Auskunftserteilung über die steuerlichen Verhältnisse von Gesamtschuldnern
1 Allgemeines
Berührt ein Auskunftsersuchen die Verhältnisse mehrerer Steuerpflichtiger, so ist hinsichtlich jedes einzelnen Betroffenen zu prüfen, ob eine Offenbarung zulässig ist. Gegebenenfalls ist jeder einzelne Betroffene um Zustimmung zur Offenbarung zu ersuchen. Dagegen gilt das Steuergeheimnis bei der Offenbarung von Verhältnissen eines Gesamtschuldners gegenüber dem/den anderen Gesamtschuldner/n nur eingeschränkt.
2 Gesamtschuldnerschaft
Gesamtschuldner sind Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 AO). Ein Gesamtschuldverhältnis kann danach zwischen mehreren Schuldnern oder zwischen mehreren Haftenden bestehen.
Beispiele für eine Gesamtschuldnerschaft:
Mehrere Personen schulden nebeneinander dieselbe Leistung:
Veräußerer und Erwerber hinsichtlich der Grunderwerbsteuer
Mehrere Haftungsschuldner haben für dieselbe Leistung einzustehen:
Gesellschafter einer OHG für die Umsatzsteuer
GmbH und deren Geschäftsführer für die Lohnsteuer (§§ 42d EStG, 69 AO)
Zusammen veranlagte Personen:
Ehegatten hinsichtlich der Einkommensteuer
Ein Gesamtschuldverhältnis kann auch zwischen Steuerschuldner und Haftungsschuldner bestehen:
GmbH als Schuldnerin der Umsatzsteuer und Geschäftsführer bei Haftung nach § 69 AO.
Bei Vorliegen einer Gesamtschuldnerschaft steht der Offenbarung von Verhältnissen, die die Gesamtschuldnerschaft betreffen, gegenüber einem der Gesamtschuldner das Steuergeheimnis nicht entgegen. Eine solche Offenbarung bezieht sich auf gemeinsame Verhältnisse der Gesamtschuldner, so dass die Mitteilung an einen der Gesamtschuldner keine unzulässige Offenbarung der Verhältnisse eines anderen i.S.d. § 30 Abs. 2 AO darstellt (vgl. , BStBl 1973 II S. 625 [627], und , BFH/NV 1987 S. 774).
Es ist jedoch stets sorgfältig in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Auskünfte bzw. Unterlagen nicht auch Verhältnisse Dritter beinhalten, deren Offenbarung unzulässig wäre.
3 Umfang der Offenbarungsmöglichkeit
Nach § 155 Abs. 3 Satz 1 AO können gegen Gesamtschuldner zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Das gilt auch dann, wenn im Innenverhältnis die Steuer nicht von allen Gesamtschuldnern zu tragen ist. Es ist daher zulässig, einen Gesamtschuldner ohne Zustimmung des/der anderen über die dem Gesamtschuldverhältnis zugrunde liegenden steuerlichen Verhältnisse, wie z. B. über Bestehen und Höhe der aus dem Gesamtschuldverhältnis herrührenden Steuerrückstände, zu unterrichten. Die Offenbarungsbefugnis geht aber nur so weit, wie das Gesamtschuldverhältnis reicht.
Das Vorliegen einer Gesamtschuldnerschaft rechtfertigt auch die Erteilung von Auskünften über Einkommen und Vermögen eines Ehegatten an den anderen, z. B. zur Verwendung in Ehescheidungs- und Unterhaltsprozessen, und zwar unabhängig davon, ob der anfragende Ehegatte selbst Einkünfte bezogen hat bzw. Vermögen besitzt und ob der andere Ehegatte die geschuldete Steuer allein entrichtet hat. Voraussetzung ist aber, dass die Auskunft Zeiträume betrifft, für die die Ehegatten zusammen veranlagt worden sind. Die Auskunft muss sich auf die Zusammenveranlagung betreffende Vorgänge beschränken (z. B. Einkommensteuererklärung, Einkommensteuerbescheid). Die Offenbarung umsatzsteuerlicher Vorgänge oder Einzelheiten der Gewinnermittlung des anderen, allein gewerblich tätigen Ehegatten ist dagegen nicht zulässig.
4 Offenbarung gegenüber einem Nichtgesamtschuldner
Für die Offenbarung von Verhältnissen der Gesamtschuldnerschaft gegenüber einem unbeteiligten Dritten, der nicht Gesamtschuldner ist, ist die Zustimmung aller Gesamtschuldner erforderlich.
OFD Magdeburg v. - S 0130 - 40 - St 251
Fundstelle(n):
XAAAB-74980