BFH Beschluss v. - XI B 183/04

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Steuerberater. Seine Kanzlei betrieb er in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung. Streitig sind die Berücksichtigung anteiliger Bürokosten sowie die Höhe des Anteils der privaten PKW-Nutzung. Von den Raumkosten ließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nur 201 DM von den beantragten 7 966 DM zum Abzug zu. Hinsichtlich der PKW-Ausgaben begehrt der Kläger einen Abzug von 2 747 DM. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die private PKW-Nutzung sei nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu ermitteln. Die betrieblich genutzten Räume seien nicht unwesentlich privat mitgenutzt worden. Die Vernehmung von Frau B, die dem Kläger „die Wäsche mache”, als Zeugin sei nicht erforderlich gewesen. Die Zeiten, in denen sie die Wäsche mache, seien zu kurz, um repräsentativ zu sein. Selbst wenn sie die klägerische Behauptung bestätigen sollte, spreche der Zuschnitt der Räume und ihre Ausstattung und Größe gegen eine ausschließliche berufliche Nutzung.

Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend, dass die Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassen werden müsse. Er macht im Wesentlichen geltend, dass die Entscheidung des FG falsch sei und dass das Arbeitszimmer nur unwesentlich in Höhe von 2,04 % privat genutzt worden sei. Der Kläger rügt weiter, dass das FG die beantragte Beweiserhebung unterlassen, die Beweiswürdigung vorweggenommen und das rechtliche Gehör versagt habe. Bei den Kfz-Kosten könne es nicht sein, dass „keine Mark” als Betriebsausgabe abgezogen werden könne.

Der Kläger beantragt, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet und damit insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

1. Gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn einer der in Nr. 1 bis 3 genannten Gründe gegeben ist. Gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen diese Voraussetzungen dargelegt werden (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 116 Rz. 25 f.). Bei den Zulassungsgründen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO sind substantielle und konkrete Angaben darüber erforderlich, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt, insbesondere auch, warum auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung die Rechtsfrage nicht beantwortet werden kann. Diese Angaben sind in der Beschwerdebegründungsschrift vom nicht enthalten; der Kläger begründet nur, warum die Entscheidung des FG seiner Auffassung nach nicht zutreffend sei, geht aber auf die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO nicht ein.

2. Ein Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist nicht gegeben. Das FG war berechtigt, von der Vernehmung von Frau B als Zeugin abzusehen. Das Gericht verstößt gegen das Verbot einer vorweggenommenen Beweiswürdigung, wenn es erhebliche Beweisantritte eines Beteiligten mit der Begründung übergeht, von der Erhebung des Beweises sei kein zweckdienliches Ergebnis zu erwarten. Das gilt allerdings nicht, wenn wie im Streitfall das entscheidungserhebliche Beweisangebot schlechterdings untauglich ist (, BFH/NV 2003, 502) oder wenn das FG die Beweistatsache als wahr unterstellt (, BFH/NV 1995, 717). Im Streitfall geht es um die Frage, in welchem Umfang der Kläger seine Wohnung privat und in welchem Umfang er sie betrieblich genutzt hat. Um diese Beurteilung für die gesamte Zeit der Nutzung beurteilen zu können, reichen die Angaben von Personen, die sich —wie eine Wäschefrau— nur zeitweise in der Wohnung aufhalten, nicht aus. Das FG hat daher das Beweisangebot zu Recht als schlechterdings untauglich angesehen, weil Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer der Nachweis der nahezu ausschließlichen beruflichen Nutzung ist. Darüber hinaus hat das FG den Sachverhalt, den die Zeugin bestätigen sollte, als wahr unterstellt, ist aber gleichwohl unter Berücksichtigung der objektiven Umstände zu der Auffassung gekommen, dass eine ausschließliche berufliche Nutzung nicht vorliege.

Die Pflicht des Gerichts zur Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. § 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) erfordert entscheidungserhebliche Fakten und Unterlagen zur Kenntnis zu nehmen. Eine Verletzung des Rechts auf Gehör kann vorliegen, wenn ein bisher nicht erörterter Gesichtspunkt zur Grundlage der Entscheidung gemacht wird, der dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der ein kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht hat rechnen müssen, oder wenn dem Kläger die Möglichkeit zum Tatsachenvortrag abgeschnitten wird (, juris Nr: STRE200450044).

Im Streitfall sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Das FG hat die vorgetragenen Tatsachen zur Kenntnis genommen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung, die länger als eine Stunde dauerte, nicht zu Wort gekommen ist. Das Protokoll enthält insoweit auch keine diesbezüglichen Rügen des sachkundigen Klägers. Mit der Beschwerdebegründung, die zu den einzelnen Begründungen des FG Stellung nimmt, wendet sich der Kläger im Grunde genommen gegen dessen Wertungen; die abweichende Beurteilung durch das FG führt indes nicht zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs.

Überraschend ist eine Entscheidung, wenn sie auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt ist, mit dem auch ein Kundiger nach dem bisherigen Verfahren nicht zu rechnen braucht (, BFH/NV 2003, 1591). Auch insoweit kann die Rüge des Klägers keinen Erfolg haben; dass das FG nicht den Wertungen des Klägers gefolgt ist, führt nicht zu einer Überraschungsentscheidung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 318 Nr. 2
TAAAB-71098