BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 2042/02

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: EMRK Art. 8

Instanzenzug: OVG Berlin OVG 8 S 186.02 vom VerwG Berlin VG 21 A 427.02 vom

Gründe

Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

Es kann offen bleiben, ob die angegriffenen Beschlüsse in allen Teilen ihrer Begründung den verfassungsrechtlichen Anforderungen aus Art. 6 Abs. 1 GG gerecht werden.

Art. 6 Abs. 1 GG verschafft ausländischen Ehegatten von Deutschen keinen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt, verpflichtet die zuständigen Behörden und Gerichte jedoch, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden ehelichen Bindungen an berechtigterweise im Bundesgebiet lebende Personen in einer Weise zu berücksichtigen, die der großen Bedeutung entspricht, welche das Grundgesetz dem Schutz von Ehe und Familie erkennbar beimisst. Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Ehepartner ständigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheitssphäre sind nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbots zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind (vgl. BVerfGE 76, 1 <47, 49 ff.>).

Danach sind die angegriffenen Entscheidungen im Ergebnis verfassungsrechtlich bedenkenfrei. Auch wenn ein Ausländer bei einer wirksam geschlossenen Ehe zu einer näheren Darlegung hinsichtlich seines Willens, eine eheliche Lebensgemeinschaft zu führen, nur verpflichtet ist, wenn Umstände vorliegen, die berechtigten Anlass zu einer Prüfung geben, sind die Gerichte hier ohne Verfassungsverstoß davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer für seine Absicht, mit seiner Ehefrau eine eheliche Lebensgemeinschaft im Sinne der §§ 23 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 1, 17 Abs. 1 AuslG aufzunehmen, "materiell beweisbelastet" sei. Umstände, die Zweifel am tatsächlich bestehenden Willen zur Begründung einer ehelichen Lebensgemeinschaft begründen, können sich auch aus dem bisherigen Aufenthalt eines Ausländers ergeben, wenn dieser etwa - wie hier - vor seiner Eheschließung über einen längeren Zeitraum vergeblich versucht hat, ein dauerndes Bleiberecht im Bundesgebiet zu erhalten, und sich seiner drohenden Abschiebung durch Untertauchen entzogen hat. Zwar lässt sich aus diesen Umständen des bisherigen Aufenthalts allein bei einer später geschlossenen Ehe nicht auf den fehlenden Willen zur Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft schließen. Indizielle Bedeutung kann ihnen jedoch zukommen. Es ist daher von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass die Gerichte dem Beschwerdeführer, der die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen am in Kamerun geschlossen hat, auch die Umstände seines früheren Aufenthalts in Deutschland (Nichtbetreiben des als Aufenthaltszweck angegebenen Studiums, Untertauchen nach Ablauf der Aufenthaltsbewilligung, Stellen eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags nach Festnahme, erneutes Untertauchen, Angabe falscher Personalien bei erneuter Festnahme) entgegen gehalten haben. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht haben ihre durchgreifenden Zweifel an der Absicht des Beschwerdeführers, mit seiner Ehefrau eine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen, zusätzlich damit begründet, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau in den getrennt durchgeführten so genannten Ehegattenanhörungen u.a. über die Umstände und den Zeitpunkt ihres Kennenlernens, aber auch zur künftigen Lebensplanung und zum Aussehen des Partners (Haar- und Augenfarbe der Ehefrau) voneinander abweichende Angaben gemacht hätten, ohne solche Widersprüche überzeugend auflösen zu können. Diese Argumentation ist geeignet, die Annahme einer nicht unter den Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG fallenden Scheinehe zu tragen. Die Verfassungsbeschwerde ist ihr nicht substantiiert entgegen getreten. Ob die angeführten Widersprüche so gewichtig sind, dass sie von Verfassungs wegen die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts in der Bundesrepublik Deutschland tragen können, lässt sich schon deshalb nicht beurteilen, weil der Beschwerdeführer es versäumt hat, die dafür erforderlichen Unterlagen aus den Verwaltungsvorgängen, insbesondere die Protokolle über die Ehegattenanhörungen, vorzulegen.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 8 EMRK rügt, kann die Verfassungsbeschwerde bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil die Europäische Menschenrechtskonvention im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde nicht Prüfungsmaßstab ist (vgl. BVerfGE 10, 271 <274>; 74, 102 <128>; stRspr).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Fundstelle(n):
JAAAB-86922