Begriff der Vermittlung im Sinne des § 4 UStG
1.
Der BStBl 2003 II S. 958 – entschieden, dass eine steuerfreie Kreditvermittlung nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a UStG nur dann vorliegt, wenn die Leistung an eine Partei des Kreditvertrages erbracht wird und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird; der Leistung muss also ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Kreditgeber oder Kreditnehmer zugrunde liegen. Für das Vorliegen einer Vermittlungsleistung reicht es nicht aus, dass der leistende Unternehmer im Auftrag eines Dritten das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen.
Mit diesem Urteil hat der BFH im Ergebnis seine bisherige Rechtsprechung (vgl. BStBl 1995 II S. 427) bestätigt.
Die bisherige Begründung, der Begriff „Vermittlung” bestimme sich nach dem gleichnamigen Begriff in § 652 BGB, wird allerdings nicht mehr aufrechterhalten. Der BFH orientiert sich nunmehr an den Ausführungen im , CSC Financial Services (UR 2002 S. 84).
2. Umsetzung durch
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder erging zur Auslegung des Begriffs „Vermittlung” in § 4 UStG sowie zur Anwendung des o. a. BFH-Urteils das IV A 6 – S 7170a – 26/04 –, welches im BStBl I veröffentlicht wird.
Danach ist der Begriff „Vermittlung” in § 4 UStG einheitlich auszulegen. Unter Berücksichtigung des o. a. BFH-Urteils können daher insbesondere Untervermittlungsumsätze nicht mehr nach § 4 UStG steuerbefreit sein, es sei denn, die besondere Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 11 UStG ist einschlägig.
Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn vor dem erbrachte Vermittlungsumsätze nach § 4 Nr. 8 Buchstaben b bis g UStG – bei Vorliegen der übrigen Tatbestandvoraussetzungen – als steuerfrei beurteilt worden sind bzw. werden, obwohl die vom BFH in dem o. g. Urteil geforderte Voraussetzung, dass die Leistung an eine Partei des Vertrags erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird, nicht erfüllt ist.
Diese Nichtbeanstandungsgrenze wurde mit IV A 6 – S 7160a – 34/05 – bis zum verlängert.
3. Praktische Auswirkungen
Praktische Auswirkungen können sich bei Vorliegen von mehrstufigen Vertriebsstrukturen für jede Art von Finanzprodukten ergeben. Beispielhaft erwähnt sei die Vermittlung von Investmentfondsanteilen und Geschäftsbeteiligungen. [1] Besonders in diesen Bereichen sollen strukturierte Vertriebswege aufgebaut worden sein, in die spezialisierte Dritte eingeschaltet wurden.
Deren Leistungen können ab nicht mehr als steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchstaben b bis d UStG beurteilt werden.
Nach vorliegenden Erkenntnissen wird dies im Finanzdienstleistungssektor anders gesehen, so dass mit dem o. a. BMF-Schreiben eine Klarstellung erfolgte.
Keine Änderungen ergeben sich bei der Vermittlung/Untervermittlung von Krediten nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a UStG (A 57 Abs. 8 und 9 UStR).
4. Vermittlung nach § 4 Nr. 11 UStG
Um die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 UStG für Vermittlungsumsätze in Anspruch nehmen zu können, muss der Vermittler auch Verbindung zum Dritten aufnehmen und auf diesen einwirken, einen Vertrag mit dem Auftraggeber abzuschließen. Im Gegensatz dazu genügt es für § 4 Nr. 11 UStG, wenn nur mittelbar an der Vermittlung eines Versicherungs- oder Bausparvertrages mitgewirkt wird ( BStBl 1999 II S. 253).
Dafür kann es genügen, dass der Versicherungs- oder Bausparkassenvertreter durch Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbständigen Vermittlern sowie durch Prüfung eines jeden Vertragsangebotes mittelbar auf den Kunden einwirkt (sog. Strukturvertrieb des Versicherungsvermittlungsgewerbes, [2] A 75 Abs. 2 Sätze 6 ff. UStR. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG bleibt durch das o. g. BMF-Schreiben ausdrücklich erhalten.
OFD Magdeburg v. - S 7160 - 16 - St 245
Fundstelle(n):
DAAAB-88223
1Der Vertrieb von Gesellschaftsbeteiligungen durch freie Vermittlungsgesellschaften ist beschrieben in der UR 1998 S. 325 ff.
2Beim Strukturvertrieb handelt es sich um folgende Gestaltung:
Selbständige freie Vermittlungsgesellschaften, die nach ihren Gesellschaftsverträgen u. a. die Vermittlung von Versicherungs- und Bausparverträgen zum Gegenstand haben, stehen in vertraglichen Beziehungen zu Versicherungs- bzw. Bauspargesellschaften. Sie treten zur Erfüllung ihrer Aufgaben mit unterschiedlichen Vertragsangeboten an Interessentenkreise durch selbständige Mitarbeiter (Untervermittlung) heran. So entsteht eine Vertriebsstruktur, die sich nach unten pyramidenförmig untergliedert (Strukturvertrieb).
Die Mitarbeiter stehen zum einen in vertraglichen Beziehungen mit der Vermittlungsgesellschaft, zum anderen in einem Vertragsverhältnis mit der Versicherungs- und Bauspargesellschaft. Die Vermittlungsgesellschaft als sog. „Zwischenstufe” erhält von den Abschlussprovisionen einen Anteil (Superprovision) für die Versicherungsverträge, die sie nicht selbst, sondern ihre Mitarbeiter vermitteln. Im Gegenzug bildet sie die Mitarbeiter in Fragen des Versicherungsrechts und -marketings aus, betreut, überwacht und motiviert sie und sorgt für ihre Weiterbildung.
Der Strukturvertrieb kann auch derart gestaltet sein, dass sich die einzelnen selbständigen Mitarbeiter zur Erfüllung ihrer Aufgaben wiederum selbständiger Mitarbeiter bedienen, die sie im Gegenzug aus- und weiterbilden, betreuen, überwachen und motivieren, so dass sich der Strukturvertrieb um eine weitere Zwischenstufe erweitert.