BFH Beschluss v. - X B 143/05

Bildung einer Ansparrücklage; Prinzip der Abschnittsbesteuerung

EStG § 7g

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die von ihm geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Weise dargelegt.

1. Ist das Urteil des Finanzgerichts (FG) kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, so muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund dargelegt werden und vorliegen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524; vom V B 88/92, BFH/NV 1993, 426; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 116 Rz. 28, m.w.N. der Rechtsprechung).

Das FG hat das Begehren des Klägers, im Streitjahr eine Ansparrücklage nach § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewinnmindernd zu berücksichtigen, mit einer Doppelbegründung abgewiesen.

Es hat die Klage insoweit zum einen wegen einer unzulässigen —weil nach § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO verfristeten— Klageerweiterung als unzulässig erachtet. Zum anderen hat es die Voraussetzungen für eine Ansparrücklage verneint, weil sie nicht auf eine noch durchführbare, objektiv mögliche Investition bezogen war, nachdem der Kläger sie erst nach der erklärten Betriebsaufgabe gebildet hatte.

a) Mit der vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gehaltenen Frage, „ob auf Grund der so genannten Abschnittsbesteuerung bei der Erstellung von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen die Verhältnisse im Veranlagungszeitraum oder zum Zeitpunkt der tatsächlichen Erstellung der Erklärung zu Grunde zu legen sind”, setzt sich die Beschwerdebegründung nicht mit der Abweisung des klägerischen Begehrens bezüglich der Ansparrücklage als unzulässige Klageerweiterung auseinander. Sie stellt nur die vom FG gegebene zusätzliche Begründung für die Klageabweisung in Frage. Damit ist den Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe im Falle einer Doppelbegründung nicht Genüge getan.

b) Gleiches gilt für den Revisionszulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) wegen Abweichung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen des BFH. Auch dieses Vorbringen bezieht der Kläger ausschließlich auf die zusätzliche Begründung des FG für die Ablehnung der begehrten Ansparrücklage, nicht jedoch auf die Behandlung dieses Begehrens als unzulässige Klageerweiterung.

2. Im Übrigen hat der Kläger in der Sache verkannt, dass für Investitionen, von denen bereits feststeht, dass sie nicht mehr vorgenommen werden, keine Ansparrücklage gebildet werden kann (, BFH/NV 2004, 1400). Denn im Rahmen der zur Annahme einer „voraussichtlichen” Investition erforderlichen Prognose ist vor allem zu prüfen, ob der Ansparrücklage eine (noch) durchführbare, objektiv mögliche Investition zugrunde liegt (vgl. z.B. Senatsurteil vom X R 41/03, BFH/NV 2005, 848). Dies ist zu verneinen, wenn die vom Steuerpflichtigen am Bilanzstichtag (vorgeblich) geplante Investition im Zeitpunkt der Erstellung des entsprechenden Jahresabschlusses und dessen Einreichung beim Finanzamt wegen zwischenzeitlicher Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes nicht mehr realisiert werden konnte. Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung wird von diesen Überlegungen nicht berührt.

3. Hinsichtlich der behaupteten Divergenz muss sich der Kläger weiter entgegenhalten lassen, dass eine Abweichung nur vorliegen kann, wenn das angefochtene Urteil und die behauptete Divergenzentscheidung dieselbe Rechtsfrage unterschiedlich beantwortet haben. Daran fehlt es im Streitfall. Weder der vom Kläger genannte (BFH/NV 2005, 1264) noch das (BFHE 180, 572, BStBl II 1996, 601) haben sich mit der Frage und den Voraussetzungen der Bildung einer Ansparrücklage befasst. Zu dem vom Kläger behaupteten Spannungsverhältnis von Ansparrücklage und dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung konnten diese Entscheidungen somit keine abstrakten Rechtssätze aufstellen. Das schließt die Möglichkeit einer Divergenz des angefochtenen Urteils zu diesen Entscheidungen von vornherein aus. Im Übrigen genügt es zur Darlegung einer Divergenz nicht, wie der Kläger die behaupteten Divergenzentscheidungen im Wortlaut wiederzugeben. Vielmehr muss der Beschwerdeführer aus ihnen und aus dem angefochtenen Urteil entscheidungserhebliche abstrakte Rechtssätze herausarbeiten und einander gegenüberstellen.

4. Den Anforderungen an die Darlegung der Rüge der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes; § 96 Abs. 2 FGO) ist der Kläger in keiner Weise gerecht geworden. Sein unsubstantiiertes Vorbringen macht schon nicht ersichtlich, worauf sein Vorwurf beruht, das FG habe in dem Urteil „rechtliche und tatsächliche Fragen in einem erheblichen Maße einfach offen gelassen” und „dem Kläger keine Gelegenheit eingeräumt, zu den Fragen und angesprochenen Punkten…schriftlich Stellung zu nehmen”. Der Kläger hatte in jeder Phase des gerichtlichen Verfahrens Gelegenheit, seine Auffassung darzulegen und zu begründen. Zuletzt bot sich ihm diese Gelegenheit in der mündlichen Verhandlung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 809 Nr. 4
NAAAB-77571