Prüfungspflicht des Lagefinanzamts bei der Bedarfsbewertung
Gesetze: BewG § 138 Abs. 5
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 5 K 1642/02
Gründe
I. Der im Land Brandenburg gelegene Landkreis L ist Alleingesellschafter der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH. Mit notariell beurkundetem „Schenkungsvertrag” vom übertrug L mit einem Krankenhausgebäude bebaute Grundstücke auf die Klägerin. Auf diesen Grundstücken betrieb die W-GmbH, deren Alleingesellschafter die Klägerin war, ein Krankenhaus. Das für die Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt sah in der Eigentumsübertragung einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang und forderte mit Schreiben vom den Grundbesitzwert nach §§ 138 ff. des Bewertungsgesetzes (BewG) für Zwecke der Grunderwerbsteuer an. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) stellte daraufhin mit Bescheid vom den Grundstückswert auf 10 480 000 DM fest.
Auf der Grundlage dieses Werts erging am ein Bescheid, mit dem die Grunderwerbsteuer auf 187 541,86 € festgesetzt wurde.
Einspruch und Klage gegen den Feststellungsbescheid vom blieben erfolglos. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Klägerin Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und Rechtsfortbildung sowie wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage einer Prüfungskompetenz und -pflicht des Lagefinanzamts für die Erforderlichkeit der Feststellung eines Bedarfswerts kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; sie ist nicht klärungsbedürftig.
Soweit § 138 Abs. 5 BewG die Feststellung von Grundbesitzwerten vorsieht, wenn diese für die Erbschaftsteuer oder Grunderwerbsteuer „erforderlich” sind, ist dies nicht so zu verstehen, dass das Feststellungsfinanzamt vor der Wertermittlung materiell-rechtlich zu prüfen hätte, ob ein schenkungsteuerbarer Vorgang vorliegt. Vielmehr ist die Wertfeststellung für das Feststellungsfinanzamt jedenfalls im Regelfall immer dann i.S. von § 138 Abs. 5 BewG „erforderlich”, wenn ein Finanzamt um die Feststellung eines solchen Werts für Zwecke einer beabsichtigten Steuerfestsetzung nachsucht. Denn ob ein „Bedarf” besteht und damit die Wertfeststellung „erforderlich” ist, entscheidet nicht das Lagefinanzamt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung —AO 1977—), sondern allein das für die Festsetzung der Steuer zuständige Finanzamt, und zwar nicht durch einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt, sondern durch einen verwaltungsinternen Vorgang (Anforderung des Grundbesitzwerts beim Lagefinanzamt). Dieses Verfahren schließt es jedenfalls im Regelfall aus, im Rechtsmittelverfahren gegen den Feststellungsbescheid die Steuerbarkeit betreffende materiell-rechtliche Einwände zu berücksichtigen (vgl. , BFH/NV 2005, 1982).
Ob etwas anderes in den Fällen gilt, in denen die Feststellung des Grundbesitzwerts „unvertretbar” (, Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 23) erscheint oder ein Fall objektiver Willkür (vgl. Moench, Erbschaftsteuergesetz, § 12 Abschn. II 1 Rdnr. 8: „völlig aus der Luft gegriffen”) vorliegt, kann dahinstehen. Denn ein solcher Fall liegt hier erkennbar nicht vor. Zum anderen steht die Erforderlichkeit insbesondere dann völlig außer Frage, wenn die den Bedarfswert anfordernde Finanzbehörde —wie im Streitfall— auf der Grundlage des Bescheids über die Bedarfswertfeststellung tatsächlich Grunderwerbsteuer festgesetzt hat.
Wurde ein Lagefinanzamt vom Feststellungsfinanzamt aufgefordert, eine Wertfeststellung auf einen bestimmten Stichtag für eine beabsichtigte Steuerfestsetzung vorzunehmen, kann das Lagefinanzamt daher regelmäßig ohne weitere Prüfung davon ausgehen, dass die Feststellung des Grundbesitzwerts i.S. von § 138 Abs. 5 Satz 1 BewG „erforderlich” ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1982).
Soweit die Klägerin weitere Zulassungsgründe geltend macht, ist die Beschwerde unzulässig, weil diese nicht in der gesetzlich erforderlichen Weise dargelegt sind (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Insoweit wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz 1. Alternative FGO von einer weiteren Begründung abgesehen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 921 Nr. 5
RAAAB-80846