Entnahme von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft
Leitsatz
Das sog. Tauschgutachten des BFH ist ab dem Jahr 1999 nicht mehr anzuwenden. Dieses Gutachten betrifft den Fall, dass im Betriebsvermögen gehaltene Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf einen anderen Rechtsträger im Wege des Tauschs übergehen. Es befasst sich nicht mit der Frage, ob eine zur Aufdeckung der stillen Reserven führende Entnahme dann gegeben ist, wenn der bisherige Einzelunternehmer diesen Betrieb unentgeltlich auf einen Rechtsnachfolger überträgt, er aber zu diesem Betriebsvermögen gehörende Anteile an einer Kapitalgesellschaft zum Teil zurückbehält oder an einen Dritten überträgt.
Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. von § 115 Abs. 2 FGO.
1. Wird der Revisionszulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO geltend gemacht, wonach die Revision zuzulassen ist, weil das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dann sind in der Beschwerdebegründung die tragenden Rechtssätze im Urteil des FG und in der (angeblichen) Divergenzentscheidung herauszuarbeiten und gegenüber zu stellen. Hierbei muss erkennbar werden, dass beide Entscheidungen dieselbe Rechtsfrage betreffen und dass beide Entscheidungen im Grundsätzlichen voneinander abweichen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 48, 55 und § 116 Rz 42, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH—).
Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Mit ihr wird lediglich pauschal darauf hingewiesen, das angefochtene Urteil berücksichtige nicht in ausreichender Weise das sog. Tauschgutachten des (BStBl III 1959, 30). Denn aus dem Vortrag der Kläger wird nicht erkennbar, ob das angefochtene Urteil und das Tauschgutachten des BFH dieselbe Rechtsfrage betreffen.
Das Tauschgutachten des BFH befasst sich mit der Rechtsfrage, ob im Falle der Übertragung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Wege des Tauschs gegen die Übertragung von Anteilen an einer anderen Kapitalgesellschaft ein entgeltliches Geschäft vorliegt. Dies wird im Tauschgutachten grundsätzlich bejaht. Stille Reserven werden aber nicht aufgedeckt, wenn die jeweiligen Anteile art-, wert- und funktionsgleich sind. Das Tauschgutachten betrifft mithin den Fall, dass im Betriebsvermögen gehaltene Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf einen anderen Rechtsträger im Wege des Tauschs übergehen. Demgegenüber geht es im Streitfall im Ausgangspunkt um die hiervon abweichende Frage, ob
eine zur Aufdeckung der stillen Reserven führende Entnahme dann gegeben ist, wenn der bisherige Einzelunternehmer diesen Betrieb unentgeltlich auf einen Rechtsnachfolger überträgt, er aber zu diesem Betriebsvermögen gehörende Anteile an der Kapitalgesellschaft zum Teil zurückbehält oder an einen Dritten (hier: an seine Ehefrau) überträgt,
oder ob eine Entnahme deshalb zu verneinen ist, weil es sich um ein Betriebsaufspaltungsbesitzunternehmen handelt und der Sohn der Kläger mittels seiner eigenen und der ihm übertragenen Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft ebenfalls in der Lage ist, die Betriebskapitalgesellschaft zu beherrschen.
Mit dieser Fragestellung befasst sich das Tauschgutachten des BFH nicht. Die Grundsätze des Tauschgutachtens könnten allenfalls insoweit in Betracht zu ziehen sein, als der Kläger Anteile an dieser Kapitalgesellschaft auf seine Ehefrau und diese wiederum von ihr gehaltene Anteile an dieser Gesellschaft an den Betriebsnachfolger übertragen hat, wenn die Beteiligten hierdurch das Ziel erreichen wollten, dem Sohn die an die Klägerin übertragenen Anteile des Klägers zu verschaffen, welche dieser dann gegen die eigenen Anteile der Klägerin eintauscht. Vom Vorliegen eines solchen Sachverhalts ist das FG jedoch nicht ausgegangen.
2. Die Kläger haben auch nicht in ausreichender Weise dargelegt, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Wird dieser Zulassungsgrund geltend gemacht, dann ist ausführlich darzustellen, inwiefern die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Insbesondere ist auszuführen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und strittig ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Betrifft die Rechtsfrage ausgelaufenes Recht, dann ist überdies auszuführen, dass weiterhin ein Klärungsbedarf besteht (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 35).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. In ihr wird lediglich behauptet, das Tauschgutachten sei sinngemäß auch dann anzuwenden, wenn zwar kein Tausch vorliege, aber die vom Kläger ursprünglich gehaltene Beteiligung an der Betriebskapitalgesellschaft und die vom Sohn zuletzt gehaltene Beteiligung an dieser Kapitalgesellschaft art-, wert- und funktionsgleich seien. Ob diese Auffassung auch in der Rechtsprechung und/oder der Literatur vertreten wird, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Die Kläger berücksichtigen zudem auch nicht, dass die Grundsätze des Tauschgutachtens zwar noch im Streitjahr 1994 zur Anwendung kommen können. Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hat der Gesetzgeber jedoch in § 6 Abs. 6 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes mit Wirkung ab dem Jahr 1999 angeordnet, dass der Tausch von im Betriebsvermögen gehaltenen Einzelwirtschaftsgütern zur Aufdeckung der stillen Reserven führt. In der Gesetzesbegründung ist ausdrücklich ausgeführt, dass das Tauschgutachten nicht mehr anzuwenden ist (Schmidt/Glanegger, EStG, 24. Aufl., § 6 Rz 540 mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung). Die Grundsätze des Tauschgutachtens betreffen mithin ausgelaufenes Recht.
Soweit die Kläger mit ihrer Beschwerde auch geltend machen wollen, es bedürfe der grundsätzlichen Klärung, dass eine zur Aufdeckung der stillen Reserven führende Entnahme nur vorliege, wenn eine solche vom Entnehmenden gewollt sei, ist die grundsätzliche Bedeutung nicht ausreichend dargelegt. Sie setzen sich insbesondere auch nicht damit auseinander, dass nach der Rechtsprechung eine Entnahme regelmäßig eine Entnahmehandlung voraussetzt, die von einem Entnahmewillen getragen wird (, BFH/NV 2003, 895). Hat ein Steuerpflichtiger bewusst eine Handlung vorgenommen, durch welche die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zu seinem Betriebsvermögen gelöst worden ist, dann entfallen die Wirkungen einer damit verbundenen Aufdeckung der stillen Reserven aber nicht deshalb, weil sich der Steuerpflichtige über diese Wirkungen nicht bewusst gewesen ist (, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160; Schmidt/ Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 418).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1651 Nr. 9
EAAAB-89760