Die Frage nach der ausreichenden Bestimmtheit eines Duldungsbescheids ist nicht klärungsbedürftig
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1,AnfG § 3,AO § 119
Instanzenzug:
Gründe
I. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen einer GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der Lebensgefährte der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gewesen ist, übertrug dieser im März 1996 seine Beteiligung an einer Gesellschaft unentgeltlich an die Klägerin. Mit Duldungsbescheid vom focht der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Übertragung der Beteiligung gegenüber der Klägerin an. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage. Am erließ das FA einen erneuten Duldungsbescheid, mit dem der vorhergehende Bescheid ersetzt wurde. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es urteilte, dass der nunmehr zum Gegenstand des Verfahrens gewordene neue Duldungsbescheid nicht zu beanstanden sei. Insbesondere sei er aufgrund der Bezugnahme auf den vorangegangenen Bescheid inhaltlich ausreichend bestimmt. Allerdings habe das FA den Duldungsbescheid insoweit auf eine unzutreffende Rechtslage gestützt, als es § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens (AnfG a.F.) anstatt § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (AnfG 1999) angeführt habe. Dieser Umstand führe jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Denn es genüge die Angabe von Tatsachen, denen die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung des Schuldners entnommen werden könne. Im Streitfall sei nach § 20 Abs. 1 AnfG 1999 eine doppelte Prüfung in Bezug auf die Erfüllung der Anfechtungsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 1 AnfG 1999 und nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. erforderlich.
Das FA sei nach § 3 Abs. 1 AnfG 1999 zur Anfechtung berechtigt gewesen. Entscheidender Zeitpunkt für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen sei der Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheides vom . Die ohne Gegenleistung vorgenommene Übertragung der werthaltigen Beteiligung sei mit dem Vorsatz erfolgt, Gläubiger zu benachteiligen. Davon habe die Klägerin Kenntnis gehabt, so dass die Anfechtbarkeit nicht von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. begrenzt werde.
Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, die sie auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) stützt. Der Beschwerdeschrift, die eine konkrete Frage nicht formuliert, kann entnommen werden, dass von der Klägerin sinngemäß der Frage eine grundsätzliche Bedeutung beigemessen wird, ob die Angabe einer unzutreffenden Rechtsgrundlage zur Rechtswidrigkeit des Duldungsbescheides führt, oder ob es zur Erfüllung des Bestimmtheitsgebotes ausreicht, im Duldungsbescheid Tatsachen anzugeben, welche auf die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung des Schuldners schließen lassen. Des Weiteren rügt die Klägerin, dass die vom FG vorgenommene Beweiswürdigung fehlerhaft sei. Denn unter Verstoß gegen § 96 Abs. 1 FGO sei es davon ausgegangen, dass es hinsichtlich der Frage, ob die Anfechtungsvoraussetzungen erfüllt seien, auf den Zeitpunkt des Erlasses des zweiten Duldungsbescheides und nicht auf den Zeitpunkt der Übertragungshandlung ankomme.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es ist der Ansicht, dass der von der Klägerin aufgeworfenen Frage mangels Klärungsbedürftigkeit keine grundsätzliche Bedeutung zukomme und dass dem FG Fehler in der Beweiswürdigung nicht unterlaufen seien. Im Übrigen habe die Klägerin mit ihrem Vorbringen keinen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Der Senat lässt offen, ob die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der von ihr sinngemäß aufgeworfenen Frage, ob die Angabe von Tatsachen, aus denen sich die Anfechtbarkeit einer gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlung ergibt, trotz Angabe einer unzutreffenden Rechtsgrundlage dem Bestimmtheitsgebot des § 119 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) genügt, in der erforderlichen Weise dargelegt hat (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Jedenfalls kommt dieser Rechtsfrage deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie einer allgemeinen Klärung nicht fähig ist. Denn welche konkreten Anforderungen an einen Steuerbescheid im Allgemeinen oder an einen Duldungsbescheid im Besonderen zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140). Deshalb können die Voraussetzungen, unter denen ein Duldungsbescheid noch als hinreichend bestimmt angesehen werden kann, nicht allgemein bestimmt und festgelegt werden (Senatsbeschluss vom VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003). Aufgrund der Einzelfallbezogenheit dürften die im Zusammenhang mit der Bestimmtheit eines solchen Bescheides auftretenden Rechtsfragen nur selten eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung erlangen (, BFH/NV 1995, 489). Dies gilt auch im Streitfall, in dem es auf den Inhalt einer in Bezug genommenen und dem streitgegenständlichen Bescheid vorausgegangenen Einspruchsentscheidung ankommt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Streitfall von Besonderheiten geprägt ist und auslaufendes Recht betrifft, so dass ähnlich gelagerte Fälle in Zukunft kaum zu erwarten sein dürften.
2. Soweit die Klägerin mit ihrer Beschwerde rügt, das FG habe aus dem Umstand, dass bei einer zivilgerichtlichen Verfolgung des Anfechtungsanspruchs der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz der maßgebende Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs sei, darauf geschlossen, dass im Streitfall auf den Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheides vom abzustellen sei, wird mit diesem Vorbringen der behauptete Verfahrensmangel der fehlerhaften Beweiswürdigung nicht belegt. Vielmehr wendet sich die Klägerin im Kern ihrer Argumentation gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Anwendung von § 3 Abs. 1 AnfG 1999. Dies kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision (vgl. Senatsbeschluss vom VII B 130/03, BFH/NV 2004, 215; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 24 und § 116 Rz. 34, jeweils m.w.N.). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Grundsätze der Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzuordnen sind, so dass auch aus diesem Grund eine Zulassung der Revision aufgrund eines Verfahrensmangels nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht erfolgen könnte (Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 82, m.w.N.).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 902 Nr. 5
EAAAB-80110