Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt in Bayern einen Einzelhandel mit Getränken sowie die Vermietung und den Verkauf von Zelten. Im Jahr 1992 meldete er im Fördergebiet eine weitere Betriebsstätte für die Vermietung und den Handel mit Hallen- und Zeltebedarf an.
Der Kläger beantragte für die in den Jahren 1994 bis 1996 angeschafften Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens seiner Betriebsstätte im Fördergebiet Investitionszulagen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt—FA—) setzte die Investitionszulage für 1994 auf 72 634 DM, für 1995 auf 89 779 DM und für 1996 auf 163 972 DM fest.
Nach einer Betriebsprüfung änderte das FA die Investitionszulagenbescheide und setzte die Investitionszulage für 1994 auf 972 €, für 1995 auf 4 772 € und für 1996 auf 15 735 € herab, weil die in den Jahren 1994 bis 1996 angeschafften Zelte, Hallen, Container und deren Zubehör nicht begünstigt seien. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die Wirtschaftsgüter gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 des Investitionszulagengesetzes 1993/1996 drei Jahre nach ihrer Anschaffung im Fördergebiet verblieben seien. Die Einsprüche des Klägers waren erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) vernahm die Tochter des Klägers sowie eine Lagerarbeiterin und Zeltreinigerin, die in der Betriebsstätte im Fördergebiet tätig gewesen war, als Zeuginnen. In seinem die Klage abweisenden Urteil führte das FG im Wesentlichen aus:
Nach seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den Zeugenaussagen gewonnenen Überzeugung seien die Hallen und Zelte nicht während des gesamten maßgebenden Dreijahreszeitraums in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verblieben. Der Kläger habe zwar nachträglich erstellte Listen über die Vermietung/Verwendung der in den Jahren 1994 bis 1996 angeschafften Hallen und Zelte vorgelegt, nach denen diese in ganz geringem Umfang außerhalb des Fördergebiets, in geringem Umfang im Fördergebiet vermietet worden und weitaus überwiegend in der Betriebsstätte im Fördergebiet gelagert gewesen seien. Diese Listen seien als Nachweis für das Verbleiben der Wirtschaftsgüter im Fördergebiet aber nicht geeignet, weil nicht glaubhaft sei, dass die in den Jahren 1994 bis 1996 angeschafften Zelte und Hallen überwiegend im Fördergebiet auf Lager gelegen hätten. Dem widerspreche, dass der Kläger von Jahr zu Jahr höhere Investitionen mit Fremdkapital für derartige Wirtschaftsgüter getätigt habe. Die vom Betriebsprüfer ermittelten anteiligen Erlöse bewiesen eindeutig, dass die überwiegenden „Zeltumsätze” nicht im, sondern außerhalb des Fördergebiets erzielt worden seien. Dieser Sachverhalt sei durch die Zeuginnen bestätigt worden. Die durch die Buchführung und die Zeugenaussagen belegten überwiegenden Umsätze „West” ließen auf einen überwiegenden zeitlichen Einsatz der Hallen und Zelte außerhalb des Fördergebiets schließen.
Der Kläger stützt seine Nichtzulassungsbeschwerde auf einen Verfahrensmangel (Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—), grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, das Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen eines schwerwiegenden Rechtsfehlers (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO).
Der Verfahrensfehler ergebe sich daraus, dass das FG seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt habe. Zum einen sei es bei seiner Überzeugungsbildung von Tatsachen ausgegangen, die sich nach Aktenlage und der Beweisaufnahme nicht ergeben hätten, und zum anderen habe es nach den Akten und der Beweisaufnahme sich ergebende Tatsachen unberücksichtigt gelassen.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts sei geboten, weil die Rechtsfrage zu klären sei, ob ein Gericht seine Überzeugungsbildung hinsichtlich des Vorliegens einer Vielzahl gleichgerichteter steuerlich relevanter Sachverhalte (Verbleibensvoraussetzungen) allein auf eine Indizienkette stützen könne, die sich lediglich anhand von subjektiv zu bewertenden Indizien ergebe oder ob zumindest für eine Generalisierung der streitigen Sachverhalte objektive Tatsachen —beispielsweise zumindest der konkrete Nachweis hinsichtlich eines einzelnen streitigen Sachverhalts (zulagenschädliche Vermietung)— vorliegen müssten. Ferner sei klärungsbedürftig, ob das Gericht eine Zeugenaussage, die keinen objektiven oder keinen objektiv nachprüfbaren Inhalt besitze, im Rahmen seiner Überzeugungsbildung verwenden könne oder ob es willkürlich handle, wenn es eine solche Aussage bei seiner Entscheidung in die eine oder andere Richtung auslege.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das FG hat nicht gegen die Verpflichtung verstoßen, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Mit dem Vorwurf, das FG habe seiner Entscheidung unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt, die sich aus der Vernehmung der Zeugin nicht ergeben hätten, und bei der Beweiswürdigung weder die früheren Investitionen noch die Jahresergebnisse/Fehlbeträge berücksichtigt noch die Aussage der Zeugin umfassend gewürdigt, rügt der Kläger keinen Verfahrensfehler. Vielmehr macht er mit seinem Vorbringen, die Schlussfolgerungen des FG seien mit dem Akteninhalt und dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht vereinbar, eine fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG geltend. Die Würdigung von Tatsachen und Beweisen ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH dem materiellen Recht zuzuordnen. Soweit die Beweiswürdigung des FG gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt, wie der Kläger vorträgt, liegt ein Rechtsanwendungsfehler vor, der eine Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom IX B 74/01, BFH/NV 2002, 1331; vom VI B 17/01, BFH/NV 2004, 338; vom VIII B 11/04, BFH/NV 2005, 1810, jew. m.w.N.).
2. Die vom Kläger gerügte fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung stellt auch keinen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung dar, der zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO die Zulassung der Revision erfordern würde (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, und vom III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474, jew. m.w.N.).
Eine Entscheidung ist nur dann (objektiv) willkürlich in diesem Sinn, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (Senatsbeschluss vom III B 54/02, BFH/NV 2002, 1488, m.w.N.). Greifbare Gesetzeswidrigkeit ist anzunehmen, wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (vgl. Senatsbeschluss vom III B 119/00, BFH/NV 2001, 1036).
Ein derartiger schwerwiegender Rechtsfehler ergibt sich aus der Beschwerdebegründung, die sich im Kern gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG richtet, nicht. Ordnungsgemäß geführte Prüfbücher, mit denen der Kläger den Nachweis über die Verwendung der einzelnen Hallen und Zelte hätte führen können, lagen dem FG nicht vor. Die Angaben in den nachträglich erstellten Listen hat das FG nicht für glaubhaft gehalten. Es hat aus verschiedenen Indizien geschlossen, dass die Hallen und Zelte während des Verbleibenszeitraums nicht —wie vom Kläger angegeben— überwiegend in der Betriebsstätte im Fördergebiet gelagert, sondern außerhalb des Fördergebiets eingesetzt gewesen seien. Durch die Aussagen der Zeuginnen sah das FG seine Schlussfolgerung bestätigt. Anhaltspunkte dafür, dass das Urteil des FG auf sachfremden Erwägungen beruht oder greifbar gesetzeswidrig ist, sind nicht erkennbar.
3. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.
Aufgrund welcher Tatsachen und Indizien das FG seine Überzeugung zu bilden hat, ob die Wirtschaftsgüter im Fördergebiet verblieben sind, insbesondere, welches Beweismaß das FG anzuwenden hat, ist keine allgemein klärbare Frage, sondern hängt von den Gegebenheiten des einzelnen Falles ab. Gleiches gilt für die im Zusammenhang mit der Würdigung von Zeugenaussagen aufgeworfene Rechtsfrage des Klägers.
Die Ausführungen des Klägers zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und zur Rechtsfortbildung richten sich im Kern ebenfalls gegen die nach seiner Ansicht fehlerhafte Würdigung der Tatsachen und der Beweisergebnisse durch das FG.
Soweit sich der Kläger gegen die vom FG dargelegten Rechtsauffassungen zur objektiven Beweislast wendet, zur Festsetzungsverjährung und zu dem Zeitraum, ab dem eine Verwendung außerhalb des Fördergebiets zulagenschädlich ist, führt er selbst aus, dass diese Rechtsauffassungen für die Entscheidung nicht erheblich waren.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1116 Nr. 6
AAAAB-81721