Öffentliche Zustellung
Durch das Gesetz zur Novellierung des Verwaltungszustellungsrechts vom , BStBl 2005 I S. 855, wurde das Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) neu gefasst. Es tritt am in Kraft.
Die Öffentliche Zustellung – bisher § 15 VwZG – wird im § 10 VwZG neu geregelt.
1. Allgemeines
Die öffentliche Zustellung als besondere Form der Zustellung ist nur zulässig, wenn alle Möglichkeiten erschöpft sind, das Schriftstück dem Empfänger in anderer Weise zu übermitteln (vgl. BStBl 2000 II S. 560).
An die Anordnung einer öffentlichen Zustellung sind strenge Anforderungen zu stellen. Es ist sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 VwZG vorliegen, da durch die öffentliche Zustellung der Empfänger nur selten tatsächlich Kenntnis vom Inhalt des Verwaltungsakts erhält, er diesen aber durch die öffentliche Zustellung gegen sich gelten lassen muss. Eine unter Verstoß gegen die Voraussetzungen des § 10 VwZG durchgeführte öffentliche Zustellung verstößt gegen das Verfassungsgebot des rechtlichen Gehörs ( NJW 1992, 2280) und ist daher unwirksam.
2. Öffentliche Zustellung bei unbekanntem Aufenthaltsort des Empfängers, wenn auch eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 VwZG)
Der Aufenthaltsort des Empfängers ist nicht schon deshalb unbekannt, weil das FA seine Anschrift im Zeitpunkt der beabsichtigten Bekanntgabe nicht kennt oder Briefe als unzustellbar zurückkommen. Die Anschrift muss vielmehr allgemein unbekannt sein ( BFH/NV 1987 S. 98). Dies ist durch eine Bescheinigung der zuständigen Meldebehörde oder auf andere Weise zu belegen. Die bloße Abmeldung bei der Meldebehörde ist hierzu nicht ausreichend.
Das FA muss daher vor der öffentlichen Zustellung die nach Sachlage gebotenen und zumutbaren Ermittlungen nach dem Aufenthaltsort des Empfängers anstellen. Dazu gehören Nachforschungen bei der zuletzt zuständigen Meldebehörde, unter Umständen aber auch die Befragung von Angehörigen oder des bisherigen Vermieters (vgl. EFG 1996 S. 515). Mutmaßlichen Aufenthaltsorten des Empfängers muss durch Rückfragen bei der zuständigen Meldebehörde bzw. anderen Einrichtungen oder Personen nachgegangen werden. Die bloße Vermutung, dass eine Adresse, an die sich der Zustellungsempfänger bei der Meldebehörde abgemeldet hat, eine Scheinadresse ist, rechtfertigt keine öffentliche Zustellung. Erforderlich sind vielmehr Tatsachen, die von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lassen, dass der Zustellungsempfänger unter der von ihm genannten Anschrift wohnt (vgl. BStBl 2000 II S. 560).
Ist das FA seiner Ermittlungspflicht nachgekommen, ist die öffentliche Zustellung zulässig, auch wenn das Ergebnis der Ermittlungshandlungen, z.B. infolge unrichtiger Auskunft, falsch war ( BFH/NV 1991 S. 13). Verletzt das FA seine Ermittlungspflicht, ist die öffentliche Zustellung unwirksam. Die Heilung des Zustellungsmangels nach § 8 VwZG durch die Übersendung einer Fotokopie des Schriftstücks an den Empfänger bzw. dessen Bevollmächtigten ist aber möglich (vgl. BStBl 2000 II S. 560).
3. Öffentliche Zustellung bei Unzustellbarkeit im Ausland (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 VwZG)
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 VwZG kommt eine öffentliche Zustellung trotz bekanntem Aufenthaltsort des Empfängers dann in Betracht, wenn die Zustellung im Ausland nach § 9 VwZG unausführbar ist oder zumindest keinen Erfolg verspricht. Die Zustellung im Ausland ist unausführbar, soweit es in dem betroffenen Gebietsteil an geordneten staatlichen Einrichtungen fehlt. Eine Auslandszustellung verspricht dann keinen Erfolg, wenn sie an sich möglich wäre, ihre Durchführung aber etwa wegen Kriegs, Abbruchs der diplomatischen Beziehungen, Verweigerung der Amts- oder Rechtshilfe, mangels bestehender Auslandsvertretung oder unzureichender Vornahme durch die örtlichen Behörden nicht zu erwarten ist (vgl. BStBl 2000 II S. 560).
Soweit die ausländische Adresse des Empfängers bekannt ist und eine Postverbindung besteht, muss dem Empfänger durch einfachen Brief die öffentliche Zustellung sowie der Tag der Zustellung mitgeteilt und eine Kopie des Verwaltungsakts mit der Belehrung über den Beginn der Rechtsbehelfsfrist (§§ 355, 108 AO i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 3 und 4 VwZG) übersandt werden. Es ist zweckmäßig, den Brief bereits abzusenden, wenn die Benachrichtigung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 VwZG ausgehängt wird. Diese Benachrichtigung ist gegenüber allen Staaten zulässig, da es sich hierbei mangels rechtlicher Regelung nicht um einen Verwaltungsakt handelt.
4. Durchführung der öffentlichen Zustellung
a) Aushang
§ 10 Abs. 2 VwZG gilt für jede öffentliche Zustellung. Die Vorschrift differenziert nicht nach Inhalt oder Form des zuzustellenden Verwaltungsakts bzw. Schriftstücks.
Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 VwZG erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an einer von der Behörde hierfür allgemein bestimmten Stelle (Tafel für öffentliche Bekanntmachungen, Amtsblatt, Zeitung, Website u.a.). Hierfür ist die Vorlage Nr. 13 30 02 0 zu verwenden.
Die Benachrichtigung kann wahlweise auch im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht werden.
Die Möglichkeit, das zuzustellende Schriftstück direkt bekannt zu machen, ist aufgrund datenschutzrechtlicher Erwägungen nicht mehr gegeben.
Die Benachrichtigung soll weitgehend einen neutralen Inhalt haben. In der Benachrichtigung muss auf die öffentliche Zustellung hingewiesen werden, ebenso auf die Möglichkeit eines beginnenden Fristenlaufs mit etwaigen drohenden Rechtsverlusten; im Falle einer Ladung muss auch auf diesen Umstand hingewiesen werden.
Die ausgehängte Benachrichtigung hat die Funktion einer Erklärung, die die Zustellung beurkundet. Aus ihr muss sich das öffentlich zugestellte Schriftstück bzw. der öffentlich zugestellte Steuerbescheid in einer Weise ergeben, dass keine Zweifel an der Nämlichkeit aufkommen können ( BStBl 1996 II S. 301). In der Benachrichtigung ist deshalb darauf zu achten, dass das zuzustellende Schriftstück hinreichend konkretisiert wird. Dazu gehört grundsätzlich auch die Angabe des Datums.
Hat das Schriftstück oder der Bescheid ausnahmsweise kein Datum, muss die Konkretisierung in anderer Weise vorgenommen werden. Bei Steuerbescheiden ist in der Regel die Steuerart. Der Zeitraum und das Datum des Bescheids anzugeben. Ggf. ist auch eine Unterscheidung zwischen dem erstmaligen und dem geänderten Bescheid vorzunehmen (z.B. durch die Angabe: „Änderungsbescheid zur Einkommensteuer für 2000 vom ”).
Die Anordnung der Zustellung ist mangels eigenen Regelungsgehalts kein Verwaltungsakt und daher nicht rechtsbehelfsfähig ( BFH/NV 1991 S. 335; BStBl 2000 II S. 520).
b) Beurkundung der öffentlichen Zustellung
Auf der Benachrichtigung sind der Tag des Aushängens und der Tag der Abnahme zu vermerken.
Ein Vermerk über den Tag des Aushangs ist ebenfalls in die Akten aufzunehmen. Außerdem ist in den Akten zu vermerken, in welcher Weise die Benachrichtigung bekannt gegeben wurde, § 10 Abs. 2 Satz 5 VwZG.
Nach dem (BStBl 1985 II S. 597) ist die Wirksamkeit einer öffentlichen Zustellung nur dann gegeben, wenn der Vermerk über die Zeitpunkte des Aushängens und der Abnahme auf der Benachrichtigung mit dem vollen Namen des zuständigen Beamten unterzeichnet ist. Sind demnach Datumsvermerke nur mit einem Namenszeichen versehen, ist die Zustellung unwirksam.
Es ist deshalb sicherzustellen, dass der zuständige Bearbeiter auf der Benachrichtigung (Vorlage Nr. 13 30 02 0) in dem dafür vorgesehenen Feld sowohl bei dem Datum des Aushanges als auch bei dem der Abnahme seinen vollständigen Namenszug (Unterschrift) anbringt.
c) Dauer des Aushangs
Die Benachrichtigung muss stets bis zu dem Zeitpunkt ausgehängt werden, zu dem die Zustellung nach § 10 Abs. 2 Satz 6 VwZG als bewirkt anzusehen ist. Das gilt auch dann, wenn der Empfänger vor Fristablauf beim FA erscheint und ihm das zuzustellende Schriftstück ausgehändigt wird. Die Aushändigung ist auf dem Aushang zu vermerken. Auch in diesen Fällen verbleibt es bei dem durch § 10 Abs. 2 Satz 6 VwZG bestimmten Zustellungstag. Ein Aushang über die Frist hinaus ist unschädlich.
5. Tag der Zustellung
Das Schriftstück gilt nach § 10 Abs. 2 Satz 6 VwZG an dem Tag als zugestellt, an dem seit dem Tag des Aushangs zwei Wochen verstrichen sind.
Die Fristen des § 10 Abs. 2 Satz 6 VwZG bestimmen sich nach § 108 Abs. 1 AO i.V. mit §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Danach ist bei der Berechnung der Aushangsfrist der Tag des Aushangs nicht mitzurechnen. Der letzte Tag der Frist gilt als der Tag der Bekanntgabe. § 108 Abs. 3 AO ist nicht anwendbar.
OFD Frankfurt/M. v. - S
0284 A - 21 - St II 4.04
Fundstelle(n):
QAAAB-78354