Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4;
Gründe
A.
Die Antragsteller wenden sich mit ihren Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Regelungen zum automatisierten Abruf von Kontostammdaten, der zu Zwecken der Erhebung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie der Überprüfung der Berechtigung für Sozialleistungen erfolgen kann.
I.
Die Antragstellerin zu 1a ist ein inländisches Kreditinstitut. Der Antragsteller zu 1b, ein Rechtsanwalt und Notar, unterhält Bankkonten bei der Antragstellerin zu 1a. Die Antragstellerin zu 2a bezieht Wohngeld; der Antragsteller zu 2b erhält Sozialhilfe.
II.
Die Antragsteller rügen die durch Art. 2 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom (BGBl I S. 2928, 2931) in die Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl I S. 3866, 2003 I S. 61; im Folgenden: AO) eingefügten Vorschriften des § 93 Abs. 7 und 8 und des § 93 b. Sie halten diese für verfassungswidrig.
§ 93 AO lautet nunmehr, soweit hier maßgeblich, wie folgt:
Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen
(7) Die Finanzbehörde kann bei den Kreditinstituten über das Bundesamt für Finanzen einzelne Daten aus den nach § 93 b Abs. 1 zu führenden Dateien abrufen, wenn dies zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern erforderlich ist und ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziele geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.
(8) Knüpft ein anderes Gesetz an Begriffe des Einkommensteuergesetzes an, soll die Finanzbehörde auf Ersuchen der für die Anwendung des anderen Gesetzes zuständigen Behörde oder eines Gerichtes über das Bundesamt für Finanzen bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93 b Abs. 1 zu führenden Dateien abrufen und der ersuchenden Behörde oder dem ersuchenden Gericht mitteilen, wenn in dem Ersuchen versichert wurde, dass eigene Ermittlungen nicht zum Ziele geführt haben oder keinen Erfolg versprechen.
§ 93 b AO lautet:
Automatisierter Abruf von Kontoinformationen
(1) Kreditinstitute haben die nach § 24 c Abs. 1 des Kreditwesengesetzes zu führende Datei auch für Abrufe nach § 93 Abs. 7 und 8 zu führen.
(2) Das Bundesamt für Finanzen darf auf Ersuchen der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach Absatz 1 zu führenden Dateien im automatisierten Verfahren abrufen und sie an die ersuchende Finanzbehörde übermitteln.
(3) Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Datenabrufs und der Datenübermittlung trägt in den Fällen des § 93 Abs. 7 die ersuchende Finanzbehörde, in den Fällen des § 93 Abs. 8 die ersuchende Behörde oder das ersuchende Gericht.
(4) § 24 c Abs. 1 Satz 2 bis 6, Abs. 4 bis 8 des Kreditwesengesetzes gilt entsprechend.
Der Aufgabenbereich des Bundesamtes für Finanzen wurde durch Art. 3 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit entsprechend erweitert (§ 5 Abs. 1 Nr. 24 des Finanzverwaltungsgesetzes).
Der Anwendungsbereich der in § 93 b AO in Bezug genommenen Regelung des § 24 c des Kreditwesengesetzes (KWG) ist durch die angegriffene Neuregelung ausgeweitet worden. Nunmehr ist der Zugriff auf die nach § 24 c KWG zu führende Datei auch zu den Zwecken des Datenabrufs nach § 93 Abs. 7 und 8, § 93 b AO möglich.
§ 24 c KWG lautet:
Automatisierter Abruf von Kontoinformationen
(1) Ein Kreditinstitut hat eine Datei zu führen, in der unverzüglich folgende Daten zu speichern sind:
1. die Nummer eines Kontos, das der Verpflichtung zur Legitimationsprüfung im Sinne des § 154 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung unterliegt, oder eines Depots sowie der Tag der Errichtung und der Tag der Auflösung,
2. der Name, sowie bei natürlichen Personen der Tag der Geburt, des Inhabers und eines Verfügungsberechtigten sowie der Name und die Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten (§ 8 Abs. 1 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten).
Bei jeder Änderung einer Angabe nach Satz 1 ist unverzüglich ein neuer Datensatz anzulegen. Die Daten sind nach Ablauf von drei Jahren nach der Auflösung des Kontos oder Depots zu löschen. Im Falle des Satzes 2 ist der alte Datensatz nach Ablauf von drei Jahren nach Anlegung des neuen Datensatzes zu löschen. Das Kreditinstitut hat zu gewährleisten, dass die Bundesanstalt (scil.: für Finanzdienstleistungsaufsicht) jederzeit Daten aus der Datei nach Satz 1 in einem von ihr bestimmten Verfahren automatisiert abrufen kann. Es hat durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ihm Abrufe nicht zur Kenntnis gelangen.
(2) und (3) ...
(4) Die Bundesanstalt protokolliert für Zwecke der Datenschutzkontrolle durch die jeweils zuständige Stelle bei jedem Abruf den Zeitpunkt, die bei der Durchführung des Abrufs verwendeten Daten, die abgerufenen Daten, die Person, die den Abruf durchgeführt hat, das Aktenzeichen sowie bei Abrufen auf Ersuchen die ersuchende Stelle und deren Aktenzeichen. Eine Verwendung der Protokolldaten für andere Zwecke ist unzulässig. Die Protokolldaten sind mindestens 18 Monate aufzubewahren und spätestens nach zwei Jahren zu löschen.
(5) Das Kreditinstitut hat in seinem Verantwortungsbereich auf seine Kosten alle Vorkehrungen zu treffen, die für den automatisierten Abruf erforderlich sind. Dazu gehören auch, jeweils nach den Vorgaben der Bundesanstalt, die Anschaffung der zur Sicherstellung der Vertraulichkeit und des Schutzes vor unberechtigten Zugriffen erforderlichen Geräte, die Einrichtung eines geeigneten Telekommunikationsanschlusses und die Teilnahme an dem geschlossenen Benutzersystem sowie die laufende Bereitstellung dieser Vorkehrungen.
(6) Das Kreditinstitut und die Bundesanstalt haben dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit zu treffen, die insbesondere die Vertraulichkeit und Unversehrtheit der abgerufenen und weiter übermittelten Daten gewährleisten. Den Stand der Technik stellt die Bundesanstalt im Benehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in einem von ihr bestimmten Verfahren fest.
(7) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung Ausnahmen von der Verpflichtung zur Übermittlung im automatisierten Verfahren zulassen. Es kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.
(8) Soweit die Deutsche Bundesbank Konten für Dritte führt, gilt sie als Kreditinstitut im Sinne der Absätze 1, 5 und 6.
Die angegriffenen Regeln erlauben die Feststellung der Existenz von Konten und Depots und die Verknüpfung mit dem Inhaber beziehungsweise Verfügungsberechtigten oder wirtschaftlich Berechtigten, nicht aber einen Zugriff auf die "Inhalte" der Konten oder Depots.
Das Bundesministerium der Finanzen hat am Änderungen in Bezug auf den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) mit Regelungen zu § 93 AO verfügt. Danach darf der Kontenabruf zum Zwecke der Steuererhebung nach § 93 Abs. 7 AO nur anlassbezogen und zielgerichtet erfolgen, er muss im Einzelfall erforderlich sein und sich auf eine eindeutig bestimmte Person beziehen (Nr. 2.3 AEAO). Vor dem Kontenabruf soll den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden, selbst Auskunft zu erteilen, es sei denn, der Ermittlungszweck würde dadurch gefährdet (Nr. 2.6 AEAO). Der Anwendungserlass regelt darüber hinaus die Benachrichtigung der Betroffenen in verschiedenen Verfahrensstadien (Nr. 2.7 bis 2.9 AEAO).
Für die Anwendung des § 93 Abs. 8 AO nimmt der Anwendungserlass unter anderem eine als abschließend bezeichnete Konkretisierung der Bereiche vor, für die ein Kontenabruf in Betracht kommt (Nr. 3.2 AEAO). Erfasst sind danach ausschließlich Behörden der Sozialverwaltung sowie die für die jeweilige Materie zuständigen Gerichte. Für den Kontenabruf ist die Subsidiarität in der Weise vorgesehen, dass er nicht als erforderlich angesehen wird, wenn es zur Aufklärung des Sachverhalts ein ebenso geeignetes, aber für den Betroffenen weniger belastendes Beweismittel gibt (Nr. 3.3 AEAO). Die ersuchende Behörde oder das ersuchende Gericht muss in dem Ersuchen die Rechtsgrundlage angeben und zugleich versichern, dass eigene Ermittlungen nicht zum Ziele geführt haben oder keinen Erfolg versprechen (Nr. 3.4 AEAO). Hinsichtlich der Unterrichtung der Betroffenen verweist der Anwendungserlass auf die nach den jeweiligen Gesetzen bestehenden Regelungen und Auskunftsansprüche (Nr. 3.7 AEAO).
III.
1. Die Antragsteller zu 1, die zugleich mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Verfassungsbeschwerde erhoben haben, rügen die Verletzung ihres durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gesicherten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, ihres Grundrechts auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und ihres Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. Die Kontostammdaten seien personenbezogene Daten. Der grundrechtliche Schutz vor dem Zugriff auf diese Daten stehe auch der Antragstellerin zu 1a als juristischer Person zu. Der Antragsteller zu 1b sei sowohl im Hinblick auf private eigene Konten als auch auf berufliche Konten, insbesondere Anderkonten seiner Klienten, grundrechtlich betroffen. Die Ermächtigung zur Erhebung der Kontostammdaten sei hinsichtlich der Voraussetzungen des Grundrechtseingriffs unbestimmt und unverhältnismäßig. Auch sei der Schutz des Vertrauensverhältnisses von Berufsgeheimnisträgern (insbesondere bei Anderkonten von Notaren und Rechtsanwälten) nicht berücksichtigt. Die Betroffenen würden über den Abruf nicht informiert und könnten sich deshalb gerichtlich nicht wehren. Eine nachträgliche Information, etwa durch Akteneinsicht, komme zu spät, um den Grundrechtseingriff abwehren zu können.
Der vom Bundesministerium der Finanzen verfügte Anwendungserlass zur Abgabenordnung ändere nichts an den verfassungsrechtlichen Bedenken. Zum einen könnten die verfassungsrechtlichen Mängel eines förmlichen Parlamentsgesetzes nicht im Wege einer Verwaltungsanweisung ausgeräumt werden. Darüber hinaus bleibe es dabei, dass das Gesetz unter Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG keine Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen möglicherweise rechtswidrige Datenabrufe vorsehe.
Der beantragte Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zur Vermeidung schwerer eigener Nachteile geboten. Die Antragsteller halten die Folgen bei Erlass einer einstweiligen Anordnung für weniger gewichtig als die bei In-Kraft-Treten des Gesetzes. Im letzteren Fall wären ab die Finanzbehörden und faktisch alle anderen Träger der öffentlichen Gewalt befugt, Kontostammdaten abrufen zu lassen. Es sei damit zu rechnen, dass innerhalb kürzester Zeit von dieser Möglichkeit umfangreich Gebrauch gemacht werden würde. Damit sei eine Vielzahl gravierender Eingriffe in ihre Grundrechte abzusehen.
Erginge dagegen die beantragte einstweilige Anordnung und erwiese sich das angegriffene Gesetz später als verfassungsgemäß, so würde damit zwar vorläufig verhindert, dass die Träger der öffentlichen Gewalt auf die Möglichkeit des Datenabrufs zurückgreifen könnten. Der Datenzugriff könne aber später nachgeholt werden.
2. Die Antragsteller zu 2, die zwischenzeitlich ebenfalls Verfassungsbeschwerde erhoben haben (1 BvR 603/05), sehen sich als Bezieher von Wohngeld und von Sozialhilfe durch die angegriffenen Regelungen in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und in ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) verletzt. Sie rügen insbesondere, dass es an einem ausdrücklichen Katalog der betroffenen Sozialleistungsbereiche sowie an hinreichend bestimmten und justiziablen Voraussetzungen für den Abruf der Kontostammdaten, an einer Pflicht zur Unterrichtung der Betroffenen sowie einer neutralen Kontrolle durch Datenschutzbeauftragte fehle. Auch hätte gesetzlich geklärt werden müssen, wer in der Behördenhierarchie die Befugnis zur Stammdatenerhebung habe. Die Mängel seien derart gravierend, dass die Folgenabwägung zu ihren Gunsten ausgehen müsse.
IV.
Die Bundesregierung und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz haben zu den Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Stellung genommen.
1. Namens der Bundesregierung sieht das Bundesministerium der Finanzen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung als nicht gegeben an. Es hält das Verfahren in der Hauptsache teilweise für unzulässig, jedenfalls aber für offensichtlich unbegründet.
Auch eine Folgenabwägung ergebe, dass die Anträge abzulehnen seien. Die Nachteile, die bei einem Außervollzugsetzen der angegriffenen Bestimmungen für die Allgemeinheit eintreten würden, überwögen bei weitem. Der Finanzverwaltung bliebe ein zentrales Instrument zur Sicherstellung eines gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze vorenthalten; den Behörden der Leistungsverwaltung würde ohne Kontenabruf eine Möglichkeit genommen, den Missbrauch von Sozialleistungen zu verhindern.
2. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz äußert erhebliche Zweifel, ob durch die Regelung des Kontenabrufs die Grundsätze der Normenklarheit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt sowie hinreichende verfahrenssichernde Maßnahmen getroffen sind.
B.
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind unbegründet.
I.
Gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Kann Letzteres nicht festgestellt werden, muss der Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens also als offen angesehen werden, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde später aber Erfolg hätte, gegen die Nachteile abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 104, 51 <55>; 105, 365 <370 f.>; stRspr).
Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, ist bei der Folgenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 3, 41 <44>; 104, 51 <55>; stRspr). Das Bundesverfassungsgericht darf von seiner Befugnis, das In-Kraft-Treten eines Gesetzes zu verzögern, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, da der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung stets ein erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist. Ein Gesetz darf deshalb nur dann vorläufig am In-Kraft-Treten gehindert werden, wenn die Nachteile, die mit seinem In-Kraft-Treten nach späterer Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit verbunden wären, in Ausmaß und Schwere die Nachteile deutlich überwiegen, die im Falle der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsgemäß erweisenden Gesetzes einträten (vgl. BVerfGE 104, 23 <27>; 104, 51 <55>; stRspr). Bei dieser Folgenabwägung sind die Auswirkungen auf alle von dem Gesetz Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur bezogen auf die Antragsteller (vgl. -, JURIS).
Im Zuge der Folgenabwägung kann bedeutsam werden, ob die zur Anwendung der angegriffenen Norm befugten Stellen in der Zeit bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde im Rahmen des Gesetzes Vorkehrungen treffen, die zu einer Abmilderung oder Beseitigung der von den Antragstellern geltend gemachten Nachteile führen. Wird dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung der Erfolg mit Rücksicht auf solche Vorkehrungen auf der Anwendungsebene versagt und zeigt sich vor der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, dass die Vorkehrungen zur Nachteilsbegrenzung nicht ausreichen oder dass die Behörden ihre Praxis zum Nachteil der Antragsteller ändern, kann das Bundesverfassungsgericht auf Antrag oder von Amts wegen (vgl. BVerfGE 1, 74 <75>; 46, 337 <338>) einstweiligen Rechtsschutz gewähren.
II.
Die von den Antragstellern bereits erhobenen Verfassungsbeschwerden sind hinsichtlich des wesentlichen Teils der geltend gemachten Grundrechtsrügen nicht von vornherein unzulässig. Sie sind auch nicht offensichtlich unbegründet. Im Verfahren über die Verfassungsbeschwerden wird unter anderem zu prüfen sein, ob die angegriffenen Regelungen den Anforderungen der Gesetzesbestimmtheit und der Verhältnismäßigkeit gerecht werden. Angesichts der Offenheit des Ausgangs eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens ist über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Zuge einer Folgenabwägung zu entscheiden. Diese geht zu Lasten der Antragsteller aus.
1. Erginge die beantragte einstweilige Anordnung und erwiese sich das angegriffene Gesetz später als verfassungsgemäß, so würde damit vorläufig verhindert, dass die zuständigen Behörden und Gerichte auf die Möglichkeit des Datenabrufs nach § 93 Abs. 7 und 8 AO zurückgreifen können. Die damit verbundenen Nachteile sind gewichtig. Eine gesetzlich neu geschaffene Möglichkeit zur Kontrolle von Voraussetzungen der Erhebung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Sozialleistungen und zur Verhinderung des Missbrauchs solcher Leistungen wäre nicht eröffnet.
a) Verwaltung und Gerichten würde ein Instrument zur Tatsachenermittlung vorenthalten, das zum gleichmäßigen Vollzug von Abgaben- und Sozialleistungsgesetzen beitragen soll. Die Gleichmäßigkeit der Erhebung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Verhinderung des Bezugs von Sozialleistungen bei Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen sind gewichtige Gemeinwohlbelange. Wird bei der Abgabenerhebung die Gleichheit im Belastungserfolg verfehlt, kann dies sogar zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen der Abgabenerhebung führen (so BVerfGE 84, 239 <268 ff.>; 110, 94 <112 ff.> zur Steuererhebung).
b) Darüber hinaus entfiele die Koppelung der neuen Ermittlungsmöglichkeiten an das Auslaufen der Steueramnestie, wenn das Gesetz nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt in Kraft träte.
Die Befugnisse zum Abruf der Kontostammdaten, die in den nach § 24 c KWG geführten Dateien enthalten sind, hat der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Gesetz über die strafbefreiende Erklärung (Strafbefreiungserklärungsgesetz - StraBEG) vom (BGBl I S. 2928), dem Art. 1 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit, eingeführt. Das Strafbefreiungserklärungsgesetz räumt denjenigen, die in der Vergangenheit Steuern verkürzt hatten, bis zum die Möglichkeit ein, durch Korrektur der steuererheblichen Angaben und Entrichtung einer pauschalen Abgabe Strafbefreiung oder Befreiung von Geldbußen zu erlangen (so genannte Steueramnestie). Die parallel dazu neu geschaffene Ermittlungsbefugnis soll den Finanzbehörden bessere Möglichkeiten zur Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Steuerpflichtigen und damit zum gleichmäßigen Vollzug der Steuergesetze nach Ablauf der Steueramnestie eröffnen. Zugleich wird diese Ermittlungsbefugnis im Rahmen des § 93 Abs. 8 AO den Behörden der Sozialleistungsverwaltung und den Gerichten eröffnet. Der verbesserte Gesetzesvollzug soll nach dem Willen des Gesetzgebers einen "Beitrag zum Rechtsfrieden" leisten (so BTDrucks 15/1309, S. 1).
c) Die Kontenabfrage führt zur Effektivierung bestehender Ermittlungsmöglichkeiten.
Mit der Eröffnung der neuen Ermittlungsbefugnis will der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Grundlage für den einzelfallbezogenen, bedarfsgerechten und gezielten Zugriff auf Kontostammdaten und damit zur Erlangung der Kenntnis über das Bestehen von Konten schaffen (vgl. BTDrucks 15/1309, S. 2). Diese Kenntnis führt noch nicht zur Ermittlung der für belastende oder begünstigende Maßnahmen hinreichenden Tatsachen, ermöglicht aber weitere Ermittlungen, um sie aufzufinden. Die neuen Ermittlungsbefugnisse treten zu den Ermittlungsbefugnissen hinzu, die den im Zuge der Amtsermittlung (vgl. § 88 Abs. 1 AO, § 20 SGB X) tätig werdenden Behörden schon jetzt zustehen.
An der Erfassung der tatsächlichen Grundlagen der Besteuerung haben die Steuerpflichtigen dadurch mitzuwirken, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen legen (§ 90 Abs. 1 AO). Da diese Pflicht erfahrungsgemäß nicht stets befolgt wird, ermöglichen die den Finanzbehörden zustehenden Befugnisse bei einem hinreichenden Anlass gemäß § 93 Abs. 1 AO schon bisher, Auskünfte über die bei Kreditinstituten verfügbaren Vorgänge zu verlangen. Ein hinreichender Anlass für Ermittlungsmaßnahmen wird in der Rechtsprechung bejaht, wenn auf Grund konkreter Anhaltspunkte oder auf Grund allgemeiner Erfahrungen die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt (vgl. BFHE 199, 451 <470>). Ist der Finanzbehörde ein Konto des Steuerpflichtigen jedoch nicht bekannt, kann sie Auskünfte nach § 93 Abs. 1 AO vom Kreditinstitut nicht verlangen; angesichts der Zahl von über 2.400 Kreditinstituten in Deutschland scheitern Nachfragen bei allen Kreditinstituten praktisch an dem dafür erforderlichen Aufwand. Dem begegnet die Neuregelung durch die Möglichkeit, mithilfe des automatisierten Abrufs der Kontostammdaten zunächst zu erfahren, bei welchen Kreditinstituten der Steuerpflichtige Konten unterhält.
Auch für den Vollzug der von der Neuregelung erfassten Sozialgesetze sind Mitwirkungspflichten und -lasten der Betroffenen vorgesehen (insbesondere §§ 60 ff. SGB I), darunter die zur Angabe der zur Feststellung eines Anspruchs erforderlichen Tatsachen (vgl. auch etwa § 46 Abs. 3 BAföG) und Pflichten zur Erteilung von Auskünften (vgl. etwa § 117 SGB XII). Die angegriffene Neuregelung reagiert auf Defizite bei der Erfüllung dieser Vorgaben und erlaubt nunmehr auch im Bereich der Sozialleistungen den Zugriff auf Kontostammdaten, um Anknüpfungspunkte für weitere Ermittlungen zu gewinnen.
Die neuen Ermittlungsmöglichkeiten entfielen beim Erlass der einstweiligen Anordnung mit dem Risiko des Fortbestands von Vollzugsdefiziten im Steuer- und Sozialrecht.
2. Träte das angegriffene Gesetz am in Kraft, wären die betroffenen Behörden und gemäß § 93 Abs. 8 AO auch Gerichte befugt, Kontostammdaten abrufen zu lassen und damit personenbezogene Informationen zu gewinnen, die auf diese Weise vorher nicht zugänglich waren. Die Auswirkungen auf die Steuerpflichtigen (a) und unter ihnen auf Berufsgeheimnisträger (b) sind teilweise andere als für die von den Auskunftsersuchen der Behörden der Sozialverwaltung Betroffenen (c) sowie für die zur Auskunft verpflichteten Kreditinstitute (d). In allen Fällen aber treten die Nachteile hinter diejenigen zurück, die beim Nicht-In-Kraft-Treten des Gesetzes für die Allgemeinheit zu erwarten wären, jedenfalls solange die im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) vom verfügten Einschränkungen der Kontenabfrage beim Gesetzesvollzug beachtet werden.
a) Die für die Besteuerung zuständige Behörde erhielte beim In-Kraft-Treten des angegriffenen Gesetzes die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Bestehen oder Nichtbestehen von Konten und Depots des Steuerpflichtigen, die insbesondere in Verbindung mit anderen Informationen Rückschlüsse auf persönliche Verhältnisse erlauben. Da die Ermächtigung einen automatisierten Abruf vorsieht, bestehen technisch einfache Möglichkeiten zur Verknüpfung solcher Daten mit anderen. Die gewonnenen Informationen, die sämtlich vom Steuergeheimnis (§ 30 AO) geschützt sind, können weitere Ermittlungen zur Steuererhebung auslösen.
Der im Rahmen der Folgenabwägung maßgebende Nachteil für den Steuerpflichtigen besteht nicht darin, dass den Finanzbehörden auf diese Weise einzelne der für die Besteuerung maßgebenden tatsächlichen Umstände bekannt werden können und die Steuer dementsprechend nach den gesetzlichen Vorgaben festgesetzt werden kann, sondern in der Kenntnis personenbezogener Daten über das Bestehen von Konten und Depots, die zur weiteren Ermittlung von steuererheblichen Tatsachen genutzt werden kann. Die Steuerpflichtigen sind zur Offenlegung der steuererheblichen Tatsachen verpflichtet, grundsätzlich aber nicht zur Angabe von Konten (vgl. etwa § 30 a Abs. 4 sowie § 150 AO). Daran ändert die Neuregelung zwar nichts, erlaubt aber eine Kenntniserlangung über Konten und Depots ohne Mitwirkung des Steuerpflichtigen. Wie gewichtig die damit verbundenen Nachteile sind, hängt auch davon ab, ob der Abruf der Kontostammdaten an einengende Tatbestandsmerkmale, insbesondere an einen hinreichenden Anlass, geknüpft oder ob er ohne nähere Voraussetzungen, etwa rastermäßig, oder in großem Umfang möglich ist (aa). Ferner ist erheblich, ob der Betroffene ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten hat (bb).
aa) Die Neuregelung knüpft die zusätzlichen Ermittlungsbefugnisse an tatbestandliche Voraussetzungen, die auch sonst bei finanzbehördlichen Ermittlungen gelten. So setzt § 93 Abs. 7 AO voraus, dass der Abruf zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern erforderlich ist. Die Anforderungen an die Erforderlichkeit werden nicht näher umschrieben, so dass die allgemein bei der steuerlichen Ermittlung maßgebenden Anforderungen zu beachten sind (siehe oben unter B II 1 c). Inhaltlich hängt mit dem Grundsatz der Erforderlichkeit die weitere Voraussetzung zusammen, dass ein an den Steuerpflichtigen selbst gerichtetes Auskunftsersuchen nicht zum Erfolg geführt hat oder keinen Erfolg verspricht. Dies ist die gleiche Einschränkung, die für Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 AO gilt. Ferner sind die allgemein für Ermessensakte der Finanzverwaltung maßgebenden Grenzen zu beachten (vgl. § 5 AO). Damit schließt das Gesetz die Ermittlungen von Kontostammdaten "ins Blaue hinein" oder durch anlasslosen rasterhaften Abgleich aller Konten aus.
Im Rahmen der hier allein vorzunehmenden Folgenabwägung bedarf es keiner Klärung, ob es verfassungsrechtlich geboten ist, für den automatisierten Abruf der Kontostammdaten weitere, insbesondere strengere Anforderungen zu stellen als allgemein für steuerliche Ermittlungsmaßnahmen. Der vom Bundesministerium der Finanzen verfügte Anwendungserlass zur Abgabenordnung konkretisiert jedenfalls die Schutzvorkehrungen für die Betroffenen. So betont der Anwendungserlass, dass ein Abruf der Kontostammdaten nur anlassbezogen und zielgerichtet und unter Bezugnahme auf eindeutig bestimmte Personen zulässig ist (Nr. 2.3 AEAO). Der Erlass schreibt in Nr. 2.6 ferner vor, dass dem Betroffenen zunächst Gelegenheit zu geben ist, selbst Auskunft über seine Konten und Depots zu erteilen und entsprechende Unterlagen vorzulegen, es sei denn, der Ermittlungszweck würde dadurch gefährdet. Damit kann der Betroffene seinen ohnehin gegebenen Mitwirkungspflichten nach § 90 AO nachkommen und den Datenzugriff beim Kreditinstitut vermeiden. Auch diese Vorgabe schließt einen Kontenabruf in großem Umfang ohne Prüfung der Erforderlichkeit im Einzelfall aus. Durch diese Vorkehrungen sind die möglichen Belastungen durch die neuen Ermittlungsbefugnisse deutlich abgeschwächt.
bb) Das Gewicht des Nachteils für den Betroffenen hängt auch von der Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes ab. Die Inanspruchnahme von Rechtsschutz setzt voraus, dass der Steuerpflichtige Kenntnis von der Maßnahme hat. Die Möglichkeit, effektiven Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, setzt überdies voraus, dass die Abfrage und der zu ihr führende Anlass hinreichend dokumentiert sind.
(1) Da § 24 c Abs. 1 Satz 5 und 6 KWG einen automatisierten und gegenüber dem Kreditinstitut heimlichen Abruf vorsieht, muss die Kenntnisnahme durch den Steuerpflichtigen auf andere Weise gesichert sein. Der Steuerpflichtige erhält jedenfalls Kenntnis, wenn ihm der bevorstehende oder erfolgte Abruf im Zuge der Ermittlungen mitgeteilt wird. Eine solche Mitteilung liegt auch im Interesse der Behörde, da ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen erfahrungsgemäß zu größerem Erfolg führt, wenn er mit Sanktionen bei unrichtigen oder unvollständigen Informationen rechnen muss. Da der Hinweis auf eine Abfrage von Kontostammdaten wegen des Risikos anschließender Ermittlungen eine solche Sanktion sein und damit den Ermittlungserfolg fördern kann, schafft § 93 Abs. 7 AO einen Anreiz für die Finanzbehörden, auf die Abrufmöglichkeit oder das Bevorstehen eines Abrufs bei Nichterfüllung des Auskunftsersuchens hinzuweisen. Unterbleibt der Hinweis, können die sonstigen Ermittlungsmaßnahmen gegebenenfalls dem Grundsatz der Erforderlichkeit widersprechen und deswegen rechtswidrig sein.
Werden über einen ohne vorherige Information des Betroffenen erfolgten Abruf Konten ermittelt und dient dies als Anlass für weitere Nachforschungen oder für den Erlass oder die Korrektur von Steuerbescheiden oder sonstigen Verwaltungsakten, kann die Tatsache des Abrufs in der Begründung für darauf aufbauende Maßnahmen angeführt sein. Die dadurch bewirkte Kenntnis ermöglicht nachträglichen Rechtsschutz. Eine Sicherheit der nachträglichen Information des Betroffenen über den Abruf besteht insofern allerdings nicht.
Inanspruchnahme und Gewährung von Rechtsschutz können nicht nur an fehlender Kenntnis, sondern auch daran scheitern, dass die Abrufmaßnahme nicht so dokumentiert wird, dass ihre Rechtmäßigkeit effektiv überprüft werden kann. § 93 AO sieht die Dokumentation nicht vor. Die in § 24 c Abs. 4 KWG vorgesehene Protokollierung darf nach Satz 2 nur für Datenschutzzwecke genutzt werden, steht also nicht in Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit einer durch den Datenzugriff ermöglichten Verwaltungsentscheidung zur Verfügung.
(2) Die möglichen Mängel in der Vorsorge für effektiven Rechtsschutz werden jedoch durch den Anwendungserlass zur Abgabenordnung und die zum Abruf der Daten vorgesehenen Formulare derart abgemildert, dass eine einstweilige Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht vor der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden nicht geboten ist.
(a) Der Anwendungserlass sieht Informationen des Betroffenen auf verschiedene Weise vor. Schon mit der an ihn gerichteten Anforderung von Auskünften soll darauf hingewiesen werden, dass ein Kontenabruf bei nicht hinreichender Sachaufklärung durch die Beteiligten möglich ist (Nr. 2.6 AEAO). Ist der Abruf der Kontostammdaten erfolgt und hat sich herausgestellt, dass Konten oder Depots vorhanden sind, die der Beteiligte auf Nachfrage nicht angegeben hatte, ist er über das Ergebnis des Kontenabrufs zu informieren. Hierbei ist der Beteiligte darauf hinzuweisen, dass die Finanzbehörde das betroffene Kreditinstitut nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO um Auskunft ersuchen kann, wenn ihre Zweifel durch die Auskunft des Beteiligten nicht ausgeräumt werden (Nr. 2.7 Abs. 1 AEAO). Wurden die Angaben des Beteiligten durch einen Kontenabruf bestätigt, ist der Beteiligte gleichwohl über die Durchführung des Abrufs zu informieren, beispielsweise durch einen Hinweis im Steuerbescheid (Nr. 2.8 AEAO).
Die in Nr. 2.7 AEAO vorgesehene vorhergehende Information des Betroffenen unterbleibt allerdings, wenn durch sie der Ermittlungszweck gefährdet wird oder sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass eine Aufklärung durch den Beteiligten selbst nicht zu erwarten ist. In diesen Fällen ist der Beteiligte nachträglich über die Durchführung des Kontenabrufs zu informieren (Nr. 2.7 Abs. 2 AEAO).
Auf Grund dieser Verwaltungsanweisungen ist grundsätzlich eine vorherige, jedenfalls aber eine nachfolgende Information des Betroffenen sichergestellt, die es ihm in einer für das vorliegende Verfahren des Eilrechtsschutzes hinreichenden Weise erlaubt, Rechtsschutz nach Maßgabe der dafür geltenden allgemeinen Grundsätze zu erlangen.
(b) Die Effektivität des Rechtsschutzes wird gestützt, wenn die Anforderung, Kontostammdaten abzurufen, schriftlich oder elektronisch dokumentiert ist. Dies sehen die zurzeit im Bundesministerium für Finanzen vorbereiteten Formulare vor. Gefordert wird in ihnen unter anderem die Angabe des Aktenzeichens des Vorgangs bei der ersuchenden Behörde, so dass die Gerichte Möglichkeiten zur Überprüfung des Erhebungsanlasses und der sonstigen rechtlichen Voraussetzungen des Ersuchens haben.
b) Soweit die Stammdaten von Konten und Depots eines Berufsgeheimnisträgers im Sinne des § 102 AO - wie dem Antragsteller zu 1b - zum Zwecke der Ermittlung seiner Steuerpflicht abgerufen werden, ist er genauso betroffen wie andere Inhaber von Konten und Depots. Führen die Kontostammdaten des Berufsgeheimnisträgers allerdings zu weiteren Ermittlungen, die rechtserhebliche Tatsachen mit Bezug auf andere Personen - etwa die Mandanten - offenbaren, kann dies Auswirkungen auf seine berufliche Tätigkeit haben.
Ob - wie der Antragsteller zu 1b befürchtet - durch den von ihm nicht veranlassten automatisierten Abruf der Daten das Vertrauensverhältnis zu Dritten in rechtserheblicher Weise beeinträchtigt werden kann, bedarf im Rahmen der hier vorzunehmenden Folgenabwägung keiner Klärung. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung trägt einer möglichen Beeinträchtigung dadurch hinreichend Rechnung, dass er bei einem Kontenabruf im Verfahren der Besteuerung eines Berufsgeheimnisträgers eine zusätzliche Abwägung zwischen der besonderen Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht des Berufsgeheimnisträgers und der Bedeutung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gebietet. Ferner wird ausdrücklich untersagt, Kontrollmitteilungen über Anderkonten der Berufsgeheimnisträger zu fertigen, die in deren Besteuerungsverfahren festgestellt werden (Nr. 2.5 Abs. 2 AEAO). Damit besteht auch insoweit kein Anlass für eine einstweilige Anordnung.
c) Die nach § 93 Abs. 8 AO auf Anforderung der Behörden der Sozialleistungsverwaltung oder der Gerichte erhobenen Kontostammdaten sind in gleicher Weise personenbezogen wie die nach § 93 Abs. 7 AO erlangten. Auch unterliegen sie dem Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I). Die Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze, insbesondere der Normenbestimmtheit und der Sicherung effektiven Rechtsschutzes, hat für die Antragsteller zu 2 gleiches Gewicht wie für die Antragsteller zu 1. Im Zusammenwirken mit dem Anwendungserlass und den für das Ersuchen vorgesehenen Formularen werden die möglichen Nachteile für die Betroffenen so weit ausgeräumt, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung vor der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden angesichts des öffentlichen Interesses am In-Kraft-Treten des Gesetzes nicht geboten ist.
Als Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen kann der Anwendungserlass allerdings nur die zu dessen Geschäftsbereich zählenden Behörden binden, also die Finanzbehörden und das Bundesamt für Finanzen. Die ersuchenden Behörden sowie die Gerichte sind beim Vollzug des Gesetzes durch den Anwendungserlass demgegenüber nicht unmittelbar gebunden. Eine einstweilige Anordnung ist gleichwohl nicht geboten, weil davon auszugehen ist, dass die ersuchten Behörden solchen Ersuchen keine Folge leisten werden, die den Anforderungen des Anwendungserlasses und den für das Abrufersuchen vorgesehenen Formularen nicht genügen. § 93 Abs. 8 AO ermöglicht dies durch seinen als Sollvorschrift ausgestalteten Tatbestand.
aa) § 93 Abs. 8 AO ist allerdings nicht zuverlässig zu entnehmen, welche Bereiche der Sozialverwaltung betroffen sind und welche Behörden und Gerichte dementsprechend das Abrufersuchen vornehmen dürfen. Die in § 93 Abs. 8 AO vorgesehene Anknüpfung eines anderen Gesetzes an "Begriffe des Einkommensteuergesetzes" ist schon deshalb nicht eindeutig, weil nicht geklärt wird, welche im Einkommensteuergesetz benutzten Begriffe solche dieses Gesetzes sind. Überdies richten sich die Rechtmäßigkeitsanforderungen an ein Ersuchen um Abruf der Kontostammdaten anders als bei § 93 Abs. 7 AO nicht nach der Abgabenordnung und den Steuergesetzen, sondern ergeben sich aus den für die ersuchenden Stellen maßgebenden sozialrechtlichen Gesetzen. Damit wirkt sich die Unsicherheit über den Anwendungsbereich von § 93 Abs. 8 AO auch auf das Auffinden der Rechtmäßigkeitsanforderungen aus. Allerdings benennt der Anwendungserlass in Nr. 3.2 die Anwendungsbereiche unter Bezugnahme auf entsprechende Gesetze. Ferner bestimmt er, dass ein Kontenabruf in anderen Fällen unzulässig ist, das Ersuchen also von der Finanzbehörde abgelehnt werden muss. Dazu ist sie im Rahmen der Sollregelung des § 93 Abs. 8 AO berechtigt. Damit werden die Anwendungsmöglichkeiten durch den Erlass eingegrenzt, so dass eine einstweilige Anordnung auch hier ausscheidet, solange nach diesen Grundsätzen verfahren wird.
bb) § 93 Abs. 8 AO sieht vor, dass die ersuchte Behörde das Ersuchen ausführen soll, wenn die ersuchende Stelle versichert, dass ihre eigenen Ermittlungen nicht zum Ziele geführt haben oder keinen Erfolg versprechen. Da die Bindung der Finanzbehörde nur im Rahmen einer Sollvorschrift besteht, braucht die Finanzbehörde das Ersuchen nicht zu befolgen, wenn es Gründe gibt, es nicht auszuführen, etwa bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Versicherung oder an dem Vorliegen sonstiger Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen.
In diesem Zusammenhang verlangt das für das Ersuchen vorgesehene Formular Erläuterungen zu den Gründen des Ersuchens, darunter auch zu dessen Erforderlichkeit. Dies ermöglicht es, die Beachtung der in Nr. 3.3 AEAO formulierten Subsidiarität der Kontenabfragemöglichkeit einer Plausibilitätskontrolle zu unterwerfen. Von dieser Kontrollmöglichkeit wird auch die in Nr. 3.4 Abs. 2 AEAO vorgesehene Regelung erfasst, nach der die Versicherung, dass eigene Ermittlungen nicht zum Ziele geführt haben, nur ausreichen kann, wenn der Betroffene auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs ausdrücklich hingewiesen worden ist, es sei denn, der Ermittlungszweck würde dadurch gefährdet.
cc) § 93 Abs. 8 AO könnte im Hinblick auf effektiven Rechtsschutz insofern Bedenken auslösen, als eine Dokumentation des Ersuchens und die Information des Betroffenen über das bevorstehende oder erfolgte Ersuchen nicht vorgesehen sind. Auch insofern sorgen jedoch der Anwendungserlass und ergänzend das für das Ersuchen vorgesehene Formular für Korrektive, die dazu führen, dass einstweiliger Rechtsschutz nicht geboten ist.
Hinsichtlich der Voraussetzungen zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes verweist Nr. 3.7 AEAO auf Informationspflichten der Behörde und Auskunftsrechte der Betroffenen nach dem für die ersuchende Behörde maßgeblichen Recht, etwa § 67 a Abs. 5 Satz 1, § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB X, sowie ergänzend auf die Informationsmöglichkeiten nach den Datenschutzgesetzen. Dadurch trägt der Erlass dem Umstand Rechnung, dass ein Rechtsschutzbegehren sich an die ersuchende Behörde zu richten hat und das Bundesministerium der Finanzen nicht befugt ist, auf das für diese anwendbare Recht Einfluss zu nehmen. Konsequenterweise verweist Nr. 3.8 AEAO auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht oder dem Sozialgericht. Implizit geht der Anwendungserlass von der Annahme aus, dass der Betroffene spätestens dann, wenn die Kontenabfrage zu rechtlichen Folgen bei der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen oder der Festsetzung oder Korrektur von Sozialleistungen führt, Kenntnis von ihr erlangt und nach Maßgabe der Rechtsschutzmöglichkeiten die Gerichte anrufen kann.
Die rechtsschutzfähige Dokumentation des Abrufvorgangs wird dadurch gesichert, dass das in Vorbereitung befindliche Formular die Schriftlichkeit des Ersuchens und die Angabe des Aktenzeichens des Vorgangs, der das Ersuchen auslöst, verlangt.
d) Die den Kreditinstituten durch die Abrufmöglichkeit drohenden Nachteile sind ebenfalls nicht so gewichtig, dass eine einstweilige Anordnung zu erlassen ist. Bei der Bewertung der Nachteile muss die schon durch § 24 c KWG bewirkte Pflicht zur Führung der Datei außer Ansatz bleiben. Die mit der zusätzlichen Nutzung dieser Datei für Zwecke des § 93 Abs. 7 und 8 AO verbundenen Kosten der Kreditinstitute sind vergleichsweise gering. Da die Bank gegenüber ihren Kunden nicht treuwidrig handelt, wenn eine Behörde kraft gesetzlicher Ermächtigung ohne Kenntnis und Mitwirkung der Bank automatisiert Daten aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung errichteten Datei abruft, ist entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführerin zu 1a auch eine Verletzung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses nicht zu befürchten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2005 S. 251 Nr. 3
DB 2005 S. 754 Nr. 14
DStRE 2005 S. 482 Nr. 8
INF 2005 S. 281 Nr. 8
CAAAB-85105