Der Verkäufer verpflichtet sich, das Kaufobjekt zum Zeitpunkt des Besitzübergangs frei von Rechten Dritter, insbesondere frei von Miet- und Pachtverhältnissen zu übergeben.”

Der Kaufpreis wurde am bezahlt und der Eigentumsübergang am im Grundbuch eingetragen. Vom bis zum pachtete der Kläger das Grundstück von der Bank für 15 000 DM monatlich und verpachtete es zu demselben Betrag an die GmbH weiter; er erklärte insoweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Für die Jahre 1988 bis 1996 wurde beim Kläger eine Außenprüfung auch als Steuerfahndungsprüfung durchgeführt. Die Prüfer vertraten die Auffassung, die Vermietung des Grundstücks mit Tennisanlage an die GmbH erfülle die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung. Das Grundstück stelle die wesentliche Betriebsgrundlage der GmbH dar (sachliche Verflechtung). Die personelle Verflechtung sei gegeben, weil die Mehrheitsgesellschafter —J und der Stiefvater des Klägers— ihre GmbH-Anteile treuhänderisch für den Kläger gehalten hätten. Die Anteile seien daher nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) dem Kläger zuzurechnen. Er sei in der Lage gewesen, auch in der GmbH einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen. Dies ergebe sich aus folgenden Feststellungen:

  • Der Kläger habe als von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerliches Gesetzbuchs (BGB) befreiter und einziger Geschäftsführer sämtliche Entscheidungen der GmbH getroffen. Als Diplom-Kaufmann sei er dazu in der Lage gewesen. Er habe bedeutende unternehmerische Entscheidungen auch dann ohne Zustimmung der Gesellschafter getroffen, wenn er im Innenverhältnis nach seinem Anstellungsvertrag deren Genehmigung hätte einholen müssen, so z.B. die Verpachtung des Grundstücks an die GmbH auf zehn Jahre am . Im Mai 1999 habe er der GmbH die Betriebsgrundlage entzogen, indem er den Pachtvertrag mit der Bank nicht mehr verlängert habe, obwohl der Pachtvertrag mit der GmbH sich mangels Kündigung innerhalb von drei Monaten vor Ende des Pachtablaufes um zwei Jahre verlängert hätte.

  • Im Vertrag vom sei ein jährlicher Pachtzins in Höhe von 300 000 DM vereinbart worden. Da die GmbH seit ihrem Bestehen lediglich in drei Jahren ein positives Ergebnis erzielt habe, seien die Pachtzahlungen von Anfang an nur sehr unregelmäßig vorgenommen worden. Die Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber dem Kläger seien deshalb über die Jahre ständig angewachsen und hätten zum   603 068 DM betragen. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt versucht, seine Forderungen gegenüber der Gesellschaft anzumahnen, einzutreiben oder einen liquideren Betreiber für den Tennispark zu finden.

  • Der Kläger habe am den Prokuristen bestellt und ihm 1 v.H. Umsatzbeteiligung und 10 v.H. der Gesellschaftsanteile eingeräumt. Die gemäß § 4 Nr. 3 des Geschäftsführervertrages und § 8 der Satzung der GmbH hierfür notwendige Genehmigung der Gesellschafterversammlung sei nicht aufgefunden worden.

  • Sämtliche Verträge und Lizenzen für den Betrieb der Gaststätte auf der Tennisanlage durch die GmbH hätten auf den Namen des Klägers gelautet. Der Bierlieferungsvertrag für die Gaststätte sei vom Kläger im eigenen Namen abgeschlossen und ein in diesem Zusammenhang gewährtes zinsloses Darlehen an den Kläger selbst ausgezahlt worden.

  • Die Erlaubnis für den Betrieb einer Gaststätte in den Räumen der GmbH sei nicht der GmbH, sondern dem Kläger erteilt worden. In diesem Zusammenhang habe der Kläger erklärt, dass seine damalige Ehefrau M Mitinhaberin seines Gewerbebetriebes sei.

  • In den Anlagen WA zu den Körperschaftsteuererklärungen für 1989, 1990 und 1994 bis 1996 habe der Kläger angegeben, er sei in Höhe von 50 000 DM (= 100 v.H.) an der GmbH beteiligt. In den Körperschaftsteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1991 bis 1993 sei das Feld „Name und Anschrift der wesentlich beteiligten Anteilseigner” nicht ausgefüllt worden.

  • Der Gesellschafter J habe die Einlage auf das Stammkapital nicht geleistet und auch niemals frei über seinen Gesellschaftsanteil verfügen können. Zeitpunkt und Ort der Abtretung und die Person, an welche J seinen Geschäftsanteil abzutreten hatte, habe der Kläger bestimmt.

  • Die Einlage auf die Stammkapitalerhöhung für die Gesellschafterin M und den Stiefvater habe der Kläger geleistet.

  • Der Kläger habe mit Schreiben vom an den Notar die Übertragung des Geschäftsanteils des Prokuristen an den Stiefvater und die Löschung der Prokura veranlasst.

  • Bei der Rückübertragung der Geschäftsanteile vom Prokuristen an den Stiefvater am sei der Stiefvater vom Kläger vertreten worden. Die Vollmachtsbestätigung sei erst am vom Stiefvater unterschrieben worden.

  • Die GmbH sei von der persönlichen Aktivität des Klägers abhängig gewesen. Die zivilrechtlichen Gesellschafter hätten keine Stimm-, Kontroll- oder Informationsrechte ausgeübt. Sie hätten keine Verfügungsmacht gehabt, weisungsgebunden gehandelt und seien verpflichtet gewesen, die Gesellschaftsanteile auf Verlangen jederzeit an den Kläger zu übertragen.

  • Die Gesellschafter —J, der Stiefvater und der Prokurist— hätten nach eigenen Angaben weder Bilanzen noch Gewinn- und Verlustrechnungen der GmbH erhalten. Bei den Durchsuchungen hätten sich keine Geschäftsunterlagen bei den Gesellschaftern gefunden. Sämtliche Geschäftsunterlagen der GmbH seien beim Kläger gelagert worden.

  • Die Gesellschafter hätten letztendlich bestätigt, dass der Kläger der GmbH seinen Willen aufgezwungen habe.

Die Prüfer vertraten weiter die Auffassung, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks im Jahr 1994 zu erfassen sei, da Nutzungen und Lasten erst am übergegangen seien. Der Veräußerungsgewinn habe (15 000 000 DM Veräußerungserlös ./. Buchwert des Grundstücks von 561 257 DM und des Clubgebäudes von 148 777 DM =) 14 289 966 DM betragen.

Außerdem ermittelten die Prüfer bei der kalkulatorischen Einnahmeüberprüfung der Clubgaststätte für 1988 bis 1996 Fehlbeträge. Diese betrugen in den im Revisionsverfahren verbliebenen Streitjahren:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1993
119 588 DM
1994
134 980 DM
1995
173 896 DM
1996
157 679 DM

Dazu vertraten die Prüfer die Auffassung, diese Beträge seien dem Kläger als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zuzurechnen, da er treugeberisch Gesellschafter der GmbH gewesen sei. Es könne ausgeschlossen werden, dass Dritte über einen Zeitraum von acht Jahren 20 v.H. bis 87 v.H. der Umsätze veruntreut hätten, denn dies hätte der Kläger als ausgebildeter Diplom-Kaufmann bemerken müssen. Bei der Nachkalkulation berücksichtigten sie gewinnmindernd, dass nach ihrer Auffassung als Aufwand verbuchte Eingangsrechnungen der GmbH in geringem Umfange Kosten der privaten Lebensführung des Klägers enthalten hätten.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1988 bis 1992 sowie am gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1993 bis 1996. Die kalkulatorischen Fehlbeträge wurden —ohne anrechenbare Körperschaftsteuer— als Einnahmen aus Kapitalvermögen angesetzt. Mit Bescheiden vom änderte das FA die Einkommensteuerbescheide für 1990, 1991, 1993, 1994 und 1995 erneut zur Berücksichtigung höherer Kinderfreibeträge gemäß § 53 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die gegen sämtliche Bescheide eingelegten Einsprüche wies das FA als unbegründet zurück.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hob der Senat das klagabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) mit Beschluss vom III B 114/03 (BFH/NV 2004, 1109) gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Dem Urteil des FG sei nicht zu entnehmen, ob die personelle Verflechtung auf tatsächlicher Beherrschung der GmbH durch den Kläger oder auf einer Treuhandvereinbarung mit den im Handelsregister eingetragenen Gesellschaftern beruhe, auch enthalte das Urteil im Tatbestand keinen Hinweis auf die Höhe des durch den Verkauf des Grundstücks erzielten Veräußerungsgewinns. Es sei auch nicht erwähnt und gewürdigt, dass der Kaufpreis dem Kläger Ende April 1993 gutgeschrieben und die Käuferin 1993 in das Grundbuch eingetragen worden sei. Daher wäre zu prüfen gewesen, ob der Veräußerungsgewinn zu Recht im Jahr 1994 erfasst worden sei.

Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) das wegen Hinterziehung von Einkommensteuer gegen den Kläger ergangene Urteil aufgehoben hatte, wurde das Verfahren vom Landgericht (LG) nach § 154 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt, da der subjektive Tatbestand bezüglich der Betriebsaufspaltung und den damit zusammenhängenden Fragen nicht nachgewiesen werden könne.

Das FG hob die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1988 bis 1992 im zweiten Rechtsgang wegen Festsetzungsverjährung auf und wies die Klage nach umfangreicher Beweisaufnahme im Übrigen, d.h. hinsichtlich der Einkommensteuer 1993 bis 1996, ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1616 abgedruckt. Es führte im Wesentlichen aus, der Kläger sei aufgrund wirksamer Treuhandverträge Mehrheitsgesellschafter der GmbH gewesen. Daher habe eine Betriebsaufspaltung bestanden. Der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks gehöre zum laufenden Gewinn. Dieser sei wegen des insoweit maßgeblichen Überganges von Nutzen und Lasten im Jahre 1994 realisiert worden. Dem Kläger seien die bei der kalkulatorischen Einnahmeüberprüfung der Clubgaststätte festgestellten Fehlbeträge des Streitjahres als vGA nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG zuzurechnen. Es könne ausgeschlossen werden, dass fremde Dritte die Abrechnungen manipuliert hätten.

Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene und auf die Streitjahre 1993 bis 1996 beschränkte Revision, mit der die Kläger materielle und verfahrensrechtliche Fehler rügen.

Eine Betriebsaufspaltung habe nicht bestanden. Der Kläger sei nicht Gesellschafter der GmbH gewesen, Treuhandverträge über die Geschäftsanteile seien nicht geschlossen worden. Die gegenteiligen Feststellungen des FG seien verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Das FG habe zudem die Formbedürftigkeit derartiger Verträge verkannt. Selbst wenn eine Betriebsaufspaltung vorgelegen hätte, wäre der Gewinn aus der Grundstücksveräußerung nicht im Jahr 1994, sondern bereits bei Übergang des zivilrechtlichen Eigentums 1993 angefallen und hätte als Veräußerungsgewinn dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 EStG unterlegen. Mangels Gesellschafterstellung könne der Kläger auch keine vGA bezogen haben.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG hinsichtlich der Einkommensteuer 1993 bis 1996 sowie die Einspruchsentscheidung des FA vom aufzuheben, und die Einkommensteuer für 1993 bis 1996 ohne Berücksichtigung der Grundstücksveräußerung sowie der vGA wegen der kalkulatorischen Fehlbeträge festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Die Einkommensteueränderungsbescheide für 1993 bis 1995 vom und für 1996 vom werden dahin geändert, dass die vGA wegen der kalkulatorischen Fehlbeträge und der 1994 erfasste Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks in Höhe von 14 289 966 DM unberücksichtigt bleiben; die Berechnung wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.

1. Dem Kläger sind die kalkulatorischen Fehlbeträge nicht als vGA zuzurechnen.

Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 156, 126, BStBl II 1989, 419; vom VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266). Eine vGA kann auch anzunehmen sein, wenn der Vorteil einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person zugewendet wird; das „Nahestehen” in diesem Sinne kann auf familienrechtlichen, gesellschaftsrechtlichen, schuldrechtlichen oder rein tatsächlichen Bindungen beruhen (, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301, unter II.A.1.a der Gründe; in BFH/NV 2005, 1266; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 25. Aufl., § 20 Rz. 75; Schlotter in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 20 Rn. 299). Gehört die Beteiligung zum Betriebsvermögen, so ist die vGA nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern den gewerblichen Einkünften anzusetzen (§§ 20 Abs. 3, 15 EStG).

Betreibt eine GmbH eine Gaststätte, so können bei einer Nachkalkulation festgestellte Fehlbeträge als vGA (§ 8 Abs. 3 des KörperschaftsteuergesetzesKStG—) ihr Einkommen erhöhen (vgl. , juris, Steuern und Bilanzen —StuB— 2000, 1106). Sind diese Beträge ihren Gesellschaftern zugeflossen, so werden sie bei diesen —zuzüglich etwaiger anrechenbarer Körperschaftsteuer (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG a.F.)— als Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) oder, wenn die Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten wird, im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst (§§ 20 Abs. 3, 15 EStG). Die Erhöhung des Einkommens der GmbH und ihrer Gesellschafter sind dabei materiell- und verfahrensrechtlich voneinander unabhängig; zwischen den Bescheiden der Gesellschaft und der Gesellschafter besteht keine Bindungswirkung (, BFHE 170, 1, BStBl II 1993, 569; v. Beckerath in Kirchhof, EStG, § 20 Rn. 71).

Das FG ist von der treugeberischen Gesellschafterstellung des Klägers ausgegangen, weil ihm als Diplom-Kaufmann die kalkulatorischen Fehlbeträge nicht hätten verborgen bleiben können. Es könne ausgeschlossen werden, dass fremde Dritte die Abrechnungen manipuliert hätten; die Abrechnungen durch den Kläger hätten zu den Differenzen geführt. Die durch Handlungen des Klägers verursachten Vermögensminderungen der GmbH seien dieser zuzurechnen und führten zu vGA an den Kläger.

Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Dabei ist unerheblich, ob der Kläger über Treuhandabreden Gesellschafter der GmbH war. Denn seine —vom FG angenommene— Gesellschaftereigenschaft und die Manipulation der Bücher durch ihn genügen allein nicht, um dem Kläger Einkünfte zuzurechnen. Die Fehlbeträge hätten ihm vielmehr nur dann zugerechnet werden dürfen, wenn er oder ihm nahe stehende Personen die Gelder an sich genommen hätten. Dies hat das FG aber nicht feststellen können. Sein Urteil lässt die Möglichkeit offen, dass nicht der Kläger, sondern Dritte die Mittel erhalten haben. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ist insbesondere offen geblieben, ob sich nicht das Bedienungspersonal aus den Bareinnahmen zu Lasten der GmbH bereichert hat oder die Fehlbeträge zu deren Entlohnung verwandt wurden. Da die Beschäftigten im Gaststättenbereich dem Kläger nicht nahe standen und er persönlich aus deren „zusätzlicher” Entlohnung auch keinen Vorteil gehabt hätte, könnte er in diesem Falle nicht Empfänger einer vGA sein. Die Vereinnahmung durch das Bedienungspersonal oder die Verwendung der Mittel zu deren Entlohnung ist eine nahe liegende Möglichkeit, die wegen der Verkürzung von Lohnsteuer und Sozialabgaben auch auf Anregung oder mit Duldung der Geschäftsführung, d.h. des Klägers, erfolgt sein könnte. Dies hat auch das LG in seinem Strafurteil vom betreffend Hinterziehung von Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer der GmbH durch den Kläger angenommen und ausgeführt, die im Restaurant tätigen Angestellten hätten einen großen Teil der über „Theke” und „Küche” erzielten Umsätze nicht verbucht; der Kläger habe dies nicht aufgeklärt, er habe nur mit bedingtem Vorsatz und nicht zu seinem persönlichen Vorteil gehandelt.

2. Das Urteil des FG hat auch hinsichtlich des Gewinns aus der Grundstücksveräußerung keinen Bestand, ohne dass es darauf ankäme, ob der Kläger als Treugeber Gesellschafter der GmbH war und deshalb eine Betriebsaufspaltung bestand. Denn der Kläger hätte, wenn dies zuträfe, den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks an die Bank nicht 1994, sondern bereits 1993 realisiert.

Falls eine Betriebsaufspaltung bestand, wäre —wovon das FG stillschweigend ausgegangen ist— der Gewinn des Klägers gemäß § 4 Abs. 1 EStG durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln; bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) wäre der Gewinn aus der Veräußerung im Übrigen ohne weiteres bereits mit Kaufpreiszahlung, d.h. 1993, angefallen.

Der Gewinn aus der Veräußerung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgutes wird durch einen Umsatz realisiert, bei dem das Entgelt an die Stelle der verkauften Sache tritt. Dies geschieht, wenn der Kaufvertrag wirtschaftlich erfüllt ist, d.h. der Verkäufer seine Leistung im Wesentlichen erbracht hat und deshalb sein Anspruch auf die Zahlung nicht mehr mit ungewöhnlichen Risiken belastet erscheint; von diesem Zeitpunkt an ist das veräußerte Wirtschaftsgut nach den steuerrechtlichen Vorschriften nicht mehr dem Veräußerer, sondern dem Erwerber zuzurechnen (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 111, 89, BStBl II 1974, 202; vom I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20; Crezelius in Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 154; Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, § 5 Rz. 608).

Zu Unrecht beruft sich das FG auf die Rechtsprechung zur Gewinnrealisierung aus der Veräußerung von Grundstücken, nach der die Kaufpreisforderung zu aktivieren sei, wenn Besitz, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber übergegangen seien (vgl. z.B. , BFHE 161, 22, BStBl II 1990, 733; vom IV R 43/90, BFHE 166, 329, BStBl II 1992, 398; vom IV R 114/94, BFHE 180, 57, BStBl II 1997, 382; vom VIII R 77/96, BFHE 191, 339, BStBl II 2002, 227; ebenso zur Anschaffung gemäß § 10e EStG , BFHE 202, 320, BStBl II 2003, 751).

Diese Rechtsprechung betrifft nur den Regelfall, dass das Grundstück in Vollzug des Kaufvertrages vor der für die Beteiligten nicht disponiblen Umschreibung des Grundbuchs übergeben wird, d.h. der Käufer wirtschaftliches Eigentum erwirbt, bevor er zivilrechtlicher Eigentümer geworden ist. Sobald der Käufer aber zivilrechtliches Eigentum erlangt, steht der Kaufpreisforderung nichts mehr entgegen, so dass der Gewinn spätestens zu diesem Zeitpunkt realisiert ist (Crezelius in Kirchhof, EStG, § 5 Rz. 154). Auch wenn der Besitz —wie im Streitfall— nach dem Eigentumsübergang „zurückbehalten” wird und Grundstückslasten und Gefahr erst später übergehen sollen, hindert dies die Gewinnrealisierung nicht. Denn der Verkäufer hat seine Hauptpflicht aus dem Kaufvertrag mit der Eigentumsübertragung erfüllt (vgl. §§ 433 Abs. 1, 362 BGB); das Grundstück ist von da an dem Käufer als zivilrechtlichem Eigentümer nach § 39 Abs. 1 AO 1977 und —falls er wie im Streitfall bilanziert— nach handelsbilanziellen Grundsätzen zuzurechnen.

Dem Kläger verblieb nach Auflassung und Umschreibung des Eigentums kein wirtschaftliches Eigentum, das eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zurechnung rechtfertigte (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977). Dazu müsste das rechtliche Eigentum in der Weise ausgehöhlt sein, dass ein anderer als der rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über die Sache ausübt und den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann, so dass diesem kein Herausgabeanspruch zusteht oder seinem Herausgabeanspruch keine wirtschaftliche Bedeutung zukommt (, BFHE 127, 423, BStBl II 1979, 466; vom XI R 14/87, BFHE 163, 571, BStBl II 1991, 628; vom III R 233/90, BFHE 166, 49, BStBl II 1992, 182; vom X R 69/98, BFH/NV 2000, 1331, jeweils m.w.N.). Nach den im Streitfall getroffenen Vereinbarungen durfte der Kläger das Grundstück nach dem Eigentumserwerb der Bank aber nur noch eineinhalb Jahre bis zur vereinbarten Übergabe nutzen, er war dabei Fremdbesitzer (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1331; Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 39 Rz. 26).

3. Die Einkünfte des Klägers sind danach sowohl um die infolge der Nachkalkulation als vGA angesetzten Beträge, d.h. für 1993 um 119 588 DM, für 1994 um 134 980 DM, für 1995 um 173 896 DM und für 1996 um 157 679 DM, als auch um den 1994 berücksichtigten Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks in Höhe von 14 289 966 DM zu vermindern. Die Berechnung der Steuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Fundstelle(n):
BB 2006 S. 1673 Nr. 31
BB 2006 S. 1945 Nr. 36
BB 2007 S. 2 Nr. 44
BB 2007 S. 2 Nr. 44
BB 2007 S. 39 Nr. 1
BBK-Kurznachricht Nr. 18/2006 S. 976
BFH/NV 2006 S. 1747 Nr. 9
DB 2006 S. 1770 Nr. 33
DStR 2006 S. 1359 Nr. 31
DStRE 2006 S. 1032 Nr. 16
DStZ 2006 S. 535 Nr. 16
EStB 2006 S. 275 Nr. 8
FR 2006 S. 882 Nr. 19
GmbHR 2006 S. 884 Nr. 16
HFR 2006 S. 1083 Nr. 11
INF 2006 S. 644 Nr. 17
KÖSDI 2006 S. 15186 Nr. 8
KÖSDI 2006 S. 15193 Nr. 8
KÖSDI 2006 S. 15193 Nr. 8
NWB-Eilnachricht Nr. 30/2006 S. 2480
SJ 2006 S. 25 Nr. 18
StB 2006 S. 324 Nr. 9
StBW 2006 S. 3 Nr. 16
StuB-Bilanzreport Nr. 15/2006 S. 598
StuB-Bilanzreport Nr. 15/2006 S. 599
WPg 2006 S. 1285 Nr. 20
YAAAB-90234