Instanzenzug:
Gründe
I. Mit Einkommensteuerbescheid 2001 ermittelte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) ein Steuerguthaben des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) von 2 476,56 €. Diesen Betrag verrechnete er mit rückständiger Umsatzsteuer. Da der Kläger mit dieser Regelung nicht einverstanden war, erließ das FA am einen Abrechnungsbescheid.
Den dagegen eingelegten Einspruch begründete der Kläger damit, dass sich der Erstattungsbetrag aus seiner nachträglichen Anerkennung als Schwerbehinderter ergebe. Es handele sich somit um einen Nachteilsausgleich i.S. des § 54 Abs. 3 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I), so dass ein Pfändungsverbot nach § 226 der Abgabenordnung (AO 1977), § 394 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eingreife.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) bezog sich auf die Einspruchsentscheidung, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die bei der Aufrechnung nach § 226 AO 1977, § 394 BGB zu beachtenden Pfändungsverbote nach § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I bzw. § 850 der Zivilprozessordnung (ZPO) sich nur auf Geldleistungen bezögen, die einen durch Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand ausglichen. Bei der Einkommensteuererstattung handele es sich dagegen um einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 37 AO 1977 mit einem nur indirekten Nachteilsausgleich, der nicht mit einer Leistung nach § 54 Abs. 3 SGB I zu vergleichen sei.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend, weil die bisherige Rechtsprechung zur Pfändbarkeit des Steuererstattungsanspruchs der Korrektur bedürfe.
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Dazu ist darzulegen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (, BFH/NV 2004, 1220).
Die Beschwerde genügt diesen Anforderungen nicht.
1. Der Kläger hält die Senatsentscheidung vom VII B 117/95 (BFH/NV 1996, 281) für korrekturbedürftig. In diesem Beschluss hat der BFH entschieden, dass der Erstattungsanspruch eines Arbeitnehmers wegen überzahlter Einkommensteuer (Lohnsteuer) nicht als Teil des Arbeitseinkommens zu werten ist mit der Folge, dass er nicht unter die Pfändungsschutzbestimmungen des § 319 AO 1977 i.V.m. §§ 850 ff. ZPO fällt und kein Pfändungs- und Aufrechnungsverbot nach § 850c ZPO, § 226 AO 1977 i.V.m. § 394 BGB besteht, auch wenn das Arbeitseinkommen unter den Pfändungsgrenzen gelegen haben sollte.
a) Das finanzgerichtliche Urteil ist nicht auf diese Entscheidung gestützt. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sie für den Ausgang des Rechtsstreits erheblich ist. Sind aber schon die Voraussetzungen für einen Pfändungs- und Aufrechnungsschutz nach § 850c ZPO nicht gegeben —dass dies der Fall wäre, ist nicht substantiiert vorgetragen worden—, so kommt es nicht darauf an, ob die Auffassung des BFH zutrifft, dass die Einkommensteuererstattung nicht Bestandteil des Arbeitseinkommens i.S. der Pfändungsschutzbestimmungen des § 319 AO 1977 i.V.m. §§ 850 ff. ZPO ist.
b) Abgesehen davon setzt der Kläger der vom Senat —unter Würdigung der teilweise in der zivil- und arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Gegenmeinung— gegebenen Begründung lediglich seine Rechtsauffassung entgegen, ohne weitere Argumente oder einen veränderten aktuellen Stand der Diskussion vorzubringen. Er ist auch nicht darauf eingegangen, dass der Senat seine Entscheidung mit Beschluss vom VII B 101/98 (BFH/NV 1999, 738) nochmals bekräftigt hat.
2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache legt der Kläger auch nicht mit dem Vorbringen schlüssig dar, dass die Steuererstattung im Wesentlichen auf der nachträglichen Berücksichtigung des Behindertenpauschbetrages nach § 33b des Einkommensteuergesetzes beruht. Zwar macht er geltend, dass mit der Aufrechnung dieses Erstattungsanspruchs gegen anderweitige Steuerrückstände der Steuervorteil aufgehoben wird, der ihm wegen seiner Behinderung zusteht und deshalb der dem Pfändungsschutz nach § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I zugrunde liegende Rechtsgedanke, Forderungen, die der Existenzsicherung dienen, vor dem Zugriff des Staates oder Dritter zu schützen, die analoge Anwendung des Aufrechnungsverbots nach § 226 AO 1977, § 394 BGB i.V.m. § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I gebiete.
Die Beschwerde geht aber nicht darauf ein, dass der Senat in BFH/NV 1996, 281 es grundsätzlich abgelehnt hat, die vom , BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413) postulierte staatliche Verpflichtung, das zur Deckung des existenznotwendigen Bedarfs benötigte Einkommen steuerfrei zu belassen, nicht nur auf die Einkommensteuerfestsetzung, sondern darüber hinaus auch auf das Erhebungsverfahren zu beziehen. Der Kläger setzt sich nicht damit auseinander, dass der Senat die verfassungsrechtlich gebotene Freistellung des subjektiven Existenzminimums mit der Berücksichtigung des Behindertenfreibetrages bei der Einkommensteuerfestsetzung als vollzogen ansieht. Insbesondere entkräftet die Beschwerde nicht das entscheidende Argument, dass dem Fiskus die Verschonung des Erstattungsanspruchs von Verfassungs wegen nicht auferlegt ist, weil er als rechnerischer Saldo der gezahlten Lohnsteuer und der festgesetzten Einkommensteuer eine von den zivil- und sozialrechtlichen Pfändungsverboten nicht erfasste und damit dem Zugriff von Privatgläubigern ungeschützt ausgesetzte Geldforderung ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1447 Nr. 8
SAAAB-88296