Die in § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG bestimmte Frist ist unabhängig vom Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung einzuhalten
Leitsatz
Die in § 16 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 GrEStG für den Antrag auf Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch bestimmte Frist von zwei Jahren ist seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang unabhängig davon einzuhalten, ob dem Steuerpflichtigen oder dem die Auflassung beurkundenden Notar vor Fristablauf die Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 22 GrEStG vorliegt. Dies steht nicht im Widerspruch zum Grundbuchrecht.
Gesetze: GrEStG § 16 Abs. 2, GrEStG § 22
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) verkaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom ein Grundstück an einen Dritten. Der Käufer wurde als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom kaufte der Kläger das Grundstück zurück. Die Auflassung wurde erklärt, die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch bewilligt. Entsprechend den getroffenen Vereinbarungen beantragte der beurkundende Notar mit Schreiben vom beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—), eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu übersenden, die festgesetzte Grunderwerbsteuer aus dem ursprünglichen Kaufvertrag zu erstatten und für den Rückkaufvertrag keine Grunderwerbsteuer zu erheben.
Da die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch aufgrund des Rückkaufvertrags nicht innerhalb der in § 16 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) bestimmten Frist von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer mit Abschluss des Kaufvertrags vom (§ 38 der Abgabenordnung —AO 1977—) beim Grundbuchamt beantragt wurde, setzte das FA für den Rückkauf Grunderwerbsteuer fest. Einspruch und Klage, mit denen der Kläger geltend gemacht hatte, das FA habe die Unbedenklichkeitsbescheinigung schuldhaft nicht vor Ablauf der Zweijahresfrist übersandt und deshalb sei der Umschreibungsantrag beim Grundbuchamt nicht gestellt worden, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, das FA habe die Grunderwerbsteuer zu Recht festgesetzt, weil der Umschreibungsantrag beim Grundbuchamt nicht innerhalb der gesetzlichen Zweijahresfrist gestellt worden sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Frist könne schon deshalb nicht gewährt werden, weil § 110 AO 1977 nur gegenüber der Finanzbehörde bestehende Fristen betreffe, nicht aber die gegenüber dem Grundbuchamt zu wahrende Frist nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 GrEStG. Es komme daher nicht darauf an, ob der Kläger die Frist schuldhaft versäumt habe.
Der Kläger stützt seine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Rechtssache ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht grundsätzlich bedeutsam i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln. Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (, BFH/NV 2006, 48, m.w.N.).
b) Es bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass die in § 16 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 GrEStG für den Antrag auf Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch bestimmte Frist von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang unabhängig davon einzuhalten ist, ob dem Steuerpflichtigen oder dem die Auflassung beurkundenden Notar vor Fristablauf die Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 22 GrEStG vorliegt. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift, die die Frist nicht vom Vorliegen einer solchen Bescheinigung abhängig macht.
Entgegen der Ansicht des Klägers steht dies nicht im Widerspruch zum Grundbuchrecht. Die von ihm betonte Gefahr, dass der zunächst ohne die Unbedenklichkeitsbescheinigung beim Grundbuchamt gestellte Antrag auf Eigentumsumschreibung aufgrund § 22 Abs. 1 Satz 1 GrEStG (endgültig) kostenpflichtig zurückgewiesen und der den Antrag stellende Notar dadurch zum Schadenersatz verpflichtet wird, ist allenfalls theoretischer Natur, wenn erforderlichenfalls die gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft werden.
Der Antrag auf Eigentumsumschreibung kann beim Grundbuchamt bereits gestellt werden, bevor die Unbedenklichkeitsbescheinigung vorliegt. Ein solcher Antrag kann auch zur Rangwahrung sinnvoll sein (vgl. § 17 i.V.m. § 18 Abs. 2 der Grundbuchordnung —GBO—). Im Rahmen dieses Antrags kann darauf hingewiesen werden, dass die Unbedenklichkeitsbescheinigung nach deren Zugang unverzüglich nachgereicht wird. Dass die Bescheinigung zunächst fehlt, ist kein Grund für die Zurückweisung des Umschreibungsantrags, sondern lediglich für eine Zwischenverfügung unter Setzung einer angemessenen Frist (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 GBO; vgl. Beschlüsse des , Neue Juristische Wochenschrift 1986, 1819, und des Bayer. Obersten Landesgerichts vom 2Z BR 24/95, Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit 1995, 95; Böttcher in Meikel, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 18 Rdnr. 82 f.). Erforderlichenfalls kann eine Verlängerung der gesetzten Frist beantragt werden (Demharter, Grundbuchordnung, Kommentar, 25. Aufl., § 18 Rdnr. 34, m.w.N.). Diesem Antrag ist stattzugeben, wenn Aussicht auf Beseitigung des Mangels besteht (Böttcher in Meikel, a.a.O., § 18 Rdnr. 109). Dies ist der Fall, wenn dem FA gegenüber das Vorliegen der in § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG bestimmten Voraussetzungen der Steuerfreiheit des Erwerbsvorgangs einschließlich des innerhalb der Frist von zwei Jahren gestellten Antrags auf Eigentumsumschreibung im Grundbuch nachgewiesen ist und das FA deshalb nach § 22 Abs. 2 Satz 1 GrEStG zur Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung verpflichtet ist.
Die vom Kläger angeführte Vorschrift des § 53 des Beurkundungsgesetzes steht einer zunächst ohne Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgenden Antragstellung beim Grundbuchamt ebenfalls nicht entgegen. Die Vorschrift verpflichtet den Notar für den Regelfall, beurkundete Willenserklärungen beim Grundbuchamt oder Registergericht einzureichen, sobald dies geschehen kann, regelt aber nicht die Frage, ob Eintragungen bei diesen Stellen bereits beantragt werden können, bevor alle zur Eintragung erforderlichen Unterlagen vorliegen. Dies richtet sich vielmehr nach den jeweiligen Verfahrensordnungen, hier also der GBO, die für solche Fälle wie bereits dargelegt das Ergehen einer Zwischenverfügung und nicht die Zurückweisung des Antrags vorsieht (vgl. auch Winkler, Beurkundungsgesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 53 Rdnr. 16).
Sollte das FA im Einzelfall entgegen seiner Verpflichtung die beantragte Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig ausstellen und das Grundbuchamt deshalb den Eintragungsantrag nach § 18 Abs. 1 Satz 2 GBO zurückweisen, steht dem Steuerpflichtigen dagegen die Beschwerde zu (§ 71 Abs. 1 GBO i.V.m. § 11 Abs. 1 des Rechtspflegergesetzes). Im Beschwerdeverfahren kann die Unbedenklichkeitsbescheinigung nachgereicht werden, da die Beschwerde auf neue Tatsachen und Beweise gestützt werden kann (§ 74 GBO). Wird die Beschwerde zurückgewiesen, ist nach Maßgabe des § 78 GBO die weitere Beschwerde zulässig.
Lehnt das FA die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung ab oder bleibt es untätig, kann der Steuerpflichtige dagegen mit dem Einspruch (§ 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 AO 1977) und ggf. der Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO ggf. i.V.m. § 46 FGO) vorgehen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO) kommt ebenfalls in Betracht (Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 22 Rdnr. 14 f.; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 22 Rdnr. 19 f.).
Wenn der Steuerpflichtige die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere die in § 16 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 GrEStG bestimmte Zweijahresfrist beachtet, wird die Abwicklung allerdings sowohl beim FA als auch beim Grundbuchamt in aller Regel problemlos erfolgen.
c) Soweit der Kläger die konkrete Behandlung des Vorgangs durch das FA rügt, hat er nicht dargelegt, inwiefern ein allgemeines Interesse an einer Klärung durch den BFH über den Einzelfall hinaus bestehen soll, und somit die Beschwerde nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend begründet (vgl. , BFH/NV 2006, 50).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 813 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 28/2006 S. 15
LAAAB-78321