BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 1398/99

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 14; GG Art. 103 Abs. 1; BVerfGG § 93 b; BVerfGG § 93 a; BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 2; VermG § 30 a Abs. 1 Satz 1; VermG § 30 a; VermG § 30 a Abs. 1 Satz 4; VermG § 8; VermG § 8 Abs. 1 Satz 1; VermG § 3 Abs. 3 Satz 1; VermG § 31 Abs. 1 b Satz 1; VermG § 31 Abs. 1 b

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein wegen Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 des Vermögensgesetzes (VermG) erfolglos gebliebenes Begehren auf Feststellung der Entschädigungsberechtigung für ein in der Deutschen Demokratischen Republik entzogenes Hausgrundstück.

I.

1. Die in Frankreich wohnhaften Beschwerdeführer meldeten 1993 für ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück einen Restitutionsanspruch nach dem Vermögensgesetz an und beantragten gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der in § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG auf den festgesetzten Antragsfrist. Die Rückübertragung wurde abgelehnt, weil sie verspätet beantragt worden sei und es sich bei der genannten Frist, die durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz vom (BGBl I S. 1257) in das Vermögensgesetz eingefügt worden ist, um eine Ausschlußfrist handele, die eine Wiedereinsetzung nicht zulasse. Aus demselben Grund hat das Verwaltungsgericht die auf die Feststellung einer Entschädigungsberechtigung dem Grunde nach gerichtete Klage der Beschwerdeführer abgewiesen:

Die in der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Nachsichtgewährung seien nicht erfüllt, weil die Versäumung der Anmeldefrist nicht auf staatlichem Fehlverhalten beruhe. Ein solches könne nicht darin erblickt werden, daß der Gesetzgeber eine zu kurze Frist zwischen der Einführung des § 30 a VermG am und dem Fristablauf Ende 1992 bestimmt und ausländische Antragsteller nicht privilegiert habe. Die Einführung einer Ausschlußfrist sei für Rückübertragungs- wie für Entschädigungsansprüche sachgerecht gewesen. Hinsichtlich der Rückübertragungsansprüche habe die Frist Rechtssicherheit herstellen, die Verkehrsfähigkeit möglichst vieler Grundstücke gewährleisten und die Bereitschaft zu Investitionen erhöhen sollen. Daneben sei § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG auch im Hinblick auf den baldigen Abschluß der Verfahren bei den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen eingeführt worden.

Die Ausschlußfrist sei auch für im Ausland lebende Antragsteller nicht zu kurz bemessen worden, weil auch diese ab 1990 von der Möglichkeit, vermögensrechtliche Ansprüche anzumelden, hätten Kenntnis erlangen können. Trotz des ursprünglichen Fehlens einer Ausschlußfrist habe wegen der Fülle der Anmeldungen nicht darauf vertraut werden dürfen, daß eine solche Frist nicht eingeführt werde. Soweit § 8 VermG zwischen im In- und im Ausland lebenden Berechtigten unterscheide, sei dies sachgerecht. Es sei kein Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber eine solche Unterscheidung auch im anders gelagerten Fall des § 30 a VermG hätte vornehmen müssen.

Auch die Nichtgeltung der Ausschlußfrist nach § 30 a Abs. 1 Satz 4 VermG für Ansprüche, die nach Art. 3 Abs. 9 Satz 2 des Abkommens zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigten Staaten von Amerika über die Regelung bestimmter Vermögensansprüche vom (BGBl II S. 1223) in das Vermögen der Bundesrepublik übergegangen sind, begründe keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 30 a VermG. Im Gegensatz zu anderen Anspruchstellern habe für die Bundesrepublik nicht die Möglichkeit bestanden, diese Ansprüche vor dem Inkrafttreten des Abkommens am anzumelden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Beschwerdeführer zurückgewiesen:

Die Frage, ob § 30 a VermG verfassungskonform dahin auszulegen sei, daß die Ausschlußfrist für Antragsteller im Ausland nicht gelte oder diesen bei unverschuldeter Versäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei, sei aufgrund der maßgebenden gesetzlichen Regelungen zu verneinen, ohne daß erst ein Revisionsverfahren durchgeführt werden müsse. Die Verfassungsmäßigkeit der Ausschlußfrist sei in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Die dabei angestellten Erwägungen träfen auch auf die Fälle zu, in denen ein potentieller Anmelder im Ausland gewohnt habe. Daß die Anmeldefrist auch für diesen Personenkreis nicht unzumutbar kurz gewesen sei, belegten nicht nur die zahlreichen rechtzeitig eingegangenen Anmeldungen aus allen Teilen der Welt, sondern werde auch am Fall der Beschwerdeführer deutlich. Diese hätten schon 1990 Kenntnis davon gehabt, daß ihre Großeltern Eigentümer eines Hauses gewesen seien. Auch wenn sie dessen genaue Lage seinerzeit nicht gekannt hätten, wäre es ihnen ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, fristwahrend vermögensrechtliche Ansprüche geltend zu machen und dann den Standort des Grundstücks zu ermitteln.

Auch mit der Frage, ob die Frist des § 30 a VermG bei der Anmeldung von Entschädigungsansprüchen ebenfalls als Ausschlußfrist wirke, sei die behauptete Grundsätzlichkeit nicht dargelegt, weil die Beschwerde sich zur Feststellung des Verwaltungsgerichts, in bezug auf die Entschädigungsanträge sei die Ausschlußfrist im Hinblick auf die Vielzahl der Anmeldungen und die erhebliche Belastung der Ämter gerechtfertigt gewesen, nicht verhalte.

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 und Art. 103 Abs. 1 GG durch die genannten Gerichtsentscheidungen.

a) Die Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a VermG durch die Beschwerdeführer beruhe auf staatlichem Fehlverhalten, weil sie über die Änderung des Vermögensgesetzes durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz nicht hinreichend in Kenntnis gesetzt worden seien. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt stelle ausschließlich die Kenntnisnahme durch im Inland lebende Personen sicher. Die Behandlung der Neuregelung in den aktuellen Medien habe in Frankreich nicht in gleicher Weise stattgefunden wie in der Bundesrepublik. Die Beschwerdeführer hätten auch von der Möglichkeit, einen Re-stitutionsantrag bei einem unzuständigen Vermögensamt zu stellen, unverschuldet keine Kenntnis gehabt. Im übrigen hätte die Stellung eines Antrags auch keinen Sinn gehabt, weil sie nicht in der Lage gewesen wären, ihre Angaben zu präzisieren.

Bei der Prüfung einer Nachsichtgewährung habe das Verwaltungsgericht willkürlich differenziert. Es habe verkannt, daß niemandem vorgeworfen werden könne, ein Recht in einem bestimmten Zeitraum nicht geltend gemacht zu haben, wenn in diesem Zeitraum eine Frist für die Rechtsverfolgung nicht bestanden habe. Statt dessen hätte die besondere Situation der Beschwerdeführer, die erst im September 1993 konkrete Informationen über die Lage des beanspruchten Grundstücks erlangt hätten, berücksichtigt werden müssen.

Die durch § 30 a Abs. 1 Satz 4 VermG bewirkte Bevorzugung von Ansprüchen, die aufgrund des Pauschalentschädigungsabkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen seien, gegenüber den Ansprüchen von Antragstellern mit Wohnsitz im Ausland verstoße gegen den Gleichheitssatz und sei willkürlich. Die rein fiskalischen Interessen des Bundes dürften nicht höher bewertet werden als die Ansprüche privater Antragsteller.

b) Der Nichtzulassungsbeschluß des Bundesverwaltungsgerichts verstoße gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Er gehe auf ihr Vorbringen zur Vergleichbarkeit des vorliegenden Falls mit den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen für eine Nachsichtgewährung bei Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a VermG nicht ein und verkenne ferner ihren Vortrag, daß das gesetzliche Ziel dieser Vorschrift durch die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nicht berührt werde.

c) Gegen Art. 14 Abs. 1 GG werde durch die angegriffenen Entscheidungen ebenfalls verstoßen. Der (VIZ 1999, S. 146) lasse sich auf Entschädigungsansprüche nicht übertragen. Durch die Zulassung solcher Ansprüche auch noch nach 1992 würden weder Rechtsunsicherheiten geschaffen noch In-vestitionen verhindert und auch die Verkehrsfähigkeit nicht eingeschränkt. Wenn 1992 nahezu alle Anmeldeberechtigten von der Möglichkeit der Anmeldung schon Gebrauch gemacht hätten oder dies im Rahmen der neu eingeführten Frist noch hätten tun können, so sei die Zahl derjenigen, die innerhalb der Frist einen Entschädigungsanspruch nicht angemeldet hätten, gering. Soweit diesem Personenkreis eine Entschädigung gewährt werde, führe dies zu keiner Rechtsunsicherheit. Es fehle somit an wichtigen Allgemeininteressen für den Ausschluß bloßer Entschädigungszahlungen.

d) Da § 30 a VermG verfassungswidrig sei, liege auch ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG vor. Die Regelung unterscheide im Gegensatz zu § 8 Abs. 1 Satz 1 VermG nicht zwischen im Inland und im Ausland lebenden Antragstellern. Es liege auf der Hand, daß der Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des § 30 a VermG am und dem Ablauf der Frist Ende 1992 jedenfalls für einen Teil der im Ausland lebenden Antragsteller völlig unzureichend bemessen gewesen sei. Da zu diesem Zeitpunkt schon nahezu alle Anmeldungen vorgelegen hätten, habe aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit kein Bedürfnis nach einer so knapp bemessenen Ausschlußfrist und erst recht kein Grund dafür bestanden, die sonst übliche Differenzierung für Antragsteller im Ausland außer acht zu lassen. Zu berücksichtigen sei auch, daß vermögensrechtliche Ansprüche nach der ursprünglichen, fast zwei Jahre gültig gewesenen Regelung unbefristet hätten angemeldet werden können.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die den angegriffenen Entscheidungen zugrunde liegende Vorschrift des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG ist nicht verfassungswidrig.

a) Sie ist mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar, der Art. 2 Abs. 1 GG verdrängt (vgl. BVerfGE 79, 292 <304>; 85, 219 <223>).

Die Kammer hat mit Beschluß vom (vgl. VIZ 1999, S. 146) klargestellt, daß es sich bei § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG, sofern noch nicht angemeldete vermögensrechtliche Ansprüche den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG genießen, um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt. Diese Entscheidung bezieht sich zwar ausdrücklich nur auf die Anmeldung von Rückübertragungsansprüchen. Für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen gilt jedoch nichts anderes.

aa) Auch insoweit ist die Anmeldefrist durch gewichtige Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt. Sie dient zwar im Hinblick auf Entschädigungsansprüche nicht der Beseitigung von Investitionshemmnissen und der Gewährleistung des Rechtsverkehrs. Denn die Verfügungsbeschränkungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG werden nach dessen Sinn und Zweck nur durch Anträge auf Rückübertragung ausgelöst (vgl. Redeker/ Hirtschulz/Tank, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neu- haus, Vermögensgesetz, § 3 VermG Rn. 203 <Stand: August 1997>; Wasmuth, in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand: März 1999, § 3 VermG Rn. 195). Die Ausschlußfrist ist aber in erster Linie im Interesse eines baldigen Abschlusses vermögensrechtlicher Verfahren eingeführt worden (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 55). Dieses Interesse besteht für Restitutions- und für Entschädigungsverfahren gleichermaßen. Wegen der Vielzahl der bis zum Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes eingegangenen Anmeldungen und der damit verbundenen erheblichen Arbeitsbelastung für die zuständigen Ämter bestand die Notwendigkeit zur Einführung einer Schlußfrist, um eine möglichst zügige Bearbeitung der Anmeldungen gewährleisten zu können. Hinsichtlich der Anträge auf Entschädigungen verfolgte der Gesetzgeber zudem das fiskalische Interesse, zum Zwecke der Finanzplanung einen möglichst genauen Überblick über bestehende Entschädigungsansprüche zu erhalten (vgl. Wasmuth, a.a.O., § 30 a VermG Rn. 10). Auch dieser Zweck rechtfertigt angesichts der angespannten Haushaltslage die Anordnung einer für den erstrebten Erfolg sowohl geeigneten als auch erforderlichen Ausschlußfrist für die Anmeldung von Entschädigungsansprüchen.

bb) Den Berechtigten war aus den im Kammerbeschluß vom genannten Erwägungen auch zuzumuten, ihre Entschädigungsansprüche innerhalb der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG geltend zu machen. Dies gilt auch für Antragsteller mit Wohnsitz im Ausland. Über die Wiedervereinigung Deutschlands wurde weltweit in den Medien berichtet. Potentiellen Antragstellern im Ausland war es daher möglich, sich rechtzeitig zu erkundigen, ob und inwiefern hinsichtlich im Beitrittsgebiet belegener Vermögenswerte, die ihren früheren Eigentümern unter nationalsozialistischer Herrschaft oder in der Deutschen Demokratischen Republik entzogen worden waren, die Möglichkeit bestand, Ansprüche geltend zu machen.

Hier war den Beschwerdeführern diese Möglichkeit seit 1990 bekannt. Sie hätten daher ohne weiteres ihre vermögensrechtlichen Ansprüche innerhalb der Ausschlußfrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG anmelden können. Dem stand nicht entgegen, daß sie bis September 1993 keine Kenntnis von der genauen Lage des in Rede stehenden Grundstücks hatten. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche vom (GBl I S. 718) waren mit der Anmeldung Angaben zu Art, Umfang und Ort der Belegenheit der Vermögenswerte nur zu machen, soweit diese Umstände dem Anspruchsteller bekannt waren. Auch § 30 Abs. 1 Satz 1 VermG schreibt Angaben zu Sachverhalten, die dem Antragsteller nicht bekannt waren, nicht vor. Vielmehr hat die Behörde nach § 31 Abs. 1 b Satz 1 VermG zur Präzisierung von Anträgen aufzufordern, wenn nicht festzustellen ist, welcher Vermögenswert Gegenstand des Antrags ist. Daß die Beschwerdeführer bis September 1993 zu einer solchen Präzisierung nicht in der Lage waren, vermag die Unzumutbarkeit einer fristgerechten Anmeldung ihres vermögensrechtlichen Anspruchs nicht zu begründen, weil § 31 Abs. 1 b VermG auch erst mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz eingeführt worden ist, sie aber ihre vermögensrechtlichen Ansprüche schon vorher hätten anmelden können.

Die Wahrung der Anmeldefrist war für im Ausland lebende Antragsteller auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie mit der Einführung einer Ausschlußfrist nicht hätten rechnen müssen. Die Lage solcher Antragsteller war nicht grundsätzlich anders als diejenige von im Inland wohnhaften Antragstellern. Zwar ist davon auszugehen, daß im Ausland entweder nicht oder nicht im gleichen Maße wie im Inland über die knapp zwei Jahre nach der Wiedervereinigung erfolgte Einführung der Ausschlußfrist berichtet wurde. Potentiellen Antragstellern im Ausland konnte aber ohne weiteres zugemutet werden, etwa durch Beauftragung eines Rechtsanwalts dafür Sorge zu tragen, daß sie über Änderungen der Rechtslage in der Bundesrepublik, die ihre etwaigen vermögensrechtlichen Ansprüche betreffen könnten, zeitnah unterrichtet werden. Der Gesetzgeber war daher im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG weder zur Bekanntmachung solcher Gesetzesänderungen im Ausland noch dazu verpflichtet, dort lebenden Berechtigten eine längere Anmeldefrist oder bei unverschuldeter Fristversäumung einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einzuräumen.

b) § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Der Gesetzgeber ist nach dieser Vorschrift nicht gehindert, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl das unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Er muß allerdings im Rahmen des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend würdigen und prüfen, ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen läßt und nicht willkürlich ist (vgl. BVerfGE 80, 297 <311>).

Diesen Anforderungen wird § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG gerecht. Wie im Kammerbeschluß vom und oben zu Art. 14 GG schon dargelegt, dient die Ausschlußfrist für die Anmeldung von Rückübertragungs- und Entschädigungsansprüchen legitimen Zielen. Im Hinblick auf die große Zahl der bis zur Einführung dieser Frist erfolgten Anmeldungen konnte der Gesetzgeber auch davon ausgehen, daß nahezu alle Anmeldeberechtigten von der Anmeldemöglichkeit Gebrauch gemacht hatten oder zumindest hätten machen können. Im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit durfte er in Kauf nehmen, daß die verhältnismäßig wenigen bis zum nicht angemeldeten vermögensrechtlichen Ansprüche endgültig ausgeschlossen wurden.

Gerade aus diesem Grund stellt sich die Ausschlußfrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG als sachgerecht dar. Es läßt sich daher aus der nachvollziehbaren Annahme, daß nach dieser Vorschrift nur wenige Ansprüche ausgeschlossen sind, nicht herleiten, daß der Gesetzgeber keine Anmeldefrist hätte einführen dürfen. Dies hätte bedeutet, daß vermögensrechtliche Ansprüche zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden könnten und infolgedessen, bezogen auf Rückübertragungsansprüche, weiterhin die Verkehrsfähigkeit vieler Grundstücke im Beitrittsgebiet eingeschränkt wäre und Investitionshemmnisse bestünden sowie, bezogen auf Entschädigungsansprüche, für den Bund der Umfang der zu leistenden Entschädigungen nicht absehbar wäre. Dieser Effekt wäre auch eingetreten, wenn der Gesetzgeber im Ausland lebende Antragsteller von der Anmeldefrist ausgenommen hätte. Er war daher dazu auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nicht verpflichtet.

bb) Eine solche Verpflichtung war auch nicht deswegen geboten, weil § 8 Abs. 1 Satz 1 VermG Berechtigten mit Sitz oder Wohnsitz im Ausland die Möglichkeit, statt der Rückübertragung Entschädigung zu wählen, für einen längeren Zeitraum einräumt als inländischen Berechtigten. Die Ausübung des Wahlrechts setzt voraus, daß innerhalb der Anmeldefrist überhaupt ein vermögensrechtlicher Anspruch angemeldet worden ist. Damit ist der mit § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG angestrebte Zweck erreicht. Dies rechtfertigt es, in § 8 Abs. 1 Satz 1 VermG im Gegensatz zu § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG Berechtigte im Ausland günstiger zu stellen als solche im Inland.

cc) Der Gesetzgeber hat weiter nicht dadurch gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, daß er in § 30 a Abs. 1 Satz 4 VermG Ansprüche von der Ausschlußfrist ausgenommen hat, die nach Art. 3 Abs. 9 Satz 2 des Regierungsabkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika vom in das Vermögen der Bundesrepublik übergegangen sind, ohne gleichzeitig Antragsteller im Ausland von der Beachtung der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG freizustellen. Das Zustimmungsgesetz zu diesem Abkommen vom (BGBl II S. 1222) trat nach seinem Art. 3 Abs. 1 am in Kraft. Nach der genannten Vorschrift des Abkommens gehen Rechtstitel amerikanischer Staatsangehöriger, die keine Ansprüche nach dem Vermögensgesetz geltend machen wollen, mit der Feststellung des nach dem Abkommen von der Bundesregierung an die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zu zahlenden endgültigen Überweisungsbetrags auf die Bundesrepublik über. Das Zustimmungsgesetz sah mithin wenige Tage vor Ablauf der Ausschlußfrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG am vor, daß die Bundesrepublik noch nach Fristablauf vermögensrechtliche Ansprüche erwerben solle. Der Gesetzgeber ist also offenbar schon 1992 davon ausgegangen, daß diese im Zeitpunkt des Rechtsübergangs noch durchsetzbar und nicht bereits seit langem verfristet sind. Denn andernfalls hätte die Anordnung des Rechtsübergangs keinen Sinn ergeben (so auch die Begründung des Entwurfs des Vermögensrechtsbereinigungsgesetzes, BTDrucks 13/10246, S. 17). Es ist daher konsequent und sachgerecht, daß für die übergegangenen Ansprüche die Ausschlußfrist nicht gilt.

Dagegen konnten, wie zu Art. 14 GG dargelegt, Antragsteller im Ausland, insbesondere auch die Beschwerdeführer, ihre Ansprüche grundsätzlich innerhalb der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG geltend machen. Dieser Sachverhalt unterscheidet sich danach von dem, der § 30 a Abs. 1 Satz 4 VermG zugrunde liegt, so sehr, daß die von den Beschwerdeführern für notwendig erachtete Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht geboten ist.

2. Auch die angegriffenen Gerichtsentscheidungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie lassen weder Auslegungsfehler erkennen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Reichweite von Grundrechten beruhen, noch sind sie willkürlich noch verletzen sie grundrechtsgleiche Rechte der Beschwerdeführer (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f., 96>).

a) Nach der von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG ausnahmsweise unbeachtlich, wenn sie auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückgeht, ohne deren korrekte Beachtung der Anmelder seine Rechte nicht wahren kann, und wenn durch die Berücksichtigung der verspäteten Anmeldung der Zweck dieser Vorschrift nicht verfehlt würde (vgl. BVerwGE 101, 39 <45>; BVerfG, Beschluß der 1. Kammer des Ersten Senats, VIZ 1999, S. 146 <147>). Die angegriffenen Entscheidungen haben auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hier ein staatliches Fehlverhalten verneint. Das ist verfassungsrechtlich ebenfalls unbedenklich, weil nach den obigen Ausführungen der Gesetzgeber nicht verpflichtet war, die Einführung der Ausschlußfrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG im Ausland in geeigneter Weise bekanntzumachen, Antragsteller im Ausland von dieser Frist auszunehmen oder ihnen zumindest bei unverschuldeter Fristversäumung einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einzuräumen. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, daß die Verwaltungsgerichte Bedeutung und Tragweite der Grundrechte der Beschwerdeführer verkannt oder willkürlich gehandelt haben könnten.

b) Der Nichtzulassungsbeschluß des Bundesverwaltungsgerichts verletzt auch nicht den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör.

aa) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei geht das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich davon aus, daß die Gerichte dieser Pflicht tatsächlich nachkommen. Sie sind nicht verpflichtet, sich in den Gründen ihrer Entscheidung ausdrücklich mit jedem Vorbringen zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Gehörsverstoß festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, daß Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch nicht erwogen worden ist. Geht ein Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in seiner Entscheidung nicht ein, läßt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 86, 133 <145 f.>).

bb) Gemessen daran verstößt der angegriffene Nichtzulassungsbeschluß nicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Beschluß darauf hingewiesen, daß die Beschwerdeführer ihre vermögensrechtlichen Ansprüche ohne weiteres fristwahrend hätten geltend machen können. Es hat damit klar zum Ausdruck gebracht, daß nach seiner Auffassung die Fristversäumung durch die Beschwerdeführer nicht auf staatliches Fehlverhalten zurückzuführen ist und deshalb nach seiner Rechtsprechung eine Nachsichtgewährung nicht in Betracht kommt. Eine Verpflichtung, dies ausdrücklich in den Entscheidungsgründen darzulegen, bestand nicht.

Auf das Vorbringen der Beschwerdeführer, die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach Fristablauf stehe den mit § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG verfolgten Zielen nicht entgegen, ist das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls eingegangen, indem es festgestellt hat, daß die Beschwerdeführer in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu nichts bemerkt hätten. Daß letzteres nicht zutreffe, haben die Beschwerdeführer nicht vorgetragen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).

Fundstelle(n):
BAAAB-85354