Anforderungen an die schlüssige Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, einer Divergenz und eines schwerwiegenden materiell-rechtlichen Fehlers des FG-Urteils
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die von ihnen geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise begründet.
1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
a) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache muss —vom hier nicht gegebenen Fall ihrer Offenkundigkeit abgesehen— schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dies erfordert ein konkretes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu der von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinander setzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung bislang keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 32 und 33, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Kläger nicht. Die Kläger vermochten weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit der von ihnen aufgeworfenen Rechtsfrage, ob „dem Steuerpflichtigen der Abzug von negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb versagt werden (könne), wenn nach einer Prognoseberechnung auf Dauer ein positiver Totalüberschuss erwirtschaftet wird und nur eine Anlaufphase von zwei bis drei Jahren vorliegt”, schlüssig zu begründen.
So wie die Frage von den Klägern formuliert wurde, ist sie auf der Basis der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BFH eindeutig und offenkundig zu bejahen, so dass es zu ihrer Beantwortung keiner weiteren höchstrichterlichen Entscheidung bedarf. Im Übrigen war diese Frage für das angefochtene Urteil nicht entscheidungserheblich und wäre deshalb in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig (zu diesem Erfordernis vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 30 ff.). Denn das Finanzgericht (FG) ist aufgrund seiner tatsächlichen Würdigung, hinsichtlich derer die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung keine Verfahrensrügen erhoben haben, abweichend von der Prognoserechnung der Kläger gerade nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass das in Rede stehende Engagement des Klägers auf Dauer gesehen zu einem Totalgewinn führt.
2. Aus denselben Gründen kommt eine Zulassung der Revision auch nicht wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) in Betracht (zur Qualifikation dieses Zulassungsgrundes als speziellen Tatbestand der „Grundsatzrevision” vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 38).
3. Auch soweit die Kläger geltend machen, das angefochtene FG-Urteil weiche von den Entscheidungen des (BFH/NV 1999, 1204), vom VIII R 59/92 (BFHE 179, 335, BStBl II 1996, 219), vom X R 106/95 (BFH/NV 1999, 1081), vom IV B 31/96 (BFH/NV 1997, 478), vom I B 135/92 (BFH/NV 1994, 464) und vom X R 62/01 (BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336) ab, genügen diese Rügen nicht den gesetzlichen Anforderungen.
a) Rügt der Beschwerdeführer —wie hier— eine Abweichung des angegriffenen FG-Urteils von Entscheidungen des BFH, so muss er tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und aus den behaupteten höchstrichterlichen Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 1484; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 42).
b) Diesen Erfordernissen werden die Divergenzrügen der Kläger nicht gerecht.
aa) Soweit die Kläger beanstanden, das FG sei von der in den BFH-Entscheidungen in BFH/NV 1999, 1204, in BFHE 179, 335, BStBl II 1996, 219 und in BFH/NV 1999, 1081 vertretenen Rechtsauffassung abgewichen, „dass für neu gegründete Gewerbebetriebe der Beweis des ersten Anscheins i.S. einer widerlegbaren tatsächlichen Vermutung für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht (spreche)”, fehlt es an der Herausarbeitung eines dieser Ansicht (angeblich) widersprechenden Rechtssatzes aus der angefochtenen Vorentscheidung. Einen solchen, den zitierten BFH-Entscheidungen widerstreitenden Rechtssatz hat das FG im Übrigen auch nicht aufgestellt. So hat das FG unter Anschluss an die höchstrichterliche Rechtsprechung ausdrücklich betont, dass „der Beweis des ersten Anscheins regelmäßig für eine Gewinnabsicht (spreche), wenn der Steuerpflichtige ein…Unternehmen gründe” und dass „Verluste in der Anlaufphase…diesen Anscheinsbeweis nicht (entkräfteten)”.
bb) Entsprechendes gilt auch für die Rüge der Kläger, das FG habe die in den BFH-Beschlüssen in BFH/NV 1997, 478 und in BFH/NV 1994, 464 vertretene Auffassung missachtet, „dass Anlaufverluste im Rahmen einer neu gegründeten gewerblichen Tätigkeit anzuerkennen (seien)”.
Die Kläger konnten auch insoweit keinen in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Rechtssatz herausstellen, der mit den zitierten BFH-Beschlüssen, die sich im Übrigen nicht speziell mit dem Problem der „Anlaufverluste” befassen, nicht im Einklang stünde. Soweit das FG im Anschluss an den Satz, dass Verluste in der Anlaufphase den Anscheinsbeweis für das Vorhandensein der Gewinnabsicht nicht entkräfteten, ausgeführt hat, dass allerdings dann, wenn „aufgrund der Entwicklung fest (stehe), dass das Gewerbe, so wie es vom Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vorneherein keine nachhaltigen Gewinne abwerfen konnte (...), (...) die Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen (sei), selbst wenn der Steuerpflichtige den Betrieb noch in der Anlaufphase (einstelle)”, entspricht auch dies der BFH-Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsurteil in BFH/NV 1999, 1081, unter II.1.b bb, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung).
cc) Auch soweit die Kläger eine Divergenz der Vorentscheidung zu dem Senatsurteil in BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336 rügen, haben sie es unterlassen, einen von diesem Urteil (vorgeblich) abweichenden Rechtssatz aus dem angefochtenen FG-Urteil zu formulieren.
Abgesehen davon weist der Senat darauf hin, dass das FG entgegen der Ansicht der Kläger nicht von der im zitierten Senatsurteil vertretenen Auffassung, dass allein das Erzielen langjähriger Verluste noch keinen zwingenden Schluss auf das Nichtvorliegen der Gewinnerzielungsabsicht zulasse und auch bei längeren Verlustperioden aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein müsse, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübe, nicht in entscheidungserheblicher Weise abgewichen ist. Denn das FG ist im Rahmen der von ihm vorgenommenen Würdigung des Streitfalles zu der Erkenntnis gelangt, dass der Kläger die zu beurteilende Tätigkeit „nahezu ausschließlich zur Unterstützung des Hobbies seines Sohnes und damit aus persönlichen Gründen und Neigungen ausgeübt (habe)”.
4. Die ausführliche Beschwerdebegründung der Kläger erschöpft sich im Kern —nach Art einer Revisionsbegründung— in Ausführungen darüber, dass und warum das FG den Streitfall unrichtig entschieden habe. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen jedoch für sich gesehen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24 und § 116 Rz. 34, jeweils m.w.N.).
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das angefochtene Urteil derart schwerwiegende Fehler bei der Auslegung revisiblen Rechts aufweist, dass die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. , BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; ferner Lange, Deutsche Steuer-Zeitung 2002, 782, 784).
Solche gravierenden Rechtsfehler haben die Kläger nicht substantiiert vortragen können. Derart eklatante Mängel liegen im Übrigen schon deswegen fern, weil das FG seiner Entscheidung die in der ständigen Rechtsprechung des BFH entwickelten (abstrakten) Grundsätze zugrunde gelegt sowie seine (tatsächliche und rechtliche) Würdigung des Streitfalles schlüssig und nachvollziehbar begründet hat.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 597 Nr. 3
XAAAB-73875