Keine Wiedereinsetzung bei Fristversäumnis durch mangelhafte Büroorganisation des Prozessbevollmächtigten
Gesetze: FGO § 56
Instanzenzug:
Gründe
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am zugestellt.
Der Kläger legte daraufhin fristgerecht Revision ein und kündigte an, die Begründung der Revision nachzureichen. Am ging beim Bundesfinanzhof (BFH) die vom selben Tag datierende Revisionsbegründung ein. Zugleich beantragte der Kläger wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Zur Begründung dieses Antrags trug er vor, die Versäumung der Frist beruhe auf einem einmaligen Versehen im Büro seines Prozessbevollmächtigten. Dort sei versehentlich statt des (Tag der Zustellung des FG-Urteils) der (Datum der Einlegung der Revision) als Beginn der Revisionsbegründungsfrist eingetragen worden. Die angestrebte Sachentscheidung des BFH habe nicht nur für das Streitjahr, sondern auch für die Folgejahre Bedeutung.
Der Kläger beantragt, den angefochtenen Bescheid in einer in der Revisionsbegründung näher erläuterten Weise zu ändern.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
II. Die Revision ist unzulässig und muss deshalb gemäß § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verworfen werden. Der Kläger hat die Revisionsbegründungsfrist nicht gewahrt, was nicht durch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geheilt werden kann.
1. Hat das FG in seinem Urteil die Revision zugelassen, so muss diese innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils begründet werden (§ 120 Abs. 2 Satz 1 FGO). Im Streitfall hätte deshalb die Revisionsbegründung bis zum Ablauf des beim BFH eingehen müssen. Diese Frist hat der Kläger nicht gewahrt. Das führt zur Unzulässigkeit der Revision (§ 124 Abs. 1 FGO).
2. Die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist wäre zwar unschädlich, wenn der Kläger eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhalten könnte. Die Voraussetzungen hierfür liegen jedoch im Streitfall nicht vor, da der Kläger keine ausreichenden Wiedereinsetzungsgründe vorgetragen hat.
a) Eine Wiedereinsetzung setzt voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten (§ 56 Abs. 1 FGO). Die dafür erheblichen Tatsachen müssen, wenn sie sich nicht unmittelbar aus den dem Gericht vorliegenden Akten ergeben, von dem betreffenden Beteiligten dargelegt und erforderlichenfalls glaubhaft gemacht werden (§ 56 Abs. 2 FGO). Bei der Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag können nur dieser Vortrag und der sonstige Akteninhalt berücksichtigt werden.
b) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Prozessbevollmächtigter verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind (z.B. BFH-Beschlüsse vom I B 166/02, BFH/NV 2003, 1193; vom VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285). Deshalb liegt ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten vor, wenn die Fristversäumnis auf eine mangelhafte Büroorganisation zurückzuführen ist. Ein solches Verschulden ist bei der Anwendung des § 56 FGO dem von dem Prozessbevollmächtigten Vertretenen zuzurechnen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).
Vor diesem Hintergrund muss zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags bei Versäumung einer Frist durch einen Prozessbevollmächtigten regelmäßig dargelegt werden, dass die Fristversäumnis nicht auf einem Organisationsmangel beruht. Das erfordert u.a. nähere Ausführungen dazu, wem die Überwachung der einzuhaltenden Frist oblag, in welcher Weise diese Überwachung vorgenommen werden sollte und inwieweit durch die hierzu getroffenen Anweisungen eine Fristwahrung sichergestellt war. Zu allen diesen Punkten hat der Kläger nichts vorgetragen. Er hat sich vielmehr auf die Angabe beschränkt, dass im Büro seines Prozessbevollmächtigten der Beginn der Revisionsbegründungsfrist falsch eingetragen worden sei und dass es sich dabei um ein „bisher einmaliges Versehen” handele. Das wird den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Wiedereinsetzungsgesuch nicht gerecht, weshalb dem Kläger die begehrte Wiedereinsetzung nicht gewährt werden kann.
Fundstelle(n):
NAAAB-76602