BFH Beschluss v. - VIII B 35/05

Fristsetzung des FG zur Angabe von Tatsachen; Belehrungspflicht nach § 79b Abs. 3 FGO

Gesetze: FGO § 79b, FGO § 128 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat seit 1991 keine Einkommensteuererklärungen eingereicht. Demgemäß wurde die Einkommensteuer auch für das Streitjahr (2001) geschätzt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) ging hierbei von Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 38 900 DM und solchen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 17 500 DM aus. Während des Klageverfahrens hat die Berichterstatterin mit Verfügung vom den Kläger gemäß § 79b der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgefordert, innerhalb eines Monats Nachweise und Belege über die Einnahmen und Ausgaben bei Gericht einzureichen. Die Verfügung enthielt zudem den Hinweis darauf, dass das Gericht unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen Erklärung und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist beigebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne. Im Anschluss an eine telefonisch geäußerte Bitte des Klägers hat die Berichterstatterin mit weiterer Verfügung vom die Frist „letztmalig bis ” verlängert. Mit Schreiben vom 1. und bat der Kläger die Frist wegen anderer dringender Probleme (z.B. diverse Prozesse) bis Ende Januar 2005 noch einmal zu verlängern. Dem entsprach die Berichterstatterin nicht. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es hat hierbei zum einen den in der mündlichen Verhandlung vom gestellten und gegen die Vorsitzende sowie die Berichterstatterin gerichteten Befangenheitsantrag als missbräuchlich angesehen. Zum anderen hat es die Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Unterlagen (Kontoauszüge etc.) zurückgewiesen und im Übrigen die Schätzung des FA bestätigt.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig, da der Kläger die behaupteten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt hat.

1. Dies gilt zum einen für die Rüge, in den Verfügungen gemäß § 79b Abs. 2 FGO hätte der nicht vertretene Kläger auf mögliche Entschuldigungsgründe hingewiesen werden müssen. Der Vortrag verkennt, dass eine solche Hinweispflicht nicht besteht (, BFHE 177, 201, BStBl II 1995, 417). Hinzu kommt, dass der Kläger —wie sein Verhalten zeigt— sich offenbar der Notwendigkeit bewusst war, sein Begehren auf Fristverlängerung durch den Vortrag von Entschuldigungsgründen zu substantiieren und Gründe solcher Art bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltend zu machen (BFH-Beschluss in BFHE 177, 201, BStBl II 1995, 417).

2. Unschlüssig ist ferner die Rüge, dem Kläger hätten die gesetzlichen Voraussetzungen der Präklusion nach § 79b Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO erläutert werden müssen. Der Vortrag lässt außer Acht, dass das Gericht nach § 79b Abs. 3 Nr. 3 FGO (lediglich) über die Folgen der Fristversäumnis zu belehren hat. Dies ist vom FG beachtet worden, indem es den Kläger darauf hingewiesen hat, dass es Erklärungen und Beweismittel, die nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne. Das FG hat mit dieser wörtlichen Wiedergabe des auch für einen juristischen Laien unmissverständlichen Gesetzestextes dem Anliegen des Gesetzgebers entsprochen, auch einem „weniger gewandten Rechtssuchenden” (vgl. BTDrucks 12/1061, 17) die Folgen einer Fristversäumnis zweifelsfrei vor Augen zu stellen. Insbesondere macht diese Handhabung der Belehrungspflicht für den Betroffenen deutlich, dass das Gericht bei Überschreiten der gesetzten Frist im Rahmen einer Ermessensentscheidung befugt ist, das verspätete Vorbringen zurückzuweisen (vgl. hierzu auch Stöcker in Beermann/Gosch, Finanzgerichtsordnung, § 79b Rz. 118). Wie sein Antrag auf eine zweite Fristverlängerung zeigt, war sich offensichtlich auch der Kläger dieser Zusammenhänge bewusst.

3. Auch soweit der Kläger geltend macht, entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei seine Fristversäumnis „genügend entschuldigt”, ist der Vortrag unschlüssig. Dies bereits deshalb, weil die Beschwerdeschrift jegliche substantiierte Auseinandersetzung mit den Erwägungen der Vorinstanz vermissen lässt. Gleiches gilt für die Behauptung, die Ermittlung des Sachverhalts hätte zu keiner Verzögerung bei der Erledigung des Rechtsstreits geführt (vgl. zu den im Übrigen zu beachtenden Anforderungen an Rügen dieser Art , BFH/NV 1997, 875).

4. Soweit die Beschwerdeschrift das Vorliegen eines Verfahrensmangels schließlich darauf stützt, dass das FG den Befangenheitsantrag des Klägers zu Unrecht abgelehnt habe, lässt der Vortrag unberücksichtigt, dass Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde und damit grundsätzlich auch nicht mit einer Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden können (§ 124 Abs. 2 FGO). Geltend gemacht werden können somit nur solche Verfahrensmängel, die als Folge der Ablehnung des Befangenheitsgesuchs dem angefochtenen Urteil anhaften. Ein Zulassungsgrund ist daher nur dann gegeben, wenn die Ablehnung entweder gegen das Willkürverbot verstößt oder ein Verfahrensgrundrecht verletzt wird, wie der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—) oder den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Auch das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter schützt indes nur vor willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften. Eine Besetzungsrüge kann deshalb auch nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn sich —woran es vorliegend fehlt— dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich war (BFH-Beschlüsse vom III B 51/02, BFH/NV 2003, 640; vom VII B 2/05, BFH/NV 2005, 2035).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 957 Nr. 5
AAAAB-80856