BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 1957/98

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3; GG Art. 103 Abs. 1

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen - zur Sachrüge näher begründeten - Beschluß des Bundesgerichtshofs, mit dem die Revision des Beschwerdeführers gegen ein Urteil des Landgerichts gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen wurde.

I.

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG. Zur Begründung hat er vorgetragen: Der Bundesgerichtshof habe seinen gesamten Revisionsvortrag übergangen und sich ausschließlich mit den Ausführungen des Generalbundesanwalts auseinandergesetzt. Das sei besonders gravierend, weil es sich um die Revision eines Ersttäters gehandelt habe, gegen den eine hohe, über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinausgehende Freiheitsstrafe verhängt worden sei. "Je härter der staatliche Eingriff in vitale Grundrechte des Betroffenen, desto bedeutsamer ist individualrechtlich, aber auch objektivrechtlich die Verpflichtung u.a. der Justiz zur nachvollziehbaren Begründung ihrer Entscheidungen, wobei besonders sorgfältig auf den Rechtsvortrag des Betroffenen einzugehen ist."

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil ein Annahmegrund im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Der Rügevortrag entspricht trotz anwaltlicher Vertretung des Beschwerdeführers nicht den Mindestanforderungen an eine substantiierte Begründung nach Maßgabe der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG:

Der Beschwerdeführer hat sich mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der die Gerichte nicht verpflichtet sind, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 65, 293 <295>; BVerfG, NJW 1982, S. 925), nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt. Auf das Gewicht der strafrechtlichen Vorwürfe, die Höhe der erkannten Strafe oder den Umfang der Revisionsbegründung kommt es in diesem Zusammenhang ohnehin nicht an. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Begründungszwang bei behördlichen Eingriffsakten (vgl. BVerfGE 6, 32 <44>; 40, 276 <286>) läßt sich nicht auf eine den Rechtsweg abschließende Gerichtsentscheidung übertragen (vgl. BVerfGE 50, 287 <290>).

Daß der Bundesgerichtshof die Grenze zur objektiven Willkür überschritten haben könnte, indem er die Revision als offensichtlich unbegründet verworfen hat, läßt sich dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entnehmen. Soweit sich das anhand der vom Beschwerdeführer vorgelegten Revisionsbegründungsschriften beurteilen läßt, fehlt hierfür auch jeder Anhalt. Eine weitergehende verfassungsrechtliche Überprüfung des Revisionsverwerfungsbeschlusses muß schon deshalb ausscheiden, weil der Beschwerdeführer weder das angefochtene Urteil des Landgerichts noch die vom Bundesgerichtshof in Bezug genommene Antragsschrift des Generalbundesanwalts vorgelegt hat.

Nach Ablauf der Frist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde können diese Begründungsmängel nicht mehr behoben werden (vgl. BVerfGE 28, 17 <19>).

III.

Die Auferlegung einer Mißbrauchsgebühr in Höhe von 50,- DM beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde ist mißbräuchlich eingelegt. Dabei ist davon auszugehen, daß es Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit wichtig sind, und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht muß nicht hinnehmen, daß es in der Erfüllung dieser Aufgaben durch substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird (vgl. z.B. BVerfG NJW 1992, S. 1952; NJW 1995, S. 1418 und NStZ 1998, S. 363). Für die Befassungspflichten eines Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigten hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang festgestellt, daß dieser sich mit dem Verfassungs- und Verfassungsprozeßrecht sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung auseinanderzusetzen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs eingehend zu prüfen hat (NJW 1997, S. 1433, 1434). Nach einer diesen Anforderungen entsprechenden Prüfung wäre jedem Einsichtigen bewußt gewesen, daß die Verfassungsbeschwerde in der vorliegenden Fassung unzureichend begründet ist. Eine Sorgfaltspflichtverletzung seines Verfahrensbevollmächtigten muß sich der Beschwerdeführer zurechnen lassen (§ 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG). Sollte die Einlegung der Verfassungsbeschwerde auf einer unzulänglichen anwaltlichen Beratung beruhen, bleibt dem Beschwerdeführer die Geltendmachung eines entsprechenden Regreßanspruchs unbenommen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
HAAAB-86885