Beiladung des persönlich haftenden Gesellschafters einer KG
Gesetze: FGO § 60 Abs. 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war zu 1/3 als Kommanditistin an einer ausschließlich aus natürlichen Personen bestehenden KG beteiligt, die den Im- und Export sowie den Großhandel mit…betrieb. Zum wurde das Gewerbe bei der Stadt wegen Aufgabe des Betriebs abgemeldet. Die betriebliche Tätigkeit wurde eingestellt und das gesamte Anlagevermögen (Halle, Maschinen und Betriebsausstattung) veräußert. Die Gesellschaft wickelte in der Folgezeit ausschließlich Forderungen und Verbindlichkeiten ab. Die Liquidation konnte erst im Jahr 1994 beschlossen werden, weil der Aufenthaltsort eines Gesellschafters nicht zu ermitteln war und erst ein Abwesenheitspfleger bestellt werden musste. Am wurden die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma im Handelsregister eingetragen.
In der Feststellungserklärung für das Streitjahr (1994) machte die Klägerin den Verlust eines der KG gewährten Darlehens geltend. Den Verlust hatte sie wie folgt berechnet:
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Eingezahlte
Kommanditeinlage |
... DM |
Entfall
Verlustvortragskonto |
./. ... DM |
Verlust
Gesellschafterdarlehen |
... DM |
... DM. |
Sie trug vor, ein entsprechender Ausgleichsanspruch gegen den Komplementär sei wertlos geworden.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) folgte dem nicht und erließ einen Gewinnfeststellungsbescheid, in dem es für den Komplementär einen aus der Auflösung von Rückstellungen resultierenden laufenden Gewinn in Höhe von 4 770 DM und für die beiden anderen Gesellschafter, also auch die Klägerin, ein Jahresergebnis von 0 DM feststellte.
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde ist wenn nicht unzulässig, so doch jedenfalls unbegründet.
1. Abweichung vom Senats-Urteil vom IV R 36/02 (BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871)
Die Abweichung ist nicht in zulässiger Weise dargetan und —offenkundig— nicht gegeben.
Insbesondere betrifft die Äußerung des Senats unter III.1.a der Urteilsgründe entgegen der Darstellung in der Beschwerdebegründung nicht die Frage, wann der Verlust eines Gesellschafterdarlehens realisiert ist, sondern lediglich die Frage, wie lange Bücher zu führen und Jahresabschlüsse zu erstellen sind. Dagegen führt das Senatsurteil unter III.2.d bis i ausdrücklich aus, dass ein Verlust aus dem Wertloswerden einer dem Gesellschafter gegenüber der KG zustehenden Forderung dann realisiert ist, wenn die Mitunternehmerschaft —beispielsweise durch Veräußerung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen— beendet wird. Von dieser Auffassung ist erkennbar auch das Finanzgericht (FG) ausgegangen.
2. Verfahrensmängel
a) Verletzung der Sachaufklärungspflicht
Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht seitens des FG ist nicht in zulässiger Weise dargetan.
Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG auszugehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 119, 274, BStBl II 1976, 621; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 120 Rz. 68, m.w.N.).
Das FG hat —wie bereits ausgeführt— angenommen, dass der aus der Wertlosigkeit der Forderung resultierende Verlust im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerschaft und damit im Jahr der Veräußerung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen realisiert ist. Sollte sich die Wertlosigkeit erst in einem späteren Jahr herausstellen, stellt dies nach der —zutreffenden— Ansicht des FG ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) dar. Der für das Jahr der Beendigung der Mitunternehmerschaft ergangene Feststellungsbescheid ist zu ändern. Nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 beginnt die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Ereignis eintritt. Der Steuerpflichtige hat somit ausreichend Zeit, die Wertlosigkeit der Forderung steuerlich geltend zu machen.
Das FG hat aufgrund der Äußerungen von Vertretern der Klägerin, die aus dem Aktenvermerk des FA vom hervorgehen, geschlossen, dass diese die Forderungen bereits im Jahr 1988 für wertlos gehalten hat und dass die Feststellungsfrist daher spätestens am endete.
Mithin kann ein Verfahrensfehler des FG nicht darin gesehen werden, dass es „hätte…prüfen müssen, ob und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt die Wertlosigkeit eingetreten ist” (Beschwerdebegründung vom , Bl. 4 oben).
Die Klägerin, die keinen Beweisantrag gestellt hat, hat auch nicht vorgetragen, aus welchem Grund sich dem FG eine Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen, welcher Art sie hätte sein sollen und zu welchem Ergebnis sie geführt hätte (vgl. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 20). Auch dass das FG eine Überraschungsentscheidung getroffen hätte, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Dazu wäre u.a. notwendig gewesen anzugeben, was sie auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts geantwortet hätte.
Offenbar will die Klägerin auch nicht bestreiten, dass die Forderung gegen den Komplementär bereits im Jahr 1988 wertlos war. Sie vertritt vielmehr eine andere Auffassung als das FG zu der Frage, in welchem Jahr die Gesellschaft als beendet angesehen werden musste.
b) Unterlassen einer notwendigen Beiladung
Die Beschwerde kann auch in diesem Punkt keinen Erfolg haben. Allerdings ist bei Klagen, die die Anerkennung von Verlusten im Sonderbetriebsvermögen zum Gegenstand haben, die Gesellschaft beizuladen, weil der Ausgang des Rechtsstreits Auswirkungen auf den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft hat (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871, unter I.1. der Gründe). Das gilt aber nicht mehr, wenn die Gesellschaft —wie im Streitfall— vollbeendigt ist (Senatsurteil vom IV R 19/88, BFHE 157, 181, BStBl II 1989, 1018; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 60 FGO Tz. 40, m.w.N.).
Auch die von der Klägerin für erforderlich gehaltene Beiladung des Komplementärs war nicht notwendig i.S. des § 60 Abs. 3 FGO. Zwar ist der persönlich haftende Gesellschafter in der Regel notwendig beizuladen, wenn der Rechtsstreit die Frage betrifft, ob und ggf. in welcher Höhe ein Kommanditist bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft infolge des Wegfalls seines negativen Kapitalkontos einen Gewinn erzielt (Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 60 FGO Rz. 59). Im Streitfall spielt der Wegfall des negativen Kapitalkontos jedoch keine Rolle. Zwar hat die Klägerin ihren Verlust ermittelt, indem sie von ihrer wertlos gewordenen Darlehensforderung gegen die Gesellschaft ihr negatives Kapitalkonto abgezogen hat. Das FA ist demgegenüber offenbar davon ausgegangen, dass ein negatives Kapitalkonto zum nicht (mehr) vorhanden war. Es hat jedenfalls in dem angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid nicht die Folgerungen gezogen, die —unabhängig von der Anerkennung des Darlehensverlustes— bei Wegfall eines negativen Kapitalkontos zu ziehen gewesen wären. Es hat weder einen Gewinn bei der Klägerin noch einen Verlust beim Komplementär angesetzt, so dass auch keiner von beiden hiergegen Einwendungen hätte erheben können.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
GAAAB-76211