BFH Beschluss v. - II B 106/04

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb 1981 ein Wohn- und Geschäftshaus in F zum Preis von 920 000 DM. Für das Grundstück war im Ertragswertverfahren auf den ein Einheitswert von 267 200 DM festgestellt worden. Es enthält zwei Läden und zwei Wohnungen und ist vollständig vermietet. Der größere der beiden Läden mit einer Fläche von 400 qm und einem Lagerraum von 80 qm erbrachte im Erwerbszeitpunkt eine jährliche Miete von 45 000 DM; im Jahr 1999 betrug sie nur noch 9 600 DM. Dem festgestellten Einheitswert liegt eine Jahresrohmiete von 42 DM/qm für die Läden und insgesamt eine Jahresrohmiete von 30 032 DM zugrunde.

Der Kläger erhielt wegen der gesunkenen Mieten für die Jahre 1994 bis 1999 jeweils einen Grundsteuererlass. Ab 2000 verweigerte die Stadt einen weiteren Erlass und verwies den Kläger unter Berufung auf das 11 C 12.00 (BVerwGE 114, 132) darauf, bei der Finanzbehörde eine Berichtigung des Einheitswerts zu verlangen. Gegen die Ablehnung des Erlasses erhob der Kläger Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht (VG), nahm diese jedoch wieder zurück, nachdem auch das VG die Ansicht vertreten hatte, er müsse sich mit seinem Anliegen an die Steuerbehörden wenden.

Daraufhin beantragte der Kläger beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) die Feststellung eines niedrigeren Einheitswerts auf den , die das FA mit Bescheid vom ablehnte. Auch die mit Zustimmung des FA eingelegte Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, die niedrigeren Mieten beruhten auf einem allgemein gesunkenen Mietniveau und beträfen daher die Wertverhältnisse. Maßgeblich seien aber die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt . Eine neue Hauptfeststellung sei derzeit gesetzlich nicht vorgesehen.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob das Aufschieben einer neuen Hauptfeststellung noch mit der Verfassung vereinbar sei. Die grundsätzliche Bedeutung ergebe sich daraus, dass die Mieten in der ganzen betroffenen Region eklatant gesunken seien.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann auf sich beruhen, ob die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der andauernden Fortgeltung der Einheitswerte auf den gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausreichend dargelegt worden ist. Eine Verfassungswidrigkeit könnte sich insoweit lediglich aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) infolge gleichheitswidriger Wertverzerrungen, die nach den Wertverhältnissen zum noch nicht bestanden, ergeben. Ein strukturell bedingtes Absinken des Mietniveaus, welches eine so große Zahl von Grundstückseigentümern betrifft, dass es sich bei einer neuen Hauptfeststellung auswirken müsste, ist unter Gleichheitsgesichtspunkten ohne nähere Darlegung —d.h. bereits aus sich selbst heraus— noch nicht beachtlich. Derartige Darlegungen fehlen aber.

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Für die Verhältnisse zum ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass der gesetzliche Aufschub einer neuen Hauptfeststellung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (, BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428). Die Einheitswerte des Grundbesitzes sind —von besonderen Abgaben in der Landwirtschaft abgesehen— nur noch für die Grundsteuer von Bedeutung. Beschränkt auf die Grundsteuer ist aber zu berücksichtigen, dass die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte des Grundbesitzes regelmäßig erheblich unter dem gemeinen Wert liegen, so dass schwer vorstellbar ist, eine Neuregelung der Einheitsbewertung werde rückbezogen auf den oder einen späteren Stichtag zu einer Herabsetzung der Einheitswerte führen. Mit dieser Begründung hat das (BVerfGE 65, 160, BStBl II 1984, 20) die Vorlage des (BFHE 125, 188, BStBl II 1978, 446) damals als unzulässig angesehen, ohne auf frühere Bedenken wegen eines überlangen Hauptfeststellungszeitraums einzugehen (vgl. , BStBl II 1976, 637). Der Gesichtspunkt trifft nach wie vor zu. Sollte es aufgrund des nunmehr noch länger zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts zu Ungleichmäßigkeiten bei der Feststellung der Einheitswerte im Ertragswertverfahren gekommen sein, hat dies noch nicht die Verfassungswidrigkeit und Nichtigkeit der maßgebenden Vorschriften über die Einheitsbewertung zur Folge. Wertverzerrungen bei der Bemessungsgrundlage sind bei der Grundsteuer wegen der geringeren steuerlichen Belastungswirkung verfassungsrechtlich in höherem Ausmaß hinnehmbar als bei der Vermögensteuer sowie der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer (, BFH/NV 2000, 1076).

Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, das BVerfG werde im Rahmen des vom Kläger angestrebten Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG auf Verfassungswidrigkeit der maßgebenden Vorschriften über die Grundstücksbewertung im Ertragswertverfahren erkennen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 253 Nr. 2
KAAAB-73486