BFH Beschluss v. - III B 194/04

Begriff der Einkünfte im Kindergeldrecht

Gesetze: EStG § 2,EStG § 32 Abs. 4

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob mit Bescheid vom die Festsetzung des Kindergelds für den Sohn der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) für das Jahr 2002 auf und forderte das Kindergeld in Höhe von 1 848 € zurück, weil die Einkünfte und Bezüge des Sohnes, der im Streitjahr 2002 als Werkstudent ein Bruttogehalt von 10 243 € erhalten hatte, auch nach Abzug der Werbungskosten und des ausbildungsbedingten Mehraufwands den Jahresgrenzbetrag von 7 188 € (§ 32 Abs. 4 Satz 2 des EinkommensteuergesetzesEStG— i.d.F. für das Streitjahr 2002) überschritten hätten. Der Einspruch blieb erfolglos.

Die Klage, mit der die Klägerin unter anderem vorbrachte, es dürfe nur das Nettoeinkommen des Sohnes berücksichtigt werden, wies das Finanzgericht (FG) ab. Es führte aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei unter Einkünften nicht das Nettoeinkommen zu verstehen, sondern gemäß der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG der Bruttojahreslohn abzüglich der Werbungskosten und der besonderen Ausbildungskosten.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, die Revision sei nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Sie trägt vor, für die Feststellung, ob die Einkommensgrenzen überschritten seien, dürfe nur das Nettoeinkommen des Kindes berücksichtigt werden. Das Nettoeinkommen habe aber nur 6 767,60 € betragen und unterschreite bereits ohne Berücksichtigung von Werbungskosten den maßgebenden Betrag. Außerdem habe sie das Kindergeld im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Auszahlung ausgegeben. Der Rückforderung sei daher der Wegfall der Bereicherung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 818 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entgegenzuhalten.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO sind in der Beschwerdebegründung die Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO darzulegen. Wird grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts geltend gemacht (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Halbsatz 1 FGO), ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen darzutun, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (z.B. , BFH/NV 2003, 328, m.w.N.). Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird.

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie lässt nicht erkennen, inwieweit die vom FG zugrunde gelegten Entscheidungen des BFH, nach denen der Einkünftebegriff in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG entspricht (, BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566; vom VI R 174/99, BFH/NV 2001, 1559, und vom VIII R 59/03, BFHE 204, 126), einer Überprüfung bedürfen.

a) Die Zulassung ist auch nicht aufgrund der nach Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gerechtfertigt. Das BVerfG hat für die Bemessung des Jahresgrenzbetrags nicht den Nettolohn zugrunde gelegt, sondern lediglich die Nichtberücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge für unzulässig gehalten (, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, Deutsches Steuerrecht 2005, 911). Im Streitfall wird der maßgebliche Jahresgrenzbetrag auch nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge überschritten, weshalb die Familienkasse es abgelehnt hat, der Klage abzuhelfen.

b) Soweit die Klägerin sich auf § 818 Abs. 3 BGB beruft, hat sie ebenfalls keinen die Zulassung der Revision rechtfertigenden weiteren oder erneuten Klärungsbedarf dargetan. § 818 Abs. 3 BGB ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH im Kindergeldrecht nicht anwendbar (BFH-Beschlüsse vom VI B 256/00, BFH/NV 2001, 1117, und vom VIII B 113/03, BFH/NV 2004, 763). Die Klägerin hätte sich deshalb mit dieser Rechtsprechung und der hierzu im Schrifttum vertretenen Auffassung umfassend auseinander setzen müssen (vgl. u.a. , BFH/NV 1998, 451, m.w.N.).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 722 Nr. 4
RAAAB-76605