Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war Gesellschafter einer aus drei Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).
Bei der GbR fand in den Jahren 1994 bis 1996 eine Betriebsprüfung statt. Prüfungsschwerpunkt war, ob die Gesellschafter auf der Ebene der GbR Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel oder aus Vermietung und Verpachtung erzielten.
Laut Betriebsprüfungsbericht waren die Einkünfte bei der Gesellschaft weiterhin als solche aus Vermietung und Verpachtung einzuordnen. Auf dieser Ebene sei mithin kein gewerblicher Grundstückshandel gegeben. Hinsichtlich des von der GbR veräußerten Objekts sei aber bei allen Gesellschaftern ein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen. Aus der Veräußerung des Objekts entfalle auf den Kläger ein Gewinnanteil von 55 033 DM.
Das für die GbR zuständige Finanzamt (Gesellschafts-FA) erließ eine nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) „geänderte gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte” für das Streitjahr 1989, indem es wie im ursprünglichen Feststellungsbescheid negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 8 479 DM feststellte, die es den Feststellungsbeteiligten zu je 1/3 zuordnete. In der Begründung des Bescheids heißt es u.a., zur „Umqualifizierung der Einkunftsarten” werde bei den einzelnen Gesellschaftern auf Tz. 9 des Betriebsprüfungsberichts verwiesen.
Die auf den Kläger bezogene Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte enthielt in der Anlage eine Ergänzung, nach der u.a. zusätzlich zu den festgestellten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 1989 Einkünfte aus „Gewerbebetrieb” (gewerblicher Grundstückshandel) in Höhe von 55 033 DM zu erfassen seien.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) erließ daraufhin einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheid für 1989, in dem er neben den bereits zuvor erfassten negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von 2 826 DM die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um 55 033 DM erhöhte. Der Einspruch des Klägers war erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 822 veröffentlichtem Urteil statt und hob den geänderten Einkommensteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung auf.
Das FG führte im Wesentlichen aus, das FA hätte nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Umqualifizierung der Einkünfte eines an einer vermögensverwaltenden GbR beteiligten Gesellschafters die Einkünfte des Klägers aus gewerblichem Grundstückshandel im Einkommensteuerbescheid 1989 nur unter dem Vorbehalt einer entsprechenden endgültigen Feststellung durch das Gesellschafts-FA erfassen dürfen (vgl. , BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401). Der Klage sei daher schon aus verfahrensrechtlichen Gründen stattzugeben.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Zu Unrecht hat das FG den Einkommensteuerbescheid 1989 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufgehoben, weil das FA die vom Gesellschafts-FA festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung umqualifiziert und der Besteuerung zugrunde gelegt habe, ohne deutlich zu machen, dass das Gesellschafts-FA endgültig über die Höhe der umqualifizierten Einkünfte zu entscheiden habe.
Das FG hat seine Entscheidung auf die bisherige Rechtsprechung des BFH zur Umqualifizierung der Einkünfte eines an einer vermögensverwaltenden GbR beteiligten gewerblich tätigen Gesellschafters gestützt. Diese Rechtsprechung ist durch den Beschluss des Großen Senats des (BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679) überholt.
Nach diesem Beschluss hat über die Einkünfte eines betrieblich an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafters sowohl ihrer Art als auch ihrer Höhe nach das für die persönliche Besteuerung des Gesellschafters zuständige (Wohnsitz-)Finanzamt (Gesellschafter-FA) verbindlich zu entscheiden. Das FA war im Streitfall somit nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, über Art und Höhe der Einkünfte des Klägers aus der Beteiligung an der GbR zu entscheiden.
2. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben. Da der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG nicht entscheiden kann, ob die Voraussetzungen für eine Änderung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids 1989 vorgelegen haben, war die Sache an das FG zurückzuverweisen.
a) Das FA hat die Änderung des Bescheids zu Unrecht auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 gestützt.
Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO 1977), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird.
Der vom Betriebsprüfer ermittelte Veräußerungsgewinn ist nicht Bestandteil der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der GbR, da die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit keine gewerblichen Einkünfte, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt haben. Sind wie im Streitfall aufgrund außerhalb der GbR liegender Umstände die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beim einzelnen Gesellschafter als gewerblich zu beurteilen, so hat nach dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 209, 399, BFH/NV 2005, 1648 das Gesellschafter-FA die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren und deren Höhe zu ermitteln. Soweit in den Erläuterungen des Feststellungsbescheids die bei einer Umqualifizierung der Einkünfte sich ergebende Höhe mitgeteilt wird, ist dies keine Feststellung, die das Gesellschafter-FA bindet.
Eine zur Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 berechtigende Bindung kann sich im Streitfall auch nicht hinsichtlich der festgestellten, (anteilig) in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizierenden Vermietungseinkünfte ergeben. Denn der Verlust aus Vermietung und Verpachtung im ursprünglichen Bescheid ist in der geänderten gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte in gleicher Höhe (./. 8 479 DM) festgestellt worden.
b) Die Rechtmäßigkeit eines Änderungsbescheids beurteilt sich zwar nicht danach, ob die Voraussetzungen der vom FA zur Begründung herangezogenen Vorschrift vorliegen, sondern danach, ob die Änderung durch irgendeine Änderungsnorm gedeckt ist (Senatsurteil vom III R 53/93, BFHE 181, 547, BStBl II 1997, 269, m.w.N.). Die bisherigen Feststellungen des FG erlauben jedoch keine abschließende Beurteilung, ob die Voraussetzungen z.B. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 oder einer anderen Änderungsvorschrift im Zeitpunkt des Ergehens des Einkommensteuerbescheids 1989 vorgelegen haben.
Das FG hat die entsprechenden Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 235 Nr. 2
BAAAB-72426