Oberfinanzdirektion Koblenz - S 0338 A - St 35 2

Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren (§ 165 Abs. 1 AO);
Ruhenlassen von außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren (§ 363 Abs. 2 AO);
Aussetzung der Vollziehung (§ 361, § 69 Abs. 2 FGO);
Vorläufigkeitskatalog

(BStBl 2005 I S. 794) und vom (BStBl 2005 I S. 952)
Verfügung vom - S 0338 A - St 35 2
Vfg. vom - S 0338 A - St 35 2
Vfg. vom - S 0338 A - St 35 2

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die Anlage („Vorläufigkeitskatalog”) zum (BStBl 2005 I S. 794), zuletzt neu gefasst durch (BStBl 2005 I S. 952; bekannt gegeben durch Verfügung vom  – S 0338 A – St 35 2), mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst (Änderungen gegenüber der bisherigen Fassung sind hervorgehoben):

„Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte vorläufig vorzunehmen:

1. a)

Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG) – für Veranlagungszeiträume vor 2005 –

1. b)

Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) – für Veranlagungszeiträume ab 2005 –

2.

Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG

3.

Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für Veranlagungszeiträume ab 2000

4.

Besteuerung der Einkünfte aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG für Veranlagungszeiträume ab 2000

5.

Anwendung des § 24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) für Veranlagungszeiträume ab 2004

6.

Anwendung des § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003

7.

Anwendung des § 32c EStG für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 2000

8.

Höhe des Behinderten-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 3 EStG)

9.

Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom (BGBl 2003 I S. 3076, 2004 I S. 69) geänderten Vorschriften

10.

Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 1 umfasst auch die beschränkte Abziehbarkeit von Beiträgen zu Krankenversicherungen.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 2 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume vor 2005 beizufügen.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß den Nummern 3 und 4 ist Einkommensteuerbescheiden nur beizufügen, wenn die Summe der im Veranlagungszeitraum erzielten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG positiv ist; Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 9 in Verbindung mit § 10d Abs. 4 EStG ist er nicht beizufügen. Wird mit einem Rechtsbehelf die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG geltend gemacht, ist abweichend von Abschnitt IV des (BStBl 2005 I S. 794) auf Antrag des Steuerpflichtigen Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, wenn der Rechtsbehelf einen Veranlagungszeitraum ab 1999 betrifft ( BStBl 2005 II S. 287). Aufgrund einer personellen Anweisung kann der Vorläufigkeitsvermerk gemäß den Nummern 3 und 4 auch Einkommensteuerbescheiden für den Veranlagungszeitraum 1999 sowie Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften für Veranlagungszeiträume ab 1999 beigefügt werden.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 5 umfasst nur die Frage, ob § 24b EStG Ehegatten in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Es ist daher Einkommensteuerfestsetzungen nur beizufügen, wenn ein Fall des § 26 Abs. 1 EStG und der Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG vorliegt.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 6 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen mit einer Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG beizufügen. Er umfasst sowohl die Frage, ob die Abschmelzung des Haushaltsfreibetrags (§ 32 Abs. 7 EStG) verfassungswidrig ist, als auch die Frage, ob § 32 Abs. 7 EStG Ehegatten in verfassungswidriger Weise benachteiligt.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 7 ist auch Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften beizufügen. Abweichend von Abschnitt IV des (BStBl 2005 I S. 794) ist auf Antrag des Steuerpflichtigen Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, soweit in dem angefochtenen Bescheid die einem Organträger zugerechneten Einkommen oder Einkommensteile der Organgesellschaft nicht in die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG einbezogen worden sind (BFH-Beschlüsse vom , BStBl 1998 II S. 608, und vom , BStBl 2003 II S. 661).

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 9 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2004, sämtlichen Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften für Feststellungszeiträume ab 2004, sämtlichen Festsetzungen der Arbeitnehmer-Sparzulage für Kalenderjahre ab 2004, sämtlichen Körperschaftsteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2004 und sämtlichen Bescheiden über die Feststellungen nach den §§ 27, 28, 37 und 38 KStG für Veranlagungszeiträume ab 2005 beizufügen.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 10 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen sowie sämtlichen Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften beizufügen. Aufgrund einer personellen Anweisung kann er auch Körperschaftsteuerfestsetzungen beigefügt werden.”

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht und steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internet-Seiten des Bundesministeriums der Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik Steuern – Veröffentlichungen zu Steuerarten – Abgabenordnung bereit.

Zusatz der OFD:

1. Vorläufige Festsetzung der Einkommensteuer bezüglich der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen

Festsetzungen der Einkommensteuer sind nach o. a. BMF-Schreiben hinsichtlich der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen vorläufig vorzunehmen. Der maschinelle Vorläufigkeitsvermerk ist bereits insofern programmtechnisch angepasst, dass er für Veranlagungszeiträume vor 2005 hierzu auf § 10 Abs. 3 EStG und für Veranlagungszeiträume ab 2005 auf § 10 Abs. 3, 4, 4a EStG verweist.

Der X. Senat des  – dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Beschränkung des Sonderabgabenabzugs von Krankenversicherungsbeiträgen verfassungsgemäß ist (Az. beim BverfG: 2 BvL 1/06). Die geltenden gesetzlichen Höchstbeträge ermöglichen es hiernach insbesondere privat versicherten Steuerpflichtigen mit Kindern nicht, in angemessenem Umfang Krankenversicherungsschutz zu erlangen. Bei der Besteuerung gebiete jedoch das subjektive Nettoprinzip, dass existenznotwendige Aufwendungen des Steuerpflichtigen steuerlich verschont blieben. Hierzu gehören auch Krankenversicherungsbeiträge, soweit sie dazu dienen, Versicherungsschutz in dem von den gesetzlichen Krankenversicherungen gewährten Umfang zu erlangen. Das hierzu anhängige Revisionsverfahren X R 20/04 wurde deshalb mit o. g. Beschluss ausgesetzt und der Sachverhalt an das Bundesverfassungsgericht verwiesen.

Die beschränkte Abziehbarkeit von Beiträgen zu Krankenversicherungen ist darüber hinaus auch Gegenstand weiterer anhängiger Verfassungsbeschwerdeverfahren: 2 BvR 274/03 (gegen das BStBl 2003 II S. 179) und 2 BvR 912/03 (gegen das BStBl 2003 II S. 650).

Krankenversicherungsbeiträge gehören kraft gesetzlicher Definition zu den Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 i. V. mitAbsatz 1 Nr. 2 Buchstabe aEStG für Veranlagungszeiträume vor 2005; § 10 Abs. 2 i. V. m. Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005). Nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder kann es daher nicht zweifelhaft sein, dass auch die beschränkte Abziehbarkeit von Beiträgen zu Krankenversicherungen generell von dem Vorläufigkeitsvermerk erfasst ist. Der Hinweis in o. a. BMF-Schreiben erfolgte demnach nur zur Klarstellung. Ich bitte die Einspruchsführer bei insoweit anhängigen Einspruchsverfahren hierauf zu verweisen und diese Einsprüche somit zurückzuweisen (vgl. AO-Katei zu § 165 Karte 1 undter II Nr. 2).

2. Vorläufige Feststellungen nach den §§ 27, 28, 37 und 38 KStG

Feststellung nach §§ 27, 28, 37 und 38 KStG sind nach o. a. BMF-Schreiben hinsichtlich der Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom (BGBl 2003 I S. 3076, BGBl 2004 I S. 69) geänderten Vorschriften für Veranlagungszeiträume ab 2005 vorläufig vorzunehmen.

Die programmtechnische Umsetzung eines maschinellen Vorläufigkeitsvermerks zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 steht momentan für den gesamten Bereich der Körperschaftsteuer (Körperschaftsteuerfestsetzungen lt. Vfg. vom und vorstehend genannte Feststellungen) noch aus.

Bis zur Programmumstellung bzgl. Punkt 9 des Vorläufigkeitskatalogs ist der Vorläufigkeitsvermerk auch bei Feststellungen nach §§ 27, 28, 37 und 38 KStG personell anzuweisen. Zu diesem Zweck ist zu Kennziffer 011010 der Wert „18” einzugeben. In die Feststellungsbescheide ab Veranlagungszeiträumen 2005 ist nachfolgender Text aufzunehmen:

„Die Festsetzung der Körperschaftsteuer ist im Hinblick auf die beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde 2 BvR 412/04 vorläufig hinsichtlich der Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom (BGBl 2003 I S. 3076, BGBl 2004 I S. 69) geänderten Vorschriften.

Die Vorläufigkeitserklärung erfasst nur die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar sind. Sie erfolgt aus verfahrenstechnischen Gründen und ist nicht dahin zu verstehen, dass die Regelungen als verfassungswidrig oder als gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßend angesehen werden. Änderungen dieser Regelungen werden von Amts wegen berücksichtigt; ein Einspruch ist insoweit nicht erforderlich.”

Sobald die Körperschaftsteuerfestsetzungen bzw. vorstehende Feststellungen maschinell gesteuert mit Vorläufigkeitsvermerken versehen werden, ergeht eine gesonderte Mitteilung.

Bezüglich der Feststellungen nach §§ 27, 28, 37 und 38 KStG anhängige Einspruchsverfahren sind lt. Bezugsverfügung vom in der Weise zu erledigen, dass die betreffenden Bescheide nachträglich für vorläufig erklärt werden, falls vom Einspruchsführer nach Aufforderung durch das Finanzamt keine anderen Gründe, die eine Verfahrensruhe rechtfertigen, angeführt werden.

Oberfinanzdirektion Koblenz v. - S 0338 A - St 35 2

Fundstelle(n):
EAAAB-81964