Bayerisches Landesamt für Steuern - S 0130 - 18 St41M

Auskunftserteilung über steuerliche Verhältnisse mehrerer Personen, insbesondere gegenüber Gesamtschuldnern

1. Allgemein

Werden durch ein Auskunftsersuchen die Verhältnisse mehrerer Steuerpflichtiger berührt, so ist – wenn weder eine gesetzliche Auskunftsbefugnis besteht, noch ein zwingendes öffentliches Interesse gegeben ist – die Zustimmung jedes einzelnen Steuerpflichtigen erforderlich. Dies gilt unabhängig davon, ob die Auskunft von einem der betroffenen Steuerpflichtigen oder von einem unbeteiligten Dritten gefordert wird.

2. Gesamtschuldner

2.1.

Erbittet ein Steuerpflichtiger Auskunft über seine Verhältnisse und werden durch dieses Auskunftsersuchen auch die Verhältnisse von Personen berührt, die neben dem Steuerpflichtigen gesamtschuldnerisch (§ 44 AO) zur Entrichtung einer Steuer verpflichtet sind, steht das Steuergeheimnis einer Auskunft nicht entgegen ( BStBl 1973 II S. 625 und BFH-NV 1987 S. 774). In diesem Fall sind die Verhältnisse, die die Gesamtschuld betreffen, gemeinsame Verhältnisse der Gesamtschuldner. Die Mitteilung an einen der Gesamtschuldner kann deshalb nicht als Offenbarung der Verhältnisse eines anderen im Sinne des § 30 Abs. 2 AO angesehen werden.

Es ist jedoch stets sorgfältig in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Auskünfte bzw. Unterlagen nicht auch Verhältnisse Dritter beinhalten, deren Offenbarung unzulässig wäre.

2.2. Beispiele für eine Gesamtschuldnerschaft:

  • mehrere Personen schulden nebeneinander dieselbe Leistung: Veräußerer und Erwerber eines Grundstücks hinsichtlich der Grunderwerbsteuer

  • zusammenveranlagte Ehegatten hinsichtlich der Einkommensteuer

  • mehrere Personen haben für dieselbe Leistung einzustehen:

    Steuerschuldner und Haftungsschuldner, z.B.:

    • GmbH als Schuldnerin der Umsatzsteuer und Geschäftsführer bei Haftung nach § 69 AO.

    (wegen einer Auskunft im Zusammenhang mit einer Haftung nach § 75 AO vgl. AO-Kartei § 30 Abs. 4 Nr. 3 Karte 2)

    mehrere Haftungsschuldner:

    • Gesellschafter einer OHG für die Umsatzsteuer

    • GmbH und deren Geschäftsführer für die Lohnsteuer (§§ 42d EStG, 69 AO)

2.3. Umfang der Offenbarungspflicht

2.3.1. Allgemein

Nach § 155 Abs. 3 S. 1 AO können gegen Gesamtschuldner zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Dies gilt auch dann, wenn die Steuer im Innenverhältnis nicht von allen Gesamtschuldnern zu tragen ist. Es ist daher zulässig, einen Gesamtschuldner ohne Zustimmung des/der anderen über die dem Gesamtschuldverhältnis zugrunde liegenden steuerlichen Verhältnisse, wie z.B. über Bestehen und Höhe der aus dem Gesamtschuldverhältnis herrührenden Steuerrückstände, zu unterrichten. Die Offenbarungsbefugnis geht aber nur so weit wie das Gesamtschuldverhältnis reicht.

2.3.2. Ehegatten

Das Vorliegen einer Gesamtschuldnerschaft rechtfertigt auch die Erteilung von Auskünften über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse eines Ehegatten auf den Antrag des anderen Ehegatten zur Verwendung in Ehescheidungs- und Unterhaltsverfahren oder für seine Verteidigung im Steuerstrafverfahren. Es bedarf dabei keiner Zustimmung des Ehegatten, der die Einkünfte bezogen hat. Dem anfragenden Ehegatten kann die Auskunft unabhängig davon erteilt werden, ob er selbst Einkünfte bezogen hat und ob der andere Ehegatte die geschuldete Steuer allein entrichtet hat. Voraussetzung ist ausschließlich, dass die Auskunft Zeiträume betrifft, für die beide Ehegatten zusammenveranlagt worden sind (BFH, BStBl 1973 II S. 625). Bei der Auskunft handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Sie muss sich auf die die Zusammenveranlagung betreffenden Vorgänge (z.B. Einkommensteuererklärung und Einkommensteuerbescheid, nicht dagegen Umsatzsteuervorgänge oder Einzelheiten der Gewinnermittlung des anderen Ehegatten) beschränken.

Haben zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten Klage erhoben und ist das einen Ehegatten betreffende Verfahren wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen, ist der Insolvenzverwalter berechtigt, vor Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens Akteneinsicht in die – die streitige Steuersache beider Ehegatten betreffende – Steuerakte zu nehmen ( BStBl 2001 II S. 431).

2.4. Auskunft gegenüber einem Nichtgesamtschuldner

Soll einem unbeteiligten Dritten, der nicht Gesamtschuldner ist, Auskunft über die Verhältnisse der Gesamtschuldnerschaft erteilt werden, ist die Zustimmung aller Gesamtschuldner erforderlich.

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 0130 - 18 St41M

Fundstelle(n):
DStR 2006 S. 655 Nr. 15
ZAAAB-77019