Instanzenzug:
Gründe
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nahm die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als Erwerberin eines Handelsgeschäfts bei Firmenfortführung gemäß § 191 Abs. 1 und 4 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 25 des Handelsgesetzbuchs (HGB) wegen Umsatzsteuerrückständen des früheren Betreibers mit Haftungsbescheid vom in Anspruch. Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin im Wesentlichen vortrug, mangels jeglicher Vereinbarungen mit dem Vorbetreiber kein Handelsgeschäft erworben und auch die Firma des Einzelunternehmens nicht fortgeführt, sondern lediglich den Namen auf dem Gaststättenschild beibehalten zu haben, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) stellte fest, dass Hotel und Gaststätte bis zum von dem späteren Arbeitnehmer der Klägerin als Einzelunternehmen und anschließend von der Klägerin in denselben Räumlichkeiten mit demselben Inventar und unter Verwendung der restlichen Warenbestände, des Firmenlogos und der bisherigen Telefon- und Faxnummer betrieben wurden. Im Übrigen bezog es sich auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und die Notwendigkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Die Klägerin hat den behaupteten Verfahrensmangel nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Wird ein Verfahrensmangel geltend gemacht, so muss der Beschwerdeführer ausgehend von der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG insbesondere für eine Rüge, das FG habe seine Überzeugung nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dartun, dass das FG eine aktenkundige Tatsache nicht berücksichtigt hat und dass diese Tatsache auch aus der Sicht des FG entscheidungserheblich gewesen sei (, BFH/NV 2002, 1337).
Die Klägerin macht als Verfahrensverstoß geltend, das FG habe wegen der Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Sachverhalt hinsichtlich des nicht vorhandenen Vertragsverhältnisses zwischen dem Steuerschuldner und der Klägerin als Haftungsschuldnerin nicht gewürdigt. Sie zeigt aber weder auf, dass dieser behauptete Sachverhalt vorher noch nicht aktenkundig war, noch dass das Fehlen vertraglicher Vereinbarungen zwischen dem früheren und dem nachfolgenden Betreiber aus Sicht des FG entscheidungserheblich gewesen sein könnte.
Tatsächlich hat das FG, wie dem Tatbestand des Urteils zu entnehmen ist, diese Sachverhaltsdarstellung der Klägerin zur Kenntnis genommen. In der Einspruchsentscheidung hat sich das FA —und mit seiner Bezugnahme auf diese Ausführungen auch das FG— mit diesem Vortrag auseinander gesetzt. Im Ergebnis kam es für die Entscheidung nicht darauf an, ob die Klägerin mit dem Vorbetreiber vertragliche Vereinbarungen geschlossen hatte. Denn nach Auffassung des FA und ihm folgend des FG ist für die Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB nicht Voraussetzung, dass die Fortführung des Geschäfts auf einem rechtsgeschäftlichen Erwerb beruht, und der Haftungsausschluss nach § 25 Abs. 2 HGB wird verneint, weil die Klägerin dem FA die Möglichkeit einer Haftungsfreistellung erstmals mehr als acht Monate nach Übernahme der Betriebes und damit verspätet mitgeteilt habe.
2. Auch den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt.
a) Grundsätzliche Bedeutung hat die aufgeworfene Rechtsfrage nur, wenn sie klärungsbedürftig ist. Ist sie dagegen bereits geklärt, fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 112/99, BFH/NV 2001, 766; vom X B 87/00, BFH/NV 2001, 1383). Die von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage, ob die Voraussetzungen für die Haftung nach § 25 HGB auch dann gegeben sind, wenn kein Vertragsverhältnis zwischen einem den Geschäftsbetrieb aufgebenden Gewerbetreibenden und einem dessen bisherige Geschäftsräume vom Grundstückseigentümer direkt anmietenden Gewerbetreibenden besteht, ist geklärt. Mit Urteil vom VII R 72/88 (BFH/NV 1992, 360) —auf das das FA in der Einspruchsentscheidung ausdrücklich Bezug genommen hat— hat der Senat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angeschlossen, der eine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB bei Fortführung eines gepachteten Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma für die Verbindlichkeiten des Vorpächters auch dann angenommen hat, wenn zwischen dem Erwerber und dem Vorpächter keine rechtsgeschäftlichen Beziehungen bestanden haben. Die Klägerin hat sich mit dieser einschlägigen Entscheidung nicht auseinander gesetzt, insbesondere fehlen Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage im Gefolge dieser Entscheidung noch umstritten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2004, 1524, m.w.N.).
b) Auch mit der Frage, ob wegen fehlender Vertragsbeziehungen zwischen Vorbetreiber und Fortführendem der Letztere einseitig einen Haftungsausschluss i.S. des § 25 Abs. 2 HGB rechtswirksam erklären kann, ist die grundsätzliche Bedeutung nicht dargetan. Der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erfordert, dass die Rechtsfrage im Revisionsverfahren klärungsfähig ist. An der Klärungsfähigkeit fehlt es, wenn das FG seine Entscheidung auch auf einen anderen als den vom Beschwerdeführer für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsgrund gestützt hat, der die Entscheidung ebenfalls trägt, jedoch nur zu der nicht allein entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung geltend gemacht wird, während zu der rechtserheblichen Begründung des FG ein Zulassungsgrund für die Revision nicht dargetan ist.
Die Klägerin hat die Klärungsfähigkeit nicht dargelegt. In den Vorentscheidungen wird der Haftungsausschluss nach § 25 Abs. 2 HGB schon deshalb verneint, weil die Klägerin dem FA die Möglichkeit einer Haftungsfreistellung erstmals mehr als acht Monate nach Übernahme des Betriebes und damit verspätet mitgeteilt hat. Gegen diese die Entscheidung —unbeschadet der von der Klägerin aufgeworfenen Frage— tragenden Erwägungen macht die Beschwerde keinen Zulassungsgrund wirksam geltend. Entgegen der Annahme der Klägerin hat das FG den Zeitpunkt der erstmaligen Mitteilung des Haftungsausschlusses an das FA im Urteil festgestellt, indem es sich die Entscheidungsgründe der Einspruchsentscheidung zu Eigen gemacht hat. Dagegen hat die Klägerin keine zulässige Verfahrensrüge erhoben, so dass der Senat in einem Revisionsverfahren daran ebenso gebunden wäre wie an die tatrichterliche Würdigung dieser erstmaligen Geltendmachung als verspätet (§ 118 Abs. 2 FGO).
3. Da mit der Beschwerde keine klärungsbedürftige und der Klärung fähige Rechtsfrage bezeichnet wird, ist auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) nicht ausreichend dargelegt (Senatsbeschluss vom VII B 263/02, BFH/NV 2003, 835).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1110 Nr. 6
VAAAB-82041