Widerspruch zwischen Tenor und Entscheidungsgründen
Gesetze: FGO § 107FGO § 113 Abs. 1FGO § 128 Abs. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Das Finanzgericht (FG) hat mit dem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss vom den Antrag auf Aussetzung beziehungsweise Aufhebung von Pfändungs- und Einziehungsverfügungen, hilfsweise auf Gewährung von Pfändungsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. In den Entscheidungsgründen heißt es: „Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da insbesondere die Voraussetzungen des § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht vorliegen.” Demgegenüber ist im Tenor formuliert: „Die Beschwerde wird zugelassen.”
Mit Beschluss vom hat das FG den Tenor seines Beschlusses berichtigt: „Die Beschwerde wird nicht zugelassen.” Es hat den Berichtigungsbeschluss auf das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit i.S. des § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützt. Weiter heißt es, gegen diesen Beschluss sei ein Rechtsmittel nicht gegeben, weil die dem Berichtigungsbeschluss zugrunde liegende Entscheidung unanfechtbar sei.
Mit der Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss des FG macht der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) geltend, die Beschwerde sei gegeben, weil die zugrunde liegende Entscheidung nach dem eindeutigen Tenor mit der Beschwerde anfechtbar sei; im Übrigen handele es sich bei der Zulassung der Beschwerde im Tenor der Entscheidung nicht um eine offensichtliche Unrichtigkeit des FG, vielmehr sei offensichtlich ein Textbaustein zur Zulassung der Beschwerde in den Beschluss aufgenommen worden, obwohl dieser wegen des Tenors habe gelöscht werden müssen. Bei einer Unstimmigkeit zwischen Tenor und Begründung sei letztlich der Tenor maßgeblich.
Der Antragsteller beantragt, den Berichtigungsbeschluss aufzuheben.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Berichtigungsbeschluss ist jedenfalls unbegründet.
Gemäß § 113 Abs. 1 i.V.m. § 107 FGO können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Beschluss jederzeit vom Gericht berichtigt werden. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Sinne dieser Vorschrift sind nur Erklärungsmängel, also keine Mängel bei der Bildung des Erklärungswillens des Gerichts. Die Berichtigung nach § 107 FGO kann nur dazu führen, dass Übereinstimmung des erkennbar gewollten Inhalts der Aussage des Gerichts mit dem erklärten Text des Urteils bzw. Beschlusses hergestellt wird. Wie bei der vergleichbaren Vorschrift des § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) schließt die Möglichkeit eines Rechtsirrtums die Berichtigung nach § 107 FGO aus. Nur mechanische Fehler, die ohne weitere Prüfung erkannt und berichtigt werden können, fallen unter diese Berichtigungsvorschriften. Ein offenbarer Fehler liegt vor, wenn er auf der Hand liegt, wenn er durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist. Schließlich kann die Berichtigung sowohl Tenor als auch Rubrum wie Urteils- bzw. Beschlussgründe betreffen (, BFH/NV 1998, 46, m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist die Berichtigung durch das FG nicht zu beanstanden. Tenor und Entscheidungsgründe des zugrunde liegenden Beschlusses stehen offensichtlich im Widerspruch zueinander. Aus der fehlenden Rechtsmittelbelehrung ergibt sich jedoch, dass die Nichtzulassung der Beschwerde das vom FG wirklich Gewollte war.
Die Beschlussformel ist auch berichtigungsfähig, selbst dann, wenn sich —wie im Streitfall— infolge der Korrektur der Tenor in einen gegenteiligen Ausspruch verkehrt. Dass bei Widersprüchen und Abweichungen zwischen Tenor und Gründen grundsätzlich der Tenor ausschlaggebend ist, ändert daran nichts. Ein Widerspruch oder eine Abweichung liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn der Tenor im Einklang mit den tatbestandlichen Vorgaben des § 107 FGO entsprechend berichtigt worden ist (, BFH/NV 1997, 893, m.w.N.). So liegt der Streitfall.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2, § 143 Abs. 1 FGO. Anders als für das zur jeweiligen Instanz gehörende Berichtigungsverfahren selbst besteht für das Beschwerdeverfahren keine Kostenfreiheit (Beschluss vom I B 47/03, BFH/NV 2004, 515).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1678 Nr. 9
VAAAB-90222