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OFD Frankfurt am Main - S 7172 A - 45 - St I 2.30

Umsatzsteuer für ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (Betreutes Wohnen)

Bezug:

1 Allgemeines

1.1 Ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe

Mit Wirkung ab wurden das Bundessozialhilfegesetz und das Grundsicherungsgesetz durch das Sozialgesetzbuch XII ersetzt. Die ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe sind nunmehr in diesem Gesetz neu geregelt worden.

Die ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen des Betreuten Wohnens sollen den Bewohnern Hilfe zu einem selbstbestimmten Leben in der eigenen Wohnung bieten, wobei eine kontinuierliche, jedoch nicht auf die ständige Anwesenheit eines Betreuungspersonals ausgerichtete Betreuung erfolgt. Die Förderung und Versorgung zielt insbesondere darauf ab,

  • die Unabhängigkeit von stationärer bzw. teilstationärer Hilfe im Bereich Wohnen zu erhalten oder zu erreichen

  • eine Ausbildung zu erlangen

  • eine Erwerbstätigkeit oder eine sonstige geeignete Tätigkeit auszuüben und selbständig den Alltag zu bewältigen sowie

  • Kontakte zu Nachbarn, Freunden etc. aufzubauen und ggf. auch in Familie oder Partnerschaft zu leben.

1.2 Vereinbarungen für Hessen

Mit Wirkung zum wurde für Hessen zwischen den Verbänden der Leistungserbringer und der Leistungsträger auf Landesebene

  • der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e.V.

  • dem Verband deutscher Alten- und Behindertenhilfe, Landesverband Hessen e.V.

  • dem Kasseler Bund e.V.

  • dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, Landesverband Hessen e.V.;

  • dem Hessischer Städtetag

  • dem Hessischer Landkreistag und

  • dem Landeswohlfahrtsverband Hessen

eine Zusatzvereinbarung zum Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII für ambulante Einrichtungen (Zusatzvereinbarung vom ) geschlossen. Sie definiert landesweit einheitlich für Hessen die ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen für erwachsene Menschen mit Behinderungen nach den gesetzlichen Bestimmungen des SGB XII. Die Leistungen werden an erwachsene Menschen mit Behinderungen erbracht, die vorübergehend für längere Zeit oder auf Dauer nicht zur selbständigen Lebensführung fähig sind, für die aber eine stationäre oder teilstationäre Hilfe nicht, noch nicht oder nicht mehr erforderlich ist. Hierbei handelt es sich, insbesondere um Menschen mit geistiger, körperlicher oder psychischer/seelischer Behinderung im Sinne des § 53 SGB XII in Verbindung mit § 2 SGB IX.

Durch diese Vereinbarung wird der landesweit gleichmäßige Ausbau von Angeboten im Bereich der Eingliederungshilfe beim Betreuten Wohnen für behinderte Menschen im Lande Hessen mit einheitlichen Standards hinsichtlich der Qualität und des Umfangs der angebotenen Leistungen erreicht.

Die Zusatzvereinbarung regelt insbesondere

  • den leistungsberechtigten Personenkreis

  • Ziel, Art und Inhalt der Leistung

  • die Vergütung sowie

  • die Qualität der Leistung

sowohl im Hinblick auf die Qualifikation und Ausstattung der Leistungserbringer als auch im Hinblick auf die Qualität der erbrachten Eingliederungshilfeleistung.

2 Umsatzsteuerliche Behandlung

2.1 Leistungen bis

Bis einschließlich 2004 wurden in Hessen ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe im Bereich des Betreuten Wohnens ausschließlich von amtlich anerkannten Verbänden der Wohlfahrtspflege, deren Untergliederungen oder einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossenen Vereinigung durchgeführt. Diese Leistungen waren daher nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei.

2.2 Leistungen ab

2.2.1 Amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege (§ 4 Nr. 18 UStG)

Seit dem bieten erstmals in Hessen auch private Leistungserbringer ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe des Betreuten Wohnens entsprechend den in der Zusatzvereinbarung zum Rahmenvertrag festgelegten Standards an. Nach der Vereinbarung werden diese Leistungen durch eine landeseinheitliche Vergütung (Fachleistungsstunde) abgegolten.

Da die einheitlich festgelegte Vergütungsregelung für alle Leistungserbringer gilt, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG für die o. g. Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, deren Untergliederungen oder einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossenen Vereinigung ab keine Anwendung mehr finden, denn die Voraussetzung des § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG ist nicht mehr erfüllt.

2.2.2 Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen (§ 4 Nr. 16 UStG)

Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL befreit die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Umsätze durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts und durch Einrichtungen, die als solche mit sozialem Charakter anerkannt sind.

Diese Vorschrift wurde im deutschen Umsatzsteuerrecht in § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG durch die Befreiung der Umsätze zur Pflege kranker und pflegebedürftiger Menschen entsprechend umgesetzt.

Sie ist hinsichtlich der ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe richtlinienkonform wie folgt auszulegen:

  • Bei den Leistungserbringern handelt es sich um Einrichtungen, die kranke und pflegebedürftige Personen in ihrer Wohnung betreuen (Abschnitt 99a Abs. 1 Satz 5 UStR 2005). Leistungserbringer in diesem Sinne sind auch Einrichtungen, die erwachsene Menschen mit Behinderung im Sinne des § 53 SGB XII i. V. m. § 2 I SGB IX in ihrer Wohnung betreuen.

  • Empfänger der Leistungen sind erwachsene pflegebedürftige Personen, die nicht zur selbständigen Lebensführung fähig sind und wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung Hilfeleistung im Ablauf des täglichen Lebens benötigen (Abschnitt 99a Abs. 3 UStR 2005). Empfänger der Leistungen in diesem Sinne sind auch erwachsene Menschen mit Behinderung (§ 53 SGB XII), die nicht zur selbständigen Lebensführung fähig sind, für die aber eine stationäre oder teilstationäre Hilfe nicht, noch nicht oder nicht mehr erforderlich ist (s. o. Ziffer 1.2). An diesen Personenkreis im Rahmen der Zusatzvereinbarung vom erbrachte ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII sind von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG ebenso befreit wie die bisher schon befreiten ambulanten Pflegeleistungen nach § 61 Abs. 1 SGB XII (vgl. Abschnitt 99a Abs. 3 Satz 1 UStR 2005).

Die Leistungserbringer (sowohl amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege, deren Untergliederungen oder einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossenen Vereinigung als auch private Leistungserbringer) können deshalb für die nach der Zusatzvereinbarung erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe beim Betreuten Wohnen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG in Anspruch nehmen, sofern die Voraussetzung der nachstehenden Tz. 2.3 erfüllt ist.

2.3 Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung

Die Entgelte der Leistungserbringer müssen zur Inanspruchnahme der Steuerbefreiung im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialhilfe ganz oder überwiegend getragen worden sein (Abschnitt 99a Abs. 4 f. UStR). Dabei ist davon auszugehen, dass in den Fällen, in denen die Leistungen der Eingliederungshilfe auf Grund der mit dem Sozialhilfeträger abgeschlossenen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 f. SGB XII erbracht werden, die Kosten von dem Sozialhilfeträger getragen werden.

Auszug aus dem Sozialgesetzbuch IX

SGB IX § 2 Behinderung

(1) Menschen sind behindert, wenn ihre Körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 2 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Auszug aus dem Sozialgesetzbuch XII

SGB XII § 53 Leistungsberechtigte und Aufgabe

(1) Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.

(2) Von einer Behinderung bedroht sind Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt für Personen, für die vorbeugende Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit nach den §§ 47 und 48 erforderlich ist, nur, wenn auch bei Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten droht.

(3) Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.

(4) Für die Leistungen zur Teilhabe gelten die Vorschriften des Neunten Buches, soweit sich aus diesem Buch und den auf Grund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach diesem Buch.

SGB XII § 54 Leistungen der Eingliederungshilfe

(1) Leistungen der Eingliederungshilfe sind neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches insbesondere

  1. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt,

  2. Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule,

  3. Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit,

  4. Hilfe in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten nach § 56,

  5. nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen und zur Sicherung der Teilhabe der behinderten Menschen am Arbeitsleben.

Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben entsprechen jeweils den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit.

(2) Erhalten behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen in einer stationären Einrichtung Leistungen der Eingliederungshilfe, können ihnen oder ihren Angehörigen zum gegenseitigen Besuch Beihilfen geleistet werden, soweit es im Einzelfall erforderlich ist.

SGB XII § 61 Leistungsberechtigte und Leistungen

(1) Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, ist Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege ist auch Kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Absatz 5 bedürfen; für Leistungen für eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung gilt dies nur, wenn es nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre Leistungen nicht zumutbar sind oder nicht ausreichen.

(2) Die Hilfe zur Pflege umfasst häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflege. Der Inhalt der Leistungen nach Satz 1 bestimmt sich nach den Regelungen der Pflegeversicherung für die in § 28 Abs. 1 Nr. 1, 5 bis 8 des Elften Buches aufgeführten Leistungen; § 28 Abs. 4 des Elften Buches gilt entsprechend. Die Hilfe zur Pflege kann auf Antrag auch als Teil eines träger übergreifenden Persönlichen Budgets erbracht werden. § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 des Neunten Buches sind insoweit anzuwenden.

(3) Krankheiten oder Behinderungen im Sinne des Absatzes 1 sind:

  1. Verluste, Lähmungen oder andere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat,

  2. Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane,

  3. Störungen des Zentralnervensystems wie Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen,

  4. andere Krankheiten oder Behinderungen, infolge derer Personen pflegebedürftig im Sinne des Absatzes 1 sind.

(4) Der Bedarf des Absatzes 1 besteht in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen.

(5) Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind:

  1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- und Blasenentleerung,

  2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,

  3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Betl-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung,

  4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen dar Wäsche und Kleidung und das Beheizen.

(6) Die Verordnung nach § 16 des Elften Buches, die Richtlinien der Pflegekassen nach § 17 des Elften Buches, die Verordnung nach § 30 des Elften Buches, die Rahmenverträge und Bundesempfehlungen über die pflegerische Versorgung nach § 75 des Elften Buches und die Vereinbarungen über die Qualitätssicherung nach § 80 des Elften Buches finden zur näheren Bestimmung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit des Inhalts der Pflegeleistung, der Unterkunft und Verpflegung und zur Abgrenzung, Höhe und Anpassung der Pflegegelder nach § 64 entsprechende Anwendung.

SGB XII § 75 Einrichtungen und Dienste

(1) Einrichtungen sind stationäre und teilstationäre Einrichtungen im Sinne von § 13. Die §§ 75 bis 80 finden auch für Dienste Anwendung, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe sollen die Träger der Sozialhilfe eigene Einrichtungen nicht neu schaffen, soweit geeignete Einrichtungen anderer Träger vorhanden sind, ausgebaut oder geschaffen werden können. Vereinbarungen nach Absatz 3 sind nur mit Trägern von Einrichtungen abzuschließen, die insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und der Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Abs. 1 zur Erbringung der Leistungen geeignet sind. Sind Einrichtungen vorhanden, die in gleichem Maße geeignet sind, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Trägern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Träger.

(3) Wird die Leistung von einer Einrichtung erbracht, ist der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme der Vergütung für die Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine Vereinbarung über

  1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung),

  2. die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und

  3. die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung)

besteht. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Der Träger der Sozialhilfe kann die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistung prüfen.

(4) Ist eine der in Absatz 3 genannten Vereinbarungen nicht abgeschlossen, darf der Träger der Sozialhilfe Leistungen durch diese Einrichtung nur erbringen, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist. Hierzu hat der Träger der Einrichtung ein Leistungsangebot vorzulegen, das die Voraussetzung des § 76 erfüllt, und sich schriftlich zu verpflichten, Leistungen entsprechend diesem Angebot zu erbringen. Vergütungen dürfen nur bis zu der Höhe übernommen werden, wie sie der Träger der Sozialhilfe am Ort der Unterbringung oder in seiner nächsten Umgebung für vergleichbare Leistungen nach den nach Absatz 3 abgeschlossenen Vereinbarungen mit anderen Einrichtungen trägt. Für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen gelten die Vereinbarungsinhalte des Trägers der Sozialhilfe mit vergleichbaren Einrichtungen entsprechend. Der Träger der Sozialhilfe hat die Einrichtung über Inhalt und Umfang dieser Prüfung zu unterrichten. Absatz 5 gilt entsprechend.

(5) Bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 72 des Elften Buches richten sich Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der ambulanten und teilstationären Pflegeleistungen sowie der Leistungen der Kurzzeitpflege und der vollstationären Pflegeleistungen sowie der Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und der Zusatzleistungen in Pflegeheimen nach den Vorschriften des Achten Kapitels des Elften Buches, soweit nicht nach § 61 weitergehende Leistungen zu erbringen sind. Satz 1 gilt nicht, soweit Vereinbarungen nach dem Achten Kapitel des Elften Buches nicht im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind. Der Träger der Sozialhilfe ist zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten nach § 82 Abs. 4 des Elften Buches nur verpflichtet, wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach dem Zehnten Kapitel getroffen worden sind.

SGB XII § 76 Inhalt der Vereinbarungen

(1) Die Vereinbarung über die Leistung muss die wesentlichen Leistungsmerkmale festlegen, mindestens jedoch die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtung, den von ihr zu betreuenden Personenkreis, Art, Ziel und Qualität der Leistung, Qualifikation des Personals sowie die erforderliche sächliche und personelle Ausstattung. In die Vereinbarung ist die Verpflichtung der Einrichtung aufzunehmen, im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

(2) Vergütungen für die Leistungen nach Absatz 1 bestehen mindestens aus den Pauschalen für Unterkunft und Verpflegung (Grundpauschale) und für die Maßnahmen (Maßnahmepauschale) sowie aus einem Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag). Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Maßnahmepauschale wird nach Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Bedarf kalkuliert. Einer verlangten Erhöhung der Vergütung auf Grund von Investitionsmaßnahmen braucht der Träger der Sozialhilfe nur zuzustimmen, wenn er der Maßnahme zuvor zugestimmt hat.

(3) Die Träger der Sozialhilfe vereinbaren mit dem Träger der Einrichtung Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und die Qualitätssicherung der Leistungen sowie für den Inhalt und das Verfahren zur Durchführung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen. Das Ergebnis der Prüfung ist festzuhalten und in geeigneter Form auch den Leistungsberechtigten der Einrichtung zugänglich zu machen. Die Träger der Sozialhilfe haben mit den Heimaufsichtsbehörden und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zusammenzuarbeiten, um Doppelprüfungen möglichst zu vermeiden.

SGB XII § 77 Abschluss von Vereinbarungen

(1) Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzuschließen; nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Kommt eine Vereinbarung nach § 76 Abs. 2 innerhalb von sechs Wochen nicht zustande, nachdem eine Partei schriftlich zu Verhandlungen aufgefordert hat, entscheidet die Schiedsstelle nach § 80 auf Antrag einer Partei unverzüglich über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte. Gegen die Entscheidung ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Die Klage richtet sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsstelle. Eine Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren bedarf es nicht.

(2) Vereinbarungen und Schiedsstellenentscheidungen treten zu dem dann bestimmten Zeitpunkt in Kraft. Wird ein Zeitpunkt nicht bestimmt, werden Vereinbarungen mit dem Tag ihres Abschlusses, Festsetzungen der Schiedsstelle mit dem Tag wirksam, an dem der Antrag bei der Schiedsstelle eingegangen ist. Ein jeweils vor diesen Zeitpunkt zurückwirkendes Vereinbaren oder Festsetzen von Vergütungen ist nicht zulässig. Nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums gelten die vereinbarten oder festgesetzten Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer Vergütungen weiter.

(3) Bei unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen der Annahmen, die der Vereinbarung oder Entscheidung über die Vergütung zu Grunde lagen, sind die Vergütungen auf Verlangen einer Vertragspartei für den laufenden Vereinbarungszeitraum neu zu verhandeln. Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend.

SGB XII § 78 Außerordentliche Kündigung der Vereinbarungen

Ist wegen einer groben Verletzung der gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Leistungsberechtigten und deren Kostenträgern durch die Einrichtung ein Festhalten an den Vereinbarungen nicht zumutbar, kann der Träger der Sozialhilfe die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Das gilt insbesondere dann, wenn in der Prüfung nach § 76 Abs. 3 oder auf andere Weise festgestellt wird, dass Leistungsberechtigte infolge der Pflichtverletzung zu Schaden kommen, gravierende Mängel bei der Leistungserbringung vorhanden sind, dem Träger der Einrichtung nach dem Heimgesetz die Betriebserlaubnis entzogen oder der Betrieb der Einrichtung untersagt wird oder die Einrichtung nicht erbrachte Leistungen gegenüber den Kostenträgern abrechnet. Die Kündigung bedarf der Schriftform. § 59 des Zehnten Buches bleibt unberührt.

SGB XII § 79 Rahmenverträge

(1) Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die kommunalen Spitzenverbände auf Landesebene schließen mit den Vereinigungen der Träger der Einrichtungen auf Landesebene gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge zu den Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 und § 76 Abs. 2 über

  1. die nähere Abgrenzung der den Vergütungspauschalen und -beträgen nach § 75 Abs. 3 zu Grunde zu legenden Kostenarten und -bestandteile sowie die Zusammensetzung der Investitionsbeträge nach § 76 Abs. 2,

  2. den Inhalt und die Kriterien für die Ermittlung und Zusammensetzung der Maßnahmepauschalen, die Merkmale für die Bildung von Gruppen mit vergleichbarem Bedarf nach § 76 Abs. 2 sowie die Zahl dieser zu bildenden Gruppen,

  3. die Zuordnung der Kostenarten und -bestandteile nach § 41 des Neunten Buches und

  4. den Inhalt und das Verfahren zur Durchführung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung nach § 75 Abs. 3

ab. Für Einrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Einrichtung angehört. In den Rahmenverträgen sollen die Merkmale und Besonderheiten der jeweiligen Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel berücksichtigt werden.

(2) Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Einrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Empfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1.

OFD Frankfurt am Main v. - S 7172 A - 45 - St I 2.30

Fundstelle(n):
PAAAB-71659