BFH Beschluss v. - III B 11/05

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt eine Zimmerei.

Im Jahr 1994 schloss er einen mündlichen Vertrag mit der Firma D mit Sitz in Großbritannien über die Durchführung von Zimmereiarbeiten an verschiedenen Bauvorhaben im Inland mithilfe britischer Handwerker. D stellte dem Kläger hierfür im Streitjahr 1995 einen Betrag von insgesamt 165 970,89 DM einschließlich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung. Die 40 Einzelrechnungen enthielten die Anschrift von D mit der Länderangabe „Gr.-Brittain” sowie eine britische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Als Bankverbindung war ein bei der Deutschen Bank in K geführtes Konto angegeben.

Der Kläger behielt die ausgewiesene Umsatzsteuer ein und führte sie an den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) ab. Die Rechnungsnettobeträge von insgesamt 144 322,48 DM machte er als Betriebsausgaben geltend.

Das FA veranlagte den Kläger zunächst erklärungsgemäß und setzte die Einkommensteuer 1995 auf 0 DM fest.

Während einer im September 1998 durchgeführten Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1997 verlangte der Betriebsprüfer vom Kläger die Benennung des tatsächlichen Empfängers des gezahlten Entgelts nach § 160 der Abgabenordnung (AO 1977). Diese Anfrage beruhte auf einer Auskunft des Bundesamtes für Finanzen, wonach es sich bei D um eine sog. Briefkastenfirma (Domizilgesellschaft) mit niederländischen Anteilseignern handele, die von niederländischen Arbeitsüberlassern zwischengeschaltet sei. Der in Großbritannien vorhandene Büroraum diene lediglich dem Anwerben von Handwerkern. Der Betriebsprüfer vertrat daher die Auffassung, D sei nicht der eigentlich leistende Unternehmer und Zahlungsempfänger. Auch wegen der in Deutschland befindlichen Bankverbindung sei eine Steuerpflicht des Zahlungsempfängers nicht auszuschließen. Der Kläger konnte den Zahlungsempfänger nach Auffassung des Betriebsprüfers nicht hinreichend benennen.

Das FA rechnete daher entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung 50 % der geltend gemachten Betriebsausgaben dem Gewinn hinzu und erließ im November 1998 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es die Einkommensteuer auf 10 514 DM festsetzte.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und das Erfordernis zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO geltend.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 132 FGO).

1. Die Rechtssache ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht grundsätzlich bedeutsam i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige im Revisionsverfahren klärungsbedürftige und klärbare Frage handeln (vgl. , BFH/NV 2003, 898).

Der Kläger führt in diesem Zusammenhang aus, es sei einem Steuerpflichtigen nicht zumutbar, dass ausländische Gesellschaften einerseits für die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs als leistende Unternehmer anzusehen seien, einkommensteuerrechtlich dann jedoch als „Scheingesellschaft” behandelt würden.

Die von dem Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich eindeutig aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen beantworten lässt.

Das Recht zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs richtet sich nach § 15 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).

Ist die Besteuerung des jeweiligen Umsatzes sichergestellt —im Streitfall durch das Einbehalten und Abführen der geschuldeten Umsatzsteuer durch den Kläger als Leistungsempfänger nach § 18 Abs. 8 UStG 1993 i.V.m. § 51 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (UStDV 1993)—, besteht kein Grund, den entsprechend begehrten Vorsteuerabzug zu versagen (, BFHE 206, 457, BStBl II 2004, 970).

Anders verhält es sich demgegenüber bei dem vom Kläger geltend gemachten Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Hinblick auf die von D ausgestellten Rechnungen. Insoweit ist die Besteuerung der Erträge bei dem empfangenden Unternehmen nicht erkennbar bzw. sichergestellt, weil der Kläger den tatsächlichen Zahlungsempfänger nicht hinreichend genau zu benennen vermochte. Wegen dieser Unsicherheit ist es nach § 160 AO 1977 gerechtfertigt, den Betriebsausgabenabzug ganz oder zum Teil zu versagen (vgl. , BFH/NV 2003, 1241, BFHE 202, 196, m.w.N.).

Die unterschiedliche steuerliche Behandlung des dem Streitfall zugrunde liegenden Sachverhalts bei der Umsatz- und Einkommensbesteuerung beruht mithin auf einer eindeutigen, aus sachlichen Erwägungen gerechtfertigten Gesetzeslage.

2. Auch das vom Kläger geltend gemachte Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO ist nicht gegeben.

a) Der Kläger beanstandet zu Unrecht ein Abweichen von der zitierten Rechtsprechung des BFH zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 UStG.

Das FA hat schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers im Streitfall seinem Begehren in der umsatzsteuerrechtlichen Rechtsfrage entsprochen. Eine Divergenz ist insoweit gerade nicht erkennbar.

Mit der zum gekürzten Betriebsausgabenabzug nach § 160 AO 1977 getroffenen Entscheidung weicht das Finanzgericht (FG) gleichfalls nicht von anderslautender Rechtsprechung ab. Die vom Kläger angestrebte Übertragung der Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug auf den Betriebsausgabenabzug ist bisher nicht in seinem Sinne entschieden worden, so dass auch insoweit keine Divergenz vorliegt.

b) Auch die vom Kläger behauptete Divergenz der Entscheidung des FG zu dem (BFHE 188, 280, BStBl II 1999, 434) und zu dem (Entscheidungen der Finanzgerichte 2001, 330) ist nicht gegeben.

Der Kläger führt aus, das Urteil des FG widerspreche klar den genannten Entscheidungen. Voraussetzung für ein Benennungsverlangen i.S. von § 160 AO 1977 sei ein begründeter Verdacht des Steuerpflichtigen zum Vorliegen einer Domizilgesellschaft bereits beim Vertragsabschluss. Das FG habe in seiner Entscheidung dargestellt, der Kläger habe aufgrund der besonderen festgestellten Umstände schon beim Abschluss der Verträge Anlass zu Nachforschungen gehabt und die erforderliche Identitätsprüfung nicht in ausreichendem Umfang wahrgenommen.

Schon aus diesem Vorbringen des Klägers geht hervor, dass das FG die in den genannten Entscheidungen aufgestellten Grundsätze im Streitfall angewandt hat. Anhaltspunkte für die vom Kläger behauptete Divergenz sind mithin insoweit gleichfalls nicht ersichtlich.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 61 Nr. 1
VAAAB-70205