Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vermochten weder substantiiert darzulegen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (vgl. unten 1.), noch dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere (unten 2. und 3.). Auch haben sie einen Verfahrensmangel nicht schlüssig darlegen können (unten 5.).
1. a) Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen muss der Beschwerdeführer begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Fragen zweifelhaft und streitig sind. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit den zu der von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinander setzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung bislang keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32 und 33, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
b) Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung der Kläger nicht.
aa) Sie machen im Wesentlichen geltend, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) habe die vor dem Streitjahr (1993) vom Kläger veräußerten vier Objekte (Eigentumswohnungen) in bestandskräftigen und nicht mehr änderbaren Veranlagungen als private Vermögensverwaltung gewertet, so dass sie (Kläger) darauf hätten vertrauen dürfen, dass auch die im Streitjahr 1993 erfolgte Veräußerung des fünften Objekts („Eigentumswohnung Nr. 11”) nicht als Bestandteil eines vom Kläger betriebenen gewerblichen Grundstückshandels qualifiziert würde. Erst aufgrund einer im Jahr 1997 u.a. für das Streitjahr 1993 stattgefundenen Außenprüfung habe das FA ab 1985 einen gewerblichen Grundstückshandel des Klägers angenommen und darin auch den Verkauf aus dem Streitjahr 1993 einbezogen, obwohl zu diesem Zeitpunkt () der Fünf-Jahres-Zeitraum bereits verstrichen gewesen sei. Durch die unanfechtbar gewordenen Einkommensteuerbescheide der Vorjahre, insbesondere des Jahres 1991, habe das FA beim Kläger einen Vertrauenstatbestand geschaffen, an dem der Kläger seine künftigen Dispositionen habe ausrichten dürfen. Dies folge gerade auch aus der Tatsache, dass der Einkommensteuerbescheid 1991 nicht wie die Einkommensteuerbescheide der Vorjahre unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden habe. Das Verhalten des FA verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sowie gegen das Rechtsstaatsprinzip, „wonach rechtskräftige Entscheidungen der Staatsgewalt bei darauf aufbauenden Folgeentscheidungen zu berücksichtigen (seien) und nicht nachträglich durch die Hintertür trotz Rechtskraft aufgehoben werden (könnten)”. Die Beachtung dieser Prinzipien sei von grundsätzlicher Bedeutung; ihre Nichtbeachtung im vorliegenden Fall rechtfertige die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
bb) Mit diesen Ausführungen haben die Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihnen aufgeworfenen Rechtsfragen nicht hinreichend dargelegt. Es fehlt insbesondere an jeglicher Auseinandersetzung mit der zum Problem des Vertrauensschutzes sowie der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Zusammenhang mit der Festsetzung laufend veranlagter Steuern und dem dort zu beachtenden Abschnittsprinzip ergangenen —umfänglichen— höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. hierzu die zahlreichen Nachweise bei Kruse/Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 4 AO 1977 Rz. 147). Danach können aus einem Steuerbescheid grundsätzlich keine Schlüsse für die Zukunft gezogen werden; denn er bezieht sich auf die Vergangenheit. Bei jeder Veranlagung ist der Sachverhalt erneut festzustellen und rechtlich zu beurteilen, so dass die Finanzbehörde an die Sachbehandlung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht gebunden ist. Entgegen der offenbar von den Klägern vertretenen Ansicht gilt dies grundsätzlich auch dann, wenn —wie im vorliegenden Streitfall— die Steuerfestsetzungen für die früheren Veranlagungszeiträume (materiell) bestandskräftig geworden sind.
2. Aus denselben Gründen kommt in Bezug auf die unter 1. bezeichneten Rechtsfragen eine Zulassung der Revision auch nicht wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) in Betracht (zur Qualifikation dieses Zulassungsgrundes als speziellen Tatbestand der „Grundsatzrevision” vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 38).
Soweit die Kläger darüber hinaus eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts auch deswegen für erforderlich halten, weil das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) die bei Beurteilung eines Immobilienengagements nach der Rechtsprechung des BFH gebotene „Gesamtschau” vermissen lasse, fehlt es bereits an der notwendigen Herausarbeitung eines hinlänglich konkretisierten abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtssatzes, welchem eine grundsätzliche Bedeutung zukommen soll und hinsichtlich dessen das Recht fortgebildet werden muss (zu diesem Erfordernis vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 32, m.w.N.).
3. Ebenso unschlüssig ist die Rüge der Kläger, dass eine Entscheidung des BFH im Hinblick auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
a) Rügt der Beschwerdeführer —wie hier— eine Abweichung des angegriffenen FG-Urteils von der Rechtsprechung des BFH, so muss er die (vorgebliche) Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnen, dass die Identität des Urteils zweifelsfrei ermittelt werden kann. Das BFH-Urteil ist mit Datum und Aktenzeichen und/oder Fundstelle zu benennen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 41, m.w.N.). Außerdem muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 1484; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 42).
b) Daran fehlt es im Streitfall. Statt die (mutmaßlichen) Divergenzentscheidungen des BFH genau zu bezeichnen, haben die Kläger lediglich pauschal darauf hingewiesen, dass das FG-Urteil der in der „Rechtsprechung des BFH” geforderten „Gesamtschau” nicht gerecht werde. Überdies haben es die Kläger unterlassen, einen hinreichend konkretisierten abstrakten und tragenden Rechtssatz aus dem angegriffenen FG-Urteil herauszuarbeiten, der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen soll.
4. Im Kern erschöpft sich die Beschwerdebegründung zu den in § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO statuierten Zulassungsgründen —nach Art einer Revisionsbegründung— in Ausführungen darüber, dass und warum das FG den Streitfall unrichtig entschieden habe. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen jedoch für sich gesehen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24 und § 116 Rz. 34, jeweils m.w.N.).
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das angefochtene Urteil derart schwerwiegende Fehler bei der Auslegung revisiblen Rechts aufweist, dass die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. , BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; ferner Lange, Deutsche Steuer-Zeitung 2002, 782, 784).
Solche gravierenden Rechtsfehler haben die Kläger nicht substantiiert vortragen können. Derart eklatante Mängel liegen im Übrigen schon deswegen fern, weil das FG seiner Entscheidung die in der ständigen Rechtsprechung des BFH entwickelten abstrakten Grundsätze zugrunde gelegt sowie seine (tatsächliche und rechtliche) Würdigung des Streitfalles schlüssig und nachvollziehbar begründet hat.
5. Die Beschwerdebegründung entspricht schließlich auch insoweit nicht den gesetzlichen Anforderungen, als die Kläger rügen, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, seiner Hinweispflicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO nicht genügt und eine unzulässige Überraschungsentscheidung gefällt.
a) Dies gilt zunächst hinsichtlich des Vortrages der Kläger, das FG habe, nachdem der Vertreter des FA dem Gericht am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung Zeitungsanzeigen aus den Jahren 1985, 1986, 1987 und 1990 vorgelegt habe, die mündliche Verhandlung geschlossen, ohne ihrem (der Kläger) Prozessbevollmächtigten Gelegenheit zu geben, zu den vorgelegten Annoncen Stellung zu nehmen. Dadurch sei ihnen das Recht auf Gehör entzogen worden. Zumindest wäre ein Hinweis seitens des FG darauf erforderlich gewesen, dass es „trotz der jeweiligen zeitlichen Nähe der Annoncen zu den Verkäufen der Wohnungen Nr. 9 und 13 davon ausgehen könne oder wolle, dass mit diesen Annoncen auch die Wohnung Nr. 11 mit gleicher Quadratmeterzahl angeboten worden sei. Die Klägerseite hätte dann darauf reagieren können”.
aa) Bezieht sich der gerügte Gehörsverstoß —wie im vorliegenden Fall— nicht auf das Gesamtergebnis des Verfahrens, sondern lediglich auf einzelne Feststellungen, so muss der Beschwerdeführer für eine schlüssige Rüge dieses Verfahrensmangels u.a. substantiiert vortragen, was er bei (rechtzeitiger) Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte und dass dies die Entscheidung des FG —auf der Basis der von diesem vertretenen Rechtsauffassung— hätte beeinflussen können. Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer darlegen, dass er den (vermeintlichen) Mangel in der mündlichen Verhandlung gerügt habe bzw. aus welchen —von ihm nicht zu vertretenden— Gründen er an einer solchen Rüge gehindert gewesen sei (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; siehe z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 12 bis 15, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
bb) Soweit die Kläger die Verletzung der Hinweispflicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO rügen, hätten sie u.a. —woran es fehlt— substantiiert darlegen müssen, welche konkreten Ausführungen sie auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts gemacht hätten und dass diese Ausführungen —auf der Grundlage des vom FG eingenommenen materiell-rechtlichen Standpunkts— zu einer anderen Entscheidung des FG hätten führen können (vgl. hierzu z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 71, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
b) Auch soweit die Kläger ihr Recht auf Gehör dadurch verletzt sehen, dass das FG eine „Überraschungsentscheidung” erlassen habe, „weil der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass trotz Zeitnähe zu den anderen Verkäufen allein aufgrund der gleichen Quadratmeterzahl vom Gericht angenommen wurde, dass die Wohnung Nr. 11 auch schon früher während des Fünf-Jahres-Zeitraums auf dem Markt angeboten worden sei, ...” entspricht ihre Verfahrensrüge nicht den Erfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt eine Überraschungsentscheidung nur dann vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (vgl. z.B. die Nachweise aus der Rechtsprechung bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 16, Stichwort „Überraschungsentscheidung”).
Die Kläger vermochten nicht schlüssig vorzutragen, dass im Streitfall ein solcher Sachverhalt vorgelegen habe. Abgesehen davon, dass das rechtliche Gehör nicht schon dann verletzt ist, wenn das FG rechtliche Gesichtspunkte in seiner Entscheidung als maßgebend herausstellt, die im bisherigen Verfahren nicht im Vordergrund standen (vgl. z.B. , BFHE 165, 398, BStBl II 1992, 375, unter 1.), ist das Gericht im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs nach ständiger Rechtsprechung nicht etwa gehalten, den Beteiligten seine mögliche Beweiswürdigung und deren voraussichtliches Ergebnis anzudeuten (vgl. z.B. , BFH/NV 1995, 954, 955, m.w.N.).
Im Übrigen mussten die Kläger damit rechnen, dass das FG die vom FA in der mündlichen Verhandlung präsentierten Zeitungsauszüge über die in Rede stehenden Annoncen im Rahmen seiner Beweiswürdigung verwerten und daraus ggf. für sie nachteilige Schlüsse ziehen werde.
6. Die zusätzliche Begründung der Beschwerde im Schriftsatz vom geschah verspätet. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (vgl. § 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen. Spätere Darlegungen sind —abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen— nicht zu berücksichtigen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1125 Nr. 6
DAAAB-81250