BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 1822/04

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art. 14

Instanzenzug: LG Aschaffenburg Qs 114/02 vom AG Aschaffenburg 1 Gs 779/02 vom

Gründe

A.

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen strafprozessualen Arrest zum Zwecke der so genannten Rückgewinnungshilfe gemäß §§ 111 b Abs. 2 und 5, 111 d StPO in Verbindung mit §§ 73 Abs. 1 Satz 2, 73 a StGB.

1. Das Amtsgericht erließ mit Beschluss vom "zur Sicherung der den Verletzten aus den Straftaten erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche" gegen den Beschwerdeführer einen dinglichen Arrest in Höhe von 7.218.930 EURO.

Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom bis (2. Quartal 1994 bis 3. Quartal 1997) seine ärztliche Tätigkeit als so genannter "Scheinselbständiger" ausgeübt habe. Unter Abgabe der bewusst wahrheitswidrigen Erklärung, die abzurechnenden Leistungen auf der Grundlage der vertragsärztlichen Bestimmungen in "freier Praxis" erbracht zu haben, habe der Beschwerdeführer die Quartalsabrechnungen in der Absicht bei der K. eingereicht, diese zur Auszahlung der jeweiligen Honorare zu veranlassen. Er habe gewusst, dass er wegen seiner Scheinselbständigkeit keinen Anspruch hierauf gehabt habe. Die K. habe die Beträge in Höhe von insgesamt 7.218.930 EURO jeweils auf das vom Beschwerdeführer angegebene Konto überwiesen. Die in Höhe der überwiesenen Beträge geschädigte K. hätte die Honorarbescheide in Kenntnis der Scheinselbständigkeit des Beschwerdeführers nicht erlassen. Das Verhalten des Beschwerdeführers sei strafbar als Betrug in 14 besonders schweren Fällen.

Die Honorarbescheide seien durch die K. aufgehoben und die Honorare seien vom Beschwerdeführer, dessen kassenärztliche Zulassung zwischenzeitlich entzogen worden sei, zurückgefordert worden. Eine Rückzahlung habe bislang nicht stattgefunden. Es seien daher dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen für zivilrechtliche Ansprüche der Geschädigten in Höhe des Arrestbetrags vorlägen. Der dingliche Arrest sei anzuordnen, da sonst zu befürchten sei, dass die spätere Vollstreckung der Ansprüche der Verletzten vereitelt oder wesentlich erschwert würde.

2. Der Beschwerdeführer erhob am hiergegen Beschwerde.

Die Annahme eines Tatverdachts sei nicht überzeugend. Auch bei unterstellter Scheinselbständigkeit seien die abgerechneten ärztlichen Leistungen im abgerechneten Umfang erbracht worden. Der Betrugstatbestand dürfe nicht auf nicht vermögensrelevante Berufsordnungswidrigkeiten ausgedehnt werden. Die "Statusfrage", ob der Beschwerdeführer als selbständiger Arzt tätig gewesen sei, sei nicht leistungsbezogen und betreffe nicht den Inhalt oder die Qualität der ärztlichen Leistung. Der K. sei kein Schaden in Höhe des Arrestbetrags entstanden.

Zudem hätten die Honorare dem Beschwerdeführer nicht ungeschmälert zur Verfügung gestanden. Nach dem Vorbringen der K. soll der Vermögensvorteil zudem an den "angeblichen Arbeitgeber" weiter gegeben worden sein. Danach wäre der Arrest bei diesem anzubringen.

Eine Rückgewinnungshilfe sei verfehlt und entspreche nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zudem fehle es an einem Arrestgrund, wenn die Geschädigte über einen längeren Zeitraum ihre Ansprüche nicht verfolge. Der K. sei im Übrigen die Befugnis zur Anbringung der Vollstreckungsklausel erteilt worden. Die Justiz nähme hier Aufgaben wahr, die originär der K. auf eigenes Prozess- und Haftungsrisiko oblägen. Der Arrest komme wegen der voraussichtlichen Verfahrensdauer faktisch einer zwischenzeitlich für verfassungswidrig erklärten Vermögensstrafe gleich.

3. Mit Beschluss vom verwarf das Landgericht die Beschwerde als unbegründet. Ergänzend zu der "zutreffenden" angefochtenen Entscheidung führte das Landgericht Folgendes aus:

a) Wegen des Schadens in Höhe des Arrestbetrags und wegen des dringenden Tatverdachts des gewerbsmäßigen Betrugs in 14 Fällen könne auf die Anklage der Staatsanwaltschaft vom Bezug genommen werden. Der Beschwerdeführer habe seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht in freier Praxis, sondern faktisch - wenn auch mit Geschäftsführungsaufgaben betraut - als Angestellter des anderweitig Verfolgten Dr. R. ausgeübt. Dies ergebe sich aus den abgeschlossenen Verträgen und deren tatsächlicher Ausgestaltung. Dem Beschwerdeführer sei bekannt gewesen, dass das mit Einreichen der jeweiligen Abrechnungen schlüssig erklärte Fortbestehen der Tätigkeit "in freier Praxis" für die Abrechenbarkeit der erbrachten Leistungen von entscheidender Bedeutung gewesen sei.

b) Der Beschwerdeführer habe die ausbezahlten Honorare in Höhe des Arrestbetrags erhalten, da diese auf sein Konto bei der Commerzbank geflossen seien. Das Konto sei erst im Februar 1997 auf den anderweitig Verfolgten Dr. R. umgeschrieben worden. Der Beschwerdeführer sei nach wie vor - gemeinsam mit dem anderweitig Verfolgten Dr. R. - hierüber verfügungsbefugt gewesen.

c) Ein Arrestgrund im Sinne einer wesentlichen Erschwerung des Zugriffs auf das Vermögen des Beschwerdeführers ergebe sich aus den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten.

d) Da der K. als Geschädigter ein Anspruch gegen den Beschwerdeführer zustehe, dessen Erfüllung diesem den Wert des Erlangten entziehen würde, sei die Arrestanordnung zur Sicherung der Ansprüche der K. möglich gewesen. Die ausbezahlten Beträge seien mit Bescheiden vom und zurückgefordert worden. Der vom Justiziar der K. am vor dem Sozialgericht erklärte Vollstreckungsverzicht sei nicht endgültig, sondern "bis zum (Wieder-)Eintritt der Vollstreckungsvoraussetzungen" lediglich vorläufig erklärt worden. Da die Rückforderungsbescheide von der K. bislang nicht zurückgenommen worden seien, bestehe noch immer ein Sicherungsbedürfnis gemäß § 111 b Abs. 5 StPO.

4. Auf Grund des Arrestes wurden Pfändungsbeschlüsse erlassen und Guthaben sowie sonstige Ansprüche des Beschwerdeführers gegen verschiedene Banken gepfändet. Zur Bestreitung seines Lebensunterhalts wurde dem Beschwerdeführer nach seinen Angaben ein monatlicher Betrag in Höhe von 1.500 DM (entsprechend einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft an die K. über die Sicherung von Vermögenswerten wohl 1.500 EURO) zugebilligt.

5. Die Staatsanwaltschaft erhob am Anklage gegen den Beschwerdeführer, welche am unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde. Im Anklagesatz wird hinsichtlich der den Tatvorwurf begründenden "Scheinselbständigkeit" im Wesentlichen auf drei Verträge Bezug genommen.

Gemäß dem "Praxisüberlassungsvertrag" vom zwischen dem anderweitig Verfolgten Dr. R. und dem Beschwerdeführer sollten die wirtschaftlichen Risiken bei dem anderweitig Verfolgten Dr. R. verbleiben. Aus einem "Gesellschaftsvertrag" vom ergibt sich, dass der anderweitig Verfolgte Dr. R. wirtschaftlicher und zivilrechtlicher Eigentümer des gesamten wirtschaftlichen Vermögens (materieller und ideeller Geschäftswert) der Laborarztpraxis sein sollte. Zudem wurde in diesem Vertrag für den Beschwerdeführer eine feste "Vorabvergütung" in Höhe von 210.000 DM/Jahr vereinbart und der (Rest-)Gewinn entsprechend der Beteiligung am Betriebsvermögen, welches alleine dem anderweitig Verfolgten Dr. R. zustand, verteilt. In einem "Generalmanagementvertrag" vom trat der Beschwerdeführer seine Honoraransprüche an den Geschäftsführer der "Prof. K. GmbH" ab. Deren Hauptgesellschafterin war eine GmbH, als deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der anderweitig Verfolgte Dr. R. fungierte.

Im Anklagesatz wird darauf hingewiesen, dass die vereinnahmten Honorare auf ein Konto des Beschwerdeführers überwiesen worden seien, für welches der anderweitig Verfolgte Dr. R. Kontovollmacht besessen habe. Am sei das Konto gänzlich auf den anderweitig Verfolgten Dr. R. umgeschrieben worden; der Beschwerdeführer habe eine Verfügungsvollmacht erhalten, die er nur gemeinsam mit dem anderweitig Verfolgten Dr. R. habe ausüben dürfen. Im wesentlichen Ermittlungsergebnis wird hinsichtlich der Honorare - im Zusammenhang mit der "Gewerbsmäßigkeit" des Betrugs - ausgeführt, dass diese zwar der anderweitig Verfolgte Dr. R. "kassiert" habe, der Beschwerdeführer hiervon jedoch profitiert habe, "weil er von diesem ein Festgehalt" bezogen habe.

6. Im Zusammenhang mit der Honorarrückforderung stehende Fragen waren und sind Gegenstand weiterer, vorwiegend sozialgerichtlicher Streitigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und der K.

a) Im Hauptsacheverfahren (S 39 KA 148/99) beschloss am das Sozialgericht München das Ruhen des Verfahrens. Diese Verfahrensweise war vom Beschwerdeführer und der K. "im Hinblick auf die zu klärenden Rechtsfragen durch das Bundessozialgericht beziehungsweise Bundesverfassungsgericht in entsprechenden Parallelverfahren" beantragt worden.

b) In einem weiteren Verfahren (S 39 KA 1986/02 ER) ordnete das Sozialgericht München am im Rahmen einer summarischen Prüfung der streitigen - auf die Ausübung der Tätigkeit in "freier Praxis" und die Verletzung dieser "Statusfrage" bezogenen - Fragen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage des Beschwerdeführers gegen den Rückforderungs- und Widerspruchsbescheid an und verpflichtete die K., die in den Quartalen 1/99 bis 4/01 einbehaltenen Honorare auszubezahlen. Soweit der hier bedeutsame Gegenstand betroffen ist, wies das Bayerische Landessozialgericht die hiergegen gerichtete Beschwerde im Hinblick auf die schwierigen Rechtsfragen sowie wegen des Umstandes, dass der Beschwerdeführer die Honoraransprüche an seinen Vertragspartner abgetreten habe bzw. die Honorare nicht persönlich erhalten habe, zurück. Dies habe zur Folge, dass "Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf Grund dieser Bescheide nicht mehr ergehen dürfen".

c) Der K. ist durch den bayerischen Verordnungsgeber die Befugnis zur Anbringung der Vollstreckungsklausel erteilt worden. Die K. verfügt auf dieser Grundlage über eine vollstreckbare Urkunde vom (Ausstandsverzeichnis) über die von ihr geltend gemachten Honorarrückforderungen. Am erhob der Beschwerdeführer "Klage gemäß § 767 ZPO" gegen die K. mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung aus der genannten Urkunde für unzulässig zu erklären. Am erklärte die K. gegenüber dem Beschwerdeführer "unbeschadet unseres Vollstreckungsanspruchs (§ 843 ZPO)" einen Verzicht auf durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom erlangte Rechte. Am erklärte die K. vor dem Sozialgericht München, "dass sie auf eine Zwangsvollstreckung aus den zugrunde liegenden Bescheiden bis zum (Wieder-)Eintritt der Vollstreckungsvoraussetzungen verzichtet".

d) Bezogen auf von der K. für die Quartale 1/99 bis 4/01 einbehaltene Honorare erhob der Beschwerdeführer am gegen die K. eine negative Feststellungsklage. Er beantragte die Feststellung, dass hinsichtlich der auch das Strafverfahren betreffenden Honorarforderungen weder eine fällige Aufrechnungslage noch ein sonstiges hinderndes Recht zur Auszahlung vertragsärztlicher Honorare bestehe. Ferner beantragte der Beschwerdeführer, dass die einbehaltenen Honorare gegen Übergabe einer Bankbürgschaft auszubezahlen seien. Der Beschwerdeführer vertrat hierbei im Wesentlichen die Auffassung, dass sich die K. wegen der im oben genannten sozialgerichtlichen Verfahren angeordneten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage keines fälligen (Honorarrückforderungs-)Anspruchs gegen ihn berühmen dürfe. Am schlossen der Beschwerdeführer und die K. einen Vergleich, demgemäß die K. die Honorare für die Quartale 1/99 bis 4/01 gegen Übergabe einer Bankbürgschaft ausbezahlt.

II.

1. Der Beschwerdeführer rügt im Wesentlichen die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 14 GG.

a) Sofern im Wege vorläufiger Sicherungsmaßnahmen das gesamte oder nahezu gesamte Vermögen der Verfügungsbefugnis des Einzelnen entzogen werde, bedarf es nach Auffassung des Beschwerdeführers einer besonders sorgfältigen Prüfung und einer eingehenden Darlegung der dabei maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen in der Anordnung, damit der Betroffene dagegen Rechtsschutz suchen kann.

b) Die Strafgerichte hätten die Eingriffsvoraussetzungen nicht sorgfältig geprüft. Die Berechnung des Betrags, den der Beschwerdeführer für die Tat oder aus ihr erlangt haben soll, sei im Hinblick auf die Honorarabtretung an den anderweitig Verfolgten Dr. R. nicht nachvollziehbar. Es sei nicht dargelegt worden, dass und in welcher Höhe der Beschwerdeführer als Mittäter etwas tatsächlich gemeinschaftlich erlangt habe. Ungeachtet des "Bruttoprinzips" sei die Annahme, dem Beschwerdeführer sei das gesamte Honorar zugeflossen, nicht tragbar. Soweit der Vermögenszuwachs lediglich einem Dritten zukomme oder in dessen Eigentum verbleibe, seien die ergänzenden Vertreter- oder Dritteigentümerregelungen gemäß § 73 Abs. 3 und Abs. 4 StGB heranzuziehen. Es könne in den Fällen, in denen eine Person als Vertreter einer juristischen Person gehandelt habe und der Vorteil in deren Vermögen geflossen sei, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass auch der Vertreter Mitverfügungsgewalt an dem Erlangten habe. Dies müsse auch hier gelten, da der Beschwerdeführer nach der Anklage in einem "verkappten Angestelltenverhältnis" bei dem anderweitig Verfolgten Dr. R. und nicht als Vertragsarzt in "freier Praxis" tätig gewesen sei. Sofern der Beschwerdeführer faktische Zugriffsmöglichkeit auf das vertragsärztliche Honorar gehabt habe, reiche dies alleine nicht aus. Vielmehr müsse sich die Vermögensbilanz des Beschwerdeführers vor und nach den Taten verändert haben; dies sei nicht einmal ansatzweise geschehen. Die Sicherung zu Lasten des Beschwerdeführers habe daher weiterer Feststellungen bedurft. Ob der "Gewinn" direkt bei dem anderweitig Verfolgten Dr. R. zu arretieren gewesen wäre, werde in dem Beschluss nicht angesprochen.

c) Die ausschließlich die Rückgewinnungshilfe bezweckende Sicherung betreffe keine staatlichen Interessen, sondern alleine das Sicherungsinteresse eines vermeintlich Geschädigten. Da das Strafverfahren nicht der Durchsetzung privater Interessen diene, sei diese Sicherung schon grundsätzlich nicht angezeigt. Die Sicherungsfunktion der Rückgewinnungshilfe sei jedenfalls entfallen. Die K. verfüge über einen vollstreckbaren Titel (Ausstandsverzeichnis). Aus diesem habe die K. die Zwangsvollstreckung betrieben. Eine faktische Zwangsvollstreckung sei durch einseitige Einbehalte der K. in Höhe von 680.000 EURO hinsichtlich der laufenden Tätigkeit des Beschwerdeführers vorgenommen worden.

d) Eine Vollziehung und Vollstreckung der Honorarrückforderung sei im Übrigen wegen der sozialgerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner dagegen gerichteten Klage absolut unzulässig.

e) Spätestens mit der gerichtlich protokollierten Erklärung der K. vom , es werde bis zum (Wieder-)Eintritt der Vollstreckungsvoraussetzungen nicht mehr vollstreckt, sei ein vorläufiges Sicherstellungsinteresse nach der Strafprozessordnung endgültig und absolut entfallen. Das die Honorarrückforderung betreffende Hauptverfahren ruhe weiterhin auf unabsehbare Zeit.

f) Die K., welche einen Stab von Juristen beschäftige und von Justiziaren vertreten werde, habe bereits von Anfang an keines besonderen Schutzes und keiner Unterstützung der Strafjustiz bedurft. Dem vermeintlich Geschädigten solle nicht die eigene Arbeit abgenommen werden. Die Rückgewinnungshilfe bezwecke nur die Unterstützung, soweit sie erforderlich sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch die Vollstreckungsmaßnahmen der K. vor den sachnäheren Fachgerichten abwehren können.

g) Von Bedeutung seien auch der Zeitablauf von mehr als zwei Jahren sowie die zu erwartende Verfahrensdauer. Ein anerkennenswertes Sicherstellungsinteresse bestehe nicht mehr.

h) Dringende Gründe für das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 73 ff., 74 ff. StGB seien - trotz Anklagezulassung - nicht erkennbar. Die endgültige Anordnung der Maßnahme sei schon deswegen nicht in besonderem Maße wahrscheinlich, weil die K. auf die Zwangsvollstreckung verzichtet habe. Zudem bestehe die Möglichkeit eines Freispruchs. Der Bundesgerichtshof habe bislang die Frage des Vermögensschadens bei einer "Scheinselbständigkeit" zumindest offen gelassen.

2. Dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es hat hiervon mit Schreiben vom Gebrauch gemacht. Der Beschwerdeführer hat hierauf mit Schreiben vom 12. und repliziert.

B.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu Art. 14 Abs. 1 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. I.). Danach ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer begründenden Sinne offensichtlich begründet (vgl. II.).

I.

Der staatliche Zugriff auf vermögenswerte Rechte ist am Maßstab des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen.

1. Der grundrechtliche Schutz des Eigentums steht in einem inneren Zusammenhang mit der Garantie der persönlichen Freiheit (vgl. BVerfGE 68, 193 <222>; 83, 201 <208>; 89, 1 <6>). Von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist nicht nur der Bestand der Eigentumsposition, sondern auch deren Nutzung (vgl. BVerfGE 52, 1 <30>; 88, 366 <377>; 101, 54 <75>).

2. Die Entziehung von deliktisch erlangtem Eigentum als Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung gehört nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Schranken des Eigentums. Die Vorschriften über den einfachen (§ 73 StGB) und den erweiterten Verfall (§ 73 d StGB) sowie über die Anordnungen, die sich auf Nutzungen und Surrogate (§ 73 d Abs. 1 Satz 3, § 73 Abs. 2 StGB) und auf den Geldwert nicht mehr entziehbarer Vermögensvorteile (§§ 73 d Abs. 2, 73 a StGB) beziehen, dienen der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (vgl. BVerfGE 22, 387 <422>; 110, 1 <24 f.>). Die Vorschriften regeln abstrakt-generell, dass deliktisch erlangte Vermögensgegenstände und deren Surrogate dem Tatbeteiligten von hoher Hand entzogen werden sollen. Damit hat der Gesetzgeber die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls zu einem gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht. Die Beschränkung des Eigentums durch die §§ 73 ff. StGB ist verhältnismäßig; sie führt insbesondere nicht zu einer übermäßigen und daher unzumutbaren Belastung des Eigentümers einer deliktisch erlangten Vermögensposition (vgl. BVerfGE 110, 1 <25>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2004, S. 409 <410>).

3. Der dingliche Arrest und die auf seiner Grundlage ergehende Pfändung (§ 111 d, § 111 f StPO) heben zwar die Rechtsinhaberschaft des Eigentümers an den gepfändeten Sachen oder Forderungen nicht auf. Sie erlauben nicht, wie die Anordnung des Verfalls (§§ 73 ff. StGB), die endgültige Entziehung des Eigentums. Sie beschränken aber die Nutzungs- und Verfügungsmöglichkeiten in einschneidender Weise; das Vermögen des von Arrest und Pfändung Betroffenen bleibt auf unbestimmte Zeit seinem Zugriff entzogen. Diese Maßnahmen dienen der Sicherung und Vorbereitung eines möglichen Entzugs von Eigentum als Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2004, S. 409 <410>).

4. Da der Verlust von Eigentum als Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung zu den traditionellen Schranken des Eigentums gehört (vgl. BVerfGE 22, 387 <422>; 110, 1 <24>), sind entsprechende Sicherungsmaßnahmen von Verfassungs wegen nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

a) An ihre Zumutbarkeit und an das Verfahren ihrer Anordnung sind aber besondere Anforderungen zu stellen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das möglicherweise strafrechtlich erlangte Vermögen zu einem Zeitpunkt sichergestellt wird, in dem lediglich ein Tatverdacht besteht und noch nicht über die Strafbarkeit entschieden worden ist. Das Eigentumsgrundrecht verlangt in diesen Fällen eine Abwägung des Sicherstellungsinteresses des Staates mit der Eigentumsposition des von der Maßnahme Betroffenen. Je intensiver der Staat schon allein mit Sicherungsmaßnahmen in den vermögensrechtlichen Freiheitsbereich des Einzelnen eingreift, desto höher sind die Anforderungen an die Rechtfertigung dieses Eingriffs (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2004, S. 409 <410>). Im Hinblick darauf, dass es sich um eine lediglich vorläufige Maßnahme auf Grund eines Tatverdachts handelt, steigen die Anforderungen mit der Dauer der Nutzungs- und Verfügungsbeschränkung.

b) Wird im Wege vorläufiger Sicherungsmaßnahmen das gesamte oder nahezu das gesamte Vermögen der Verfügungsbefugnis des Einzelnen entzogen, fordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht lediglich eine Vermutung, dass es sich um strafrechtlich erlangtes Vermögen handelt; vielmehr bedarf dies einer besonders sorgfältigen Prüfung und einer eingehenden Darlegung der dabei maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen in der Anordnung, damit der Betroffene dagegen Rechtsschutz suchen kann (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2004, S. 409 <410>).

5. Der Gewährleistungsgehalt des Eigentumsrechts schließt den Anspruch auf eine faire Verfahrensführung ein.

Auch das Verfahrensrecht muss im Blick auf die Grundrechte ausgelegt und angewendet werden. Bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten ist diejenige zu wählen, die es dem Gericht ermöglicht, die Grundrechte der Verfahrensbeteiligten durchzusetzen und zu verwirklichen. Deshalb ist bei der Auslegung und Anwendung auch prozessualer Bestimmungen der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts gemäß Art. 14 Abs. 1 GG, in das mit der gerichtlichen Entscheidung eingegriffen wird, Rechnung zu tragen.

Zur Effektivität des Rechtsschutzes gehört es, dass das Gericht das Rechtsschutzbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüft. Das Gericht muss die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Exekutive gewinnen und begründen. Die gerichtliche Entscheidung muss deshalb die Voraussetzungen des Eingriffsrechts prüfen und darf sich nicht auf formelhafte Bemerkungen zurückziehen, die letztlich offen lassen, ob die Voraussetzungen der gesetzlichen Eingriffsermächtigung im Einzelfall vorliegen. Zur richterlichen Einzelentscheidung gehören eine sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen und eine umfassende Abwägung zur Feststellung der Angemessenheit des Eingriffs im konkreten Fall. Schematisch vorgenommene Anordnungen vertragen sich mit dieser Aufgabe nicht (vgl. BVerfGE 107, 299 <325>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2004, S. 409 <410>).

II.

Die angegriffenen Entscheidungen werden diesen Maßstäben nicht gerecht. Sie verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Die fachgerichtliche Annahme, zugunsten der Geschädigten sei von einem das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers überwiegenden und für die Maßnahmen erforderlichen Sicherstellungsbedürfnis auszugehen, wurde nicht nachvollziehbar begründet (vgl. 1.). Außerdem fehlen hinreichende tatsächliche und rechtliche Erwägungen zu der Frage, ob der Beschwerdeführer das gesamte Honorar in Höhe des Arrestbetrags von 7.218.930 EURO im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat (vgl. 2.).

1. Die angegriffenen Entscheidungen bezwecken im Wege der so genannten Rückgewinnungshilfe die Sicherung von Ansprüchen, die der Geschädigten aus der Tat erwachsen sind. Voraussetzung für den strafprozessualen Rechtseingriff ist nach einhelliger Auffassung unter anderem das Vorliegen eines Sicherstellungsbedürfnisses des oder der Geschädigten (vgl. nur Nack, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl., 2003, § 111 b Rn. 13; Rönnau, Die Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2003, Rn. 341 ff., Rn. 400 ff., m.w.N.; OLG Düsseldorf, StV 2003, S. 547 f.). Die Gerichte haben das Sicherstellungsinteresse im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und die besonderen Umstände erkennbar zu berücksichtigen (vgl. hierzu Rönnau, StV 2003, S. 581 <583 f.>; Marel, Anm. zu OLG Köln, StV 2004, S. 414 <415>).

a) Gemäß § 111 b Abs. 2 und 5 StPO ist die Sicherstellung durch Arrest als Ermessensentscheidung ausgestaltet. Hinsichtlich der Annahme eines Sicherstellungsbedürfnisses hätte das Amtsgericht vor allem würdigen müssen, dass die K. trotz einer frühzeitigen Kenntnis sämtlicher für die nunmehr gesicherten Honorarrückforderungsansprüche erheblichen Umstände lange Zeit untätig geblieben war. Da das Gericht dies unterlassen hat, konnte es zu keinem grundrechtskonformen Abwägungsergebnis gelangen.

aa) Das Amtsgericht hat sich nicht mit dem aktenkundigen Umstand befasst, dass der von Anfang an alleine in Betracht zu ziehenden Geschädigten - der K. - bereits Ende des Jahres 1997 die wesentlichen Umstände für den verfahrensrelevanten Strafvorwurf einschließlich des Beschwerdeführers als Beschuldigten sowie die hiermit im Wesentlichen übereinstimmenden Umstände für die durch den dinglichen Arrest gesicherten Honorarrückforderungsansprüche gegen den Beschwerdeführer bekannt waren (vgl. hierzu Rönnau, StV 2003, S. 581 <584>).

Die K. verfügte zwar zeitnah zur Tatsachenkenntnis die Aufhebung und Rückforderung der Honorarzahlungen. Sie machte jedoch über einige Jahre hinweg keinen Gebrauch von der Möglichkeit, den sofort vollziehbaren Rückforderungsbescheid (vgl. § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V) im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Zwar wurde der K. durch die Bayerische Verordnung über die Ermächtigung von Versicherungsträgern und kassenärztlichen Vereinigungen zur Anbringung der Vollstreckungsklausel vom (BayGVBl S. 565) die Befugnis zur Anbringung der Vollstreckungsklausel erteilt. Eine vollstreckbare Urkunde über den Rückforderungsbetrag stellte sich die K. jedoch erst mit dem Ausstandsverzeichnis vom aus. Obgleich ihr dies jederzeit ohne beachtlichen Aufwand möglich gewesen wäre (vgl. Marel, Anm. zu OLG Köln, StV 2004, S. 414 <415>, zu dem entscheidenden Umstand der schnellen Titulierungsmöglichkeit beispielsweise des Fiskus), schuf die K. mithin erst nach knapp fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Honorarrückforderung eine Grundlage für eine Zwangsvollstreckung. Eine Zwangsvollstreckung konnte dann aber im Hinblick auf die seitens des Beschwerdeführers am beim Sozialgericht München erwirkte aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs und seiner Klage nicht mehr vorgenommen werden.

bb) Auf dieser Grundlage ist bereits die Auffassung der Gerichte, wonach ein Arrestgrund im Sinne des § 111 d Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 917 ZPO bestehe, nicht bedenkenfrei. Zwar mag der konkrete, auf Täuschung angelegte Tatvorwurf geeignet sein, die Besorgnis einer Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der Vollstreckung zu begründen (vgl. kritisch hierzu Rönnau, Die Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2003, Rn. 343 m.w.N.). Hier ist jedoch von Bedeutung, dass die Absicht der K., etwaige Ansprüche in Höhe des dinglichen Arrests gegen den Beschwerdeführer durchzusetzen, dem Beschwerdeführer bereits seit dem Jahre 1998 bekannt war. Es ist nicht ersichtlich, dass bis zum Zeitpunkt der Arrestanordnung weitere, für einen etwaigen Misserfolg der Vollstreckung erhebliche Umstände hinzugetreten wären. Es hätte daher für den Beschwerdeführer bereits über Jahre hinweg die Möglichkeit einer - zum Zeitpunkt der Arrestanordnung im Jahre 2002 angeblich zu besorgenden - Vollstreckungserschwernis oder -vereitelung bestanden. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer hiervon Gebrauch gemacht hätte, wurden nicht festgestellt.

cc) Die amtsgerichtlichen Beschlussgründe tragen jedenfalls nicht die Annahme eines das Eigentumsgrundrecht des Beschwerdeführers überwiegenden Sicherstellungsbedürfnisses der K.

Das Amtsgericht hat im Rahmen einer lediglich schematischen Gesetzesanwendung in erkennbarer Weise die Abwägungsrelevanz der von der Maßnahme betroffenen Interessen nicht gewürdigt. Es hätte auf der einen Seite - wegen der konkreten Arresthöhe sowie der Verurteilungsungewissheit - die Schwere des Rechtseingriffs für den Beschwerdeführer bedenken müssen. Andererseits hätte es die jahrelange Vollstreckungsuntätigkeit der einzigen Geschädigten, welcher alle für die Anspruchsdurchsetzung erheblichen Umstände bekannt waren und welcher wirtschaftliche und rechtliche Mittel hierfür zur Verfügung standen, in die erforderliche Abwägung einstellen müssen (vgl. OLG Düsseldorf, StV 2003, S. 547 <548>, zur Erwägung, wonach der Arrest lediglich der erforderlichen Unterstützung, nicht aber dazu dient, dem Verletzten "eigene Arbeit und Mühen abzunehmen"). Auf dieser Grundlage hätte das Amtsgericht prüfen müssen, ob das in einem erheblichen Ausmaß reduzierte Schutzbedürfnis der K. gegenüber dem Eigentumseingriff einen Vorrang beanspruchen konnte.

b) Auch bei einer isolierten Betrachtung des seit der Arrestanordnung verstrichenen Zeitraums hat das Landgericht die Grundrechtsverletzung des Beschwerdeführers fortgesetzt und vertieft.

aa) Anders als bei der Untersuchungshaft unterwirft das Gesetz den Arrest als vorläufige Sicherungsmaßnahme, sofern "dringende Gründe" im Sinne des § 111 b Abs. 3 StPO vorliegen, keiner zeitlichen Beschränkung (vgl. LG Landshut, wistra 2003, S. 199). Gleichwohl darf die lediglich vorläufig wirkende und nicht endgültig sichernde Rückgewinnungshilfe des Staates die Eigentumspositionen des hiervon Betroffenen nicht unbefristet beeinträchtigen (vgl. OLG Düsseldorf, StV 2003, S. 547 <548>, zur Rückgewinnungshilfe "für einen angemessenen Zeitraum"). Mit der den Eigentumseingriff intensivierenden Fortdauer der Maßnahme wachsen von Verfassungs wegen die Anforderungen an die Rechtfertigung der Anspruchssicherung (vgl. hierzu LG Landshut, wistra 2003, S. 199 <200>). Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des Sicherstellungsbedürfnisses des Geschädigten.

bb) Wegen der jeweiligen Besonderheiten kann nicht für jeden Fall ein konkreter zur Unzulässigkeit der Maßnahmen führender Zeitablauf bestimmt werden (vgl. - für den Fall zahlreicher Geschädigter - OLG Düsseldorf, StV 2003, S. 547 f.: 2 Jahre; ähnlich OLG Köln, StV 2004, S. 413 <414>; LG Düsseldorf, StV 2001, S. 446: 5 Monate; Rönnau, StV 2003, S. 581 <585>: grobe "Orientierungsmarke" von 6 bis 9 Monaten).

Solange die strafprozessualen Maßnahmen - wie hier - alleine der Rückgewinnungshilfe dienen, bemisst sich die von Verfassungs wegen für den Beschwerdeführer hinzunehmende Dauer der mit dem Eigentumseingriff verbundenen staatlichen Hilfe jedenfalls auch nach den Möglichkeiten der Geschädigten, die einstweilen gesicherten angeblichen Ansprüche gegen den von der Maßnahme Betroffenen geltend zu machen und durchzusetzen. Das Sicherstellungsbedürfnis reduziert sich mit dem Ausmaß der vorwerfbaren Untätigkeit derjenigen, zu deren Gunsten die Sicherstellung vorgenommen wird. Bei der von den Fachgerichten von Verfassungs wegen vorzunehmenden Abwägung sind daher, entsprechend den obigen Ausführungen (vgl. II.1.a), bei der Gewichtung des Sicherstellungsbedürfnisses jedenfalls die Anzahl der Geschädigten, deren Kenntnis des Schädigers und der schädigenden Umstände sowie die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung zu berücksichtigen.

cc) Zwar verschaffte sich die Geschädigte - erstmals - am eine vollstreckbare Urkunde hinsichtlich des im Wege der Rückgewinnungshilfe gesicherten Honorarbetrags. Zum Zeitpunkt der aus nicht nachvollziehbaren Gründen erst mehr als zwei Jahre nach der Arrestanordnung getroffenen Entscheidung des Landgerichts stand jedoch fest, dass eine Durchsetzung des von der Geschädigten behaupteten Anspruchs zumindest auf absehbare Zeit nicht zu erwarten war. Maßgeblich hierfür waren in erkennbarer Weise Umstände, welche unter anderem die Geschädigte zu verantworten hatte.

dd) Die in erster Linie für die Frage der Anspruchsberechtigung der K. zuständigen Sozialgerichte ordneten die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage des Beschwerdeführers gegen den Honorarrückforderungsbescheid an. Hierbei wurde auf die schwierigen, auch im Strafverfahren bedeutsamen Rechtsfragen sowie auf den Umstand abgestellt, dass der Beschwerdeführer die Honoraransprüche an den anderweitig Verfolgten Dr. R. abgetreten und die Honorare nicht persönlich erhalten habe. Dies hatte nach gerichtlicher Auffassung zur Folge, dass Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf Grund des Honorarrückforderungsbescheids nicht mehr vorgenommen werden dürften. Die Geschädigte hat sich seitdem nicht mehr darum bemüht, eine Vollstreckungsmöglichkeit zu schaffen. Zwar ist die Vollstreckungsverzichtserklärung der Geschädigten, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, wegen ihres erkennbaren Bezugs auf die genannten sozialgerichtlichen Entscheiidungen "bis zum (Wieder-)Eintritt der Vollstreckungsvoraussetzungen" nur von vorübergehender Natur und führt deswegen nicht ohne weiteres zum Wegfall eines Sicherstellungsbedürfnisses. Die Geschädigte hatte jedoch darüber hinaus durch den das Hauptverfahren betreffenden Antrag auf Ruhen des Verfahrens, das sodann am vom Sozialgericht München angeordnet wurde, zu erkennen gegeben, dass ihr bis auf weiteres nicht daran gelegen war, einen durchsetzbaren Titel zu erlangen.

ee) Das Landgericht hätte daher von Verfassungs wegen neben dem langen Zeitablauf das sozialgerichtliche Prozessverhalten der Geschädigten, welches eine Klärung der Anspruchsberechtigung auf absehbare Zeit verhindert, in den Blick nehmen müssen. Da die Rückgewinnungshilfe alleine im Interesse der Geschädigten vorgenommen wird, darf deren Untätigkeit nicht einseitig zu Lasten des von der vorläufigen Maßnahme betroffenen Beschwerdeführers gehen. Dies gilt hier in besonderer Weise auch deswegen, weil die abschließende Klärung der Anspruchsberechtigung - sowie des hiermit zusammenhängenden "Abrechnungsbetrugs" (vgl. BGH, NJW 2003, S. 1198 <1200>, zur - offen gelassenen - streng formalen sozialversicherungsrechtlichen Betrachtungsweise im Strafrecht; allgemein hierzu Volk, NJW 2000, S. 3385 ff.; Wagner/Hermann, NZG 2000, S. 520 ff.; Stein, MedR 2001, S. 124 ff.) - von schwierigen Rechtsfragen abhängt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, MedR 2002, S. 540 ff.; Spoerr/Fenner, MedR 2002, S. 109 ff.). Die Auffassung des Landgerichts verlagert insoweit das mit einer erheblichen Zeitverzögerung verbundene Risiko der Rechtsunsicherheit hinsichtlich des gesicherten Anspruchs einseitig auf den Beschwerdeführer. Die schematische Rechtsauffassung der Strafgerichte führt zu einer Sicherung der Geschädigten, obgleich derzeit nach dem Ergebnis der bislang vor den insoweit sachnäheren Sozialgerichten geführten Verfahren eine Vollstreckungsmöglichkeit nicht besteht und eine den Honoraranspruch betreffende Hauptsacheentscheidung wegen des Ruhens des Verfahrens nicht absehbar ist. Hinzu kommt, dass sich die Geschädigte auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs vom zur Ausbezahlung einbehaltener Honorare verpflichtet hat.

2. Die Besonderheiten des Falles hätten die Gerichte zudem dazu veranlassen müssen, tatsächliche und rechtliche Erwägungen zu dem vom Beschwerdeführer aus der Tat Erlangten zu treffen.

a) Soweit die Frage betroffen ist, ob und welchen Betrag der Beschwerdeführer aus den ihm zur Last gelegten Taten erlangt hat, beschränkt sich die Arrestanordnung des Amtsgerichts auf den Hinweis, die Honorare seien auf ein vom Beschwerdeführer gegenüber der K. angegebenes Girokonto überwiesen worden. Das Landgericht ergänzt diese Erwägung lediglich um den Umstand, dass das Konto erst im Februar 1997 - bei fortbestehender (gemeinsamer) Verfügungsbefugnis des Beschwerdeführers - auf den anderweitig Verfolgten Dr. R. umgeschrieben worden sei.

b) Wegen der Höhe des Arrestbetrags bedarf es jedoch einer besonders sorgfältigen Prüfung und einer eingehenden Darlegung der maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen hinsichtlich des Umstandes, dass es sich bei dem Arrestbetrag um ein vom Beschwerdeführer strafrechtlich erlangtes Vermögen handelt (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2004, S. 409 <410>). Dem haben die Gerichte nicht in ausreichender Weise Rechnung getragen.

aa) Die Gerichte haben alleine die gemeinsame Kontoinhaberschaft bzw. Verfügungsbefugnis (im Sinne einer Vollmacht) berücksichtigt. Ohne Darlegung weiterer Umstände begegnet die Annahme der Gerichte, dem Beschwerdeführer sei das gesamte Honorar zugeflossen, verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der strafrechtliche Vorwurf in den angegriffenen Beschlüssen beruht auf der Annahme, dass der Beschwerdeführer im Rahmen eines "Strohmannverhältnisses" die abgerechneten Tätigkeiten - als so genannter "Scheinselbständiger" - faktisch wie ein Angestellter des anderweitig Verfolgten Dr. R. erbracht habe. Diese Konstruktion hätte Anlass zu weiteren gerichtlichen Erwägungen gegeben, weswegen der "Strohmann", der lediglich Anspruch auf eine feste Vorabvergütung gehabt hat, im vollen Umfang die wirtschaftliche Verfügungsgewalt erlangt haben soll (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2004, S. 409 <410 f.>). Auch dann, wenn das Geld nicht unmittelbar einem tatunbeteiligten Dritten zugeflossen ist, bedarf es zur Anordnung des Verfalls der Feststellung, wer unter den Tatbeteiligten die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über das Geld erlangt hat. Eine etwaige Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft kommt hier nur dann in Betracht, wenn sich alle Beteiligten darüber einig waren, dass sie gemeinsam Verfügungsgewalt erlangt haben (vgl. hierzu Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2004, S. 409 <411> m.w.N.).

bb) Der Sachverhalt warf weitere mit der Annahme der "Scheinselbständigkeit" zusammenhängende Zweifel an einer umfänglichen wirtschaftlichen Verfügungsgewalt des Beschwerdeführers über die ausbezahlten Honorare auf, mit welchen sich die Strafgerichte nicht auseinandergesetzt haben.

Der anderweitig Verfolgte Dr. R. soll ausweislich der Anklage vom bereits seit dem eine Vollmacht für das Konto gehabt haben, auf welches die Honorare überwiesen wurden; das Konto sei im Februar 1997 auf den anderweitig Verfolgten Dr. R. umgeschrieben worden. Ausweislich der Gründe des Beschlusses des Bayerischen Landessozialgerichts vom hat die K. in dem sozialgerichtlichen Verfahren die Auffassung vertreten, der Beschwerdeführer habe die Honorare nicht persönlich erhalten, sondern an seinen Vertragspartner abgetreten. Diese mit Regelungen des so genannten "Generalmanagementvertrags" vom vereinbare Auffassung wird letztlich auch von der Staatsanwaltschaft in der vom Landgericht zugelassenen Anklage vom übernommen. Danach sei tatsächlich von einer Honorarabtretung an den anderweitig Verfolgten Dr. R. auszugehen. Im wesentlichen Ermittlungsergebnis wird hierzu ausgeführt, dass die Honorareinnahmen zwar der anderweitig Verfolgte Dr. R. "kassiert" habe, der Beschwerdeführer habe hiervon aber profitiert, da er von diesem ein Festgehalt bezogen habe. Im wesentlichen Ermittlungsergebnis der Anklage wird zudem die Auffassung vertreten, dass der Beschwerdeführer, der lediglich eine festgelegte jährliche Vergütung erhielt, am Gewinn der "Gesellschaft" nicht beteiligt gewesen sei. Auf die Geschäftsführung habe er keinen Einfluss gehabt. Die wirtschaftliche Leitung habe der anderweitig Verfolgte Dr. R. ausgeübt.

III.

Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG; gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG ist die Sache an das zuständige Gericht zurück zu verweisen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
INF 2005 S. 530 Nr. 14
FAAAB-86825