OFD Hannover - S 7340 - 152 - StH 442

Auswirkungen der Insolvenz auf die Umsatzsteuer im Veranlagungsverfahren.

1. Allgemeines

1.1 Anwendung der Insolvenzordnung

Am trat die InsO in Kraft, Art. 110 EGInsO. Sie löst die zuvor geltenden Vorschriften über Konkurs-, Vergleichs- und Gesamtvollstreckungsverfahren ab.

Auf Konkurs-, Vergleichs- und Gesamtvollstreckungsverfahren, die vor dem beantragt worden sind, und deren Wirkungen sind weiter die zuvor geltenden gesetzlichen Vorschriften (Konkurs-, Vergleichs- und Gesamtvollstreckungsordnung) anzuwenden, Art. 103 Satz 1 EGInsO. Gleiches gilt für Anschlusskonkursverfahren, bei denen der dem Verfahren vorausgehende Vergleichsantrag vor dem gestellt worden ist, Art. 103 Satz 2 EGInsO.

Die Entstehung der Steueransprüche wird durch die Vorschriften des Insolvenzrechts nicht beeinflusst, vgl. BFH-Urt. V R 80/82 v. , BStBl 1987 II S. 691. Hierfür bleiben die steuerrechtlichen Bestimmungen weiterhin maßgebend. Auch die Unternehmereigenschaft und die Steuerschuldnerschaft des Insolvenzschuldners bleiben unberührt. Die Geltendmachung der Umsatzsteueransprüche des Finanzamts richtet sich jedoch nach Insolvenzrecht.

1.2. Allgemeinverantwortlichkeit des Amtsprüfers

Für die Bearbeitung der Umsatzsteuer in Insolvenzfällen sind verschiedene Arbeitsbereiche zuständig. Eine ordnungsgemäße Abwicklung der Fälle erfordert die Zusammenarbeit dieser Arbeitsbereiche und einen umfassenden Informationsaustausch.

Ab Bekanntwerden der Antragstellung über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bis zu dessen Beendigung ist der Amtsprüfer für alle umsatzsteuerlichen Belange verantwortlich. Er hat die zutreffende umsatzsteuerliche Bearbeitung des gesamten Insolvenzfalles zu gewährleisten; das gilt auch dann, wenn ein Verfahren mangels Masse nicht eröffnet werden sollte.

Der Amtsprüfer hat insbesondere zu gewährleisten, dass die Umsatzsteuern für alle betroffenen Zeiträume rechtzeitig und in der richtigen Höhe festgesetzt werden. Dies gilt auch für die Bearbeitung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. die Festsetzung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen; insoweit ist eine intensive Zusammenarbeit mit der Anmeldesteuerstelle/UVSt erforderlich, die ggf. auf Anweisung des Amtsprüfers tätig wird.

2. Maßnahmen nach Bekanntwerden des Antrags auf Eröffnung, aber vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

2.1 Offene Steuerfestsetzungen

Wird bekannt, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Unternehmers gestellt worden ist, teilt die Vollstreckungsstelle dies den betroffenen Arbeitsbereichen des Finanzamts mit. Unbearbeitete Umsatzsteuererklärungen und/oder Umsatzsteuer-Voranmeldungen sind vom zuständigen Amtsprüfer bzw. der Anmeldesteuerstelle/UVSt sofort zu bearbeiten. Erforderliche Umsatzsteuerfestsetzungen sollten möglichst vor Eröffnung des Verfahrens wirksam werden (sog. titulierte Forderungen), um die spätere Weiterverfolgung von Widersprüchen (bestrittene Forderungen, § 179 Abs. 2 InsO) zu erleichtern.

2.2 Vorsteuerabzug

Wurde ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, ist zu vermuten, dass der davon betroffene Unternehmer seinen Verbindlichkeiten nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen kann. Liegen Umsatzsteuererklärungen bzw. Umsatzsteuer-Voranmeldungen vor, hat der zuständige Amtsprüfer bzw. die Anmeldesteuerstelle/UVSt deshalb die darin geltend gemachten Vorsteuern besonders kritisch zu überprüfen. Ist davon auszugehen, dass die den Vorsteuern zugrunde liegenden Eingangsrechnungen nicht mehr bezahlt werden, kommt ein Vorsteuerabzug insoweit nicht mehr in Betracht, analoge – vorgezogene – Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

Der Amtsprüfer hat außerdem zu ermitteln, in welcher Höhe sich Vorsteuerrückforderungsansprüche des Finanzamts nach § 17 UStG, vgl. Tz. 5.3.1, für zurückliegende Zeiträume ergeben und ggf. die Anmeldesteuerstelle/UVSt unter Angabe des Rückforderungsbetrags anzuweisen, diesen für den Voranmeldungszeitraum (VAZ) festzusetzen, in dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden ist. Aufwändige Ermittlungen, insbesondere Nachschauen oder Umsatzsteuer-Sonderprüfungen sind zur Ermittlung der Vorsteuerrückforderungen nur in Ausnahmefällen zulässig. Wirkt der Steuerpflichtige oder der ggf. eingesetzte vorläufige Insolvenzverwalter nicht mit, sind die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, siehe Tz. 5.3.1.

2.3 Verwertung von Sicherungsgut

Soweit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Verwertung von Sicherungsgut erfolgte, die nach den Grundsätzen in Abschnitt 2 Abs. 1 UStR 2000 zu einem Doppelumsatz führt, ist zu prüfen, ob die sich daraus ergebende Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger angemeldet worden ist, § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG.

2.4 Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters vor Verfahrenseröffnung

Hat das Insolvenzgericht vor Eröffnung des Verfahrens zur Sicherung der Masse einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, gilt Folgendes:

2.4.1 Qualifizierter vorläufiger Insolvenzverwalter mit allgemeinem Verfügungsverbot

Wurde nach § 22 Abs. 1 InsO ein allgemeines Verfügungsverbot verhängt, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bezüglich des Schuldnervermögens auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über, sog. qualifizierter vorläufiger Insolvenzverwalter, auch starker vorläufiger Insolvenzverwalter genannt. Er hat damit die Stellung eines Vermögensverwalters gemäß § 34 Abs. 3 AO. Jeglicher Schriftverkehr (einschließlich der Bekanntgabe von Steuerbescheiden) darf nur mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter geführt werden, AEAO, StEK AO 1977 Vor § 1 Nr. 42 Zu § 122 AO, Tz. 2.9.3 und 2.9.4.

Der qualifizierte vorläufige Insolvenzverwalter hat zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten die Steuererklärungen einschließlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben. Dies gilt auch für rückständige, vom Schuldner nicht abgegebene Erklärungen für Zeiträume vor seiner Bestellung. Der Verwalter hat außerdem aus den ihm zufließenden Einnahmen die Umsatzsteuer auf alle Umsätze zu entrichten, die in der Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung ausgeführt werden.

Für nicht entrichtete Umsatzsteuerbeträge haftet der qualifizierte vorläufige Insolvenzverwalter gemäß §§ 69, 191 Abs. 2 AO.

Aufgrund der Benachrichtigung der Vollstreckungsstelle – Vordruck InsO 60 – ermittelt der Amtsprüfer sofort, welche Steuererklärungen und Anmeldungen für die Zeit bis zur Bestellung des qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters noch nicht vollständig vorliegen. Hierfür hat die Anmeldesteuerstelle/UVSt mitzuteilen, ob noch unbearbeitete Umsatzsteuer-Voranmeldungen vorliegen.

Der Amtsprüfer hat beim qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalter anzufragen, welche Steuererklärungen dieser abgeben wird. Der Eingang der Erklärungen ist zu überwachen. Bei Nichtabgabe der Erklärungen sind die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen; die Ausführungen in Tz. 5.2 gelten insoweit sinngemäß.

Wegen der Vergabe einer neuen Steuernummer für die Zeit ab Bestellung des qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters siehe Tz. 4.3.2.1.

2.4.2 Vorläufiger Insolvenzverwalter ohne allgemeines Verfügungsverbot

Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne dass ein allgemeines Verfügungsverbot ergangen ist, bleibt der Schuldner Adressat der an ihn gerichteten Verwaltungsakte. Für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens siehe Tz. 5.

3. Unternehmereigenschaft, Verwaltungs- und Verfügungsrechte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

3.1 Unternehmereigenschaft

Der Insolvenzschuldner bleibt Unternehmer, vgl. BFH-Urt. V R 196/83 v. , BStBl 1987 II S. 873. Die Insolvenzmasse, zu der auch das während der Dauer des Insolvenzverfahrens neu erworbene Vermögen gehört, § 35 InsO, wird nicht von seinem übrigen Vermögen getrennt. Es gilt der Grundsatz der Einheit des Unternehmens, siehe auch Tz. 4.3.3.

3.2 Verwaltungs- und Verfügungsrecht

Nach Verfahrenseröffnung wird das Verwaltungs- und Verfügungsrecht in Bezug auf die Insolvenzmasse nach § 80 InsO anstelle des Schuldners durch den Insolvenzverwalter ausgeübt. Er hat damit die Stellung eines Vermögensverwalters gemäß § 34 Abs. 3 AO. Deshalb muss der Insolvenzverwalter für den Schuldner die Steuererklärungen einschließlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen – auch für Zeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens – abgeben und Zahlungen nach den gesetzlichen Bestimmungen leisten (siehe auch Tz. 9.1 und 12). Er unterliegt den haftungsrechtlichen Folgen der §§ 69, 191 Abs. 2 AO.

Wegen der Verwaltungs- und Verfügungsrechte des qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters siehe Tz. 2.4.1.

3.3 Eigenverwaltung, §§ 270 ff. InsO

Hat das Insolvenzgericht Eigenverwaltung der Insolvenzmasse durch den Schuldner angeordnet, steht diesem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in Bezug auf die Insolvenzmasse weiterhin zu – allerdings unter der Aufsicht eines sog. Sachwalters.

Bescheide über Ansprüche aus Maßnahmen des Schuldners sind im Fall der Eigenverwaltung, §§ 270 ff. InsO, an den Schuldner zu adressieren, AEAO, StEK AO 1977 Vor § 1 Nr. 42 Zu § 122 AO, Tz. 2.9.6.

3.4 Geltendmachung der Ansprüche des Finanzamts, Schriftverkehr nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Das Finanzamt kann nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens – wie jeder andere Gläubiger – seine offenen, bis zur Verfahrenseröffnung begründeten Ansprüche (Insolvenzforderungen) nur noch nach den Regeln der Insolvenzordnung – also durch Anmeldung zur Insolvenztabelle beim Insolvenzverwalter – geltend machen. Steuerbescheide wegen Insolvenzforderungen dürfen während des Insolvenzverfahrens nicht erlassen werden.

Umsatzsteueransprüche, die erst nach Verfahrenseröffnung durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründet werden (Masseforderungen), sind durch Steuerbescheid, dessen Adressat der Insolvenzverwalter ist, siehe dazu AEAO, StEK AO 1977 Vor § 1 Nr. 42 Zu § 122 AO, Tz. 2.9. geltend zu machen. Wegen der aus Tätigkeiten eines qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters vor Insolvenzeröffnung begründeten Umsatzsteueransprüche, die nach § 55 Abs. 2 InsO mit Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten gelten, siehe Tz. 2.4.1.

Sämtlicher Schriftverkehr mit dem Insolvenzverwalter, einem Gläubiger oder dem Schuldner ist über die Vollstreckungsstelle zu leiten.

3.5. Insolvenzforderungen, § 38 InsO

Insolvenzforderungen sind die bis zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung begründeten Ansprüche gegen den Schuldner. Begründet in diesem Sinne ist eine Umsatzsteuerforderung dann, wenn sich der einzelne Tatbestand nach §§ 1, 14 Abs. 2. Abs. 3, 15a, 17 UStG bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung verwirklicht hat, unbeschadet einer eventuell erst späteren Entstehung des Steueranspruchs nach § 13 UStG.

Insolvenzforderungen werden von der Vollstreckungsstelle zur Insolvenztabelle beim Insolvenzverwalter angemeldet.

Nach der InsO werden alle Insolvenzgläubiger grundsätzlich gleichrangig befriedigt. Ausnahmen gelten für die in § 39 InsO genannten nachrangigen Insolvenzgläubiger, für abweichende Regelungen durch einen Insolvenzplan, §§ 217 ff. InsO, sowie für bestehende Ansprüche auf Aussonderung, §§ 47 f. InsO, und Absonderung, §§ 49 ff. InsO.

3.6 Masseforderungen, §§ 53 bis 55 InsO

Umsatzsteuerforderungen, die sich aus Maßnahmen des Insolvenzverwalters zur Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Masse ergeben, stellen Masseforderungen dar, § 55 Abs. 1 InsO.

Zu den Masseforderungen des Finanzamts gehören im Falle der Eigenverwaltung, §§ 270 ff. InsO, auch Umsatzsteuerforderungen, die durch Handlungen des Schuldners begründet sind. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehören außerdem die durch Maßnahmen/Handlungen eines qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters begründeten Umsatzsteuerforderungen dazu, § 55 Abs. 2 InsO, zB aus der Verwertung von Gegenständen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, siehe auch Tz. 2.4.1.

Masseforderungen sind durch Steuerbescheid, ggf. Haftungsbescheid, gegenüber dem Insolvenzverwalter (bei Eigenverwaltung dem Schuldner) geltend zu machen; wegen der Bekanntgabe siehe AEAO, StEK AO 1977 Vor § 1 Nr. 42 Zu § 122 AO, Tz. 2.9. Da insoweit also das übliche Festsetzungsverfahren stattfindet und Masseforderungen oft vollständig, zumindest aber überwiegend erfüllbar sind, ist ihnen in allen Phasen der Bearbeitung besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

3.7 Neue Tätigkeiten des Schuldners

Häufig übt der Gemeinschuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Einvernehmen mit dem Insolvenzverwalter eine neue Tätigkeit aus, sog. Neuerwerb, § 35 InsO. Die daraus resultierenden Einnahmen fallen grundsätzlich unter das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Verwalters. Umsatzsteueransprüche und -forderungen aus der neuen Betätigung sind deshalb als Masseforderung bzw. -verbindlichkeit gegen bzw. durch den Insolvenzverwalter geltend zu machen.

Das gilt auch für die in der Praxis bekannt gewordenen Fälle, in denen Insolvenzverwalter dem Gemeinschuldner nach Aufnahme einer neuen Tätigkeit gestattet haben, über die Erlöse daraus frei zu verfügen, indem sie auch die Erlöse vorab freigegeben haben.

Die Abgabe zutreffender Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Umsatzsteuererklärungen durch den Insolvenzverwalter ist ggf. zu erzwingen. Erforderlichenfalls sind Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen. Im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren V R 5/04 kann das Verfahren bei Streitigkeiten über die Abgabeverpflichtung des Insolvenzverwalters bis zur Entscheidung des BFH ruhen. Aussetzung der Vollziehung bei Schätzungsbescheiden kommt nur gegen Sicherheitsleistung in Betracht. Im Zweifelsfall ist zu berichten.

Die vorgenannten Grundsätze gelten auch dann, wenn der Gemeinschuldner im Einvernehmen und unter der Verantwortung des Insolvenzverwalters das bisherige Unternehmen fortführt.

Der Vergabe einer besonderen Steuernummer für neue Tätigkeiten des Schuldners bedarf es danach nicht.

4. Maßnahmen der einzelnen Arbeitsbereiche nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

4.1 Koordinierende Tätigkeit der Vollstreckungsstelle

Das Finanzamt erlangt durch Mitteilung des Insolvenzgerichts oder aus der Tageszeitung (öffentliche Bekanntmachung) Kenntnis über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Darüber ist als Erstes die Vollstreckungsstelle zu unterrichten.

Die Vollstreckungsstelle leitet die vorgesehenen Maßnahmen ein.

Die Vollstreckungsstelle unterrichtet ua. mit Vordruck InsO 2 den zuständigen Amtsprüfer sowie mit Vordruck InsO 6 die Anmeldesteuerstelle/UVSt über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Amtsprüfer weist den Insolvenzverwalter mit Vordruck InsO 3 auf seine (zB umsatzsteuerlichen) Pflichten im Besteuerungsverfahren hin, die sich aus der Fortführung des Betriebs oder aus einzelnen Verwertungsmaßnahmen ergeben.

Zur Teilnahme an Prüfungsterminen, § 29 InsO, Gläubigerversammlungen, §§ 74 ff. InsO, und -ausschüssen, § 67 InsO, siehe Vollstreckungskartei – Insolvenzverfahren – Karte 5 Tz. 6.

4.2 Veranlagungsverwaltungsstelle (VVSt.) – Akten- und Karteiführung

4.3 Aufgaben des Amtsprüfers nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

4.3.1 Steuerfestsetzung

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens obliegt die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen und Steuern aus Anlass der Durchführung eines Insolvenzverfahrens vorbehaltlich der Regelungen in Tz. 9 dem zuständigen Amtsprüfer, zu dessen Aufgaben siehe Tz. 1.2.

4.3.2 Einrichtung neuer Speicherkonten

Der Amtsprüfer entscheidet, ob ein weiteres Speicherkonto für die Anmeldung bzw. Festsetzung von Umsatzsteueransprüchen des Finanzamts gegen den qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalter oder den (endgültigen) Insolvenzverwalter einzurichten ist, vgl. Tz. 1.2 des Vordrucks InsO 2.

4.3.2.1 Zweite Steuernummer für Insolvenzverfahren mit qualifiziertem vorläufigem Insolvenzverwalter

Für die Umsatzsteuerforderungen des Finanzamts ist ein weiteres (zweites) Speicherkonto unter einer neuen Steuernummer desselben Steuerbezirks zu eröffnen, wenn feststeht, dass der qualifizierte vorläufige Insolvenzverwalter Umsätze oder Vorsteuerbeträge anzumelden hat. Der Umsatzsteuer-Grundkennbuchstabe zur alten Steuernummer wird auf Anweisung des zuständigen Amtsprüfers mit Wirkung des auf den Tag der Bestellung des qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters folgenden Monatsersten ungültig gesetzt. Für die neue Steuernummer wird mit Beginn des Monats der vorläufigen Insolvenzverwaltung derselbe Grundkennbuchstabe mit derselben Zahlungsweise gültig gesetzt, der schon für die alte Steuernummer galt, siehe auch Tz. 9.1.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist kein weiteres (drittes) Speicherkonto einzurichten. Die durch den Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung begründeten Masseansprüche sind unter der schon erteilten (zweiten) Steuernummer anzumelden bzw. festzusetzen.

4.3.2.2 Zweite Steuernummer für Insolvenzverfahren ohne qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalter

War kein qualifizierter vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ist ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung für die Umsatzsteuerforderungen des Finanzamts ein weiteres (zweites) Speicherkonto unter einer neuen Steuernummer desselben Steuerbezirks zu eröffnen, wenn feststeht, dass der Insolvenzverwalter oder – im Falle der Eigenverwaltung – der Schuldner Umsätze oder Vorsteuerbeträge anzumelden hat. Der Umsatzsteuer-Grundkennbuchstabe zur alten Steuernummer wird auf Anweisung des zuständigen Amtsprüfers mit Wirkung des auf den Tag der Verfahrenseröffnung folgenden Monatsersten ungültig gesetzt. Für die neue Steuernummer wird mit Beginn des Monats der Verfahrenseröffnung derselbe Grundkennbuchstabe mit derselben Zahlungsweise gültig gesetzt, der schon für die alte Steuernummer galt, siehe auch Tz. 9.1.

4.3.2.3 Einrichtung eines besonderen Speicherkontos für Ansprüche des Finanzamts bei der echten Freigabe von Massegegenständen

Veräußert der Schuldner vom Insolvenzverwalter freigegebene Massegegenstände, siehe Tz. 7.4.1, ist zur Anmeldung bzw. Festsetzung der darauf entfallenden Umsatzsteueransprüche ein zusätzliches (ggf. drittes) Speicherkonto mit demselben Grundkennbuchstaben und derselben Zahlungsweise einzurichten.

4.3.3 Einheit des Unternehmens

Alle Speicherkonten, die im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren eingerichtet worden sind (altes Speicherkonto, ggf. weiteres Speicherkonto für Masseansprüche), gehören zum einheitlichen Unternehmen des Schuldners, siehe Tz. 3.1. Die einem zweiten Speicherkonto zuzurechnende Tätigkeit stellt deshalb keine neue berufliche oder gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 4 UStG dar.

Für den Besteuerungszeitraum der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Folgejahre sind zur Bestimmung des Gesamtumsatzes, § 19 Abs. 1 und 3 UStG, und insbesondere für die Ermittlung der Zahlungsweise, § 18 Abs. 1 und 2 UStG, alle Tätigkeiten des Schuldners unter sämtlichen Speicherkonten zur Berechnung eines einheitlichen Gesamtumsatzes und einer einheitlichen Zahllast zusammenzurechnen.

4.3.4 Beispiele für mögliche Speicherkonten

Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
 
Fall 1
Insolvenz
ohne vorläufigem Insolvenz-
verwalter
Fall 2
Insolvenz
mit vorläufigem Insolvenz-
verwalter ohne allgemeine
Verfügungsgewalt
Fall 3
Insolvenz mit vorläufigem,
Insolvenzverwalter mit all-
gemeiner Verfügungsgewalt
 
Insolvenzfreie Vorzeit
 
1. (alte) StNr.:
Umsätze des Stpfl. bis zum
Tag der Verfahrenseröffnung
1. (alte) StNr.:
Umsätze des Stpfl bis zum
Tag der Verfahrenseröffnung
1. (alte) StNr.:
Umsätze des Stpfl. bis zum
Antrag auf Verfahrenser-
öffnung
GKB U ungültig setzen ab:

Antrag auf Eröffnung
des Insolvenzverfah-
rens:
Bestellung eines vor-
läufigem Insolvenz-
verwalters
 
 
2 (neue) StNr.:
GKB U setzen ab:
 
 
 
2.1
Umsätze dem vor-
läufigem Verwalters ab
dessen Bestellung

Eröffnung des Insol-
venzverfahrens
GKB U ungültig setzen ab:
GKB U ungültig setzen ab:
2.2
Umsätze der Messe ab
Verfahrenseröffnung
 
 
2 (neue) StNr.:
GKB U setzen ab:
Umsätze der Messe ab Ver-
fahrenseröffnung
2 (neue) StNr.:
GKB U setzen ab:
Umsätze der Messe ab Ver-
fahrenseröffnung
 
 
 
 
 
 

Aufhebung den Insol-
venzverfahrens
GKB U ungültig setzen ab:
GKB U ungültig setzen ab:
GKB U ungültig setzen ab:
 
 
– Zusammenfassen aber umsatzsteuerlichern Ansprüche unter den ersten (alten) StNr.
 
 
– GKB U zur alten (ersten) StNr. wieder gültig setzen als

5. Aufgaben im Hinblick auf Insolvenzforderungen, wenn kein qualifizierter vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt war

5.1 Anforderung von Steuererklärungen und Masseverzeichnis nach Insolvenzverfahrenseröffnung

Aufgrund der Benachrichtigung der Vollstreckungsstelle – Vordruck InsO 2 – ermittelt der Amtsprüfer sofort, welche Steuererklärungen und Anmeldungen für die Zeit bis zur Insolvenzeröffnung noch nicht vollständig vorliegen. Hierfür hat die Anmeldesteuerstelle/UVSt mitzuteilen, ob noch unbearbeitete Umsatzsteuer-Voranmeldungen vorliegen, vgl. Vordruck InsO 6.

Der Amtsprüfer hat beim Insolvenzverwalter anzufragen, welche Erklärungen er so rechtzeitig einreichen wird, dass die Frist zur Anmeldung zur Insolvenztabelle gewahrt werden kann. Für diese Anfrage ist der Vordruck InsO 3 zu verwenden, durch den gleichzeitig das Masseverzeichnis nach § 151 InsO angefordert wird. Weigert sich der Insolvenzverwalter, das Masseverzeichnis zu übersenden, ist dieses vom Insolvenzgericht (Amtsgericht) anzufordern. Der Eingang der Erklärungen und des Masseverzeichnisses ist zu überwachen. Zu deren Auswertung siehe Tz. 7.1.

5.2 Schätzung der Besteuerungsgrundlagen

Soweit Erklärungen nicht vorliegen oder vom Insolvenzverwalter nicht zugesagt worden sind, müssen Schätzungen für die Zeiträume bis zur Bestellung des qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters bzw. bis zur Verfahrenseröffnung durchgeführt werden. Für die Anmeldung zur Insolvenztabelle sollte grundsätzlich die Jahresumsatzsteuer für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechnet werden, vgl. BFH-Urt. V R 2/81 v. , BStBl 1988 II S. 190.

Zulässig, aber in der Regel wenig zweckmäßig ist auch die Berechnung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen. Sollen ausnahmsweise monatliche bzw. vierteljährliche Vorauszahlungen berechnet werden, hat der Amtsprüfer der Anmeldesteuerstelle/UVSt die Bemessungsgrundlagen hierfür mitzuteilen. Die Berechnung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen wird insbesondere dann erforderlich, wenn wegen Widerrufs der Dauerfristverlängerung die Anrechnung einer entrichteten Sondervorauszahlung vorzunehmen ist, siehe hierzu Tz. 9.2.1.

Bei Bestellung eines qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters sind Steuerfestsetzungen für die Zeit ab dessen Bestellung bis zur Verfahrenseröffnung an diesen zu adressieren und gegen diesen durchzusetzen; diese Umsatzsteuerforderungen werden ab Verfahrenseröffnung zu Masseforderungen des Finanzamts, § 55 Abs. 2 InsO. Nach Eröffnung des Verfahrens ist die Berechnung der übrigen, auf die Zeit vor der Bestellung des qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters entfallenden Umsatzsteuerforderungen des Finanzamts, die als Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle anzumelden sind, dem Insolvenzverwalter (bei Eigenverwaltung dem Schuldner) formlos bekannt zu geben. Das Schreiben ist über die Vollstrekkungsstelle zu leiten, vgl. Tz. 3.4 letzter Absatz.

5.3 Vom Amtsprüfer zu beachtende Besonderheiten

5.3.1 Vorsteuerrückforderungsansprüche zu Gunsten des Finanzamts (§ 17 UStG)

Bei den Schätzungen sind Vorsteuerrückforderungsansprüche des Finanzamts wegen Uneinbringlichkeit der gegen den Schuldner gerichteten Forderungen, § 17 Abs. 1 Nr. 2 iVm. Abs. 2 Nr. 1 UStG, zu berücksichtigen. Liegen keine weiteren Erkenntnisse vor, die die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau oder -Sonderprüfung geboten erscheinen lassen, vgl. insoweit auch Tz. 7.2, ist zur Vereinfachung des Verfahrens anzunehmen, dass der Schuldner die Summe der Vorsteuerbeträge aus den letzten neun Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückzuzahlen hat. Die Vorsteuerrückforderung ist in entsprechender Höhe festzusetzen. Uneinbringlichkeit ist spätestens mit Eröffnung des Verfahrens eingetreten, Abschnitt 223 Abs. 5 Satz 3 UStR 2000. Die Rückforderungsansprüche des Finanzamts sind deshalb – soweit keine besseren Erkenntnisse vorliegen – für den VAZ der Verfahrensseröffnung zur Tabelle anzumelden.

Das gilt bei Bestellung eines qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters für die Zeit ab dessen Bestellung entsprechend. In diesem Fall ist anzunehmen, dass der Schuldner die Vorsteuerbeträge aus den letzten neun Monaten vor Bestellung des qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters zurückzuzahlen hat. Die Vorsteuerrückforderung ist – soweit keine besseren Erkenntnisse vorliegen – für den VAZ der Bestellung des Verwalters festzusetzen.

5.3.2 Verwertung von Sicherungsgut vor Insolvenzeröffnung

Soweit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Verwertung von Sicherungsgut erfolgte, die nach den Grundsätzen in Abschnitt 2 Abs. 1 UStR 2000 zu einem Doppelumsatz führt, ist zu prüfen, ob die sich daraus ergebende Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger angemeldet worden ist, § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG, siehe auch Tz. 2.3.

5.3.3 Aufteilung des Umsatzsteueranspruchs für den laufenden VAZ der Verfahrenseröffnung in Insolvenz- und Masseforderungen

Ist der Insolvenzschuldner monatlich bzw. vierteljährlich zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen verpflichtet, ist der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsanspruch, der für den laufenden VAZ der Verfahrenseröffnung entsteht, wie folgt aufzuteilen:

  • Soweit kein qualifizierter vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt war (siehe Tz. 2.4.1), muss der Teil der Ansprüche, der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet ist, als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden. Hierbei handelt es sich zB um Umsatzsteuer auf Lieferungen und sonstige Leistungen, die bis zum Zeitpunkt der Eröffnung ausgeführt worden sind, sowie um Vorsteueransprüche, bei denen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG vor Verfahrenseröffnung erfüllt waren. Nach Eröffnung des Verfahrens begründete, in den laufenden VAZ der Verfahrenseröffnung fallende Teilansprüche sind als Masseforderungen gegenüber dem Insolvenzverwalter bzw. bei Eigenverwaltung gegenüber dem Schuldner geltend zu machen. Soweit dieser keine Umsatzsteuer-Voranmeldung für diesen VAZ abgegeben hat, ist ein entsprechender Schätzungsbescheid bekannt zu geben, der auf den Teil-VAZ nach der Eröffnung zu beschränken ist.

  • War ein qualifizierter vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, entfällt eine Aufteilung des Umsatzsteueranspruchs für den laufenden VAZ der Verfahrenseröffnung, da dieser in voller Höhe bei der zweiten, ab Bestellung des vorläufigen Verwalters eingerichteten Steuernummer anzumelden ist, siehe Tz. 4.3.2.1. Wegen weiterer umsatzsteuerlicher Fragen zu Insolvenzforderungen siehe auch Tz. 10.2.

6. Feststellungen nach § 251 Abs. 3 AO

Widerspricht der Insolvenzverwalter im Prüfungstermin der Anmeldung der Steuerforderung durch das Finanzamt und soll den Einwendungen nicht oder nur teilweise entsprochen werden, sind die Ansprüche im Anschluss an den Prüfungstermin durch Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 AO festzustellen, soweit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch keine Steuerbescheide vorliegen. Dabei ist darauf zu achten, dass angemeldete und festgestellte Forderungen identisch sind, vgl. BFH-Urt. V R 114/79 v. , BStBl 1987 II S. 471.

7. Aufgaben im Hinblick auf Masseforderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

7.1 Vermerk des Amtsprüfers

Spätestens nach Eingang des Masseverzeichnisses, siehe Tz. 5.1, fertigt der Amtsprüfer unter Beiziehung der Steuerakten formlos einen Vermerk über die zu erwartenden Umsätze aus der Verwertung der Insolvenzmasse. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere die in Tz. 7.3 ff. genannten Tätigkeiten des Insolvenzverwalters zu Umsatzsteuerforderungen führen können, die als Massekosten aus der Insolvenzmasse zu entrichten sind. Der Vermerk schließt mit einem Vorschlag, ob wegen des Umfangs des vermuteten Insolvenzvermögens eine Umsatzsteuer-Nachschau oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung geboten ist.

Je ein Abdruck des Vermerks ist zu den Vorgängen der beiden Steuernummern zu nehmen. Soweit im Voranmeldungsverfahren steuerpflichtige Umsätze aus Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters zu erwarten sind, ist ein weiterer Abdruck des Vermerks der Anmeldesteuerstelle/UVSt für die Steuernummer nach Insolvenzeröffnung zuzuleiten.

7.2 Anregung einer Umsatzsteuer-Nachschau oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung

Ergibt sich aus dem Masseverzeichnis bzw. den Steuerakten, dass möglicherweise mit erheblichen Masseumsätzen durch den Insolvenzverwalter zu rechnen ist, oder werden vom Insolvenzverwalter Umsatzsteuer-Berichtigungen für Umsätze aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 17 UStG geltend gemacht, Tz. 9.3, deren Umfang vom Amtsprüfer nicht hinreichend bestimmt werden kann, ist im Einvernehmen mit dem Bp-Sachgebietsleiter zu prüfen, ob eine Umsatzsteuer-Nachschau oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung zweckmäßig ist. In diesem Fall ist ein Abdruck des Vermerks zu Tz. 7.1 der Bp 6b – Meldung beizufügen.

Zur Feststellung der sich aus § 17 UStG ergebenden Rückforderungsansprüche des Finanzamts ist eine Umsatzsteuer-Nachschau oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung nur in Ausnahmefällen geboten, zB wenn mit einer nennenswerten Quote zu rechnen ist. Im Übrigen sind die erforderlichen Feststellungen insoweit durch den Amtsprüfer (möglichst im Einvernehmen mit dem Insolvenzverwalter) zu treffen, ggf. ist der Rückforderungsbetrag zu schätzen, vgl. Tz. 5.3.1.

7.3. Verwertung beweglicher Gegenstände während des Insolvenzverfahrens

Die nach Verfahrenseröffnung aus der Verwertung beweglicher Gegenstände durch den Insolvenzverwalter resultierenden Umsatzsteueransprüche gehören zu den Massekosten. Die Veräußerung von zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenständen ist auch dann als Verwertung für Rechnung der Insolvenzmasse zu beurteilen, wenn die Lieferung vom Gemeinschuldner durchgeführt worden ist, nachdem er vom Insolvenzverwalter hierzu ermächtigt worden war, Voraussetzung hierfür ist, dass der Verwertungserlös ganz oder teilweise der Insolvenzmasse zugute kommt.

7.4. Freigabe von Gegenständen aus der Insolvenzmasse

Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Ein Gegenstand verliert seine Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse, wenn er durch den Insolvenzverwalter freigegeben wird, er fällt damit in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners.

7.4.1 Echte Freigabe

Der Insolvenzverwalter ist nach § 80 Abs. 1 InsO berechtigt, Massegegenstände freizugeben, wenn dies dem Insolvenzverfahren letztlich dient, zB wenn die Kosten der Verwaltung und Verwertung den voraussichtlichen Verwertungserlös übersteigen würden (echte Freigabe).

Bei der echten Freigabe verliert der Gegenstand seine Eigenschaft als Massegegenstand und wird insolvenzfreies Vermögen des Schuldners. Aus der Veräußerung derartiger Gegenstände resultierende Umsatzsteueransprüche sind gegen den Steuerpflichtigen geltend zu machen. Für diese Fälle ist ein weiteres (drittes) Speicherkonto einzurichten, vgl. Tz. 4.3.2.3.

7.4.2 Unechte Freigabe

Gibt der Insolvenzverwalter massefreie Gegenstände frei (zB bei der Aussonderung, bei der der Aussonderungsberechtigte einen Herausgabeanspruch hat), erkennt er damit nur eine bereits bestehende Rechtslage an. Die Freigabe hat insoweit nur deklaratorische Wirkung (unechte Freigabe). Umsätze der Masse ergeben sich insoweit nicht.

7.4.3 Erkaufte oder modifizierte Freigabe

Der Insolvenzverwalter kann einen Gegenstand an den Schuldner freigeben und verlangen, dass ein Teil des Erlöses oder der gesamte Erlös an die Masse zu zahlen ist (erkaufte oder modifizierte Freigabe). In derartigen Fällen wird der Gegenstand nicht aus der Masse gelöst, wenn der Verwertungserlös ganz oder teilweise der Insolvenzmasse zugute kommt. Umsatzsteueransprüche aus der Verwertung sind als Masseansprüche gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen.

7.5 Verwertung von Sicherungsgut

7.5.1 Umsatz der Masse zuzurechnen

Ein der Masse zuzurechnender Umsatz liegt auch dann vor, wenn es sich um Sicherungsübereignete Gegenstände handelt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Verwertung durch den Insolvenzverwalter oder durch den Sicherungsnehmer erfolgt, vgl. BFH-Urt. V R 57/79 v. , BStBl 1987 II S. 741, und V R 196/83 v. , BStBl 1987 II S. 873. Die Freigabevereinbarung selbst stellt noch keine Lieferung an den Sicherungsnehmer dar, vgl. BFH-Urt. V R 114/91 v. , BStBl 1994 II S. 878, insbesondere wenn diese Vereinbarung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen wurde. Die Steuerschuld geht nicht auf den Leistungsempfänger über, da § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG nur für Umsätze außerhalb des Insolvenzverfahrens gilt.

7.5.2 Entgelt, Behandlung der Feststellungs- und Verwertungspauschale gemäß §§ 166, 170 und 171 InsO

Das umsatzsteuerliche Entgelt bei der Verwertung von Sicherungsgut bestimmt sich nach den Aufwendungen des Erwerbers abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer, § 10 Abs. 1 UStG. Bei Verwertung durch den Sicherungsnehmer ist zu beachten, dass dieser als absonderungsberechtigter Gläubiger im Sinne des § 51 Nr. 1 InsO verpflichtet ist, vom erzielten Verwertungserlös die Kosten der Feststellung sowie den die Masse belastenden Umsatzsteuerbetrag an die Masse abzuführen, § 170 Abs. 2 InsO iVm. § 166 InsO. Die abgeführten Beträge mindern – wie die in Abschnitt 3 Abs. 3 UStR 2000 genannten Kosten der Beitreibung – weder das umsatzsteuerliche Entgelt des Sicherungsgebers noch das des Sicherungsnehmers.

Die vom Insolvenzverwalter entnommenen Festsetzungs- und Verwertungspauschalen nach § 171 Abs. 1 und 2 InsO in Höhe von 4 bzw. 5 vH des Verwertungserlöses unterliegen beim Insolvenzverwalter nicht der Umsatzsteuer, da er diese Beträge nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches als Entgelte für erbrachte Leistungen vereinnahmt.

7.6 Veräußerung von Grundbesitz

Unter das Grunderwerbsteuergesetz fallende Veräußerungen von Grundbesitz sind nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Auf diese Befreiung kann der Steuerpflichtige durch Option nach § 9 Abs. 1 UStG verzichten. Bei nach dem ausgeführten Umsätzen ist die Option zwingend im notariell zu beurkundenden Vertrag, § 311b Abs. 1 BGB, oder einer notariell zu beurkundenden Vertragsergänzung oder -änderung zu erklären, § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG 2004, siehe Tz. 4 des BMF-Schreibens IV D 1 – S 7279 – 107/04 v. , BStBl 2004 I S. 453 = StEK UStG 1980 § 13b Nr. 7. Zur Übergangsregelung für bis zum abgeschlossene Verträge siehe Tz. 25 des aaO.

7.6.1 Steuerpflichtige Veräußerung (unter Option zur Umsatzsteuer, §§ 4 Nr. 9a, 9 UStG)
– Umsätze bis zum :

Die auf die Lieferung entfallende Umsatzsteuer gehört auch dann zu den Massekosten, wenn der Grundstückserwerber den Kaufpreis durch Übernahme von Schuldverpflichtungen (Hypotheken/Grundschulden) entrichtet und deswegen der Insolvenzmasse aus diesem Vorgang keine Zahlungsmittel zur Begleichung der Umsatzsteuerschuld zufließen. Entrichtet der Insolvenzverwalter die Umsatzsteuer nicht, haftet er nach § 69 AO, FG Münster, Urt. 13 K 6469/94 U v. , UR 1997, 394, und FG Düsseldorf, Urt. 2 K 4312/99 H v. , EFG 2001, 399 – Revision ist anhängig – VII R 42/01.

– Umsätze nach dem :

Für nach dem ausgeführte steuerpflichtige Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, gilt gemäß § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers, siehe Tz. 1 des BMF-Schreibens IV D 1 – S 7279 – 107/04 v. , BStBl 2004 I S. 453 = StEK UStG 1980 § 13b Nr. 7; Umsätze der Masse ergeben sich insoweit nicht. Bei zwischen dem und dem ausgeführten Umsätzen ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner noch von der Steuerschuld des leistenden Unternehmers ausgegangen sind, wegen der Einzelheiten siehe Tz. 26 des aaO.

7.6.2 Steuerfreie Veräußerung

Es ist zu prüfen, ob sich Umsatzsteueransprüche nach § 15a UStG ergeben. Derartige Ansprüche sind ggf. durch Addition der Gebäudeinvestitionen in den letzten Jahren zu schätzen. Zu ihrer rechtlichen Einordnung als Massekosten vgl. BFH-Urt. V R 23/80 v. , BStBl 1987 II S. 527.

7.6.3 Veräußerung durch den Schuldner

Zur Frage, ob Grundstücksverkäufe durch den Schuldner, die dieser nach Freigabe durch den Insolvenzverwalter durchführt, der Insolvenzmasse oder dem insolvenzfreien Bereich zuzuordnen sind, siehe Tz. 7.41 Zur Frage der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (Käufers) siehe Tz. 7.6.1.

7.7 Vollendung teilfertiger Arbeiten

– Umsätze bis zum :

Wird über das Vermögen eines Werkunternehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, bevor das zu errichtende Gebäude fertig gestellt und übergeben werden konnte, entsteht die Umsatzsteuer für die gesamte Werklieferung als Masseschuld, wenn der Insolvenzverwalter das Werk fertig stellt und die Verschaffung der Verfügungsmacht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt, vgl. BFH-Urt. V R 128/76 v. , BStBl 1978 II S. 483, sowie Abschnitt 28 Abs. 2 UStR 2000. Vor Verfahrenseröffnung entstandene Umsatzsteuerforderungen, die sich aus vom Schuldner vereinnahmten Abschlagszahlungen ergeben haben (Mindest-Istversteuerung, § 13 Abs. 1 Nr. 1a Satz 4 UStG), bleiben hiervon unberührt.

Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Werkvertrags ab, entsteht ein neuer Leistungsgegenstand, der im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geliefert wird, vgl. Abschnitt 178 Nr. 1 Satz 6 bis 9 UStR 2000. Die darauf entfallende Umsatzsteuer ist als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden, soweit kein qualifizierter vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt war.

– Umsätze nach dem :

Für nach dem ausgeführte Bauleistungen im Sinne des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG gilt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers, siehe Tz. 6 des BMF-Schreibens IV D 1 – S 7279 – 107/04 v. , BStBl 2004 I S. 453 = StEK UStG 1980 § 13b Nr. 7. Umsätze der Masse ergeben sich insoweit nicht. Bei zwischen dem und dem ausgeführten Umsätzen ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner noch von der Steuerschuld des leistenden Unternehmers ausgegangen sind, wegen der Einzelheiten siehe Tz. 26 des aaO.

8. Teilnahme am Prüfungstermin, § 29 Abs. 1 Nr. 2 InsO

Siehe Vollstreckungskartei – Insolvenzverfahren – Karte 5 Tz. 6. Im Übrigen sollte das Finanzamt auch dann am Prüfungstermin teilnehmen, wenn im Hinblick auf absehbare Verwertungsmaßnahmen damit zu rechnen ist, dass sich erhebliche Umsatzsteuerforderungen ergeben werden.

9. Bearbeitung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen (Anmeldesteuerstelle/UVSt)

9.1 Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen

9.1.1 Allgemeines

Der Umsatzsteuer-Grundkennbuchstabe kann erst ungültig gesetzt werden, wenn die Unternehmereigenschaft des Schuldners erloschen ist. Bis dahin besteht die Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen fort. Aufgrund seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse hat ab Verfahrenseröffnung der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners unter der ihm erteilten zweiten Steuernummer die Verpflichtungen zur Abgabe der umsatzsteuerlichen Erklärungen und zur Entrichtung der Umsatzsteuerzahlungen zu erfüllen. Dies gilt auch für unter der alten Steuernummer abzuwickelnde VAZ vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, vgl. Tz. 3.2 und 12.

Der für die Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen unter der neuen Steuernummer maßgebliche VAZ bestimmt sich gemäß § 18 Abs. 1 und 2 UStG nach der Höhe der Umsatzsteuer des Schuldners im Vorjahr. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Laufe eines Kalenderjahres gilt für die Zeit ab Insolvenzeröffnung unverändert die bisherige Zahlungsweise weiter. Das gilt bei Bestellung eines qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters, vgl. Tz. 2.4.1, für die Zeit ab dessen Bestellung sinngemäß, vgl. Tz. 4.3.2.1.

9.1.2 Vereinfachungsregelung, Verzicht auf die Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen

Ist zu erwarten, dass im Laufe des Insolvenzverfahrens nicht für jeden VAZ umsatzsteuerliche Besteuerungsgrundlagen anzumelden sind, kann folgende Vereinfachungsregelung angewendet werden:

Die Überwachung des Eingangs der Umsatzsteuer-Voranmeldungen wird ausgesetzt, wenn der Insolvenzverwalter schriftlich versichert, dass er der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldung unaufgefordert nachkommen wird, sobald sich für einen einzelnen VAZ anmeldungspflichtige Besteuerungsgrundlagen ergeben. Für die übrigen VAZ wird auf die Abgabe von Voranmeldungen über 0 € verzichtet.

9.2 Dauerfristverlängerung

9.2.1 Widerruf

Eine gewährte Dauerfristverlängerung ist gemäß § 46 Satz 2 UStDV zu widerrufen, wenn der Steueranspruch gefährdet erscheint. In Insolvenzfällen ist eine solche Gefährdung bereits dann gegeben, wenn dem Finanzamt bekannt wird, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden ist.

Beispiel 1:

Dem Finanzamt wird bekannt, dass U am Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Das Insolvenzverfahren wird am eröffnet.

Das Finanzamt hat die Dauerfristverlängerung noch im September mit Wirkung ab VAZ 9/03 zu widerrufen.

Die Sondervorauszahlung ist in der letzten Voranmeldung anzurechnen, für die die Dauerfristverlängerung gilt (hier: VAZ 8/03). Die Vorauszahlung für 8/03 ist ggf. unter Anrechnung der Sondervorauszahlung im Wege der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen festzusetzen.

Dabei ist zu beachten, dass die Anrechnung nicht Teil des Steuerfestsetzungsverfahrens, sondern Teil des Erhebungsverfahrens ist, BFH-Urt. V R 21/02 v. , BStBl 2003 II S. 134. Die Anrechnung ist ein eigenständiger Verwaltungsakt im Sinne von § 118 AO. Im Streitfall – zB wenn der Steuerpflichtige mit der Anrechnungsverfügung nicht einverstanden ist – wird durch Abrechnungsbescheid § 218 Abs. 2 AO, entschieden.

Soweit die Sondervorauszahlung durch die Anrechnung beim VAZ 8/03 noch nicht verbraucht ist, ist sie auf die restliche noch offene Jahressteuer anzurechnen. Ist sie auch dann noch nicht verbraucht, hat der Unternehmer insoweit einen Erstattungsanspruch, BFH-Urt. V R 21/02 v. , BStBl 2003 II S. 134, gegen den das Finanzamt mit anderen fälligen Steuerverbindlichkeiten aufrechnen kann.

Wenn die Dauerfristverlängerung mangels Kenntnis der Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bereits widerrufen worden ist, hat der Widerruf spätestens bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erfolgen.

Beispiel 2:

Dem Finanzamt wird am bekannt, dass über das Vermögen des A am das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Die Dauerfristverlängerung ist noch im November mit Wirkung ab VAZ 11/03 zu widerrufen. Die Sondervorauszahlung ist in der letzten Voranmeldung vorzunehmen, für die die Dauerfristverlängerung gilt (hier: VAZ 10/03). Die Vorauszahlung für 10/03 ist ggf. unter Anrechnung der Sondervorauszahlung im Wege der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu berechnen und zur Insolvenztabelle anzumelden. Im Übrigen gilt das zu Beispiel 1 Gesagte.

Wurde die Dauerfristverlängerung im Kalenderjahr der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht widerrufen, ist die Sondervorauszahlung bei der Vorauszahlung für den letzten VAZ (also Dezember) anzurechnen. Auch insoweit ist zu beachten, dass trotz Anrechnung noch nicht verbrauchte Sondervorauszahlungsteilbeträge zunächst auf die restliche noch offene Jahressteuer anzurechnen sind. Das gilt sowohl für die Umsatzsteuer als Insolvenzforderung als auch als Masseforderung. Erst wenn die Sondervorauszahlung auch dann noch nicht verbraucht ist, hat der Unternehmer insoweit einen Erstattungsanspruch, der dann in die Insolvenzmasse fällt, vgl. BFH-Urt. V R 56/01 v. , BFH/NV 2002, 1403.

9.2.2 Dauerfristverlängerung während des laufenden Insolvenzverfahrens

Dem Insolvenzverwalter kann für nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzugebende Umsatzsteuer-Voranmeldungen grundsätzlich keine Dauerfristverlängerung gewährt werden, da der Umsatzsteueranspruch wegen des laufenden Insolvenzverfahrens im Sinne von § 46 Satz 2 UStDV gefährdet ist. Etwas anderes gilt, wenn sichergestellt ist, dass die Masseansprüche des Finanzamts rechtzeitig und vollständig entrichtet werden. Das ist zB bei vom Insolvenzverwalter fortgeführten Betrieben der Fall, wenn der Verwalter seinen sich aus § 18 Abs. 1 und 2 UStG ergebenden Anmeldungs- und Zahlungsverpflichtungen ordnungsgemäß nachkommt. Ebenso wie für die Frage, ob der Insolvenzverwalter Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich oder vierteljährlich abzugeben hat, ist auch wegen der Höhe der Sondervorauszahlung auf die Zahllast (des Schuldners) im Vorjahr abzustellen, vgl. Tz. 4.3.3.

9.2.3 Dauerfristverlängerung nach Bestellung eines qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters

Das zu Tz. 9.2.2 Gesagte gilt bei Bestellung eines qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters, vgl. Tz. 2.4.1, für die Zeit ab dessen Bestellung sinngemäß, vgl. Tz. 4.3.2.1.

9.3 Entgeltsberichtigungen

Entgelte für vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführte Leistungen des späteren Schuldners, die sich im Laufe des Insolvenzverfahrens als uneinbringlich erweisen, können zur Berichtigung der Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG führen. Ergibt sich für den betreffenden VAZ ein Umsatzsteuererstattungsanspruch der Masse, kann das Finanzamt dagegen mit Insolvenzforderungen aufrechnen. Das Aufrechnungsverbot des § 96 Nr. 1 InsO steht dem nicht entgegen. Es liegt daher ein Fall des § 95 Abs. 1 InsO vor, vgl. BFH-Urt. VII R 11/84 v. , UR 1988,51.

Um Aufrechnungen des Finanzamts zu umgehen, machen Insolvenzverwalter Berichtigungsbeträge nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG mitunter in VAZ geltend, in denen sich wegen Saldierung mit Umsatzsteuer aus anderen Handlungen des Insolvenzverwalters, siehe Tz. 7.3 ff., kein aufrechnungsfähiger Anspruch ergibt. Insoweit ist sorgfältig zu prüfen, ob die Berichtigungsbeträge zeitlich zutreffend angemeldet worden sind oder ob sie nicht einem anderen VAZ zuzuordnen sind, für den eine Aufrechnungsmöglichkeit des Finanzamts besteht. Ggf. ist eine Umsatzsteuer-Nachschau oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchzuführen.

9.4. In laufenden Insolvenzverfahren geltend gemachte Vorsteuerbeträge

Werden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einzelnen Umsatzsteuer-Voranmeldungen bei Kennzahl 66 des Voranmeldungsvordrucks Vorsteuerbeträge von mehr als 500 € geltend gemacht, ist deren Rechtmäßigkeit – sofern nicht ohnehin eine Umsatzsteuer-Nachschau oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung stattfindet – grundsätzlich durch Rückfrage beim Insolvenzverwalter (bei Eigenverwaltung: beim Schuldner) zu überprüfen. Etwas anderes gilt, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortführt und sich daraus übliche Vorsteuerbeträge ergeben.

Der Vorsteuerabzug setzt in jedem Fall voraus, dass die zugrunde liegenden Rechnungen auf den Namen des Schuldners lauten. Rechnungen, die an den Insolvenzverwalter gerichtet sind, berechtigen beim Schuldner nur zum Vorsteuerabzug, wenn aus dem übrigen Inhalt der Rechnung oder aus anderen Unterlagen, auf die in der Rechnung hingewiesen wird, § 31 Abs. 1 UStDV, eindeutig hervorgeht, dass über Leistungen an den Schuldner abgerechnet wird, Abschnitt 192 Abs. 17 UStR 2000. Jedwede Verwechslung muss im Hinblick auf die Beweismittelfunktion der Rechnung ausgeschlossen sein.

Um ungeprüfte Erstattungen zu verhindern, sollte in Insolvenzfällen zur zweiten Steuernummer grundsätzlich der Ausschluss der allgemeinen Zustimmung personell gespeichert werden.

Ergibt sich aus vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezogenen Leistungen für einen Voranmeldungszeitraum nach Verfahrenseröffnung ein Überschuss zugunsten des Insolvenzverwalters, weil die notwendige Rechnung erst nach Verfahrenseröffnung ergangen ist, kann das Finanzamt gegen diesen Erstattungsanspruch der Masse mit vor Verfahrenseröffnung entstandenen Insolvenzforderungen aufrechnen, denn der Vorsteueranspruch ist vor Verfahrenseröffnung begründet. Entscheidend ist insoweit, dass der Vorsteueranspruch auf einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachten Leistung des Rechnungsausstellers beruht.

9.5 Vorsteuerabzug aus Rechnungen des Insolvenzverwalters

9.5.1 Rechnung des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, wegen seiner Tätigkeit dem Schuldner eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis zu erteilen, vgl. BFH-Urt. V R 16/81 v. , BStBl 1986 II S. 579. Den Vorsteuerabzug zugunsten der Masse darf er nur dann geltend machen, wenn das Insolvenzverfahren noch nicht gemäß § 200 InsO aufgehoben oder wenn gemäß § 203 InsO eine Nachtragsverteilung angeordnet worden ist, vgl. insoweit Tz. 13. Rechnet der Insolvenzverwalter seine Vergütung verspätet, dh. nach Aufhebung des Verfahrens ohne Nachtragsverteilung, ab, fällt der Erstattungsanspruch in den Verfügungsbereich des Schuldners und dieser ist gegenüber dem Finanzamt anspruchsberechtigt, vgl. Tz. 12. Der Anspruch des Schuldners kann allerdings im Wege der Aufrechnung mit Forderungen des Finanzamts (auch aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung) ausgeglichen werden. Das Gleiche gilt bei Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, § 207 InsO, denn insoweit kommt eine Nachtragsverteilung nach § 211 Abs. 3 InsO nicht in Betracht.

Der Vorsteuerabzug aus einer Rechnung des Insolvenzverwalters ist nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, soweit dessen Leistung der Ausführung steuerfreier Umsätze dient.

Rechnet der Insolvenzverwalter über Tätigkeiten ab, die sich auf die Privatsphäre des Schuldners beziehen (zB Verwertung privater Vermögensgegenstände), ist der Vorsteuerabzug insoweit gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ausgeschlossen, da keine Leistung für das Unternehmen vorliegt. Die abzugsfähige Vorsteuer ist in derartigen Fällen wie folgt zu ermitteln, wenn eine eindeutige Zuordnung zum privaten oder unternehmerischen Bereich nicht möglich ist:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
Tätigkeit des Insol-
venzverwalters:
Ermittlung abzugsfähi-
ger Vorsteuern:
1.
Verwertung unterneh-
merischer und privater
Gegenstände
Nach dem Verhältnis
der Umsätze aus Ver-
wertung unternehmeri-
scher Gegenstände zu
den Umsätzen aus Ver-
wertung privater Ge-
genstände
2.
Abwicklung unterneh-
merischer und privater
Verbindlichkeiten
Nach dem Verhältnis
der unternehmerischen
zu den privaten Ver-
bindlichkeiten
3.
Sowohl Verwertung
von Gegenständen (1.)
als auch Abwicklung
von Verbindlichkeiten
(2.)
Zuordnung zu 1. und 2.
nach Arbeitsaufwand
des Verwalters (ggf.
geschätzt), dann Auf-
teilung nach og. Maß-
stäben (zu 1. und 2.)

9.5.2 Rechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters

Für die Rechnung des vorläufigen Insolvenzverwalters ohne allgemeines Verfügungsverbot gilt das zu Tz. 9.5.1 Gesagte entsprechend. Gegen einen sich insoweit ergebenden Erstattungsanspruch der Masse kann das Finanzamt mit vor Verfahrenseröffnung entstandenen Insolvenzforderungen aufrechnen, siehe Tz. 9.4 letzter Absatz. Entscheidend ist insoweit, dass der Vorsteueranspruch auf der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachten Leistung des vorläufigen Insolvenzverwalters beruht. Das Aufrechnungsverbot des § 55 Abs. 2 InsO ist insoweit unbeachtlich, da es nur für Verbindlichkeiten der Masse gilt.

Für Rechnungen eines qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters gilt das Gleiche.

9.6 Rücklieferung von Vorbehaltsware

Hat der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gegenstände unter Eigentumsvorbehalt bezogen, wird von Insolvenzverwaltern häufig ein Vorsteuerabzug geltend gemacht, weil die Vorbehaltsware an den damaligen Lieferanten zurückgeliefert und nach Insolvenzeröffnung neu erworben sein soll. In derartigen Fällen ist zu prüfen, ob die für eine (erneute) Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs erforderliche Rückübertragung der Verfügungsmacht auf den Vorbehaltsverkäufer tatsächlich erfolgt ist. Ein (neuerlicher) Vorsteuerabzug zugunsten der Insolvenzmasse entsteht nur, wenn die Verfügungsmacht an den Gegenständen auf den Vorbehaltslieferanten zurückübertragen und der Insolvenzmasse erneut verschafft worden ist. Dabei sind der tatsächliche Ablauf und die tatsächlich vollzogenen Vereinbarungen maßgebend. Für die Annahme einer Rücklieferung bedarf es der körperlichen Aussonderung der unter Vorbehalt gelieferten Gegenstände; die Anerkennung eines Aussonderungsrechts allein reicht insoweit nicht aus, vgl. BFH-Urt. XI R 89/92 v. , BFH/NV 1995, 74 = UR 1995, 488 m. Anm. Weiß.

10. Mitwirkung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung/Durchführung einer Umsatsteuer-Nachschau

10.1 Allgemeines

Nach Abschnitt 232 Abs. 2 Nr. 10 UStR 2000 ist in Insolvenzfällen zu prüfen, ob eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchzuführen ist. Diese Weisung ist nicht schematisch anzuwenden. Umsatzsteuer-Sonderprüfungen sind auf lohnende Fälle zu beschränken. Eine Prüfung ist nicht angezeigt, wenn nur Feststellungen zur Höhe der Insolvenzforderungen zu erwarten sind, die nicht befriedigt werden können, siehe auch Tz. 7.2.

Soll wegen der steuerlichen Bedeutung eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchgeführt werden, so ist diese ggf. mit zwei getrennten Prüfungsanordnungen in zwei Einzelprüfungen vorzunehmen. Im Übrigen kann auch die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau ausreichend sein.

10.2 Prüfungsabschnitt 1

Dieser Prüfungsabschnitt behandelt die Verhältnisse bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Er betrifft die alte Steuernummer und die Steueransprüche, die als Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle anzumelden oder gemäß § 13b UStG vom Leistungsempfänger zu erheben sind. Ist ein qualifizierter vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, vgl. Tz. 2.4.1, ist auch für diesen unter der ihm erteilten neuen Steuernummer, siehe Tz. 4.3.2.1, eine Prüfung durchzuführen, um festzustellen, ob er die von ihm vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführten Umsätze pflichtgemäß angemeldet und versteuert hat.

Prüfungsabschnitt 1 sollte nach Möglichkeit vor dem Prüfungstermin, § 29 Abs. 1 Nr. 2 InsO, abgeschlossen werden, damit die Ergebnisse durch entsprechende Anmeldungen zur Insolvenztabelle berücksichtigt werden können.

10.2.1 Insolvenzforderungen

Umsatzsteuer aus Handlungen des Schuldners vor Verfahrenseröffnung ist grundsätzlich als Insolvenzforderung geltend zu machen. vgl. Tz. 3.4 und 3.5 sowie das BFH-Urt. VII R 184/83 v. , BStBl 1986 II S. 586. Wegen der Frage, ob diese Steuer tatsächlich vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet ist oder ob nicht vielmehr Masseforderungen, vgl. Tz. 3.6. auslösende, nach Eröffnung des Verfahrens begründete Ansprüche vorliegen, muss – insbesondere bei der Lieferung von Sicherungsgut, siehe Tz. 7.5 – der genaue Zeitpunkt der jeweiligen Leistung festgestellt werden.

10.2.2 Vorsteuerrückforderungsansprüche des Finanzamts

Müssen Rückforderungsansprüche nach § 17 UStG ausnahmsweise durch Umsatzsteuer-Nachschau oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung festgestellt werden, siehe Tz. 7.2, ist diese gestrafft abzuwickeln, siehe auch Tz. 2.2 und 5.3.1. Diese Ansprüche gehören zu den Insolvenzforderungen, und zwar auch in dem Fall, in dem Vorbehaltsware zurückgegeben wird, vgl. BFH-Urt. V R 59/79 v. , BStBl 1987 II S. 226.

Wird eine dem Schuldner vor Insolvenzeröffnung erteilte Rechnung während des Insolvenzverfahrens durch eine Rechnung ohne offenen Umsatzsteuerausweis berichtigt, ist sein Vorsteuerabzug – soweit nicht bereits eine Korrektur wegen Uneinbringlichkeit erfolgte – im Besteuerungszeitraum der Rechnungsberichtigung rückgängig zu machen, § 14 Abs. 2 Satz 2 iVm. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG. Dieser Rückforderungsanspruch wird erst mit der Rechnungsberichtigung begründet und ist deshalb als Masseforderung gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen, vgl. BFH-Urt. XI R 78/93 v. , BStBl 1995 II S. 33.

10.2.3 Geschäftsführerhaftung

Ist Schuldner der Umsatzsteuer eine Gesellschaft, für die ein Geschäftsführer verantwortlich handelnd tätig war, ist stichprobenartig anhand der letzten Geschäftsvorfälle vor Eröffnung des Verfahrens zu prüfen, ob Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass das Finanzamt als Gläubiger schlechter gestellt wurde als andere Gläubiger. In diesem Fall ist beim Amtsprüfer ein Haftungsbescheid gegen den Geschäftsführer anzuregen.

10.2.4 Verwertung von Sicherungsgut vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Siehe Tz. 2.3.

10.3 Prüfungsabschnitt 2

Dieser Prüfungsabschnitt betrifft die ab Verfahrenseröffnung verwirklichten Sachverhalte; er befasst sich mit den Feststellungen zur Tätigkeit des Insolvenzverwalters bzw. bei Eigenverwaltung mit denen zur Tätigkeit des Schuldners nach Verfahrenseröffnung und den sich daraus ergebenden Forderungen, die als Massekosten gelten, siehe Tz. 7. Insbesondere ist festzustellen, ob der Insolvenzverwalter seinen steuerlichen Verpflichtungen nachkommt. Es kann geboten sein, je nach Fortgang der Verwertungshandlungen den Prüfungszeitraum zu erweitern oder weitere Prüfungen durchzuführen. Die (letzte) Prüfung ist spätestens vor der Schlussverteilung abzuschließen. Zur Prüfung der Handlungen des Insolvenzverwalters sind dessen Zwischen- bzw. Rechenschaftsberichte, §§ 66, 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO, beim Insolvenzgericht einzusehen.

Die Prüfung umfasst insbesondere:

  • die Verwertung der Insolvenzmasse und die Abführung der daraus resultierenden Umsatzsteuer, vgl. Tz. 3.6 und

  • die behaupteten Umsatzsteuerminderungen. Vorsteueransprüche und die Aufrechnungsmöglichkeiten nach § 95 InsO, vgl. Tz. 9.3 ff.

10.4 Berichte über die Umsatzsteuer-Sonderprüfungen/Vermerk über die Umsatzsteuer-Nachschau

Der Bericht/Vermerk über den Prüfungsabschnitt 1 ist doppelt auszufertigen. Das zweite Exemplar ist für die neue Steuernummer vorzusehen.

Der Bericht/Vermerk über den Prüfungsabschnitt 2 ist vor dem Schlusstermin, § 197 InsO, zu fertigen. Ggf. sind Forderungen zur Insolvenztabelle nachzumelden, § 177 InsO, und ein besonderer Prüfungstermin zu beantragen, der auch mit dem Schlusstermin verbunden werden kann.

11. Rechte und Pflichten des Insolvenzverwalters nach Beendigung des Insolvenzverfahrens

Nach § 34 Abs. 3 AO hat der Insolvenzverwalter während des Verfahrens als Vermögensverwalter alle steuerlichen Pflichten zu erfüllen, die dem Schuldner oblägen, wenn über sein Vermögen nicht das Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre.

Zu den steuerlichen Pflichten des Insolvenzverwalters gehört insbesondere die Abgabe von Steuererklärungen für die durch seine Handlungen begründeten Steuerforderungen, vgl. Tzn. 3.2 und 9.1. Die Verpflichtung gilt bereits für Steueransprüche, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet sind. Steuererklärungen sind vom Insolvenzverwalter auch nach Beendigung des Verfahrens abzugeben, soweit sie den Zeitraum betreffen, in dem seine Verwaltungs- und Verfügungsmacht, § 80 InsO, bestanden hat, und soweit er sie erfüllen kann. Zwar endet das Amt des Insolvenzverwalters, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist und keine Nachtragsverteilung stattfindet. Die Beendigung des Amtes lässt jedoch nach § 36 AO die Erfüllung der auf § 34 Abs. 3 AO beruhenden Pflichten unberührt, soweit diese auf den Tätigkeitszeitraum des Insolvenzverwalters entfallen. Zu weiteren Fragen hinsichtlich der sich aus § 34 Abs. 3 AO ergebenden Pflichten des Insolvenzverwalters siehe Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 34 AO Rz. 71 ff. (Stand: März 2000).

12. Beendigung des Insolvenzverfahrens ohne Nachtragsverteilung

Ist die Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung vor der Beendigung des Insolvenzverfahrens entstanden und ist der Insolvenzverwalter noch im Besitz der entsprechenden Bücher und Aufzeichnungen, so ist er nach § 36 AO iVm. § 34 Abs. 3 AO und § 18 Abs. 1 und 2 UStG weiterhin verpflichtet, die Umsatzsteuer-Voranmeldung für den betreffenden VAZ abzugeben.

Ist das Vertretungsverhältnis erloschen, darf sich die Finanzbehörde außerhalb des Anwendungsbereichs des § 36 AO nicht mehr an den früheren Vertreter, sondern nur noch an den Vertretenen oder den neuen Vertreter wenden, siehe Boecker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 36 AO Rz. 10 (Stand: Juni 2000). Dies bedeutet, dass Steuerbescheide nach Beendigung des Insolvenzverfahrens dem früheren Schuldner und nicht mehr dem Insolvenzverwalter bekannt zu geben sind. Umsatzsteueransprüche des Finanzamts sind gegenüber dem Schuldner geltend zu machen, Steuererstattungsansprüche durch Leistung an ihn zu erfüllen, soweit nicht Aufrechnung mit vor oder nach Eröffnung des Verfahrens begründeten Steueransprüchen des Finanzamts in Betracht kommt. Dies gilt insbesondere für Vorsteuererstattungsansprüche aus Rechnungen des Insolvenzverwalters, vgl. Tz. 9.5.

Bekanntgaben an den Insolvenzverwalter können nur dann erfolgen, wenn dieser zur Entgegennahme von Bescheiden (und ggf. Erstattungen) vom früheren Schuldner ausdrücklich bevollmächtigt worden ist, vgl. § 122 Abs. 1 Satz 3 AO.

Mit Beendigung des Insolvenzverfahrens endet auch die Befugnis des Insolvenzverwalters, gegen einen den früheren Schuldner betreffenden Steuerbescheid Einspruch einzulegen. Etwas anderes kann gelten, wenn der frühere Schuldner den Insolvenzverwalter mit der Wahrnehmung seiner steuerlichen Interessen aus der Zeit des Insolvenzverfahrens beauftragt und ihn nach § 80 AO bevollmächtigt hat. In diesem Fall wären aber die Bestimmungen über geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen, §§ 2 bis 7 StBerG, zu beachten.

13. Beendigung des Insolvenzverfahrens mit Nachtragsverteilung

13.1 Erstattungsfälle

Betrifft die Nachtragsverteilung ein noch nicht erstattetes Umsatzsteuerguthaben, so bleibt das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters insoweit bestehen. Er ist in Bezug auf die betroffenen Gegenstände befugt, anhängige Prozesse weiterzuführen und erforderlichenfalls neue Prozesse anhängig zu machen. Ist der Umsatzsteuerüberschuss, dessen Erstattung begehrt wird, noch nicht festgesetzt, hat der Insolvenzverwalter das Recht, einen Antrag auf Steuerfestsetzung zu stellen und die betreffenden Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen. Dies wird in der Regel durch Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung geschehen.

  • Die Mitteilung über die Zustimmung zur Anmeldung,

  • ein Umsatzsteuerbescheid, der zu einer abweichenden Erstattung führt, oder

  • ein Bescheid über die Ablehnung des Antrags, einen Überschuss festzusetzen,

ist im Fall einer Nachtragsverteilung dem Insolvenzverwalter bekannt zu geben.

Der Insolvenzverwalter hat aufgrund seiner insoweit weiterbestehenden Rechtsposition die Befugnis, gegen die vorgenannten Verwaltungsakte Rechtsmittel einzulegen.

13.2 Fälle mit Zahllast

Ergibt sich entgegen der ursprünglichen Annahme des Insolvenzverwalters kein Umsatzsteuerguthaben, sondern eine Zahllast, so ist eine Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung vorzunehmen, die sowohl dem Insolvenzverwalter als auch dem Unternehmer bekannt zu geben ist.

Die Zahlungsaufforderung kann in diesem Fall nur dann an den Insolvenzverwalter gerichtet werden, wenn es – zusätzlich zu dem ursprünglich angenommenen Umsatzsteuererstattungsanspruch – aus anderen Gründen zu einer Nachtragsverteilung kommt.

Sowohl der Unternehmer als auch der Insolvenzverwalter sind befugt, gegen die Steuerfestsetzung Einspruch einzulegen. Die jeweils andere Partei ist ggf. zum Verfahren hinzuzuziehen.

Die zu Tz. 12 und 13 genannten Grundsätze gelten entsprechend, wenn das Insolvenzgericht nach Einstellung des Verfahrens mangels Masse gemäß § 211 Abs. 3 InsO eine Nachtragsverteilung anordnet.

Inhaltlich gleichlautend
OFD Hannover v. - S 7340 - 152 - StH 442
OFD Hannover v. - S 7340 - 68 - StO 352

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
UAAAB-89305