Absprache zwischen den zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Litauen über die gegenseitige Amtshilfe
Anliegend übersende das BMF die mit der Republik Litauen getroffene Absprache vom zum Auskunftsaustausch für Besteuerungszwecke. Die Absprache gilt als Vereinbarung im Sinne des § 2 Absatz 3 EG-Amtshilfe-Gesetz, die einen automatischen Auskunftsaustausch zwischen den zuständigen Behörden ermöglicht.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
ABSPRACHE ZWISCHEN DEN ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDEN ÜBER DIE GEGENSEITIGE AMTSHILFE
Zur Umsetzung der Bestimmungen des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Litauen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom (im Folgenden „das Abkommen„),
und gestützt auf
die Bestimmungen der Richtlinie des Rates Nr. 77/799/EWG vom in der Fassung der Richtlinie Nr. 2004/106/EG vom über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (im Folgenden “die Richtlinie“) oder jeder sonstigen Richtlinie oder Verordnung, die die Richtlinie ändert oder ersetzt,
sowie angesichts des beiderseitigen Wunsches nach einer Intensivierung der gegenseitigen Amtshilfe,
sind die zuständigen Behörden Deutschlands und Litauens wie folgt übereingekommen:
Artikel 1 Allgemeine Bestimmungen
Nach Artikel 26 des Abkommens und Artikel I der Richtlinie tauschen die zuständigen Behörden die Informationen aus, die zur Durchführung der Bestimmungen des Abkommens oder der Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts betreffend die unter das Abkommen
und die Richtlinie fallenden Steuern erforderlich sind.
Artikel 2 Auskunftsaustausch auf Ersuchen
Auskünfte werden auf Ersuchen für die in Artikel 1 genannten Zwecke erteilt. Die zuständigen Behörden bemühen sich, Auskünfte auf Ersuchen so bald wie möglich zu erteilen.
Artikel 3 Automatischer Auskunftsaustausch
Die zuständige Behörde jedes Staates erteilt der zuständigen Behörde des anderen Staates gemäß Artikel 3 der Richtlinie und Artikel 26 des Abkommens ohne besonderes Ersuchen automatisch die ihr nach ihrem innerstaatlichen Recht und ihrer innerstaatlichen Praxis verfügbaren Informationen über natürliche Personen, juristische Personen und andere Personenvereinigungen betreffend:
Dividenden im Sinne des Artikels 10 des Abkommens;
Zinsen im Sinne des Artikels 11 des Abkommens, die auf Konten bei Banken und ähnlichen Instituten gutgeschrieben wurden;
Lizenzgebühren im Sinne des Artikels 12 des Abkommens;
Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen im Sinne des Artikels 13 des Abkommens;
Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Gehälter, Löhne, Vergütungen, Ruhegehälter, Renten und andere Einkünfte im Sinne der Artikel 14 bis 21 des Abkommens;
Informationen über Grundstücksübertragungen;
den Erwerb von Unternehmen und die Gründung bzw. Umstrukturierung von Unternehmen.
Die Auskünfte sollen möglichst bald nach Ablauf eines jeden Kalenderjahres erteilt werden.
Auskünfte, die für einen automatischen Auskunftsaustausch nicht zur Verfügung stehen, können als Spontanauskünfte nach Artikel 4 erteilt werden.
Artikel 4 Spontaner Auskunftsaustausch
Die zuständige Behörde jedes Staates erteilt der zuständigen Behörde des anderen Staates gemäß Artikel 4 der Richtlinie und Artikel 26 des Abkommens ohne besonderes Ersuchen Auskünfte betreffend natürliche Personen, juristische Personen und andere Personenvereinigungen, die ihr im üblichen Verwaltungsverfahren bekannt werden. Diese Auskünfte umfassen insbesondere:
Sachverhalte, die in einem Staat zu einer Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung geführt haben, durch die im anderen Staat eine Steuererhöhung oder Steuerschuld entstehen dürfte;
Besteuerung von Versicherungsprämien.
Führt die erteilte Auskunft zu Änderungen in der Besteuerung im Empfängerstaat, sollte die zuständige Behörde des anderen Staates entsprechend unterrichtet werden.
Artikel 5 Anwesenheit von Steuerbediensteten eines Staates im Hoheitsgebiet des anderen Staates
Auf Ersuchen der zuständigen Behörde eines Staates kann die zuständige Behörde des anderen Staates zulassen, dass Vertreter des erstgenannten Staates in diesem anderen Staat anwesend sind. Die Bediensteten des ersuchenden Staates können der Steuerbehörde des anderen Staates bestimmte Steuerprüfungen vorschlagen. Die Entscheidung über einen solchen Vorschlag obliegt der jeweils zuständigen Behörde oder dem zuständigen Bediensteten des ersuchten Staates. Alle Entscheidungen bezüglich der Durchführung der Ermittlungen werden vom ersuchten Staat getroffen. Die zuständige Behörde des ersuchten Staates übermittelt die im Rahmen der Ermittlungen erhaltenen relevanten Informationen der zuständigen Behörde des anderen Staates.
Die zuständigen Behörden können die für die Anwesenheit ausländischer Steuerbediensteter geltenden Verfahren in gegenseitigem Einvernehmen festlegen.
Artikel 6 Abgestimmte Steuerprüfungen
Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 26 des Abkommens und des Artikels 1 der Richtlinie können die zuständigen Behörden abgestimmte Steuerprüfungen vereinbaren, um grenzüberschreitende Sachverhalte, einschließlich Gewinnverlagerungen und anderer Gestaltungen zur Steuerumgehung und -hinterziehung, zu prüfen und um Doppelbesteuerungen zu verhindern, insbesondere durch exakte Abgrenzung der Gewinne verbundener Unternehmen.
„Abgestimmte Steuerprüfung„ bedeutet eine Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden, gleichzeitig und unabhängig voneinander im jeweils eigenen Hoheitsgebiet die steuerlichen Verhältnisse eines oder mehrerer Steuerpflichtiger, an denen sie ein beiderseitiges Interesse haben, zu prüfen, um die auf diesem Weg gewonnenen relevanten Informationen auszutauschen.
Die zwischen den zuständigen Behörden vereinbarten Fallauswahl- und Prüfverfahren werden in der als Anhang A beigefügten Arbeitsvereinbarung näher erläutert.
Artikel 7 Kosten
Soweit die zuständigen Behörden nichts anderes vereinbart haben, trägt der ersuchte Staat die regulären Kosten der geleisteten Amtshilfe. Außerordentliche Kosten übernimmt nach vorheriger Absprache der ersuchende Staat.
Artikel 8 Geheimhaltung und Begrenzung des Auskunftsaustauschs
Im Hinblick auf die Geheimhaltung und die Grenzen des Auskunftsaustauschs gelten die Bestimmungen des Abkommens und der Richtlinie.
Erweist sich die erteilte Auskunft als fehlerhaft oder unvollständig, teilt die zuständige Behörde dies baldmöglichst mit. Erweist sich, dass fehlerhafte personenbezogene Daten oder personenbezogene Daten, die nicht übermittelt werden durften, übermittelt wurden, ist dies der empfangenden zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen. Die zuständige Behörde, die die Daten erhalten hat, ist gehalten, die betreffenden Daten zu berichtigen oder zurückzugeben.
Artikel 9 Form des Auskunftsaustauschs
Die in Artikel 3 der Absprache bezeichneten Auskünfte werden, soweit wie möglich, in standardisierter Form, vorzugsweise im OECD Standard Magnetic Format (aktuelle Version), übermittelt.
Die auszutauschenden Auskünfte sollen, sofern verfügbar, auch die Steuernummern (Tax Identification Number – TIN) oder andere für steuerliche Zwecke genutzte Identifikationsnummern beinhalten. Dies gilt für Nummern aus beiden Staaten.
Artikel 10 Zuständige Behörden
Auskunftsersuchen und Auskünfte sind zu richten an:
In Deutschland:
Bundesamt für Finanzen
53221 Bonn
In Litauen:
State Tax Inspectorate
under the Ministry of Finance
Vasario 16 – osios Street 15
01514 Vilnius
Artikel 11 Konsultation
Die zuständigen Behörden konsultieren einander, wann immer dies zur Durchführung dieser Absprache erforderlich ist.
Artikel 12 Anwendung, Änderung und Beendigung
Diese Absprache wird ab dem Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung angewandt. Sie kann jederzeit in gegenseitigem Einvernehmen zwischen den zuständigen Behörden geändert werden. Diese Absprache wird für eine unbestimmte Zeit getroffen. Sie kann von beiden zuständigen Behörden durch schriftliche Mitteilung beendet werden. Die zuständigen Behörden werden die Absprache drei Jahre nach ihrer Unterzeichnung überprüfen.
Diese Absprache wurde in zweifacher Ausfertigung, jede in englischer Sprache, erstellt.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Für die zuständige deutsche Behörde | Für die zuständige litauische Behörde |
Dr. Heinz-Jürgen Selling | Modestas Kaseliauskas |
Referatsleiter | Head of State Tax Inspectorate |
Bundesministerium der Finanzen | under the Ministry of Finance |
Anhang A ABGESTIMMTE STEUERPRÜFUNGEN
Fallauswahl- und Prüfverfahren
Folgende Auswahlverfahren werden angewandt:
Die zuständigen Behörden jedes Staates bestimmen unabhängig voneinander die Steuerpflichtigen, bei denen eine abgestimmte Steuerprüfung durchgeführt werden soll.
Jede zuständige Behörde unterrichtet die andere über die von ihr in Anwendung der nachfolgend beschriebenen Kriterien getroffene Auswahl potenzieller Fälle. Sie legt, soweit möglich, die Gründe für die Auswahl dieser Fälle dar, stellt die Informationen, die zu ihren Vorschlägen geführt haben, sowie sonstige maßgebliche Informationen zur Verfügung und gibt Auskunft über die bei den für abgestimmte Steuerprüfungen vorgeschlagenen Fällen geltende Verjährung.
Jede zuständige Behörde entscheidet selbständig über ihre Teilnahme an einer konkreten abgestimmten Prüfung. Keine der zuständigen Behörden ist jedoch zur Mitwirkung an einer von der anderen zuständigen Behörde vorgeschlagenen Prüfung verpflichtet.
Akzeptiert eine zuständige Behörde den Vorschlag der anderen zuständigen Behörde für eine abgestimmte Prüfung, bestätigt sie den ausgewählten Fall schriftlich unter Angabe der steuerpflichtigen Person(en) sowie der betroffenen Steuern und Veranlagungszeiträume. Sie benennt einen beauftragten Vertreter mit fachlicher Zuständigkeit für die Leitung der Prüfung. Nach Eingang der Bestätigung benennt auch die zuständige Behörde, die den Vorschlag unterbreitet hat, schriftlich einen beauftragten Vertreter. Besteht Einvernehmen über die Durchführung einer abgestimmten Prüfung, ersucht die zuständige Behörde jedes Staates die andere zuständige Behörde förmlich um den Austausch bestimmter Auskünfte nach Maßgabe des Abkommens.
Die beauftragten Vertreter der zuständigen Behörden legen für den jeweils ausgewählten Fall die zu prüfenden Bereiche und Zeiträume, den Zeitplan für die Durchführung der Prüfung und die Vorgehensweisen fest. Sie leiten den Austausch bestimmter Auskünfte nach Maßgabe förmlicher schriftlicher Ersuchen ein.
Im Rahmen dieser Absprache können nur Auskünfte erbeten werden, die nach dem Abkommen, der Richtlinie und den jeweiligen Steuergesetzen der beiden Staaten beschafft werden können.
Die zuständige Behörde jedes Staates kann die zuständige Behörde des anderen Staates durch eine entsprechende Erklärung darauf hinweisen, dass sie nach ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften den betroffenen Steuerpflichtigen von der beabsichtigten Auskunftsübermittlung in Übereinstimmung mit Artikel 26 des Abkommens (Informationsaustausch) in Kenntnis setzen wird.
Auswahlkriterien
Jeder für eine abgestimmte Prüfung ausgewählte Fall betrifft (einen) in beiden Staaten tätige(n) Steuerpflichtige(n). Bei der Fallauswahl sind vorrangig, jedoch nicht ausschließlich, die folgenden Faktoren zu berücksichtigen:
Anzeichen für Steuerumgehung und/oder Steuerhinterziehung;
Anzeichen für eine wesentliche Nichteinhaltung der Steuergesetze in beiden Staaten;
Anzeichen für eine Manipulation von Verrechnungspreisen mit potenziell nachteiligen Auswirkungen für beide Staaten;
Anzeichen für andere Formen internationaler Steuerplanung, durch deren erfolgreiche Bekämpfung zusätzliche Steuereinnahmen in den beteiligten Staaten erzielt werden könnten;
Anzeichen für eine deutlich hinter der Erwartung zurückbleibende wirtschaftliche Leistung eines Steuerpflichtigen oder verbundener Steuerpflichtiger in einem bestimmten Zeitraum, z. B.:
das wirtschaftliche Ergebnis weist gemessen am Umsatz, Gesamtvermögen usw. keine angemessenen Gewinne aus;
der Steuerpflichtige erklärt beständig Verluste, insbesondere langfristige Verluste;
der Steuerpflichtige zahlte im betreffenden Zeitraum ungeachtet der Ertragskraft geringe oder gar keine Steuern;
Geschäftsbeziehungen, die mit einer “Steueroase“ in Zusammenhang stehen.
Bedienstete
Prüfungen werden ausschließlich durch die zuständigen Behörden jedes Staates nach innerstaatlichem Recht und innerstaatlicher Praxis separat und in einer Weise durchgeführt, durch die die Vorteile des Auskunftsaustausches im Rahmen des Abkommens möglichst umfassend ausgeschöpft werden.
Planung der Prüfung
Vor Beginn der Prüfung befassen sich die für den Fall zuständigen Bediensteten der Steuerverwaltung zusammen mit ihren Kollegen aus dem anderen Staat mit den Prüfungsplänen jedes Staates, gegebenenfalls eingehender zu behandelnden Fragestellungen und den angestrebten Terminen.
Durchführung von Prüfungen
Abgestimmte Steuerprüfungen setzen die Zusammenarbeit von im jeweiligen Staat tätigen Bediensteten voraus, die den bzw. die Steuerpflichtigen gleichzeitig, jedoch voneinander unabhängig in ihrem Zuständigkeitsbereich prüfen. Die Hauptzuständigkeit für die Koordinierung von Prüfung und Auskunftsaustausch bezüglich eines ausgewählten Steuerpflichtigen liegt bei dem von den zuständigen Behörden vereinbarten Staat. Jeglicher Auskunftsaustausch ist nach den Bestimmungen des Abkommens und der Absprache über die gegenseitige Amtshilfe durchzuführen.
Abbruch einer abgestimmten Prüfung
Kommt einer der beiden Staaten zu dem Schluss, dass eine abgestimmte Prüfung nicht weiter von Nutzen ist, kann er seine Mitarbeit durch ordnungsgemäße Mitteilung an den anderen Staat beenden.
Abschluss einer Prüfung
Prüfungen werden nach Abstimmung und Konsultationen zwischen den zuständigen Behörden jedes Staates nach den geltenden Verfahren beider Staaten abgeschlossen. Verbleibende Doppelbesteuerungsfragen sind einer Verständigung nach Artikel 25 des Abkommens (Verständigungsverfahren) vorbehalten.
BMF v. - IV B 1 - S 1321 LTU - 1/05
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
RIW 2006 S. 398 Nr. 5
StBW 2006 S. 10 Nr. 2
JAAAB-73054