Rüge der Zugrundelegung eines unzutreffenden Sachverhalts
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitig ist, wie die Aufnahme eines Sozius in eine Einzelpraxis einkommensteuerrechtlich zu beurteilen ist. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) ging nach einer Außenprüfung davon aus, dass der bei der Aufnahme entstandene Gewinn als laufender Gewinn zu erfassen sei. Das Finanzgericht (FG) wertete den Vorgang als eine Einbringung zu Buchwerten mit einer Zuzahlung in das Privatvermögen; in diesem Fall entstehe in Höhe der Differenz zwischen der Zuzahlung und den Buchwerten der anteilig übertragenen Wirtschaftsgüter ein nicht begünstigter laufender Gewinn.
Mit der Beschwerde machen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend, dass die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei. Das FG habe versucht, den Sachverhalt so darzustellen, dass die Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) zum sog. Zwei-Stufen-Modell (, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123) Anwendung finde. Die Darstellung des FG, dass der Vorgang als Einbringung mit Zuzahlung in das Privatvermögen zu werten sei, sei unzutreffend. Bei Annahme einer Einbringung sei die Darstellung, dass der Kläger 9/10 des Eigentums am Praxisinventar und 9/10 des ideellen Praxiswerts veräußert habe, rechtlich unmöglich. Weiter halte das FG ihnen, den Klägern, entgegen, dass nach § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Erwerber Anteile am Praxisinventar und am Praxiswert erwerbe, so dass keine Anteilsveräußerung vorliegen könne. Auch lasse das FG außer Acht, dass nach § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags der verbleibende Geschäftsanteil übertragen werde und nicht die verbleibenden 10 v.H. des Praxisinventars und des Praxiswerts. Es sei daher festzuhalten, dass sich das FG auf eine Sachverhaltsdarstellung stütze, die sich nicht aus den vorliegenden Vereinbarungen ergebe. Das FG hätte den Sachverhalt weiter aufklären müssen, da sie, die Kläger, stets vorgetragen hätten, dass der Kläger keine Wirtschaftsgüter, sondern Gesellschaftsanteile veräußert habe.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten; die Kläger verwechselten den Begriff des Sachverhalts mit dem der Schlussfolgerung.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Verfahrensfehler in diesem Sinne sind Verstöße gegen das Gerichtsverfahrensrecht, die das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass eine ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt (, BFH/NV 1999, 1620), z.B. ein Verstoß gegen § 76 FGO (Verletzung der Sachaufklärungspflicht) oder gegen § 96 FGO (Nichtberücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens; Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten; Verletzung des rechtlichen Gehörs; die Vorwegnahme der Beweiswürdigung oder die vermeintliche Bindung an nicht bestehende Beweisregeln).
Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Zur ordnungsgemäßen Rüge der unterlassenen Beweiserhebung ist vorzutragen, warum diese nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurde bzw. aus welchem Grund dies nicht möglich oder zumutbar war (BFH-Beschlüsse vom XI B 134/99, BFH/NV 2001, 1440; vom XI B 144/03, juris Nr: STRE200451115).
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Soweit die Kläger rügen, dass das FG von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei, wenden sie sich gegen die Beweiswürdigung und gegen die Rechtsanwendung des FG, aber nicht gegen das vom FG gehandhabte Verfahren. Die Frage, ob eine Anteilsveräußerung oder eine Einbringung vorgelegen habe, ist eine Rechtsfrage, die auf der rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts beruht. Der Umstand, dass nach Auffassung der Kläger das FG zu einer „rechtlich unmöglichen Schlussfolgerung” gelange, begründet keinen Verfahrensfehler.
2. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Große Senat in dem Beschluss in BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123 der in dem Beschluss des erkennenden Senats vom XI R 96/96 (BFHE 185, 486, BStBl II 1998, 475) vertretenen Auffassung, § 18 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes sei auf die Veräußerung eines Teils des gesamten Vermögens entsprechend anzuwenden, nicht gefolgt ist.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 564 Nr. 3
GAAAB-76195