Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2; GG Art. 3 Abs. 1
Instanzenzug: OLG München OLGAusl. 275/02 (92/02) vom OLG München OLGAusl. 275/02 (92/02) vom OLG München OLGAusl. 275/02 (92/02) vom
Gründe
Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft Beschlüsse des Oberlandesgerichts München, mit denen das Gericht die Auslieferung des Beschwerdeführers nach Indien zum Zwecke der Strafverfolgung für zulässig erklärt hat.
I.
1. a) Der Beschwerdeführer ist vanuatuischer, vormals indischer Staatsangehörigkeit. Er wurde am auf dem Flughafen München festgenommen.
Der Festnahme liegt der Haftbefehl des Ersten Spezialgerichts in Alipore/Kalkutta vom zu Grunde. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, in den Jahren 1994 und 1995 insgesamt 108.400.000 indische Rupien (etwa € 2.143.000) in betrügerischer Weise von der Allahabad Bank erlangt zu haben. Auf der Grundlage einer internationalen Fahndungsausschreibung ordnete das Oberlandesgericht München durch Haftbefehl vom die vorläufige Auslieferungshaft an.
Der indische Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten ersuchte mit Note vom unter Übergabe des Anklageprotokolls und des Haftbefehls um die Auslieferung zur Strafverfolgung wegen krimineller Verschwörung und Betrugs.
b) Mit Beschluss vom ordnete das Oberlandesgericht München die Haftfortdauer an und stellte die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zurück, weil der Beschwerdeführer sich nicht mit einer vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hatte, ihm die Auslieferungsunterlagen noch nicht eröffnet worden waren und er noch kein rechtliches Gehör erhalten hatte. Der Beschwerdeführer erhielt am Akteneinsicht. Am wurde ihm die Entscheidung des bekannt gegeben.
c) Mit Beschluss vom ordnete das Oberlandesgericht erneut Haftfortdauer an und erklärte die Auslieferung für zulässig.
2. Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom beim Oberlandesgericht München eine "Gegenvorstellung". Darin beantragte er, die Auslieferung für unzulässig zu erklären und den Auslieferungshaftbefehl außer Vollzug zu setzen.
Ihm sei nicht hinreichend rechtliches Gehör eingeräumt worden, weil das Gericht bereits 14 Tage nach der Gewährung von Einsicht in die umfangreichen Auslieferungsunterlagen endgültig über die Zulässigkeit der Auslieferung entschieden habe. Die Auslieferung sei in mehrfacher Hinsicht unzulässig, insbesondere verstoße sie gegen § 73 IRG, da ihm für die zur Last gelegten Vermögensdelikte mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe nicht nur eine unerträglich schwere Strafe drohe, sondern darüber hinaus Folterungen und Misshandlungen im Ermittlungsverfahren und während einer möglichen Haftzeit.
3. Ebenfalls am beantragte der Beschwerdeführer beim Bundesverfassungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die nach einer entsprechenden Bewilligung jederzeit drohende Auslieferung verhindert werden sollte.
Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts lehnte den Antrag mit Beschluss vom - 2 BvQ 14/03 - ab. Die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache wäre zum Zeitpunkt der Antragstellung unzulässig gewesen, weil dem Grundsatz der Subsidiarität nicht genügt worden sei.
Der Beschwerdeführer habe noch die Möglichkeit, mit Hilfe eines Antrags nach § 77 IRG in Verbindung mit § 33a StPO nachträglich rechtliches Gehör zu den von ihm als übergangen angesehenen Gesichtspunkten zu erwirken. In dem Beschluss wurde der Beschwerdeführer auch auf die Möglichkeit hingewiesen, in entsprechender Anwendung von § 33 Abs. 4 IRG beim Oberlandesgericht München einen Aufschub der Auslieferung zu erwirken.
4. Das Oberlandesgericht München entschied mit Beschluss vom , der dem Beschwerdeführer am bekannt gegeben wurde, den Einwendungen nicht zu folgen, und ordnete Haftfortdauer an. Zur Begründung führte es u.a. aus, ein Verstoß gegen den ordre-public-Vorbehalt in § 73 IRG sei nicht gegeben. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten wiesen einen hohen Unrechtsgehalt auf, zu dem der im indischen Strafrecht vorgesehene Strafrahmen nicht so außer Verhältnis stehe, dass er als schlechthin unangemessen angesehen werden müsse.
Dem Beschwerdeführer drohten auch keine Folter oder eine andere grausame und erniedrigende Behandlung. Ausweislich der Einschätzungen der Bundesregierung (Auswärtiges Amt, Lagebericht Indien vom und Schreiben vom an den Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht München) kämen zwar Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Organe vor, diese würden jedoch verstärkt rechtlich geahndet. Obwohl Folter durch Gesetz verboten sei, handele es sich um eine häufig von der Polizei angewandte Vernehmungsmethode. Sie werde jedoch durch den Staat nicht zielgerichteter gefördert, vielmehr bestrafe er Folterer und habe in letzter Zeit auch eine Kampagne zur Bewusstseinserhöhung unter den Sicherheitskräften in die Wege geleitet. Die Gefahr für den Beschwerdeführer sei auch deshalb gering, weil das Ermittlungsverfahren gegen ihn weitgehend abgeschlossen sei und er in Indien über einen Rechtsbeistand verfüge.
5. a) Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht München Akteneinsicht betreffend den in der Entscheidung vom zitierten Asyllagebericht der Bundesregierung, die Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 77 IRG in Verbindung mit § 33a StPO und den Aufschub der Auslieferung in entsprechender Anwendung von § 33 Abs. 4 IRG.
b) Nach der Akteneinsicht beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom , die Auslieferung für unzulässig zu erklären. Dem Beschwerdeführer drohten in Indien die Folter sowie eine grausame, unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung, weshalb die geplante Auslieferung gegen § 73 IRG verstoße. Die Mindestvollstreckungsdauer für die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten betrage in Indien 25 Jahre. Diese Strafe sei 2,5 Mal so hoch, wie die Höchststrafe für ein solches Delikt in Deutschland, die zehn Jahre betrage. Ihm drohe somit eine unerträglich hohe Strafe.
c) Mit Verbalnote vom teilte das Auswärtige Amt der indischen Botschaft mit, dass die Bundesregierung die Auslieferung des Beschwerdeführers "nach Maßgabe der Grundsätze des deutsch-indischen Auslieferungsvertrages vom " bewilligt habe.
d) Mit Beschluss vom gewährte das Oberlandesgericht München einen Aufschub der Auslieferung bis zur Entscheidung über die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers. Diese Entscheidung wurde der indischen Botschaft vom Auswärtigen Amt notifiziert.
e) Mit Beschluss vom erklärte das Oberlandesgericht München die Auslieferung des Beschwerdeführers erneut für zulässig und hob die Entscheidung über den Aufschub der Auslieferung auf.
In seiner Begründung stellt das Oberlandesgericht vor allem darauf ab, dass die Auslieferung nicht gegen Grundsätze der deutschen Rechtsordnung verstoße (§ 73 IRG). Unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom und auf den Asyllagebericht der Bundesregierung führt es im Wesentlichen aus, dass in Indien vor allem durch Polizeibehörden Folter zwar als Vernehmungs- und Erpressungsmittel angewendet werde, dieses Vorgehen jedoch vom indischen Staat nicht geduldet, sondern vielmehr bekämpft werde. So sei Indien der Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen beigetreten und habe innerstaatlich eine Kampagne zur Bewusstseinsänderung begonnen. Ferner habe Deutschland mit Indien im Jahre 2001 in Kenntnis der im Asyllagebericht angesprochenen Umstände einen Auslieferungsvertrag geschlossen, was darauf hindeute, dass die im Asyllagebericht erwähnten Menschenrechtsverletzungen in Indien nicht der Normalfall seien, sondern Ausnahmecharakter hätten.
Es bestünden keine begründeten Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer in Indien menschenunwürdiger Behandlung ausgesetzt sein werde. Ein etwa noch verbleibendes Risiko habe sich nicht zu einer konkreten, unmittelbaren Gefahr verdichtet. Die Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer seien abgeschlossen, das Verfahren gegen die Mitangeklagten sei durchgeführt worden, ohne dass von Folterungen - etwa der zahlreichen Mitangeklagten - in diesem Zusammenhang etwas bekannt geworden sei. Schließlich sei der Beschwerdeführer in Indien anwaltlich vertreten. Dieselben Überlegungen gälten für die Haftbedingungen.
Die Sanktionsdrohung in Indien sei zwar eine "in hohem Maße harte Strafe", könne jedoch nicht als "unerträglich schwere Strafe" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewertet werden. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer auch in Deutschland für die angeklagten Delikte eine Gesamtfreiheitsstrafe von maximal 15 Jahren drohe.
II.
Der Beschwerdeführer hat am Verfassungsbeschwerde erhoben und zugleich einen - weiteren - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er rügt, dass ihn die angegriffenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts München in seinen Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzen und zudem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstießen. Im Einzelnen trägt er vor:
1. Folterungen und Misshandlungen von straftatverdächtigen Personen seien in Indien weit verbreitet, nach dem Jahresbericht von amnesty international für Indien für das Jahr 1998 und nach dessen Länderkurzbericht Indien vom Februar 2003 seien sie sogar an der Tagesordnung. Auch nach dem Asyllagebericht des Auswärtigen Amtes vom handele es sich dabei in Indien um eine häufig von der Polizei angewandte Vernehmungsmethode.
Die Begründung des Oberlandesgerichts München, dass Folter in Indien Ausnahmecharakter habe und insoweit lediglich ein "Restrisiko" bestehe, könne nur als objektiv willkürlich angesehen werden. Die Feststellungen von amnesty international und der Bundesregierung würden mit der hypothetischen Erwägung zurückgewiesen, dass Deutschland andernfalls keinen Auslieferungsvertrag mit Indien geschlossen hätte. Da konkrete entgegenstehende Erkenntnisse vorlägen, dass dieser wünschenswerte Zustand nicht bestehe, könne nicht vom Soll- auf den Ist-Zustand geschlossen werden.
Es sei objektiv unmöglich, über die substantiierte Darstellung des hohen Risikos eines Inhaftierten, in Indien gefoltert zu werden, hinaus, konkrete den Verfolgten betreffende Umstände anzuführen. Wenn das Oberlandesgericht München von einer "konkreten, unmittelbar bevorstehenden Gefahr" spreche, dann lege es einen völlig überzogenen Maßstab an. Wegen der drohenden Gefahr der Folterung verletzten die angegriffenen Beschlüsse Art. 1 Abs. 1 GG und verstießen gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Nach dem Jahresbericht 1998 von amnesty international für Indien seien viele Häftlinge unter Bedingungen festgehalten, die grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe gleichkämen. Viele Haftanstalten seien extrem überfüllt. Es mangele an ärztlicher Versorgung und sanitären Einrichtungen. Auch nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom seien die Haftbedingungen, insbesondere in den großen Gefängnissen "desolat". Die Gefangenen litten unter einer Überbelegung, die die eigentliche Kapazität um das Fünffache übersteige. Der Großteil der Gefangenen, der in Kategorie C - bei drei Unterbringungsklassen - untergebracht sei, müsse sich mit unzumutbaren Verhältnissen bescheiden. Hier komme es vor, dass sich bis zu 50 Inhaftierte eine Großraumzelle teilen müssten, keine Betten zur Verfügung stünden und im Winter Decken fehlten. Da dem Beschwerdeführer im Falle einer Verurteilung eine langjährige Freiheitsstrafe unter diesen Bedingungen drohe, begründe eine Auslieferung an Indien die Gefahr einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung. Wenn den genannten Berichten vom Oberlandesgericht allein entgegengehalten werde, es gebe keine Erkenntnisse, die eine konkrete Gefahr für den Beschwerdeführer als unmittelbar bevorstehend erscheinen ließen, so sei dies nicht nachvollziehbar. Den Berichten ließen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, dass eine konkrete Gefahr, unter derartigen Haftbedingungen in Indien inhaftiert zu werden, nur für bestimmte Personen oder nur unter bestimmten Umständen bestehe. Auch insoweit verletzten die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
3. Für das Vermögensdelikt drohe ihm als Höchststrafe lebenslange Freiheitsstrafe, was in Indien eine Mindestvollstreckungsdauer von 25 Jahren bedeute, die damit 2,5 Mal so hoch sei, wie die in Deutschland für ein vergleichbares Delikt drohende Freiheitsstrafe. Dies stelle eine unerträglich schwere Strafe dar. Eine Auslieferung würde deshalb gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verstoßen.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, weil die aufgeworfenen Fragen in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BVerfGE 63, 332 <337 f.>; 75, 1 <18 ff.>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt; sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben deutsche Gerichte in Auslieferungsverfahren zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrunde liegenden Akte mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und mit den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen ihrer öffentlichen Ordnung vereinbar sind (vgl. BVerfGE 63, 332 <337 f.>; 75, 1 <19>).
Die Grenzen, die einer Auslieferung hierdurch gezogen werden, hat das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Ausgestaltung des Straf- und Vollstreckungsverfahrens, das den Auszuliefernden in dem ersuchenden Staat erwartet, konkretisiert. Danach zählt zu den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Kernbereich des aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Gebots der Verhältnismäßigkeit. Den zuständigen Organen der Bundesrepublik Deutschland ist es danach verwehrt, einen Verfolgten auszuliefern, wenn die Strafe, die ihm im ersuchenden Staat droht, unerträglich hart, mithin unter jedem denkbaren Gesichtspunkt unangemessen erschiene. Ebenso zählt es zu den unabdingbaren Grundsätzen der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung, dass eine angedrohte oder verhängte Strafe nicht grausam, unmenschlich oder erniedrigend sein darf. Die zuständigen Organe der Bundesrepublik Deutschland sind deshalb gehindert, an der Auslieferung eines Verfolgten mitzuwirken, wenn dieser eine solche Strafe zu gewärtigen oder zu verbüßen hat.
Anderes gilt hingegen dann, wenn die zu vollstreckende Strafe lediglich als in hohem Maße hart anzusehen ist und bei einer strengen Beurteilung anhand deutschen Verfassungsrechts nicht mehr als angemessen erachtet werden könnte. Das Grundgesetz geht nämlich von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung der Staatengemeinschaft aus (vgl. Präambel, Art. 1 Abs. 2, Art. 9 Abs. 2, Art. 23 bis 26 GG). Es gebietet damit zugleich, fremde Rechtsordnungen und -anschauungen grundsätzlich zu achten (vgl. BVerfGE 75, 1 <16 f.>), auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den deutschen innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen. Soll der in gegenseitigem Interesse bestehende zwischenstaatliche Auslieferungsverkehr erhalten und auch die außenpolitische Handlungsfreiheit der Bundesregierung unangetastet bleiben, so dürfen die Gerichte als unüberwindbares Hindernis für eine Auslieferung nur die Verletzung der unabdingbaren Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung zu Grunde legen.
2. Nach diesem verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab ist der Verfassungsbeschwerde ein Verfassungsverstoß durch die angefochtenen Entscheidungen nicht zu entnehmen.
a) Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf Berichte von amnesty international und Auswärtigem Amt geltend macht, ihm drohten als strafverdächtiger Person in Indien Folter und Misshandlungen, so rügt er im Kern die aus seiner Sicht falsche Einschätzung der tatsächlichen Verhältnisse seitens des Gerichts.
Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 30, 173 <196 f>; 57, 250 <272>; 74, 102 <127> stRspr). Auch in Auslieferungsverfahren prüft das Bundesverfassungsgericht insoweit nur, ob die Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des -; vgl. auch BVerfGE 80, 48 <51>). Diese Grenzen sind in dem hier zu entscheidenden Fall nicht überschritten.
aa) (1) Das Oberlandesgericht München stellt in seinem Beschluss vom bezüglich der behaupteten Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung bei einer Auslieferung ausdrücklich darauf ab, dass begründete Anhaltspunkte für die Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung vorliegen müssen. Dieser Prüfungsmaßstab entspricht sowohl der vom Oberlandesgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 1994, S. 2883 = NStZ 1994, S. 492) als auch der des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR, Urteil vom , Series A No. 161, S. 35 Ziff. 91 = NJW 1990, S. 2183, 2185 - Soering; Reports of Judgments and Decisions 1996-V, 1853, Ziff. 73 f. - Chahal), der inhaltlich gleichbedeutend von "begründeten Tatsachen" (substantial grounds) für ein "tatsächliches Risiko" (real risk) von Folter spricht. Daher hat das Oberlandesgericht entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers keinen überzogenen Maßstab angewendet. Insbesondere kann allein aus der Formulierung des Beschlusses vom , wonach für eine "konkrete Gefahr [...] als unmittelbar bevorstehend" keine Erkenntnisse vorlägen, nicht geschlossen werden, dass das Oberlandesgericht nunmehr einen anderen Maßstab anlegen wollte.
(2) Eine Gefahr in dem beschriebenen Sinne kann angenommen werden, wenn stichhaltige Gründe vorgetragen sind, nach denen gerade in dem konkreten Fall eine "beachtliche Wahrscheinlichkeit" (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, abgedruckt in: Eser/Lagodny/Willkitzki, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rechtsprechungssammlung, 2. Aufl. 1993, Nr. U 202) besteht, in dem ersuchenden Staat das Opfer von Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung zu werden.
Auf konkrete Anhaltspunkte gerade im Fall des Auszuliefernden kommt es in der Regel nur dann nicht an, wenn in dem ersuchenden Staat eine ständige Praxis grober, offenkundiger oder massenhafter Verletzungen der Menschenrechte herrscht (vgl. dazu den Wortlaut von Art. 3 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom - UN-Antifolter-konvention, BGBl 1990 II S. 246 <248>). Die Auslieferung in Staaten, die eine ständige Praxis umfassender und systematischer Menschrechtsrechtsverletzungen aufweisen, wird regelmäßig die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der elementaren Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung begründen.
b) Es ist nicht ersichtlich, dass die Feststellungen in den angegriffenen Entscheidungen, mit denen eine entsprechende Gefahr von Folter für den Beschwerdeführer verneint wurde, willkürlich sind.
Für eine solche Annahme reicht der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Berichte von amnesty international und des Auswärtigen Amtes, wonach Folterungen und Misshandlungen von strafverdächtigen Personen in Indien weit verbreitet sowie Folter eine "häufig von der Polizei angewandte Vernehmungsmethode" und ein Erpressungsmittel seien, nicht aus.
(1) Das nicht in Zweifel gezogen, dass in Indien Folter zum Teil als Vernehmungsmethode oder als Erpressungsmittel angewendet wird. Für seine Einschätzung, dass dem Beschwerdeführer gleichwohl keine konkrete Gefahr von Folter drohe, hat es sich darauf gestützt, dass Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Organe zwar vorkämen, jedoch verstärkt rechtlich geahndet würden. Dies entspricht der Einschätzung des Auswärtigen Amtes in seinem Lagebericht "Indien". Ferner hat das Gericht darauf hingewiesen, dass Folter in Indien durch Gesetz verboten sei und nicht durch den Staat zielgerichtet gefördert werde, der indische Staat vielmehr Folterer bestrafe und in letzter Zeit auch eine Kampagne zur Bewusstseinserhöhung unter seinen Sicherheitskräften in die Wege geleitet habe. Auch dies findet seine Grundlage in dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes.
Bereits diese Gesichtspunkte lassen die Einschätzung des Oberlandesgerichts nachvollziehbar erscheinen, allein auf Grund des Umstandes, dass Folter in Indien eine häufig von der Polizei angewandte Vernehmungsmethode oder ein Erpressungsmittel sei, drohe dem Beschwerdeführer keine konkrete Gefahr von Folter mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, insgesamt sei Indien demnach kein Staat, in dem eine ständige Praxis umfassender oder systematischer Menschrechtsrechtsverletzungen herrsche.
(2) (a) Diese Einschätzung des Oberlandesgerichts wird auch von seiner Erwägung getragen, dass der zwischen Deutschland und Indien am geschlossene Auslieferungsvertrag zu berücksichtigen sei. Der Vertrag sei zwar noch nicht ratifiziert, der Umstand des Vertragsschlusses spreche jedoch dafür, dass die im Asyllagebericht des Auswärtigen Amtes erwähnten Methoden gerade nicht der Normalfall seien, sondern Ausnahmecharakter hätten, andernfalls es nicht zu einem solchen Abkommen gekommen wäre. Dem kann der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg entgegenhalten, dies sei eine willkürliche "hypothetische" Erwägung, da man angesichts der entgegenstehenden Erkenntnisse nicht vom Soll- auf den Ist-Zustand schließen könne.
(b) Die Tatsache des Vertragsschlusses unterstützt ein Verständnis des in seinen Aussagen heterogenen und auf die Situation politisch Verfolgter konzentrierten Asyllageberichts, wonach eine systematische menschenrechtswidrige Praxis gerade auch im Strafvollzug nicht bestehe, weil ansonsten unter Federführung des Auswärtigen Amtes ein Auslieferungsvertrag jedenfalls im Jahr 2001 gar nicht erst geschlossen worden wäre. Darüber hinaus mindert auch die Tatsache des Vertragsschlusses selbst eine etwaige Gefahr für den Beschwerdeführer, weil aus ihm heraus Rechtspflichten für die Republik Indien in Bezug auf die Achtung des menschenrechtlichen Mindeststandards im konkreten Fall der Auslieferung erwachsen. Schon aus der Tatsache des Vertragsschlusses folgt ein völkerrechtliches Frustrationsverbot, wonach die Vertragsparteien verpflichtet sind, nach der Unterzeichnung und vor der Ratifikation des Abkommens alles zu unterlassen, was den Zielen des Vertrags zuwiderläuft (siehe Art. 18 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom , BGBl 1985 II S. 926; Verdross/Sim-ma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, §§ 705, 719 m.w.N.). Die menschenunwürdige Behandlung von Personen, die von Deutschland nach Indien auf noch vertragsloser Grundlage ausgeliefert werden, würde dem Vertrag widersprechen, da eine solche Praxis die Schaffung einer stabilen bilateralen Beziehung in Rechtshilfe- und Auslieferungssachen - die durch den Abschluss des Abkommens angestrebt wird - verhindern würde. Art. 5 des Auslieferungsvertrags enthält einen ordre-public-Vorbehalt, der die Ablehnung eines Auslieferungsersuchens im Fall des § 73 IRG gestatten würde (vgl. Denkschrift der Bundesregierung zu dem Vertrag, zu Artikel 5, BRDrucks 241/03, S. 17). Funktionell betrachtet treten damit die Rechtsbindungen des Auslieferungsvertrags an die Stelle der Zusicherung im vertragslosen Zustand. Eine solche Zusicherung der Einhaltung menschenrechtlicher Mindeststandards im Strafverfahren oder menschenwürdiger Haftbedingungen kann im Vertragszustand regelmäßig nicht verlangt werden, weil damit der anderen Seite ein Vertragsbruch unterstellt wird; dies gilt gerade im aktuellen Zeitpunkt des Inkraftsetzens des Vertrags.
Hierbei handelt es sich um Erwägungen, die einen Rückschluss auf die tatsächliche Lage in Indien für den Beschwerdeführer erlauben. In dem konkreten Fall hat die Bundesregierung die Auslieferung des Beschwerdeführers mit Verbalnote vom "nach Maßgabe der Grundsätze des deutsch-indischen Auslieferungsvertrages" bewilligt. Daraus folgt, dass das deutsch-indische Auslieferungsabkommen, obwohl nicht formell in Kraft getreten, auf Grund des völkerrechtlichen Frustrationsverbotes und der Ausgestaltung der Bewilligung materiell zur Grundlage der Auslieferung des Beschwerdeführers geworden ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Indien den Ratifikationsprozess bereits abgeschlossen und damit nochmals seinen Willen bekundet hat, die mit dem Abkommen begründeten völkerrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten.
Hielte sich Indien nicht an die materiellen Regelungen des Abkommens, läge darin ein Verstoß gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen. Die Bewilligung steht demnach unter der Bedingung, dass Indien den Beschwerdeführer nach der Übergabe entsprechend den völkerrechtlichen Mindeststandards behandelt.
Außerdem findet die Einschätzung des Oberlandesgerichts auch in der im vorliegenden Verfahren der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht München gegebenen Mitteilung des Auswärtigen Amtes vom eine Stütze. Danach habe bereits der bisherige vertragslose Auslieferungsverkehr mit Indien auf der Grundlage stattgefunden, dass menschenrechtliche Mindeststandards im indischen Strafverfahren und Strafvollzug eingehalten würden; im Einzelfall sei jeweils auf den deutsch-indischen Auslieferungsvertrag Bezug genommen worden, der am unterzeichnet worden sei und voraussichtlich im Laufe dieses Jahres in Kraft treten werde. Dies kann nichts anderes bedeuten als dass, auch wenn in Indien generell Folter und Misshandlungen weit verbreitet sind, jedenfalls für von der Bundesrepublik Deutschland unter Bezugnahme auf den deutsch-indischen Auslieferungsvertrag ausgelieferte Personen nach Einschätzung der Bundesregierung die menschenrechtlichen Mindeststandards im indischen Strafverfahren und Strafvollzug eingehalten worden sind.
Es kann im Übrigen angenommen werden, dass die Bundesregierung über ihre diplomatischen Vertretungen das weitere Verfahren in Indien von sich aus beobachtet.
(3) Der Beschwerdeführer hat auch keine Gründe vorgetragen, die gerade in seinem Fall eine menschenunwürdige Behandlung bei der Rückkehr nach Indien beachtlich wahrscheinlich machen. Das Oberlandesgericht weist nachvollziehbar darauf hin, es sei nicht bekannt, dass die Mitangeklagten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit gefoltert worden seien. Der Beschwerdeführer, der von einem indischen Rechtsbeistand vertreten wird, hat nichts vorgetragen, was diese Feststellung in Frage stellen könnte.
c) Im Hinblick auf menschenunwürdige Haftbedingungen gelten weitgehend die Ausführungen zur Gefahr der menschenrechtswidrigen Behandlung durch Folter (vgl. III. 2. a und b). Der Beschwerdeführer rügt auch insoweit im Kern die aus seiner Sicht unzureichende Auseinandersetzung des Gerichts mit den tatsächlichen Verhältnissen im indischen Strafvollzug.
aa) Diese Rüge wird vom Bundesverfassungsgericht am Maßstab des Willkürverbots des Art. 3 Abs. 1 GG nur daraufhin überprüft, ob die Rechtsanwendung und das dazu eingeschlagene Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, die Entscheidung beruhe auf sachfremden und daher willkürlichen Erwägungen (vgl. oben III. 2. a).
bb) Dies vermag die Beschwerdebegründung nicht darzutun. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Berichte von amnesty international und den Asyllagebericht des Auswärtigen Amtes reicht hierfür nicht aus.
Das Oberlandesgericht hat in der Begründung seines Beschlusses vom zu diesem Vorbringen zwar nur knapp im Anschluss an seine Ausführungen zu der geltend gemachten Foltergefahr erklärt, gleiches gelte für die vorgetragenen Haftbedingungen; Erkenntnisse für eine konkrete Gefahr für den Beschwerdeführer lägen nicht vor.
Damit hat das Gericht aber - jedenfalls auch - Bezug genommen auf seine tragende Erwägung zur Foltergefahr, bei der der Abschluss des deutsch-indischen Auslieferungsvertrags zu berücksichtigen sei. Aus den oben genannten Gründen kann für die Haftbedingungen im Strafverfahren und im Strafvollzug nichts anderes gelten als für die vom Beschwerdeführer angeführte Foltergefahr: Unabhängig von den Haftbedingungen für einen Großteil der Inhaftierten sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass speziell bei den von der Bundesrepublik Deutschland nach Indien ausgelieferten Personen dort die menschenrechtlichen Mindeststandards nicht eingehalten würden.
cc) Dass im Fall des Beschwerdeführers Besonderheiten vorliegen, die eine andere - wenn auch ansonsten weit verbreitete - Behandlung in der Haft besorgen lassen, hat er nicht dargelegt.
d) Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass das Oberlandesgericht München den bei einer Auslieferung zu beachtenden Kernbereich der Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips berührt hat, indem es die Auslieferung des Beschwerdeführers nach Indien ungeachtet der ihm dort maximal drohenden lebenslangen Freiheitsstrafe für zulässig erklärt hat.
aa) Der Beschwerdeführer wird beschuldigt, in erheblichem Umfang Vermögensdelikte im Wege einer kriminellen Verschwörung begangen zu haben. Durch die Straftaten ist ein Schaden von rund € 2.140.000,-- eingetreten, sodass sie einen insgesamt hohen Unrechtsgehalt aufweisen. Es ist daher nicht unerträglich hart im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. oben unter III. 1. und BVerfGE 75, 1 <16 ff.>, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 1994, S. 2884), wenn der indische demokratische Gesetzgeber den Strafrahmen für diese Straftaten bis zur lebenslänglichen Freiheitsstrafe festgesetzt hat.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Staaten generell und speziell im Bereich der Vermögensdelikte unterschiedliche Auffassungen über die Strafwürdigkeit von kriminellem Verhalten haben können. Das Bundesverfassungsgericht kann deshalb nur prüfen, ob eine im ersuchenden Staat drohende Strafe "schlechthin unangemessen" ist, selbst wenn im Einzelfall die konkret angedrohte Strafe für den Beschwerdeführer eine Härte bedeutet.
bb) Das schließlich darauf hingewiesen, dass auch nach der deutschen Rechtslage für die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten, in der konkreten Begehungsform der Mittäterschaft, ein Strafhöchstmaß von 15 Jahren Gesamtfreiheitsstrafe in Betracht käme.
3. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
IV.
Diese Entscheidung ist mit sechs gegen zwei Stimmen ergangen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
PAAAB-87315