Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
Grundlagen - Stand: 03.01.2021

Tafelgeschäfte

Roland Ronig

I. Definition Tafelgeschäft

Tafelgeschäfte sind Bargeschäfte, die „Zug um Zug” am Bankschalter getätigt werden. Hierbei werden einem persönlich nicht bekannten und nicht gemäß § 154 AO legitimierten Bankkunden Wertpapiere in effektiven Stücken verkauft bzw. von diesem zurückgekauft. Gegen Vorlage von Zins- oder Dividendenscheinen erhält der Einreichende die Kapitalerträge ausgezahlt. Die Auszahlung kann durch eine Bank im In- oder Ausland erfolgen.

Beim Tafelgeschäft werden die Wertpapiere nicht von einer Bank in einem Depot verwahrt, vielmehr verwahrt der Inhaber die Papiere in eigener Regie, z.B. in einem eigenen Bankschließfach oder Tresor.

Aufgrund des FATCA-Abkommens wurden Tafelgeschäfte mit Investmentanteilen ab 2016 eingeschränkt.

  • Anteilsscheine deutscher Investmentfonds im Tafelgeschäft, die sich mit Ablauf des nicht in Wertpapierdepots befinden, werden Ende 2016 kraftlos. Die Anleger besitzen anschließend ein Legitimationspapier gegenüber der Verwahrstelle des Fonds und haben kein verkehrsfähiges Wertpapier mehr. Auszahlungsansprüche können nur gegenüber der Verwahrstelle geltend gemacht werden (§ 358 KAGB).

  • Andere Staaten sind hierbei anders vorgegangen. So mussten z.B. Luxemburger Investmentanteile bis Mitte Februar 2016 in ein Depot eingeliefert werden, ansonsten wurde der Gegenwert des Anteils bei der „Caisse de Consignation” in Luxemburg hinterlegt. Ab dem Zeitpunkt der Hinterlegung partizipierten die effektiven Stücke nicht mehr an der Kursentwicklung des Fonds.

II. Motive

Häufig werden solche Geschäfte aus steuerlichen Gründen getätigt, denn die Kapitaleinnahmen sollen (bis zur Einführung der Abgeltungsteuer) bei der Einkommensteuer nicht erklärt werden. Da die Erträge nicht auf Konten und Depots verbucht sind, muss insoweit keine Bescheinigung über Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne erstellt werden. Da Banken in Todesfällen nur verpflichtet sind, die Konten- / Depotstände dem Finanzamt anzuzeigen , erfolgt insoweit keine Information ans Finanzamt.

Es können aber auch außersteuerliche Motive für Tafelgeschäfte vorliegen:

  • Einsparung von Depotgebühren,

  • schnelle Verfügbarkeit,

  • Verstecken des Vermögens vor Angehörigen oder Gläubigern,

  • Angst vor einer Bankenpleite.

Allerdings bringen Tafelgeschäfte auch einige Probleme mit sich:

  • Anleger müssen sich selbst um die Einlösung fälliger Zinsen, aber auch endfälliger Papiere kümmern, teilweise müssen hierbei Fristen beachtet werden,

  • nicht alle Banken tätigen Tafelgeschäfte,

  • einlösende Banken verlangen z.T. hohe Gebühren,

  • Diebstahlrisiken.

III. Besteuerung

1. Rentenpapiere

Löst der Anleger Zinsscheine im Tafelgeschäft ein, unterliegen diese Einnahmen wie alle Kapitaleinnahmen der Einkommensteuer. Für die Zurechnung von Erträgen aus Tafelgeschäften gilt die Eigentumsvermutung entsprechend § 1006 Abs. 1 BGB.

  • Zufluss

    • Zinseinnahmen sind bei Zufluss zu versteuern; für Zinsen gelten als regelmäßig wiederkehrende Einnahmen Besonderheiten.

    • Werden fällige Zinsscheine durch Erben eingelöst, fließen sie den Erben zu.

    • Bei Veräußerung im Tafelgeschäft sind auch die vereinnahmten Stückzinsen als Kapitalertrag zu erfassen.

    • Werden bis zum VZ 2008 sog. Finanzinnovationen (Wertpapiere nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG; z.B. Zerobonds) im Tafelgeschäft eingelöst oder verkauft, fließt der Kapitalertrag am Einlösungs-/ Verkaufstag zu. Die steuerlich anzusetzenden Einnahmen sind nach der Marktrendite oder der Emissionsrendite zu ermitteln.

    • Ab dem VZ 2009 ist jede Einlösung eines Rentenpapiers bzw. einer sonstigen Kapitalforderung im Tafelgeschäft steuerpflichtig, wenn § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG diese Besteuerung vorsieht. Hierbei gelten auch die Regelungen des Bestandsschutzes, allerdings kann die Bank dies beim Steuerabzug nicht berücksichtigen, da sie die Wertpapiere nicht für den Anleger erworben hat.

    • Zinsen aus Tafelgeschäften gehören bei beschränkter Steuerpflicht zu den inländischen Einkünften.

  • Kapitalertragsteuerabzug

    • Der Zinsabschlag bei Rentenpapieren im Tafelgeschäft beträgt bis 2008 35 v.H. (statt ansonsten 30 v.H.). Bei der Einlösung von vor dem fälligen Tafelgeschäften ab 2009 beträgt der Steuersatz 35 v.H..

    • Ab 2009 beträgt der Kapitalertragsteuerabzug bei Rentenpapieren im Tafelgeschäft 25 v.H.; an der bis 2008 geltenden höheren Besteuerung wird nicht mehr festgehalten. Der Steuerabzug entfaltet grds. Abgeltungswirkung. Bei der Einlösung / der Veräußerung der Wertpapiere muss ein Steuerabzug aufgrund der Ersatzbemessungsgrundlage vorgenommen werden. Die Regelungen zum Bestandsschutz gelten beim Steuerabzug nicht.

    • Inländische Abzugsteuern sind jedoch nur von inländischen Zahlstellen (Banken) einzubehalten. Bei der Einlösung bei einem ausländischen Kreditinstitut ergibt sich ausnahmsweise dann eine Abzugsverpflichtung des inländischen Instituts, wenn das ausländische Institut lediglich als „Auszahlstelle” des inländischen Instituts anzusehen ist.

    • Ausländische Institute behalten ggf. nach ausländischem Recht Quellensteuern ein.

    • Tafelgeschäfte fallen auch unter die Anwendung der EU-Zinsrichtlinie.



Testen Sie kostenfrei eines der folgenden Produkte, die das Dokument enthalten:

NWB MAX
NWB PLUS
NWB PRO
Wählen Sie das für Ihre Bedürfnisse passende NWB-Paket und testen Sie dieses kostenfrei
Jetzt testen